158124.fb2 Flu?piraten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 16

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»Versuch es mit voller Kraft zurück!« verlangte Quidor.

Massey schüttelte den Kopf. »Nein, das können wir nicht! Der Druck im Kessel könnte zu groß werden, und dann fliegt das ganze Schiff in die Luft.«

»Du erbärmlicher Feigling! Tu endlich, was ich dir befehle!«

Massey sah ihn an und schüttelte stumm den Kopf.

»Dann tu' ich es selbst«, stieß Quidor wütend hervor und wollte nach dem Befehlshebel greifen.

Aber der Flußschiffer stellte sich schützend vor den Maschinentelegraf. »Nein, Mr. Quidor, das dürfen Sie nicht tun! Sie werden uns alle töten!«

Quidor gab Tom ein Zeichen. Der Leibwächter zog Massey beiseite und schleuderte ihn so weit aus dem Ruderhaus heraus, daß er mit Kopf und Schultern auf die obersten Stufen des schmalen Treppenaufgangs fiel.

Entschlossen griff Quidor nach dem Befehlshebel und genoß für eine Sekunde das Gefühl der Macht über die gewaltige Schiffsmaschine. Er zog den Hebel ganz zu sich heran auf »Voll zurück«.

Er spürte unter seinen Füßen die Kraft, die er mit dieser kleinen Bewegung freigesetzt hatte. Das ganze Schiff vibrierte, als das Schaufelrad sich schneller und schneller drehte, das Wasser verdrängte und die ONTARIO aus der tückischen Falle zu ziehen versuchte.

Der Quittungsanzeiger, der die Schiffsbewegung auf dem Maschinentelegrafen bestätigte, zitterte, aber er verharrte weiterhin genau in der Mitte der Anzeigetafel, auf »Stopp«.

So wie die ONTARIO auf der Sandbank blieb, bebend und ächzend, als stände sie kurz vor dem Zusammenbruch.

»Hören Sie auf!« schrie Massey. »Gleich fliegt der Kahn in die Luft!«

Quidors Hand schwebte über dem Befehlshebel, griff plötzlich zu und schob ihn ruckartig auf »Stopp«.

Der Dampfer beruhigte sich allmählich. Das Schaufelrad stellte sein sinnloses Wühlen im schlammigen Wasser ein. Das Vibrieren und Ächzen erstarb.

Die plötzliche Ruhe beruhigte Quidor nicht. Ganz im Gegenteil. Sie war ein Beleg für die Erfolglosigkeit seines Bemühens. Und er haßte es, erfolglos zu sein.

Er dachte an die Verfolger und war sich immer sicherer, daß jemand hinter der ONTARIO her war. Die Militärbehörden in Louisville würden sich ihren Reim auf das Verschwinden des Dampfers machen und ihm ein Kriegsschiff nachschicken. Quidor jedenfalls hätte so gehandelt.

Da kam ihm eine Idee, und er wandte sich an Tom. »Das Schiff ist zu schwer. Werft sofort sämtliche Ladung außer unserer speziellen über Bord. Dann kommen wir vielleicht von dieser verfluchten Sandbank herunter!«

Tom lief hinunter aufs Hauptdeck und gab den Befehl weiter. Ein Teil der Männer begann damit, die Fracht auf dem Hauptdeck in den Ohio zu werfen. Die übrigen Männer stiegen in die Frachträume hinab und wuchteten die schweren Kisten und Fässer nach oben. So vergingen fast zwei Stunden. Dann hatte die ONTARIO außer dem Brennholz und der Bordverpflegung nur noch die Revolverkanonen samt Munition an Bord.

Erneut versuchte das Schiff, mit voller Kraft zurück von der Sandbank zu kommen.

»Es klappt!« jubelte Quidor auf, als sich die ONTARIO plötzlich mit einem Ruck nach hinten bewegte.

Aber dann geschah nichts mehr, und der Dampfer lag trotz seines flachen Rumpfes und seines jetzt geringen Gewichtes wieder fest auf der Sandbank.

Quidor überschüttete das Schiff mit Flüchen und sah dann Massey an, der wieder am Maschinentelegrafen stand. »Was können wir jetzt noch tun?«

»Wir könnten versuchen, uns freizustaken.«

»Wie?«

Massey zeigte durch die vorderen Fenster auf die beiden robusten Holzspiere am Bug, die sich an der rechten und linken Bordwand fast bis zur Höhe des Fahnenmastes erhoben. »Wir müssen die beiden Grashüpfer da vorn in die Sandbank runterlassen. Wenn wir dann die Maschine noch mal zurücklaufen lassen, können sie uns mit etwas Glück in tieferes Wasser staken.«

»Dann gib die nötigen Anweisungen!«

Massey gehorchte, und zehn Minuten später war alles bereit. Die Augen der meisten Besatzungsmitglieder waren gebannt auf die Spiere gerichtet, als sich das Schaufelrad und die Dampfgangspill, die zur Übertragung der Kraft der kleinen, im Bug untergebrachten Maschine auf die Staken diente, gleichzeitig in Bewegung setzten.

Wieder gab es einen gewaltigen Ruck. Aber wieder war das alles, was geschah.

»Es hat keinen Zweck«, sagte Massey. »Der Ohio führt um, diese Jahreszeit nicht genug Wasser. Wir sitzen so fest, daß wir uns nicht aus eigener Kraft befreien können. Wir müssen warten, bis uns ein anderes Schiff in tieferes Wasser zieht.«

»Wie lange kann das dauern, bis ein anderes Schiff vorbeikommt?« fragte Quidor.

Massey kniff die Augen zusammen und spähte über den Fluß, als könne er so bis zum Quell und zur Mündung des Ohio blicken. »Vielleicht eine Stunde, vielleicht zehn.«

Und wenn wir Pech haben, sind es unsere Verfolger, dachte Quidor. Es war ein ganz und gar unbehagliches Gefühl, hier auf der Sandbank festzusitzen und einem Kriegsschiff der Union schutzlos ausgeliefert zu sein.

Schutzlos?

Er dachte an die Fracht, die nicht über Bord geworfen worden war, und rasch gab er seine Befehle.

*

»Schiff voraus! Etwa zwei Meilen entfernt!«

Der Ruf des Maats, der mit einem Fernrohr vorn auf dem Brückendeck zwischen den beiden hochaufragenden Schornsteinen stand, schreckte das ganze Schiff auf. Auch Jacob und Martin, die sich nach Stunden des vergeblichen Ausspähens irgendwann am Vormittag in einen schattigen Winkel auf dem Promenadendeck zurückgezogen hatten, um den fehlenden Schlaf wenigstens durch etwas Dösen wettzumachen. Richtige Ruhe konnten sie aus Sorge um Irene und Jamie nicht finden.

In Sekundenschnelle waren sie auf den Beinen und prallten am Aufgang zum Brückendeck fast mit Kapitän DeWitt zusammen. Als sie oben anlangten, stand der Kommandant der RAVAGER bereits neben dem Maat und hatte das Fernrohr vor sein rechtes Auge gesetzt.

»Was gibt es?« fragte Jacob.

»Ein Dampfer ist ungefähr zwei Meilen vor uns auf eine Sandbank gelaufen«, antwortete der blauuniformierte Maat.

»Ist es die ONTARIO?« wollte ein erregter Francis DeWitt wissen.

»Zumindest ist es ein Heckraddampfer, der vor uns auf der Ockermill-Bank festsitzt«, sagte Lieutenant Slyde und gab das Fernrohr an DeWitt weiter. »Vielleicht können Sie uns sagen, ob es Ihr Schiff ist.«

»Die Ockermill-Bank?« fragte Martin, während der Kapitän der ONTARIO durch das Rohr sah.

»Eine berüchtigte Sandbank mitten im Fluß«, erklärte Slyde. »Sie hat ihren Namen nach einem Kapitän Ockermill, der vor einigen Jahrzehnten, als der Ohio noch nicht so stark befahren war, als erster mit seinem Schiff auf die Bank aufgelaufen ist.

Er mußte angeblich zwölf Tage warten, bis ein anderes Schiff vorbeikam und ihn in tieferes Wasser zog, weil sein Schiff es nicht aus eigener Kraft schaffte. Wie der Pott da vorn.«

DeWitt setzt das Fernrohr ab. »Es ist die ONTARIO!«

»Sind Sie sicher?« vergewisserte sich Slyde.

DeWitt machte ein säuerliches Gesicht. »Ich erkenne doch wohl mein eigenes Schiff, Sir!«

Slyde wandte sich dem Maat zu. »Mr. Peters, geben Sie Alarm. Alle Mann auf Gefechtsstation. Die Geschütze sollen feuerbereit gemacht werden. Und einen Entertrupp zusammenstellen!«

»Ay, Sir.« Der Maat salutierte knapp und lief dann auch schon die Treppe zum Promenadendeck hinunter.