158124.fb2 Flu?piraten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 17

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Jacob sah den Kommandanten der RAVAGER entsetzt an. »Sie wollen die ONTARIO doch nicht etwa beschießen, Lieutenant? Miß Sommer und ihr Kind sind höchstwahrscheinlich an Bord!«

»Die Geschütze lasse ich nur für den Notfall klarmachen. Ich nehme an, daß sich die Leute auf der ONTARIO kampflos ergeben werden, da ihr Schiff manövrierunfähig zu sein scheint. Ich habe vor, mit der RAVAGER möglichst nah an die Sandbank heranzufahren und dann den Entertrupp überzusetzen. Damit dürfte die Sache erledigt sein.«

Slyde spähte wieder durch das Fernrohr. »Die Männer stehen an Bord verteilt und scheinen uns zu erwarten. Was sollen sie sonst auch tun.«

»Sehen Sie auch Frauen?« fragte Jacob.

»Nein.«

»Dann ist Irene wohl in ihrer Kabine. Wahrscheinlich ist sie noch nicht in der Verfassung aufzustehen.«

»Ja«, stimmte ihm Martin zu. »Und Mrs. Marquand, diese falsche Schlange, ist vielleicht bei ihr.«

Die RAVAGER dampfte mit unverminderter Geschwindigkeit auf die ONTARIO zu, während an Bord in wohlgeordneter Betriebsamkeit die Kampfbereitschaft hergestellt wurde. Jacob tastete nach dem Revolver in seiner Jackentasche und hoffte, ihn nicht einsetzen zu müssen.

Als sich die Entfernung auf weniger als eine Meile verringert hatte, waren die Buggeschütze der RAVAGER feuerbereit und auf das festsitzende Schiff gerichtet. Auf dem Hauptdeck hatte sich ein fünfzehn Mann starker Entertrupp versammelt, ausgerüstet mit Revolvern und Entersäbeln. Acht Matrosen standen mit Karabinern auf dem Promenadendeck, um ihren Kameraden im Notfall Feuerschutz zu geben.

Lieutenant Slyde gab dem Steuermann im Ruderhaus ein Zeichen, die Fahrt auf halbe Kraft zu reduzieren. Nur Sekunden vergingen, und die Geschwindigkeit, mit der die hölzernen Schaufelarme das Wasser teilten, verringerte sich.

Allmählich wurden die Menschen an Bord der ONTARIO mit bloßem Auge erkennbar. Vergeblich bemühten sich Jacob und Martin, Irene auszumachen.

Aber dem jungen Zimmermann fielen die seltsamen sackartigen Gebilde auf dem Brückendeck der ONTARIO auf, um die sich die Männer versammelt hatten. Jeweils zwei dieser großen Säcke standen vor und hinter dem Ruderhaus.

Er machte Slyde darauf aufmerksam, als die Entfernung zwischen beiden Schiffen noch etwa sechshundert Yards betrug. »Was sind das für Dinger auf dem Brückendeck, Lieutenant? Sieht aus wie Kartoffelsäcke.«

»Es sind Säcke«, sagte Slyde, der wieder durch das Fernrohr sah. Aber plötzlich versteinerte sein Gesichtsausdruck, als er sah, wie die Säcke von dem gezogen wurden, was sie verhüllten. »Großer Gott!«

»Was ist?« fragte Jacob. »Was haben Sie?«

Aber Slyde antwortete nicht, sondern wandte sich dem Rudergänger zu und brüllte: »Sofort umdrehen, Mr. Rodney!«

Dann befahl er allen Männern, in Deckung zu gehen. Der Befehl ging im Feuer der vier Revolverkanonen unter, die Quidor auf dem Brückendeck der ONTARIO hatte aufstellen lassen. Die Männer hinter den Geschützen waren den Umgang mit diesen modernen Waffen nicht gewöhnt, und so klatschten die ersten Geschoßgarben weit vor der RAVAGER wirkungslos ins Wasser.

Aber die Schützen lernten rasch dazu. Während der Rudergänger der RAVAGER das Kanonenboot in einem gewagten Manöver mitten in der Fahrt schwenken ließ und dadurch starke Wellenbewegungen auf dem Fluß verursachte, fraß sich das Schnellfeuer auf das Kriegsschiff zu. Die ersten Kugeln ließen das Holz der RAVAGER zersplittern, als sie der ONTARIO ihre Breitseite zuwandte. Obwohl sich die Männer an Bord der RAVAGER zu Boden geworfen hatten oder in Deckung gesprungen waren, wurden einige von Kugeln erwischt.

»Volle Kraft voraus!« schrie Slyde gegen das Knattern der Salven an, als sein Schiff endlich das Wendemanöver vollzogen hatte.

Mr. Rodney rammte den Befehlshebel nach vorn. Das Schaufelrad steigerte hektisch die Anzahl seiner Drehungen und schob das Kanonenboot aus der Gefahrenzone. Hinter ihm ließ das Feuer von Bord der ONTARIO das Wasser aufspritzen.

Als die Distanz zur Oekermill-Bank ungefähr zwei Meilen betrug, ließ Slyde sein Schiff erneut wenden und die Buggeschütze auf den Frachtdampfer ausrichten.

»Denken Sie an Miß Sommer!« ermahnte ihn Jacob, der sich vom Boden des Brückendecks erhob.

»Das tu' ich«, sagte Slyde knapp, als wäre er wegen der Einmischung in seine Angelegenheiten ungehalten. »Aber ich will kein Risiko eingehen, nicht noch einmal.«

Auch Martin erhob sich. Nur Kapitän DeWitt lag noch auf den Planken.

»Was ist, Kapitän?« fragte Martin und streckte die Arme nach dem Mann aus. »Soll ich Ihnen helfen?«

Als DeWitts Antwort nur in einem Röcheln bestand, wurden die beiden Deutschen und Lieutenant Slyde stutzig. Jacob und Martin knieten sich hin und drehten den Kapitän vorsichtig herum. Seine Brust sah schlimm aus, war von mehreren Kugeln zerfetzt.

»Eine Salve hat ihn erwischt«, sagte der Kommandant der RAVAGER fast tonlos.

»Die ONTARIO und ich.«, sagte DeWitt leise und erlitt dann einen Hustenanfall, der blutigen Auswurf zutage förderte. »Unsere. unsere Zeit ist um.«

Mr. Peters erschien keuchend auf dem Brückendeck und nahm vor Lieutenant Slyde Haltung an. »Wir haben drei Verwundete, Sir. Der Arzt kümmert sich um sie. Aber keine schweren Fälle und keine Toten.«

»Doch«, entgegnete Slyde bitter und sah hinunter auf DeWitt, dessen Kopf in diesem Augenblick kraftlos zur Seite rollte. »Einen Toten haben wir.«

*

»Was hat er bloß damit gemeint, seine Zeit und die der ONTARIO sei um?« fragte Martin, als ein paar Matrosen Kapitän DeWitts Leiche unter Deck brachten.

»Die düstere Vision eines Sterbenden«, meinte Lieutenant Slyde. »Er hat sich auf diese Art von seinem Schiff verabschiedet.«

»Nein«, widersprach der Deutsche. »Es klang anders. Als hätte er etwas gesehen. Etwas in der Zukunft, das die ONTARIO betrifft.«

Sie kamen nicht dazu, weiter darüber zu sprechen, denn Mr. Peters, der wieder die Beobachtung der ONTARIO übernommen hatte, meldete: »Sir, drüben läßt man ein Boot zu Wasser.«

Slyde beobachtete die Szene durch das Fernrohr und ergänzte: »Ein Ruderboot, bemannt mit drei Personen. Es kommt anscheinend auf uns zu.«

»Soll ich ein Geschütz auf das Boot richten lassen, Sir?« fragte der Maat.

Der Kommandant nickte. »Ja, sicher ist sicher. Denen ist jede Teufelei zuzutrauen. Und die Scharfschützen sollen sich bereit halten.«

Peters verschwand, um den Befehl weiterzugeben.

»Sieht so aus, als wollten die Burschen mit uns verhandeln«, meinte Slyde, der wieder durch das Fernrohr spähte. »Sie haben eine weiße Fahne im Boot. Allmählich scheint sich der Nebel zu lichten.«

»Wie meinen Sie das?« fragte Jacob.

»Wir erfahren Stück für Stück mehr über die Sache. Zum Beispiel können wir fast mit Sicherheit annehmen, daß mit der ONTARIO Revolverkanonen zu den Rebellen geschmuggelt werden sollen. Sonst hätten sie diese verteufelten Dinger kaum an Bord.«

»Ich habe so etwas noch nie erlebt«, sagte Jacob.

»Ist auch eine ziemlich neue Erfindung, durch die die Feuergeschwindigkeit revolutioniert werden soll. Ein gewisser Gatling hat solch ein Ding unserer Regierung angeboten. Aber es sollen noch ein paar ähnliche Erfindungen im Umlauf sein. Wahrscheinlich hat einer von Gatlings Konkurrenten seine Entwicklung an den Süden verschachert.«

Als das Ruderboot näher kam, bat Jacob den Kommandanten um das Fernrohr. Zwei Männer, die ihm völlig unbekannt waren, saßen an den Rudern. Aber als er sich auf den Mann in der Mitte konzentrierte, der in einer Hand den Stock mit der weißen Fahne hielt, konnte er es kaum glauben. Doch die kreuzförmige Narbe auf der Stirn beseitigte jeden Zweifel.

»Es ist Tom!«

»Was?« fragte Martin ungläubig.

»Der Mann mit der weißen Fahne ist Tom, Max Quidors Leibwächter.«

»Das glaube ich nicht«, sagte Martin und sah selbst durch das Fernrohr. Er mußte zugeben, daß sein Freund sich nicht getäuscht hatte.

»Wer ist dieser Tom?« erkundigte sich Slyde.