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Jacob zückte sein Messer und befreite Irene von dem Seil, als sie plötzlich rief: »Jacob, hinter dir!«
Jacob und Martin fuhren herum und sahen Quidor, der mit gezogenem Revolver die Treppe von der Brücke herunterkam. Die Waffe war auf die drei Deutschen gerichtet.
Aber plötzlich erschien Jeanette und stellte sich Quidor in den Weg. »Nicht, Max. Laß sie doch gehen! Du brauchst das Mädchen nicht. Du hast doch mich!«
»Ich brauche dich nicht!« sagte Quidor und streckte die Französin mit einem Schuß in die Brust nieder.
Ehe Jacob und Martin noch reagieren konnten, hatte Quidor seine Waffe wieder auf sie gerichtet.
»Jetzt rechnen wir endlich ab«, sagte er mit einem kalten Lächeln und krümmte erneut den Zeigefinger, der auf dem Abzug seiner Waffe lag.
Ein Schuß krachte.
Quidor lächelte noch immer, als er zusammenbrach, ein blutiges Loch im Rücken. Hinter ihm stand Vivian Marquand, einen rauchenden Revolver in beiden Händen haltend.
»Warum haben Sie das getan?« fragte Irene fassungslos.
»Der kleine Junge sollte nicht sterben.« Die rothaarige Frau sah Jamie an, und ihr Blick verklärte sich. »Er sollte nicht sterben wie George.«
Sie hatte kaum ausgesprochen, als eine Explosion die ONTARIO erschütterte. Weitere Explosionen folgten, alle oben auf der Brücke. Wahrscheinlich hatte ein Scharfschütze eine der Munitionskisten getroffen, die neben den Revolverkanonen standen.
Traf eine der herumirrenden Kugeln auch Vivian Marquand? Jedenfalls taumelte sie plötzlich und stürzte über das Geländer in den Fluß.
»Wir müssen schnell von Bord!« sagte Jacob und zog Irene mit sich, während Martin das Kind an sich nahm.
Sie rannten hinunter aufs Hauptdeck und sprangen vom Vorschiff ins Wasser. Quidors Leute auf dem Vorschiff waren entweder im feindlichen Kugelhagel zusammengebrochen oder hatten sich unter Deck in Sicherheit gebracht.
Von dort sprangen alle drei ins flache Wasser der Ockermill-Bank und wateten so weit wie möglich. Den Rest schwammen sie zur RAVAGER, wo sie von hilfreichen Armen an Bord gezogen wurden. Martin bemühte sich, den kleinen Jamie möglichst über dem Wasserspiegel zu halten. Ganz gelang es ihm nicht, und der Junge brüllte wie am Spieß.
Sobald sie an Bord des Kanonenbootes waren, wurden die Taue zwischen beiden Schiffen gekappt, und die RAVAGER schoß mit voller Kraft davon. Das war auch richtig so, denn die Detonationen auf der ONTARIO nahmen kein Ende. Bald stand das ganze Schiff in Flammen und stob schließlich in einer gewaltigen Explosion auseinander, als das Feuer auf die Munitionskisten im Frachtraum übergriff.
Das war das Ende der Hilfslieferung für das eingeschlossene Vicksburg. Und das Ende für Max Quidor und seine Männer. Tom und seine beiden Begleiter waren die einzigen Überlebenden.
Nachdem die Explosionen verklungen waren, fanden die Ruderboote der RAVAGER nur noch Leichen im Fluß. Die von Quidor war zwar ebensowenig darunter wie die von Vivian Marquand, aber Quidor konnte den Rückenschuß nicht überlebt haben. Und die Agentin der Konföderierten war höchstwahrscheinlich ertrunken, wenn sie nicht durch die explodierende Munition schon tödlich verletzt worden war.
Als Lieutenant Slyde die Suche nach möglichen Überlebenden bei Einbruch der Dämmerung einstellen ließ, nahm die RAVAGER Kurs auf Louisville.
Jacob stand auf dem Kesseldeck und starrte zurück auf die letzten Trümmer der ONTARIO, die wie ein Mahnmal aus der Ockermill-Bank ragten. Kapitän DeWitts düstere Abschiedsworte kamen ihm in den Sinn. Und er dachte an die vielen kleinen Opfer, Verluste und Tode, die ein Krieg mit sich brachte, ohne daß sie später in den Geschichtsbüchern erwähnt wurden. Jacob war froh, als die RAVAGER um eine Flußbiegung fuhr und die Sandbank aus seinem Blickfeld verschwand.
ENDE
Und so geht das Abenteuer weiter
Amerika liegt im Bürgerkrieg; Nord- und Südstaaten bekämpfen einander mit aller Härte und jeder Kriegslist. Bislang hatten die drei Freunde Glück, nicht mitten ins Kampfgeschehen zu geraten. Das ändert sich nun. Ein Rebellentrupp des Südens vermutet Präsident Abraham Lincoln auf dem Dampfer, mit dem Jacob, Martin und Irene ihre Reise fortsetzen. Bei einer Untiefe des Ohio gerät das Schiff in einen Hinterhalt.
Es gibt viele Tote. Die Freunde werden getrennt. Und finden sich mitten in einem sinnlosen Krieg wieder, der nicht nach Schuld oder Unschuld fragt.
ATTENTAT AUF ABRAHAM LINCOLN
Jacob Adler trifft auf den legendären Präsidenten der USA! Lassen auch Sie sich diese Begegnung nicht entgehen.
Im nächsten Band von J. G. Kastners !AMERIKA!