158124.fb2 Flu?piraten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 6

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»Fleischkonserven?« wiederholte der Deutsche enttäuscht. »Ich hatte an etwas Wertvolleres gedacht, weil Sie zwei Männer zur Begleitung anheuern.«

»Im Krieg sind Nahrungsmittel knapp, und Fleisch ist nicht gerade billig. Aber es geht weniger um die konkrete Ladung als um die Sicherheit des Transports. In den letzten Monaten sind mehrere Frachtladungen einfach irgendwo zwischen hier und Cairo verschwunden. Deshalb möchten mein Mann und ich sicherstellen, daß diesmal alles glattgeht. Der gute Ruf unserer Agentur steht auf dem Spiel.«

»Wie konnte das passieren?« wollte Martin wissen.

»Keine Ahnung. Seit Kriegsausbruch treibt sich viel Gesindel in der Gegend herum. Eine Menge Deserteure verstecken sich in den Wäldern am Fluß.«

»Hoffen wir, daß es keine Schwierigkeiten gibt«, sagte Jacob und stand auf, um Irene die gute Neuigkeit mitzuteilen.

*

Eine Stunde nach der Begegnung mit Vivian Marquand gingen Jacob, Martin und Irene die Liberty Street hinunter, immer an den Gleisen der Pennsylvania Rail Road entlang, zum Hafen. Irene hielt Jamie auf den Armen, der sich in der frischen Luft rasch beruhigte. Die Männer trugen das Gepäck.

»Hoffentlich macht es dir nichts aus, auf einem Frachter zu fahren, Irene«, sagte Jacob. »Ich schätze, die Matrosen werden nicht an weibliche Gesellschaft gewöhnt sein. Nach der Erfahrung, die Martin und ich gestern mit diesen RumpoleVettern gemacht haben, dürften sie rauhe Burschen sein.«

»Die Seeleute auf der ALBANY waren auch nicht gerade Klosterbrüder«, meinte Irene über das Schiff, mit dem sie von Hamburg nach New York gefahren waren. »Außerdem ist ja Mrs. Marquand auch an Bord. Wir zwei werden euch Männer schon erziehen.«

»Das heißt, wir müssen uns auch an Bord täglich waschen?« fragte Martin mit vorgetäuschtem Entsetzen.

»Wenn nicht, sage ich Jamie, er soll euch in den Fluß werfen«, sagte Irene lachend.

Als sie am Ende der Liberty Street auf den Monongahela River stießen, wandten sie sich nach rechts und gingen auf die Landzunge mit den Befestigungsanlagen des alten Fort Duquesne zu. So hatten die Franzosen die Stadt bei ihrer Gründung im Jahre 1754 genannt. Fünf Jahre später zogen die Briten ein und tauften den Ort nach ihrem Premierminister Fort Pitt, woraus dann Pittsburgh wurde. An der Landzunge, wo sich der Monongahela und der Allegheny zum Ohio River vereinigten, sollte nach Vivian Marquands Angaben die ONTARIO liegen.

Ein zwölfjähriger Junge zeigte ihnen den Weg zur Anlegestelle des Frachtdampfers, der zwischen all den anderen Frachtern wirklich schwer auszumachen war.

Es war ein eher kleines Schiff, das durch ein Heckschaufelrad angetrieben wurde und nicht, wie die meisten der hier liegenden Schiffe, durch Seitenschaufelräder. Wie die Freunde später erfuhren, war das in gewissen Situationen ein Vorteil, denn ein Heckschaufelrad war vor im Fluß treibenden Baumstämmen besser geschützt.

Die Auswanderer suchten sich einen Weg durch das Gewirr von Kisten und Fässern, das die Anlegestelle umgab.

»Es wundert mich, daß die Schiffsbesatzungen bei diesem Durcheinander wissen, welche Fracht zu welchem Schiff gehört«, schimpfte Martin, als er schmerzhaft mit dem Knie gegen eine scharfkantige Kiste gestoßen war.

Auf der ONTARIO traf man die letzten Vorbereitungen für die Abfahrt. Ein paar Fässer wurden noch über eine Rampe an Bord gerollt und auf Deck vertäut.

Da die Deutschen niemanden sahen, an den sie sich wenden konnten, gingen sie einfach über die Rampe an Bord, wo sie nach dem Kapitän oder einem anderen Schiffsoffizier Ausschau hielten.

»Ich glaube es kaum, die Landratten!« erscholl auf einmal eine Stimme hinter ihnen. »So schnell sieht man sich wieder.«

Sie drehten sich um und sahen sich zu ihrer Überraschung den beiden Rumpoles gegenüber.

Der menschliche Büffel richtete seinen Blick auf Martin und öffnete den wild umwucherten Mund zu einem gemeinen Grinsen, das verfaulte, gelbschwarze Zähne offenbarte. »Ich habe dir doch gesagt, daß du für die Sache im Restaurant noch bezahlen wirst, Dutch. Ich hätte allerdings nicht gedacht, daß du freiwillig an Bord der ONTARIO kommst, um die Rechnung zu begleichen.«

Er griff zwischen einen Kistenstapel und zog ein dickes Tauende hervor, das vom restlichen Tau abgeschnitten worden war. Das ließ er durch die Luft sausen wie eine Peitsche.

Sein Vetter zog das scheinbar unvermeidliche Messer aus der Jackentasche und klappte es mit einer genüßlichen Handbewegung auf. Entweder besaß er eine ganze Sammlung, oder er hatte sich rasch eine neue Waffe besorgt.

Den anderen Matrosen war die sich anbahnende Auseinandersetzung nicht entgangen, und sie scharten sich um die Kontrahenten. Einer fragte, um was es denn ginge.

»Eine Privatsache zwischen den beiden Dutchmen und Jack und mir«, antwortete Bart Rumpole. »Also mischt euch nicht ein, Boys!«

»Wenn euch die Lektion gestern abend nicht gereicht hat, sind wir bereit, sie zu wiederholen«, sagte Jacob. »Aber laßt die Frau und das Kind aus dem Spiel. Sie haben nichts mit unserem Streit zu tun.«

Die Seeleute bildeten eine Gasse, durch die Irene zögernd ein paar Schritte zurückging. Sie ließ ihre Freunde nicht gern allein, aber sie konnte ihnen nicht helfen und mußte Rücksicht auf Jamie nehmen. Hinter ihr schloß sich die Gasse sofort wieder, so daß Jacob und Martin nur ins Wasser springen konnten, um dem Kampf auszuweichen.

Aber das hatten sie nicht vor. Sie stellten das Gepäck ab und warteten ruhig auf die beiden Vettern, die langsam auf sie zukamen.

Es war sicher kein Kinderspiel, mit den beiden Bewaffneten fertig zu werden. Auch die beiden Deutschen besaßen Messer sowie den Revolver, den sie in New York James Duncan abgenommen hatten. Aber sie einigten sich mit einem kurzen Blickwechsel darauf, ihre Waffen nicht einzusetzen. Sie wollten den Streit nicht eskalieren lassen.

Jacob fragte sich allerdings, ob sie es nur mit den beiden Vettern zu tun hatten oder ob denen im Notfall ihre Kollegen beispringen würden.

»Gleich treibe ich eure Schulden ein!« verkündete Bart Rumpole mit einem dreckigen Lachen und ließ das Tauende dicht an den Gesichtern der Deutschen vorbeifliegen.

Jacob konzentrierte sich auf das Tau, um es beim nächsten Mal mit den Händen zu packen und es dem Matrosen zu entreißen.

Aber er kam nicht dazu, weil eine verärgerte Stimme irgendwo von achtern laut fragte, was los sei und weshalb die Männer nicht arbeiteten. Ein nicht besonders großer, dafür aber in den Schultern breiter Mann drängte sich durch die Matrosen, die ihm respektvoll Platz machten. Er trug die Kapitänsuniform. Eine dunkle Schirmmütze saß über einem strengen Gesicht mit langen Koteletten, deren dunkler Schopf von ein paar silbergrauen Haaren durchsetzt war. Der Mann mochte vierzig oder fünfzig Jahre alt sein und strahlte in seinem ganzen Auftreten Autorität aus.

Er blieb bei den Deutschen stehen und sah sie verwundert an. »Darf ich fragen, was Sie hier an Bord zu suchen haben?«

Jacob erklärte es ihm.

Der Kapitän nickte. »Mein Name ist Francis DeWitt, Kapitän und Eigner der ONTARIO. Mrs. Marquand hat mich bereits unterrichtet und die Passage für alle bezahlt. Aber warum sorgen Sie für solchen Aufruhr, daß meine Leute ihre Arbeit einfach liegenlassen?«

»Nicht wir sind an dem Aufruhr schuld, sondern Ihre beiden streitlustigen Matrosen, die uns unbedingt aufschlitzen oder mit einem Tau in Stücke schlagen wollen«, erwiderte Jacob und zeigte auf die Rumpole-Vettern, die ihren Unmut über DeWitts Auftauchen nicht verbergen konnten.

»Aha, mal wieder die Rumpoles, ich verstehe«, brummte der Kapitän und wandte sich den Vettern zu. »Mr. Rumpole«, er sah Bart an, »ich weiß nicht, worum es bei diesem Streit geht, und will es auch gar nicht wissen. Aber eines sollten Sie wissen: Ich wünsche nicht, daß an Bord meines Schiffes Raufereien und Messerstechereien ausgetragen werden. Sie sind Erster Bootsmaat der ONTARIO. Wenn Sie diesen Posten behalten wollen, richten Sie sich in Zukunft gefälligst nach meinen Wünschen!«

»Ay, Sir«, sagte der zottige Maat zerknirscht, aber aus seinen Augen sprühte den Deutschen weiterhin unverhohlener Haß entgegen.

Er drehte sich um und trieb die Männer zurück zu ihrer Arbeit. Bevor sein Vetter den Blick von Jacob und Martin wandte, spuckte er vor ihnen auf die Planken und sah dann sehnsüchtig auf die Klinge seines Messers.

»Vergessen Sie diesen Vorfall bitte«, sagte Kapitän DeWitt. »Sie müssen entschuldigen, daß sich meine Männer Passagieren gegenüber etwas ungehobelt benehmen, aber die ONTARIO ist ein reines Frachtschiff und hat nur selten Gäste an Bord. Wir können Ihnen deshalb auch nur zwei Kabinen zur Verfügung stellen, die des Ersten Steuermannes und die des Ersten Maats. Eine ist für die beiden Damen und das Kind gedacht, die andere für Sie beide.«

Die Passagiere erklärten sich einverstanden und wurden von DeWitt zu ihren Unterkünften geführt, die vor dem Ruderhaus auf dem Promenadendeck lagen. Es waren kleine, spartanisch eingerichtete Kabinen mit Kojen, die jeweils nur für eine Person gedacht waren. Aber die Deutschen waren an räumliche Enge von der ALBANY her gewöhnt.

»Es ist nicht wie im besten Hotel von Pittsburgh«, meinte DeWitt. »Aber für die Fahrt nach Cairo sollte es reichen.«

»Wie lange werden wir unterwegs sein?« fragte Jacob.

»Eine Woche, wenn wir gut vorankommen. Zehn Tage, wenn wir Pech haben.«

Damit verabschiedete sich der Kapitän fürs erste von seinen Passagieren, weil er den Abschluß der Verladearbeiten persönlich überwachen wollte.

»Immerhin eine Flußreise, die für uns nicht nur kostenlos ist, sondern für die wir auch noch Geld bekommen«, meinte Martin nach einem skeptischen Blick auf die nackten Wände von Bart Rumpoles Kabine, die sich die beiden Freunde teilten.

»Und selbst Irenes Fahrt hat die großzügige Mrs. Marquand bezahlt. Wir können wirklich von Glück sagen, daß wir sie getroffen haben.«

Er konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, daß die rothaarige Frau gerade ihm alles andere als Glück bringen sollte.

*