158124.fb2 Flu?piraten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 8

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Die Besatzung mußte Wind von dem Kampf bekommen haben. Rasch füllte sich das Promenadendeck. Auch Irene kam herauf und kümmerte sich um die mißhandelte Frau.

Kapitän DeWitt erschien und warf mißbilligende Blicke auf seine beiden betrunkenen Männer, die auf den Planken lagen.

»Worum ging es diesmal?« fragte er.

»Um sie«, antwortete Jacob und zeigte auf die verängstigte Mrs. Marquand.

DeWitts strenges Gesicht verfinsterte sich. »Bringt zwei große Eimer mit Wasser her!«

Ein paar Matrosen feixten und liefen schnell die Treppe zum Hauptdeck hinunter. Sie kehrten mit den verlangten Wassereimern zurück und wollten sie vor ihrem Kapitän abstellen.

»Die sind nicht für mich«, belehrte sie DeWitt, »sondern für die beiden volltrunkenen Schweine. Macht sie wieder nüchtern, wenn das überhaupt geht.«

Auf den Gesichtern der umstehenden Matrosen lag ein erwartungsvolles, schadenfrohes Grinsen, als zwei ihrer Kollegen die Eimer über den Köpfen der Rumpoles ausschütteten.

Jack kam zuerst wieder zu sich, schüttelte prustend seinen Kopf und setzte sich auf. Mit einem lauten Stöhnen tat es ihm sein Vetter langsam nach und faßte sich an den haarigen Schädel, das Gesicht vor Schmerz verzerrt.

»Mr. Rumpole«, sagte der Kapitän ernst und sah dabei Bart an. »Ich habe Sie mehrmals ermahnt, sich an Bord zu benehmen. Heute abend haben Sie den Bogen überspannt. Sie sind nicht länger Maat auf diesem Schiff! Und sobald wir in Louisville anlegen, verlassen Sie die ONTARIO!« Sein Blick wanderte weiter zu dem zweiten Rumpole. »Das gilt auch für Sie! Ich betrachte die Angelegenheit damit als erledigt. Ob Mrs. Marquand in Louisville Anzeige gegen Sie erstattet, bleibt ihr überlassen. Ich könnte es aber gut verstehen.«

Er wandte sich um und ging zu der fast nackten Frau, um sie zu fragen, ob er etwas für sie tun könnte. Mrs. Marquand schüttelte den Kopf. Von Irene gestützt, stand sie auf. Als alle Versuche, ihr zerrissenes Kleid notdürftig hochzuziehen, scheiterten, ging sie so, wie sie war, nur mit Jacobs Jacke bekleidet, in ihre Kabine.

DeWitt verscheuchte derweil die gaffenden Männer. Die beiden Rumpoles wirkten wie begossene Pudel, als sie zum Hauptdeck hinunterschlichen.

Jacob blickte ihnen skeptisch nach. Er hatte das unbestimmte Gefühl, daß dies nicht der letzte Ärger mit den beiden Galgenvögeln gewesen war.

*

In derselben Nacht, ein paar Stunden später, schlich Vivian Marquand auf Zehenspitzen aus ihrer Kabine, um Mutter und Kind nicht zu wecken, die fest schliefen. Sie konnte nach dem Vorfall mit den betrunkenen Matrosen keinen Schlaf finden und hatte sich nur unruhig auf ihrer Schlafstätte hin und her gewälzt, die sie sich aus Decken auf dem Fußboden bereitet hatte. Sie hatte darauf bestanden, daß Irene und ihr kleiner Sohn die einzige Koje nahmen. Sie trat an den Rand des Promenadendecks und sah hinaus auf den nächtlichen Fluß. Auch bei Nacht setzte die ONTARIO ihre Fahrt fort, wenn auch nur mit halber Kraft. Kapitän und Mannschaft kannten den Fluß gut genug, um sich auch im Dunkeln zurechtzufinden. Vivian dachte an das schreckliche Erlebnis vor ein paar Stunden und daran, was geschehen wäre, wären ihr die beiden Deutschen nicht zu Hilfe gekommen. Sie konnte die Erzählungen des ehemaligen Sklaven nicht mehr ertragen und wollte schlafen gehen, als ihr auf dem Promenadendeck die beiden Betrunkenen entgegenkamen. Fast so, als hätten sie ihr aufgelauert. Sie hatte daran gedacht, den vierschüssigen Derringer, den sie in ihrer Handtasche bei sich trug, gegen die Matrosen einzusetzen. Es war die Waffe, die Ross Bowman gehört hatte. Aber sie hatte die Konsequenzen befürchtet. Wenn sie die Matrosen niederschoß, mußte sie mit einer polizeilichen Untersuchung in Louisville rechnen, die ihre Mission verzögerte. Und General Pemberton war dringend auf die Revolverkanonen angewiesen. Deshalb hatte sie nicht geschossen. Und deshalb würde sie auch keine Anzeige gegen die Matrosen erstatten. Was hätte Alec wohl gedacht, wenn es mit den beiden Kerlen zum Äußersten gekommen wäre? Hätte sie es ihrem Mann überhaupt sagen können? Sosehr sie sich auch fragte, welche Opfer sie noch für die Sache des Südens würde bringen müssen, Mond und Sterne wußten keine Antwort darauf. Plötzlich bemerkte sie zwei Gestalten auf dem Hauptdeck, die aus der achtern gelegenen Matrosenunterkunft kamen und miteinander tuschelten. Sie konnte beide gut sehen, weil der Größere eine Blendlaterne vor sich hertrug. Vivians Herz schlug schneller, als sie die beiden Männer erkannte, die sie vor ein paar Stunden fast vergewaltigt hätten. Rasch trat sie einen Schritt zurück, um nicht von ihnen gesehen zu werden. Das war auch gut so, denn die beiden sahen sich nach allen Seiten um und vergewisserten sich, daß sie allein an Deck waren. Als sie sich dessen sicher waren, öffneten sie die Luke zum Einstieg, der hinunter in den Laderaum führte. Und zwar in den Laderaum, in dem die als Fleischkonserven deklarierten Revolverkanonen verstaut waren. Als die Matrosen unter Deck verschwanden, schüttelte Vivian die Lähmung, die sie befallen hatte, ab und eilte die Treppe zum Hauptdeck hinunter. Sie mußte herausfinden, was da unten vor sich ging.

*

»Meinst du, daß es richtig ist, was wir hier tun, Bart?« fragte Jack Rumpole ängstlich, während er seinem Vetter hinunter in den dunklen Bauch des Ohio-Steamers folgte. »Wenn der Alte uns erwischt, macht er uns fertig. Er ist schon ziemlich sauer wegen der Sache mit dieser rothaarigen Hure vorhin.«

»Mach dir bloß nicht ins Hemd, Jack! Wenn ich schon meinen Posten verliere und das Schiff verlassen muß, will ich wenigstens etwas mitnehmen, das ich zu Geld machen kann.«

Sie gingen zu den aufgestapelten Kisten, und Bart Rumpole stellte die aufgeblendete Laterne auf ihnen ab. Hier unten war es ziemlich laut, weil der Maschinenraum gleich nebenan lag. Sie mußten fast schreien, um sich zu verständigen.

»Aber weshalb willst du dir ausgerechnet diese Konserven ansehen, Bart?«

»Weil ich nicht glaube, daß es Konserven sind. Daß ein Frachtagent persönlich mitfährt, um auf seine Ware aufzupassen, ist schon mehr als ungewöhnlich. Und daß diese Hure dann noch zwei Aufpasser mitnimmt, sollte selbst dein Spatzenhirn stutzig werden lassen!«

»Man wird ja noch fragen dürfen«, murmelte Jack kleinlaut, während sein Vetter ihm die mitgebrachte Brechstange aus der Hand riß.

»Wollen mal sehen, was in den Konserven so drin ist«, brummte Bart und setzte die eiserne Stange an einer Kiste in Brusthöhe an. Er war ein kräftiger Mahn und mußte sich trotzdem anstrengen, den Deckel zu öffnen, so tief waren die langen Nägel ins Holz getrieben worden.

»Da hat man sich aber ganz schön Mühe gemacht für ein paar lumpige Konserven«, meinte er, als er den Deckel abnahm und beiseite legte. »Ich bin gespannt, wie das Fleisch schmeckt.«

Er sah in die Kiste, die mit Tüchern ausgelegt war, und wühlte in ihnen herum, bis er etwas Zylinderförmiges ertastete, das tatsächlich eine Konservendose sein konnte. Nein, doch nicht, es war viel zu lang und zu schwer. Vorsichtig zog er mit beiden Händen seinen Fund aus der Kiste und stieß einen überraschten Pfiff aus, als er erkannte, welchen Inhalt die Kisten wirklich hatten.

»Schau mal einer an! Wir haben mehr Glück als du Verstand, Jack. Aber das ist ja keine Kunst.«

Jack starrte auf das lange, schwere Rohr in den Händen seines Vetters. »Was ist das für ein Ding, Bart?«

»Das ist eine Revolverkanone. Vielmehr das Geschützrohr. Und das wiederum kann nur eines bedeuten: Die rothaarige Schlampe schmuggelt Waffen für die Rebellen!«

»Ganz recht«, sagte eine Frauenstimme hinter ihnen.

Die Matrosen fuhren herum und sahen in Vivian Marquands Gesicht und in die Mündung ihres Derringers. Die Frau stand nur ein paar Schritte von ihnen entfernt, da die kleine Waffe nur auf kurze Distanz treffsicher war. Aber da besaß sie eine verheerende Wirkung. Die Rumpoles wußten das und waren deshalb unsicher, was sie unternehmen sollten.

»Sie. Sie werden doch nicht auf uns schießen, Lady?« fragte Bart, der sich zuerst von seiner Überraschung erholt hatte.

»Warum sagen Sie nicht weiter Hure zu mir? Der Ausdruck scheint Ihnen doch zu gefallen.«

»Ich bitte um Entschuldigung, Ma'am. Auch für das, was mein Vetter Jack und ich vorhin auf dem Promenadendeck getan haben. Wir waren betrunken, wissen Sie?«

»Reden Sie nicht!« sagte Vivian scharf und machte eine drohende Geste mit ihrer Waffe. »Legen Sie lieber den Geschützlauf zurück in die Kiste, und vernageln Sie diese wieder!«

»Sofort, Ma'am«, versprach Bart und kam dem Befehl nach.

Als er damit fertig war und sich wieder zu Vivian umdrehte, lag ein Ausdruck auf seinem Gesicht, der ihr gar nicht gefiel. Er hatte nachgedacht und war zu dem Schluß gekommen, daß der einzige Vorteil der Frau ihre Waffe war.

»Vielleicht sollten wir zusammenarbeiten, Ma'am«, schlug er vor.

»Wie meinen Sie das?«

»Nun, Jack und ich könnten in das Geschäft einsteigen. Sie hätten vier kräftige Hände mehr zur Verfügung. Und wenn Sie nicht mit so vielen teilen wollen, stoßen Sie die beiden Dutchmen ab. Was die draufhaben, können Jack und ich schon lange.«

»Ich wüßte nicht, weshalb ich ausgerechnet mit Ihnen gemeinsame Sache machen sollte.«

»Damit wir Sie nicht beim Captain und bei der nächsten Militärbehörde verraten.«

»Und wenn ich dem Kapitän verrate, daß Sie sich unerlaubt an der Fracht zu schaffen gemacht haben?« entgegnete die rothaarige Frau.

»Dann würden wir dem Captain sagen, was sich wirklich in den Kisten befindet.«

»Sie wollen mich also erpressen?«

»Yeah, Lady«, bestätigte Bart Rumpole mit einem breiten Grinsen. Er spürte, daß er wieder Oberwasser bekam. Ein Rumpole ließ sich doch nicht von einem Weiberrock einschüchtern!

Sein Vetter Jack schien das allerdings nicht so zu sehen. Zweifelnd blickte er von Bart auf die Frau und wieder zurück.

Auch Vivian fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Sie durfte es nicht dazu kommen lassen, daß Kapitän DeWitt vom wahren Inhalt der Kisten erfuhr. Aber sie wagte es auch nicht, gemeinsame Sache mit den Matrosen zu machen. Diese Säufer waren imstande, im Rausch alles zu verraten.

Im Grunde blieb ihr nur eine Lösung, und die hielt sie in ihrer Rechten. Sie zögerte, den Derringer einzusetzen. Sie haßte das Sterben und fürchtete das Töten.

»Was ist, Lady?« fragte Bart Rumpole und machte zwei Schritte auf Vivian zu. »Kommen wir in der Sache zusammen?«

Er hielt noch das Eisen, mit dem er den Deckel auf die Kiste genagelt hatte, in der Hand. Als die Hand plötzlich hochfuhr, um Vivian die Waffe wegzuschlagen, drückte sie ab.