158185.fb2 Im Land der B?ffel - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 18

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Er war am Ufer der Elbe aufgewachsen, war immer schon ein guter Schwimmer gewesen. Es gelang ihm, sich gegen die Strömung zu behaupten und sich Zoll um Zoll schwimmend auf das Ufer, von dem er gekommen war, zuzubewegen. Als er eine Seilschlinge vor sich im Wasser sah, griff er danach und wurde - wie schon am Tag zuvor - wieder an Land gezogen.

»Du kannst anscheinend auf dein tägliches Vollbad nicht verzichten«, meinte Martin grinsend und drückte so seine Erleichterung darüber aus, daß seinem Freund nichts zugestoßen war.

Ihr Wagen allerdings war dem schäumenden Big Blue zum Opfer gefallen. Er brach flußabwärts an einem Felsen in mehrere Teile, die nur um so schneller davontrieben. Wenigstens kamen so die Ochsen frei und retteten sich mit letzter Kraft ans diesseitige Ufer. Abner Zachary schickte ein paar Reiter los, sie zu holen.

»Jetzt müssen wir uns auf die Verteidigung einrichten«, sagte der Captain enttäuscht zu Jacob. »Sie haben bewiesen, daß eine Flußüberquerung unmöglich ist.«

»Das würde ich nicht sagen«, meinte Jacob, der daran dachte, wie vor ein paar Wochen mitten im großen Mississippi die Menschen vom untergehenden Flußdampfer QUEEN OF NEW ORLEANS gerettet worden waren; man hatte ein starkes Tau zum Schwesterschiff QUEEN OF ST. LOUIS gespannt, an dem sich die Schiffbrüchigen festhalten konnten, um gegen die mächtige Strömung zu bestehen. »Wir müßten Seile über den Fluß spannen, um ein Abtreiben der Wagen zu verhindern.«

In Abner Zacharys Augen blitzte ein Hoffnungsschimmer auf. aber dann fragte er skeptisch: »Und wer soll das übernehmen?«

»Ich«, seufzte der junge Zimmermann. »Ich bin eh schon durchnäßt. Vorher aber sollten wir flußaufwärts eine berittene Postenkette aufstellen. Die Männer müssen uns warnen, falls Harpers Trupp eher anrückt als erwartet. Sie müssen dann auch den ersten Angriff abschlagen.«

Abner Zachary teilte zehn Männer für diese Aufgabe ein, die widerwillig abrückten. Lieber wären sie bei ihren Angehörigen geblieben, um ihnen bei der schwierigen Flußüberquerung beizustehen.

*

Ein paar Minuten später lenkte Jacob wieder einen Planwagen in den Big Blue hinein. Den schwersten Wagen des Trecks, Sam Kelleys von zehn kräftigen Ochsen gezogene, fahrbare Schmiede.

Hinten am Wagenkasten und an der eisernen Hinterachse waren mehrere starke Seile befestigt, die eine doppelte Aufgabe erfüllten.

Sie waren zum einen die Sicherheitsleinen für die nachfolgenden Wagen.

Zum anderen sollten sie Jacob davor bewahren, erneut abgetrieben zu werden. Am diesseitigen Ufer waren sie an Abner Zacharys schwerem Conestoga befestigt. Falls der Fluß den Schmiedewagen mitreißen sollte, mußte der Treck-Captain seine Maultiere antreiben, um den von Jacob gelenkten Wagen gerade zu halten.

Jacob hatte erkannt, daß er beim ersten Versuch einen folgenschweren Fehler gemacht hatte. Er hatte seinen Wagen auf dem kürzesten Weg durch den Fluß getrieben, um die Durchquerung möglichst schnell hinter sich zu bringen. Als erfahrener Schwimmer hätte er daran denken müssen, das Gefährt schräg nach rechts zu lenken, der Strömung entgegen, um sie dadurch teilweise auszugleichen.

Wieder scheuten die Ochsen das Wasser, spürten die Gefahr, die ihnen drohte. Unnachgiebig trieb sie Jacob in die Fluten. Es ging darum, das Leben von fast zweihundert Menschen zu retten.

Und wieder verloren die Tiere rasch den Boden unter den Füßen. Aber diesmal kam er gleichwohl besser vorwärts. Der Wagen wurde nicht so schnell abgetrieben. Und die Kraft der zehn Ochsen, die jetzt, wo sie selbst in Gefahr waren, alles aus sich herausholten, brachte ihn dem jenseitigen Ufer immer näher.

Der Prärieschoner hatte die Flußmitte bereits hinter sich gelassen, als etwas schwer gegen Jacobs rechte Hüfte krachte. Ein stechender Schmerz war die Folge. Der Auswanderer wäre fast in den Fluß gerissen worden, konnte sich gerade noch am Wagenkasten festhalten. Er sah den Baumstamm, der ihn getroffen hatte, in rasender Fahrt im Wasser davonjagen.

Jacob hätte die Gefahr, vom Bock gespült zu werden, verhindern können, indem er sich hätte am Wagen festbinden lassen. Er hatte daran gedacht. Aber falls Kelleys Wagen, wie Jacobs eigener, doch abgetrieben wurde, wäre Jacob dann der Tod durch Ertrinken sicher gewesen.

Er rutschte wieder in Position und suchte vergebens nach der Peitsche, um die Ochsen anzutreiben. Die ihn bis zur Brust umspülende Strömung hatte sie mitgerissen.

Aber die Ochsen wußten auch so, daß es um alles ging, auch für sie. Mit letzter Kraft stemmten sie sich gegen die Strömung und schafften es schließlich, wieder festen Boden unter die Hufe zu bekommen.

Immer mehr hob sich der Wagen aus dem Wasser. Es reichte Jacob nur noch bis zum Bauch, bis zu den Hüften, bis zu den Knien. Irgendwann stand der Schmiedewagen am jenseitigen Ufer. Drüben, bei den übrigen Auswanderern, brandete lauter Jubel auf.

Jacob gönnte sich nur eine Minute Verschnaufpause. Dann brachte er den Wagen in die bestmögliche Position, um die Auffangseile gerade zu halten, zog die Bremse an und sicherte die Räder gegen ein Zurückrollen mit Utensilien aus Sam Kelleys Schmiede ab.

Er überzeugte sich davon, daß die Auffangseile straff gespannt waren, und schrie über den rauschenden Fluß nach drüben: »Hier ist alles bereit! Der nächste Wagen kann kommen!«

Noah Koontz, ein dunkelhäutiger Farmer, trieb seine acht Ochsen in den Fluß. An Bord des Wagens, hinten im Kasten, hockten seine Frau und seine fünf Kinder. Wie es ihm Jacob gesagt hatte, lenkte auch Koontz sein Gefährt schräg gegen die Strömung an.

Anfangs schien alles gutzugehen. Doch etwa in der Flußmitte verloren die Ochsen den Kampf gegen die Strömung. Da halfen alles Fluchen des Farmers und auch der Gebrauch seiner Stockpeitsche nichts. Besorgt beobachteten die Auswanderer auf dem einen und Jacob auf dem anderen Ufer, wie der Wagen mit den sieben Menschen an Bord immer mehr abgetrieben wurde.

Als er die Sicherheitsseile erreichte, hielten viele den Atem an. Sam Kelleys Prärieschoner, neben dem Jacob stand, erzitterte, als die Seile die volle Last von Noah Koontz' Wagen zu spüren bekamen. Das Holz stöhnte mit einem lauten Knarren auf.

Jacob schwang sich auf den Bock, um jederzeit bereit zu sein, die nachgebenden Seile durch ein Vorwärtsfahren wieder zu spannen.

Doch die Sicherheitsleinen hielten und gaben dem Wagen genug Halt, daß ihn die Ochsen weiterziehen konnten. Schließlich tauchten sie vor Jacob aus den Fluten auf, brachten den Wagen immer weiter an Land und blieben erschöpft neben Sam Kelleys Zugtieren stehen.

Erneut erscholl lauter Jubel vom jenseitigen Ufer, und die Koontz-Leute fielen erleichtert darin ein.

»Weiter!« rief ihnen Jacob zu. »Fahrt den Wagen beiseite!«

Und dann ganz laut nach drüben zum Treck: »Der nächste Wagen, los!«

Wagen auf Wagen durchquerte den Big Blue, der gewiß selten so viele Schreie, Flüche, knallende Peitschen, knarrende Räder und schnaubende Tiere erlebt hatte wie an diesem Morgen. Manch ein Wagen geriet in der starken Strömung in Schwierigkeiten, aber die Auffangseile hielten. Ein paarmal mußten Jacob und Abner Zachary ihre Zugtiere antreiben, um die Seile wieder zu spannen, so stark war das auf ihnen lastende Gewicht.

Um die Mittagszeit hatten mehr als die Hälfte der Wagen den Fluß überquert. Nur noch elf standen drüben bei Abner Zachary.

Da knatterten plötzlich leise Schüsse zu ihnen herüber. Die Auswanderer erstarrten.

»Die Banditen kommen!« rief eine Frau erschrocken aus.

*

Die Schüsse rissen nicht ab. Statt dessen kamen sie den Auswanderer immer näher. Offensichtlich waren die zehn von Abner Zachary ausgesandten Männer gezwungen worden, sich zurückzuziehen.

Der Prediger organisierte drüben am anderen Ufer hastig die Verteidigung. Die dort verbliebenen Planwagen wurden zu einem Halbkreis um die Fuhrt zusammengefahren und die Tiere ausgespannt. Nur Zachary ließ seinen Conestoga in der alten Position, um die Auffangseile straff zu halten. Mit Kisten und Fässern wurden Lücken im Verteidigungswall geschlossen. Frauen und Kinder suchten sich bestmögliche Deckung. Die Männer gingen in Stellung, luden und überprüften ihre Waffen.

Etwas war schiefgegangen. Die Outlaws kamen viel früher als erwartet. Wahrscheinlich hatten sie Kundschafter ausgeschickt und herausgefunden, daß der Treck nicht in ihre Falle gehen würde.

Für die Auswanderer war das fatal. Jacob spürte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Sein Plan, den Big Blue zu überqueren, konnte sich unter den neuen Umständen als verheerend erweisen. Zwar befand sich ein Teil der Auswanderer in Sicherheit. Aber der übrige Teil war viel zu schwach, sich gegen einen zahlenmäßig starken Angreifer zu verteidigen.

Und der Angreifer war zahlenmäßig stark. Das sahen die Auswanderer bald, als ihre Posten zurückkehrten, verfolgt von Jed Harpers Männern. Von den zehn ausgesandten Männern ritten nur sieben in die Wagenburg ein. Ihnen dicht auf den Fersen war eine Reiterhorde, die Jacob auf etwa fünfzig Mann schätzte.

Als die Banditen dicht vor der Wagenburg waren, erscholl ein lautes Kommando Abner Zacharys, gefolgt vom Krachen einer Salve. Einige Banditen stürzten aus den Sätteln. Die anderen rissen ihre Pferde zurück.

Sie ritten, von einzelnen Schüssen verfolgt, hinauf auf die nächste Hügelwelle, sprangen dort von den Pferden und gingen in Deckung. Von hier aus nahmen sie die Auswanderer unter unablässiges, starkes Feuer.

Jacob sah, wie immer wieder Verteidiger getroffen zusammensackten. Einige Kugeln der Banditen schlugen auch in die Verstecke der Frauen und Kinder hinter den Wagen ein.

Plötzlich griff Angst nach Jacob. Angst um seine Freunde. Irene, Jamie und Martin waren noch drüben. Die Kelleys, die Millers, Custis Hunter und Melvin Freeman mit ihren Frauen und dem kleinen Bobby. Auch Billy Calhoun und Urilla Anderson.

»Wir müssen Zacharys Trupp helfen!« rief Jacob den Leuten am diesseitigen Ufer zu. »Allein sind sie zu schwach.«

Der grobschlächtige Patrick O'Rourke, dessen Maul um so größer geworden war, je besser seine Schulterwunde verheilte, trat vor und erwiderte: »Wie stellen Sie sich das vor, Adler? Sollen wir unsere Wagen zurück durch den Fluß fahren? Ich mache das bestimmt nicht ein zweites Mal mit!«

»Die Wagen bleiben hier. Nur die Männer gehen hinüber.«

»Wie denn? Die Strömung wird uns wegspülen!«

»Wir hangeln uns an den Seilen hinüber. Waffen und Munition schlagen wir fest in Ölhaut ein und binden sie um unsere Körper.«