158185.fb2 Im Land der B?ffel - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 5

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In den Augen der Frau las Jacob ein Schwanken zwischen Zweifel und Hoffnung, als sie fragte: »Aber wo sind sie dann?«

»Ich werde einen Suchtrupp zusammenstellen«, versprach Jacob.

Fünf Minuten später ritt er an der Spitze von einem Dutzend Männern in die Prärie hinaus. Sie wandten sich nach Nordosten, um die noch immer durch das Grasland tobenden Flammen zu umgehen.

Als sie auf der Höhe des links von ihnen prasselnden Feuers waren, zügelten sie überrascht ihre Pferde, denn ein einsamer Reiter kam ihnen aus der Richtung entgegen, aus der vor kurzem die Büffel gestürmt waren. Noch hing der von den Tieren aufgewühlte Staub in der hitzeflirrenden Luft, weshalb die Umrisse des Reiters nur undeutlich zu erkennen war.

»Wer von ihnen mag das sein?« fragte Martin, der, gebannt wie alle anderen, dem Mann entgegenstarrte.

Allmählich schälten sich seine Konturen deutlicher hervor. Es war ein hagerer Mann in Wildlederkleidung, der einen Schecken ritt.

Mit versteinertem Gesichtsausdruck hielt Thomas Bidwell auf die Gruppe zu. Er und sein Pferd waren über und über mit Staub bedeckt.

Noch ehe er den Suchtrupp ganz erreicht hatte, wurde der Scout mit Fragen bestürmt.

Oregon Tom wischte den Staub aus seinem Gesicht, sah den davonrollenden Planwagen nach und meinte mit erschöpfter Stimme: »Ein Glück, daß das Feuer die Büffel vertrieben hat. Wer ist auf die Idee gekommen?«

»Jacob«, sagte Martin und blickte seinen Freund nicht ohne Stolz an.

»Was ist passiert?« fragte Sam Kelley. »Wo ist Ben Miller?«

Der Scout zeigte müde in die Richtung, aus der er gekommen war.

»Da hinten ist er. Der Narr ist tot!«

Bestürzt sahen die Auswanderer ihren Scout an, die unausgesprochene Frage auf ihren Gesichtern, was geschehen war.

»Ben Miller war nicht der große Büffeljäger, für den er sich hielt«, erklärte Oregon Tom. »Leider war ich zu weit weg, um ihn zurückzuhalten. Sonst wäre das alles nicht passiert.«

»Was?« fragte Jacob laut.

»Ich hatte Miller noch ermahnt, eins der Tiere vom Rand zu schießen, ein Stück entfernt von der großen Herde. Aber er hatte es anscheinend auf eine junge Kuh mitten im Gewühl abgesehen. Er ritt zwischen die Tiere und feuerte seinen Karabiner ab. Aber die Büffelkuh war nur angeschossen und stürmte auf Miller los. Er zog seinen Revolver und feuerte auf die Kuh, während sein Pferd zu scheuen begann und ihn abwarf. Dann war die Kuh über ihm. Als ich am Ort war und die Büffelkuh erlegte, war Miller schon tot. Durch den ganzen Aufruhr geriet die Herde in Unruhe und stürmte plötzlich los. Millers Packpferd wurde niedergetrampelt. Mein eigenes lief erschreckt in die Prärie hinaus und ist irgendwo zwischen den Hügeln verschwunden.«

Sie ritten zu den Wagen zurück und veranlaßten den Treck zum Halten.

Jacob übernahm die schwere Aufgabe, Agnes Miller und ihren Kindern beizubringen, was mit Ben Miller geschehen war.

Erst sah die erfahrene, von vielen Jahren an der Grenze gehärtete Farmersfrau völlig gefaßt drein. Aber dann stiegen Tränen in ihre Augen, und verzweifelt schrie sie den Namen ihres Mannes.

»Nein, das glaube ich nicht!« schluchzte sie. »Ich glaube nicht, daß Ben tot ist. Ich. ich will ihn sehen!«

»Tun Sie sich das lieber nicht an, Ma'am«, riet ihr Oregon Tom. »Das, was die Büffelkuh von ihrem Mann übriggelassen hat, ist kein schöner Anblick. Sie würden ihn kaum erkennen.«

Die in Tränen aufgelöste Frau starrte den Scout ungläubig an. »Aber. wir müssen Ben doch wenigstens begraben.«

»Wären wir hier in der Stadt, gäbe ich Ihnen recht, Ma'am«, sagte Bidwell. »Aber würden wir zu der Leiche reiten, sie bestatten, und dann wieder zurückkehren, wäre der Tag vorbei.« Er sah nach Westen, wo sich die Sonne allmählich dem Horizont zuneigte. »Wir sollten die paar Stunden Tageslicht, die uns noch bleiben, besser ausnutzen, noch ein gutes Stück voranzukommen. Wenn wir in den Rockies einschneien, müssen wir alle sterben. Das hätte Ihr Gatte bestimmt nicht gewollt.«

»Der Mann hat recht, Mrs. Miller«, sagte Abner Zachary, der seine in Leder gebundene, abgegriffene Bibel in den Händen hielt. »Hier in der Wildnis kann eine selbstverständliche Christenpflicht die Ursache des eigenen Todes sein. Ich werde heute abend einen Gottesdienst für Ben abhalten.«

Agnes sah den Prediger an, als spendeten seine Worte ihr Trost. Aber plötzlich sprang sie vom Wagen und rannte in die Prärie hinaus, dabei immer wieder Bens Namen rufend.

Jacob und Martin glitten aus den Sätteln, liefen ihr nach, packten sie an den Armen und hielten sie zurück. Sie redeten beruhigend auf Agnes ein und brachten sie zum Treck zurück, um sie in die Obhut der anderen Frauen ihres Zuges zu geben.

Jacob ging auf den sechzehnjährigen Johnny Miller zu, der mit wächsernem Gesicht auf seinem Fuchs saß und bisher kein Wort gesagt hatte.

»Du bist jetzt der Mann in eurer Familie, Johnny. Das heißt, du mußt sehr tapfer sein und auf deine Mutter und deine Schwester aufpassen. Im Moment besonders auf deine Mutter, glaube ich.«

Der Junge nickte ernst.

»Ich weiß, Mr. Adler.«

Als der Treck weiterzog, wünschten sich die Auswanderer, den Büffeln niemals begegnet zu sein.

*

Als der einsame Reiter den Ort erreichte, an dem der Treck beinah von den wildgewordenen Büffeln in Grund und Boden getrampelt worden wäre, waren die Wagen nur noch kleine Punkte am westlichen Horizont.

Das von den Auswanderern gelegte Feuer verlöschte allmählich. Der Wind hatte es auf eine fast graslose Fläche zugetrieben. Auf dem kargen Boden aus Felsgestein und Sand fanden die Flammen nicht genügend Nahrung und gingen mit einem letzten Aufflackern ein.

Der Reiter bewunderte den Erfindungsreichtum der Auswanderer, aber er wußte nicht recht, ob er sich über das Feuer freuen sollte. Hätten die Büffel den Treck überrannt, wäre seine Aufgabe vielleicht um vieles einfacher geworden.

Aber auch so würde er es schaffen. Er hatte Zeit, viel Zeit. Irgendwann, bevor der Treck die fernen Berge erreichte, würde er zuschlagen. Bis dahin würde er dem Treck weiter folgen und ihn beobachten, ohne selbst gesehen zu werden.

Er rief dem Piebald einen gutturalen Laut zu, und das wendige Pferd trug ihn weiter. Er ritt nur langsam.

Erst wenn sich die Sonne schlafengelegt hatte, würde er sich dem Treck nähern. Vielleicht brachte schon diese Nacht seine große Chance.

*

Sobald an diesem Abend die Wagen zur Burg zusammengefahren waren und die Auswanderer ihr Vieh versorgt hatten, hielt Abner Zachary den angekündigten Gottesdienst. Er pries Ben Millers Vorzüge, wie es bei Leichenreden üblich war, und bat den Herrn, den Verstorbenen mit besonderer Güte zu empfangen.

Agnes Miller schien sich wieder gefaßt zu haben. Kerzengerade stand sie neben ihren Kindern, und keine Träne rollte über ihr Gesicht, während sie dem Prediger aufmerksam lauschte.

Nur ein paar der anderen Frauen weinten. Und Ben Millers Töchter, die neunzehnjährige Cora und die achtjährige Ann, die sich gerade erst von einem schweren Fieber erholt hatte.

Zum Abschluß des Gottesdienstes priesen die Auswanderer den Herrn in einem von Abner Zachary angestimmten Lied, das kaum verklungen war, als ein lauter Ruf über das Lager hallte.

»Ein Wagen kommt!«

George Kelley, der außerhalb der Wagenburg Wachdienst bei der Herde hatte, hatte den Ruf ausgestoßen.

Schlagartig war die feierliche, melancholische Stimmung des Gottesdienstes wie weggewischt. Die Menschen strömten zu den Rändern ihres Lagers und quollen zwischen den ellipsenförmig zusammengestellten Planwagen hervor.

Seit dreieinhalb Tagen, seit ihrem Aufbruch von Kansas City und der Begegnung mit Marshal Webbs Posse, hatten sie keine Fremden mehr gesehen. Gemessen an den vielen Wochen und Monaten in der Wildnis, die noch vor ihnen lagen, mochte das so gut wie nichts sein. Aber den Auswanderern in der endlosen Einöde kam es bereits vor wie eine kleine Ewigkeit.

Fragen schwirrten von Mund zu Mund.

Wer mochte da durch die Dunkelheit kommen?