158219.fb2 Kansas City - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 5

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»Was ist los, mein Sohn?« fragte die tiefe Stimme des Predigers, der zu der Gruppe getreten war.

Seine Predigt war zu Ende, und allmählich zerstreuten sich die Auswanderer, um ihren Tagesgeschäften nachzugehen.

Wie Jacob und Martin bald erfuhren, hielt Abner Zachary jeden Morgen eine Predigt. Und wer nicht mit wichtiger Arbeit beschäftigt war, hörte sie sich an.

Adam stellte seinem Vater die beiden Deutschen vor, berichtete ihm in knappen Worten von dem Vorfall und sagte dann: »Wir sollten sofort ein Aufgebot zusammenstellen und diesen Kerlen zeigen, daß man so nicht mit uns umgehen kann!«

Sein Vater musterte ihn kühl. »Weshalb mit uns? Uns geht die Sache überhaupt nichts an. Miß Anderson gehört nicht zu uns. Außerdem ist der Vorfall in der Stadt passiert. Miß Anderson müßte sich also an Marshal Webb wenden.«

»Bowden Webb wird sich kaum dafür interessieren«, sagte Urilla. »Aber ich habe auch gar nicht verlangt, daß jemand in der Sache etwas für mich unternimmt.«

»Dann ist ja alles klar«, stellte Abner Zachary fest, seine jetzt wahrhaft eisig wirkenden Augen abweisend auf die junge Frau richtend. »Wenn Sie mich entschuldigen wollen, Miß Anderson. Die beiden Gents aus Deutschland haben wohl etwas mit mir zu besprechen.«

»Aber Vater«, begehrte Adam auf. »Ich wollte mir dir über Urilla sprechen!«

»Da gibt es nichts mehr zu besprechen. Du kennst meine Einstellung. Mit einer Frau ihres Berufes wollen wir nichts zu tun haben!«

Urilla schienen Abner Zacharys Worte hart zu treffen. Sie biß sich auf die Lippen, drehte sich um und ging eilig weg. Adam lief ihr nach.

»Was kann ich für Sie tun?« fragte Abner Zachary Jacob und Martin in einem gelösten Tonfall, als hätte sich der Vorfall zwischen ihm und seinem Sohn nicht ereignet.

»Wir möchten uns Ihrem Treck gern anschließen«, antwortete Jacob.

»Dann brauchen Sie einen Wagen, Zugtiere und den festgelegten Vorrat.«

»Und das wäre?«

»Eine Milchkuh pro Wagen und ausreichend Verpflegung: Speck, Mehl, Maismehl, Natron, Zwieback, Bohnen, Dörrfleisch, Reis, Melasse, Zucker, Salz, Kaffe oder Tee, dazu ein Wasserfaß mit mindesten hundert Litern Inhalt. Außerdem Ersatzteile für Ihren Wagen: eine Deichsel, ein Vorder- und ein Hinterrad, Nabensplinte und Geschirrketten. Dazu Werkzeuge: ein Beil, eine Axt, eine Säge, Nägel und Nieten.« Der alte Zachary musterte die beiden Deutschen ausführlich. »Sie sehen aus wie Männer, die mit Werkzeugen umgehen können.«

»Ich bin Zimmermann von Beruf«, erklärte Jacob und zeigte auf den goldenen Ring in seinem rechten Ohr, das Zeichen seiner Zunft. Sein Vater, der Zimmermannsmeister Heinrich Adler, hatte ihm den Ring nach der bestandenen Probezeit angelegt.

In den grauen Augen leuchtete es auf. »Ein Zimmermann also. Das ist gut. Der fehlt uns noch. Wir haben schon einen Schmied, einen Sattler, einen Schuster, einen Gerber, einen Kerzenzieher, einen Böttcher und sogar einen Barbier.« Abner Zachary nickte kräftig. »Aber ein Zimmermann ist vielleicht der wichtigste Beruf überhaupt. Schließlich brauchen wir auch im Gelobten Land ein Dach über dem Kopf - Häuser!«

»Ich muß Ihnen gestehen, daß ich nicht in Oregon bleiben will, Mr. Zachary. Ich will weiter nach Texas, um dort meine Familie zu suchen.«

»Nach Texas?« Zachary starrte Jacob ungläubig an. »Der Herr möge mir den Ausdruck verzeihen, aber da machen Sie einen verflucht großen Umweg!«

Jacob erklärte ihm, daß er Irene und Jamie nach Oregon zu Carl Dilger bringen wollte, Jamies Vater.

»Dann machen wir ein Geschäft«, schlug der Prediger vor. »Wir nehmen Sie mit nach Oregon, und Sie helfen uns dafür beim Hausbau. Sobald das erledigt ist, können Sie Ihrer Wege ziehen.«

Zachary streckte seine große rauhe Hand aus, die zeigte, daß er nicht nur das Wort des Herrn verkünden konnte, sondern als Farmer auch an harte Männerarbeit gewöhnt war.

Jacob ergriff die Hand und schüttelte sie. »Einverstanden.«

»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Mr. Adler, sind Sie und Ihr Freund unverheiratet.«

»Richtig«, antwortete Jacob, über die Frage etwas verwundert. »Warum wollen Sie das wissen?«

»Ach, nur so. Kommen Sie, ich stelle Ihnen meine Familie vor.«

Zachary führte Jacob und Martin zu seinem Wagen, während die Millers ihr eigenes Gefährt aufsuchten.

»Vorsicht«, raunte Ben Miller Jacob noch schnell zu. »Sonst sind Sie schneller unter der Haube, als Abner seine Bibel aufschlagen kann.«

Der Prediger rief seine Kinder zusammen, nur Adam fehlte. Es waren zwei weitere Jungen und drei Mädchen zwischen sechsundzwanzig und sechzehn Jahren, die Zachary ihnen der Reihe nach vorstellte: »Adam kennen Sie ja schon. Das hier sind meine anderen Söhne, Aaron und Andrew. Und dies sind meine Töchter, Beulah, Berenice und Bethenia. Alle drei sind noch unverheiratet und suchen einen guten, gottesfürchtigen Mann.«

»Den sie hoffentlich bald finden werden«, sagte Jacob und fügte schnell hinzu: »Ich denke, Martin und ich müssen uns jetzt um den Wagen und die Vorräte kümmern. Wann geht es los?«

»Übermorgen, bei Sonnenaufgang. Warten Sie, ich bringe Sie zu Sam Kelley. Er ist unser Schmied und muß noch ein paar Erledigungen in der Stadt machen, wie er mir vorhin sagte. Er kann Sie beim Wagenkauf beraten. Kansas City ist ein wahrer Sündenpfuhl, in dem ehrlichen Menschen das Geld auf jede nur erdenkliche Weise aus der Tasche gezogen wird.« Zachary warf einen düsteren Blick in die Richtung, in der sein Sohn Adam und Urilla verschwunden waren. »So wie von den leichten Mädchen wie dieser Miß Anderson.«

Martin wollte gegen diese Worte protestieren. Jacob bemerkte das und legte seinem Freund beruhigend die Hand auf die Schulter. Er wollte es sich mit dem Treck-Captain nicht schon am ersten Tag verscherzen. Schließlich würden sie für viele Monate auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen sein.

Jacob dachte daran, wie es sein mochte, den strengen Mann zum Schwiegervater zu haben, und kam zu dem Schluß, daß dies für ihn kein erstrebenswertes Ziel war. Beulah, Berenice und Bethenia würden bei jemand anderem nach ihrem Lebensglück suchen müssen.

Abner Zachary brachte die beiden Deutschen zum Wagen von Sam Kelley. Der Schmied war ein untersetzter, muskelbepackter Schwarzer, der mit seiner Frau Aretha und seinen drei Kindern das Land verlassen wollte, in dem Schwarze in den Augen mancher Weißer immer Sklaven blieben. Er begleitete Jacob und Martin mit seinem ältesten Sohn, dem dreizehnjährigen George, in die Stadt.

Als sie das Auswandererlager verließen, sahen sie Adam Zachary und Urilla, die unter einer alten, abgestorbenen Eiche saßen und erregt miteinander sprachen. Jacob sagte nichts, bemerkte aber die fragenden Blicke, die Martin den beiden zuwarf.

»Wir gehen am besten gleich zum Asquith Trading Center«, schlug der schwarze Schmied unterwegs vor. »Dort gibt es die größte Auswahl an allem, was man für einen Treck braucht, auch Zugtiere.«

»Hauptsache, es gibt dort auch faire Preise«, meinte Jacob.

»Die erzielt man, wenn man etwas von den Sachen versteht, die man kaufen will.«

»Dafür sind Sie bei uns, Mr. Kelley.«

»Allerdings«, bestätigte der Schwarze lachend. »Abner Zachary hat mir aufgetragen, mich gut um Sie zu kümmern. Er meinte, einen Zimmermann dürften wir uns nicht entgehen lassen.«

Wahrscheinlich auch nicht zwei mögliche Schwiegersöhne, dachte Jacob. Laut fragte er: »Wie sind Sie alle eigentlich zusammengekommen, Mr. Kelley? Zachary scheint der von allen anerkannte Führer zu sein.«

»Die meisten von uns kennen Mr. Zachary schon aus Missouri und sind ihm gefolgt, als er dieses unruhige, brutale Land verließ. Alle Schwarzen des Trecks sind freigelassene Sklaven, die sich am Stockton Lake angesiedelt hatten, in der Nähe von Abner Zacharys Farm. Auch ich betrieb dort eine Schmiede. Aber mit Ausbruch des Bürgerkriegs wurden die Anfeindungen der Sklavereibefürworter immer schlimmer. Wir freien Schwarzen waren ihre bevorzugten Ziele. Als Abner Zachary nach dem Tod seiner Frau seine Farm verließ, um ein neues Land zu suchen, in dem Schwarze und Weiße mit gleichen Rechten und Pflichten nebeneinander leben können, sind wir ihm nur zu gern gefolgt. Unterwegs hat sich unser Treck vergrößert. Hier in Kansas City sind noch ein paar Familien zu uns gestoßen, wie die Millers. Es ist immer besser, zu vielen zu sein, wenn man die weite Reise über die Rockies antritt. Ein paar von uns werden das Gelobte Land sicher nicht erreichen. Nur wenn wir viele sind, kommen auch genug an.«

»Obwohl Sie das Risiko kennen, nehmen Sie und Ihre Familie die Gefahr auf sich?« fragte Jacob.

Kelley sah ihm ins Gesicht. »Ich tu es nicht zuletzt für meine Kinder. Damit sie einmal wirklich frei sein können.«

*

Im Trading Center trennten sie sich. Jacob und Martin sollten sich schon einmal nach geeigneten Wagen umsehen, während Sam Kelley und sein Sohn ihre Einkäufe erledigten. Die Schwarzen wollten dann zu den Deutschen stoßen.

Letztere gingen auf den Platz im Innenhof, auf dem eine Menge Planwagen standen. Gebrauchte Wagen, wie ein großes Schild verkündete, aber günstig und gut erhalten.

»Das könnte etwas für uns sein«, meinte Martin. »Angesichts dessen, was wir für die Reise noch alles kaufen müssen, kann es nichts schaden, ein wenig sparsam mit unserem Geld zu sein.«

Noch ehe Jacob etwas darauf erwidern konnte, trat ihnen ein bulliger, kahlköpfiger Mann aus dem Schatten eines Vorbaus entgegen. Was ihm auf dem Kopf an Haaren fehlte, macht ein gewaltiger, pechrabenschwarzer Schnauzbart wieder wett. Er spuckte einen Priem hinter einen Wagen, wischte sich mit dem Ärmel seines blauen Baumwollhemdes über den Mund und blieb mit einem breiten Lächeln vor den beiden Freunden stehen.

»Kann ich Ihnen helfen, Gents? Ich bin Buck Saunders und für den Verkauf dieser prächtigen Wagen zuständig.«