»Da sind Sie bei Buck Saunders an der besten Adresse. Kommen Sie mit, ich habe genau das Richtige für Sie.« Er führte sie zu einem wahren Ungetüm von Planwagen, dessen Räder die beiden großen Deutschen noch um einiges überragten. »Eine Spezialanfertigung, die ein Mormone bauen ließ, um seine drei Frauen und seine zahlreiche Kinderschar darin unterzubringen. Leider wurde er bei einem Streit auf offener Straße erschossen, bevor er die Reise zum großen Salzsee antreten konnte.«
»So viele Personen sind wir eigentlich nicht«, wandte Jacob ein. »Genauer gesagt, zwei Männer, eine Frau und eine kleines Kind.«
»Na, um so besser«, rief Saunders aus und klatschte in die Hände. »Dann ist das der beste Wagen für Sie. Was meinen Sie, was Sie sich auf der langen Reise über ein wenig Platz und Bewegungsfreiheit freuen werden. Ihre Mitreisenden werden Sie darum beneiden!«
»Da ist was dran«, meinte Martin. »Denk nur an die Enge auf der ALBANY, Jacob. Und die Reise nach Oregon dauert viel länger als die Fahrt übers Meer.«
»Da hat Ihr Freund recht«, bestätigte Saunders mit einem Lächeln, das seinen mächtigen Schnauzer tanzen ließ.
Sie besahen sich den riesigen Wagen von allen Seiten, und Jacob erkundigte sich nach dem Preis.
»Ich lasse Ihnen den Wagen billiger, weil Sie mir sympathisch sind, Gents. Sagen wir, hundertzwanzig Dollar?«
»Wofür, Saunders?« fragte eine Stimme hinter ihnen. »Etwa für Ihren gesamten Fuhrpark?« Es war die Stimme von Sam Kelley, der zu ihnen trat. »Sieht so aus, als sei ich gerade noch rechtzeitig gekommen. Sie wollten meinen Freunden doch nicht etwa den Mormonen-Wagen andrehen, Saunders?«
Das Lächeln auf dem Gesicht des Verkäufers verwandelte sich in eine Trauermiene, und die Bartenden hingen trübselig nach unten.
»Was haben Sie dagegen einzuwenden, Kelley? Es ist ein guter Wagen!«
»Aber für den Treck nach Oregon vollkommen ungeeignet. Viel zu schwer. Sobald es zu regnen beginnt, sackt er auch ohne jegliches Gepäck unwiderruflich im Schlamm ein. Außerdem braucht man eine ganze Viehherde, um ihn zu ziehen.«
»Der Mormone war da anderer Meinung«, widersprach Saunders.
»Lassen Sie die Toten in Frieden ruhen, Buck«, sagte Kelley. »Bieten Sie meinen Freunden lieber einen vernünftigen Wagen an. Und zu einem vernünftigen Preis. Ich habe da eben etwas von hundertzwanzig Dollar gehört. So viel bezahlt man nicht einmal für einen neuen Wagen!«
»Aber das hier ist eine Spezialanfertigung«, sagte Saunders trotzig und streichelte fast liebevoll den Eisenreifen eines Vorderrads.
»Ja, so speziell, daß Sie den Wagen so ungefähr jedem Auswanderer anzudrehen versuchen, der nach Kansas City kommt. Bis jetzt ohne jeden Erfolg.«
Der schwarze Schmied steuerte auf einen Wagen zu, der im Vergleich zu allen anderen schmächtig wirkte.
»Das ist wirklich das, was Sie suchen«, sagte er zu Jacob und Martin, während er in den Wagen kletterte und das Holz begutachtete. »Eine leichte Bauweise, aber wegen des harten Hickoryholzes gleichwohl belastbar. Sie sind nur drei Erwachsene und haben vermutlich wenig Gepäck. Da dürften Sie mit vier Zugtieren auskommen. Das spart Ihnen zusätzlich Geld für Reittiere. Ich konnte mir nur eine alte Mähre zum Reiten kaufen, weil ich zum Ziehen meiner fahrbaren Schmiede zehn Ochsen benötige.«
»Auch ein guter Wagen«, beeilte sich Saunders zu sagen. »Ich kann ihn sehr günstig abgeben, für fünfundsiebzig Dollar.«
Kelley lachte ihm ins Gesicht. »Das hat er nicht mal gekostet, als er neu war. Mach uns endlich ein vernünftiges Angebot, oder wir gehen zur Konkurrenz. Dann kaufen meine Freunde allerdings auch ihre Zugtiere und ihre Vorräte woanders, und Mr. Asquith entgeht eine Menge Profit.«
»Also gut, sagen wir fünfundfünfzig Dollar«, ließ sich Saunders herab.
»Sagen wir fünfundzwanzig«, entgegnete der Schmied.
Saunders starrte ihn an wie einen Irren.
»Das ist ein lächerliches Angebot!«
»Genauso lächerlich, wie fünfundfünfzig Dollar für den gebrauchten Wagen zu verlangen.«
»Na schön, mein letztes Angebot«, meinte der Verkäufer mit zutiefst zerknirschtem Gesichtsausdruck. »Fünfundvierzig Dollar.«
»Unser letztes Angebot«, erwiderte Kelley, »lautet fünfunddreißig Dollar.«
Saunders sah ihn verständnislos an.
»Jetzt geben Sie Ihrem steinharten Herzen einen Stoß, Saunders, und einigen Sie sich mit meinen Freunden auf vierzig Mäuse!«
Das tat der Schnauzbärtige widerwillig.
So kamen Jacob und Martin günstig zu ihrem Wagen, ohne daß sie viel dafür tun mußten. Auch bei ihren übrigen Einkäufen stand ihnen der erfahrene Sam Kelley mit Rat und Tat zur Seite. Schließlich mußten sie nur noch die Tiere besorgen.
»Auch da hat Asquith ein großes Angebot«, teilte ihnen der Schwarze mit. »Pferde sind durch den Krieg sehr teuer geworden. Die Armee kauft alles auf, was auch nur entfernt danach aussieht. Als Zugtiere sollten Sie deshalb Ochsen oder Maultiere nehmen.«
»Und was ist besser?« fragte Martin.
»Ich habe mich für Ochsen entschieden. Ein Ochse kostet nur etwa halb soviel wie ein Muli, frißt alles, läuft einem nachts nicht davon und ist nicht so störrisch wie ein Maultier. Außerdem können die Rothäute Ochsen nicht reiten und stehlen sie deshalb nicht so gern wie Pferde und Mulis, hat man mir erzählt.«
»Dann nehmen wir auch Ochsen«, erklärte Martin, nachdem er einen kurzen Blick mit Jacob gewechselt und Einverständnis in den Augen seines Freundes gelesen hatte.
»Sie sind aber langsamer als Mulis«, wurden sie von Kelley belehrt.
»Was macht das schon«, meinte Jacob. »Da der Treck zusammenbleibt und noch vor anderen Wagen Ochsen laufen, wird es sowieso nicht sehr schnell vorangehen.«
»Ein wahres Wort«, meinte der Schwarze und half den Deutschen, vier kräftige, gesunde Ochsen auszusuchen.
Der Verkäufer wollte siebzig Dollar pro Stück haben, aber Jacob und Martin zahlten letztlich nur fünfzig. Die Milchkuh, die sie beim selben Händler erstanden, handelte der Schmied von sechzig Dollar auf fünfundvierzig herunter.
»Falls Sie noch genügend Geld haben, empfehle ich Ihnen, sich zwei Pferde zuzulegen«, sagte Kelley. »In diesem weiten Land lauern viele Gefahren. Ein Mann kann leicht in die Verlegenheit kommen, schnell große Strecken überwinden zu müssen. Sei es, um Hilfe zu holen, sei es, um Hilfe zu bringen.«
Jacob und Martin begleiteten ihn zu den Pferdeställen, wo sie George Kelley wiedertrafen. Der Junge stand vor einer Box und sprach mit einem schlanken Rappen, dessen Fell glänzte.
»George ist ein Pferdenarr«, erklärte Sam Kelley. »Er versteht eine ganze Menge von den Tieren.«
Als der Junge seinen Vater erblickte, lief er ihm entgegen und rief schon von weitem: »Dad, Dad, ich will dieses Pferd haben!«
Der Schmied blieb stehen und musterte abwechselnd seinen Sohn und den Rappen.
»Weshalb?«
»Es ist das schönste Tier, das ich je gesehen habe. Und das schnellste.«
»Woher willst du das wissen? Hast du es schon laufen sehen?«
»Nein, aber das muß ich auch nicht. Man sieht ihm an, wie schnell es ist.«
»Wenn es wirklich das schnellste Pferd wäre, würde Asquith es nicht verkaufen, sondern morgen beim Rennen starten lassen.«
»Vielleicht hat Mr. Asquith nicht so ein gutes Auge für Pferde wie George«, meinte Jacob.