158219.fb2 Kansas City - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 8

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»Wieso?«

»Wegen Belästigung, um es milde auszudrücken«, antwortete Abner Zachary und sah dabei Urilla an.

»Damit habt ihr euch also die Zeit vertrieben«, sagte der Mann im hellen Anzug zu seinen Begleitern. »Statt zum Barbier zu gehen, wir ihr es vorhattet. Ihr konntet es wohl wieder nicht abwarten, wie? Das Vergnügen vor dem Geschäft, he?«

Das Ledergesicht sah ihn unsicher an.

»Steck endlich die Schießeisen wieder ein, Brad!« herrschte ihn sein Boß an. »Wir wollen hier keinen Ärger. Du kannst froh sein, daß die Lady den Vorfall nicht dem Marshal gemeldet hat.«

Während das Ledergesicht widerwillig seine Waffen entspannte und sie zurück in die Holster stieß, sah der Gutaussehende Urilla an, tippte an seinen Hut, deutete eine Verbeugung an und sagte: »Vergeben Sie meinen Männern ihre Ungestümheit, Lady. Wahrscheinlich hat Ihre Schönheit sie verwirrt.«

»So ein Schwätzer«, zischte Martin leise und entlockte damit seinem Freund trotz der angespannten Situation ein leichtes Lächeln.

Abner Zachary fragte: »Was können wir für Sie tun, Mister.«

»Stanton«, stellte sich der Reiter des Rotfuchses vor. »Everett Stanton.«

Er zeigte auf das Ledergesicht. »Das ist Mr. Brad Folsom.«

Dann auf den Riesen. »Und das ist Hatch McPherson, aus unübersehbaren Gründen auch Big Hatch genannt. Wir haben einen ziemlich weiten Weg hinter uns und hoffen sehr, daß Sie uns helfen können.«

»Wobei?« fragte der alte Zachary knapp.

»Dabei, einen Mann zu finden, einen Schwarzen. Ein entflohener Sklave. Er heißt Jackson Harris und ist von der Penrose-Plantage entflohen. Übrigens zur selben Zeit, als Sie Stockton verlassen haben, Mr. Zachary. Sie sind doch Abner Zachary, oder irre ich mich da?«

»Sie irren sich nicht, Mr. Stanton«, sagte der Prediger, dessen Gesicht sich bei der Erwähnung des entflohenen Sklaven schlagartig verdüstert hatte. »Allerdings weiß ich nicht, inwieweit wir Ihnen helfen können.«

»Nun, die Vermutung liegt nahe, daß sich Harris bei Ihrem Treck aufhält. Es ist allgemein bekannt, daß Sie ein Sklavenfreund sind, Mr. Zachary. Unter Ihren Leuten sind viele Schwarze, vielleicht auch Harris.«

»Die Schwarzen hier sind alles freie Menschen«, erwiderte Zachary.

»Mag sein«, sagte Stanton gedehnt, stützte sich aufs Sattelhorn und blickte suchend in die Runde; inzwischen waren eine Menge Menschen von dem Disput angelockt worden und verfolgten ihn mit gespitzten Ohren und neugierigen Gesichtern. »Mag aber auch nicht sein, Mr. Zachary. Sie haben wohl nichts dagegen, wenn wir uns ein bißchen hier im Lager umsehen, oder?«

»Doch, das habe ich!«

»Mit welchem Recht?«

»Ich bin der Treck-Captain und bestimmte, was hier geschieht. Außerdem wird Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, daß wir uns hier auf der Westseite des Missouri befinden, also auf dem Gebiet von Kansas. Hier ist die Sklaverei verboten. Hier gibt es nur freie Menschen.«

»Meiner Aufmerksamkeit ist gar nichts entgangen«, sagte Stanton eine Spur schärfer als zuvor. »Nicht, daß Abe Lincoln nur die Sklaven in den Südstaaten für frei erklärt hat, aber nicht die in den Sklavenstaaten der Union. Und schon gar nicht das Gesetz, wonach ein entflohener Sklave auch auf dem Gebiet eines Staates, der die Sklaverei ablehnt, ein entflohener Sklave bleibt und zu seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgebracht werden darf. Der rechtmäßige Besitzer ist Mr. Jefferson Penrose. Er hat mich damit beauftragt, Harris zurückzubringen. Übrigens hat Penrose eine Belohnung auf die Rückgabe des Sklaven ausgesetzt. Satte fünfhundert Dollar gibt es für den, der ihn zurückbringt. Gibt es niemanden hier, der sich das Geld mit uns teilen will?«

Wieder blickte Stanton in die Runde, aber er sah nichts als an seinem Angebot desinteressierte oder gar abweisendfeindselige Gesichter.

»Wir sind keine Freunde von Sklavenjägern, Mr. Stanton«, sagte Abner Zachary hart. »Ich habe mir Ihr Anliegen angehört und Ihnen gesagt, woran Sie mit uns sind.« Er machte eine kurze Pause, nach der die folgenden Worte donnerten wie die Stimme des Herrn am Jüngsten Tag: »Jetzt verschwinden Sie!«

Stanton richtete sich im Sattel auf.

»Ich werde zurückkommen, aber dann mit dem Marshal. Und während ich fort bin, werden Brad und Big Hatch auf Sie und Ihre Leute achtgeben. Wenn Harris hier ist, wird er nicht entwischen können. Brad ist der beste Schütze, den das Land auf beiden Seiten des Big Muddy jemals gesehen hat.«

Seine Miene hellte sich auf, als er Urilla ansah.

»Freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Miß. Tut mir nur leid, daß es uns unter solch unerfreulichen Umständen geschehen mußte. Guten Tag!«

Die Sklavenjäger wendeten ihre Pferde und verließen ohne Hast das Lager. Stanton verschwand zwischen den Gebäuden am Stadtrand. Seine stoppelbärtigen Begleiter blieben dort auf ihren Pferden sitzen und starrten unverwandt zum Treck herüber.

»Sklavenjäger, pah!« machte Abner Zachary und spuckte vor sich auf den Boden. »Als der Herr dieses Gezücht erschaffen hat, muß er einen schlechten Tag gehabt haben.«

»Wir sollten bewaffnete Wachen aufstellen, Vater«, meinte sein Sohn Adam.

Der Prediger schüttelte sein graues Haupt. »Wozu soll das gut sein? Wenn Stanton tatsächlich mit dem Marshal zurückkehrt, können wir schlecht auf den schießen. Außerdem ist eine blutige Auseinandersetzung das letzte, was wir gebrauchen können. Wir wollen übermorgen nach Oregon aufbrechen, nicht ins Gefängnis.«

»Sie haben wohl recht, Mr. Zachary«, meinte Jacob. »Aber trotzdem würde ich die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen. Diese Strolche sind rücksichtslos und gefährlich, wie Martin und ich heute morgen schon feststellen mußten.«

»Wenn man ihnen dazu einen Grund gibt«, sagte der Prediger mit einem strengen Blick auf Urilla.

»Was soll das heißen?« fragte Adam.

Sein Vater sah zu den zwei Sklavenjägern am Stadtrand hinüber.

»Diese Burschen werden nur dann gefährlich, wenn man ihnen einen Anlaß bietet. Denk mal darüber nach, Adam, warum sie sich ausgerechnet an Miß Anderson herangemacht haben.«

Sein Blick kehrte zu der jungen Frau zurück und wurde inquisitorisch.

»Vielleicht ist sie nicht so unschuldig an dem, was geschehen ist, wie sie tut!«

»Du bist ungerecht, Vater! Du bist doch gar nicht dabei gewesen!«

»Ist schon gut, Adam«, sagte Urilla, den Tränen nah, mit erstickter Stimme. »Es hat doch alles keinen Sinn. Ich werde gehen.«

Sie wandte sich um und drängte sich durch den dichten Kreis der Auswanderer.

Adam rief ihr nach: »Warte, ich werde dich begleiten, Urilla. Aber ich hole lieber meine Waffen, solange diese Burschen in der Stadt sind.«

Er schüttelte die Hand seines Vater ab, die ihn zurückhalten wollte, kletterte in den Conestoga-Wagen, und kam kurz darauf mit einem Gewehr zurück. An seiner Hüfte hing ein Holster mit einem großkalibrigen Revolver.

Als er und Urilla das Lager verließen, blickten ihm sein Vater und Martin lange nach. Beide aus unterschiedlichen Gründen, aber beide mit düsterer Miene.

*

Nicht nur die Mienen von Abner Zachary und Martin hatten sich verdüstert; im ganzen Lager herrschte eine gedrückte Stimmung. Nach außen schien es, als gingen die Auswanderer ihrem gewohnten Tagesablauf nach, kümmerten sich um ihr Vieh oder nahmen letzte Ausbesserungen an den Wagen vor, die für viele Monate ihr einziges Heim sein würden. Aber wer genau hinsah, konnte die Anspannung auf den Gesichtern der Männer und Frauen erkennen. Nur die kleinen Kinder, die noch nicht begriffen, was vor sich ging, wurden nicht von ihr ergriffen. Die Emigranten waren nicht konzentriert bei der Sache, sahen immer wieder von ihrer Arbeit auf, um den beiden Sklavenjägern am Stadtrand skeptische, fragende Blicke zuzuwerfen.

Es dauerte keine Stunde, bis Everett Stanton zurückkehrte, in seiner Begleitung zwei Reiter, auf deren Kleidung silberne Sterne prangte. Brad Folsom und Big Hatch schlossen sich den dreien an, als sie in das Lager ritten. Auf den Gesichtern der Sklavenjäger zeichnete sich große Zufriedenheit ab.

Sofort stellten die Auswanderer ihre Arbeiten ein, kamen in der Lagermitte zusammen und bildeten dort ein Spalier, durch das die fünf Reiter mußten. Abner Zachary erwartete sie mit seinen beiden Söhnen Aaron und Andrew am Ende der Gasse. Der Prediger mit einem starren Gesicht wie Granit wirkte ruhig und gelassen. Er war unbewaffnet, im Gegensatz zu vielen seiner Leute, die entweder ihre Gewehre oder ihre Arbeitswerkzeuge, wie Äxte oder Bowiemesser, in den Händen hielten.

Der ältere der beiden Sternreiter stellte sich als Bowden Webb vor, Marshal von Kansas City. Er war ein großer, kräftiger Mann Ende der Vierzig, dessen breites Gesicht von einem dichten Schnurrbart beherrscht wurde. Sein silbernes Abzeichen steckte auf der Weste seines dunklen Dreiteilers. Begleitet wurde er von einem Deputy Marshal namens Grant Begley, einem im Vergleich zu seinem Boß eher schmächtig wirkenden Burschen in den Dreißigern, der einen zerknitterten grauen Anzug trug.

Abner Zachary nannte den Ordnungshütern, nachdem sie sich vorgestellt hatten, seinen Namen und fragte, was er für sie tun könnte.