158366.fb2 Piratenblut - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 28

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Der Pfeifer, Ojo, Jardin und Kuteiba hatten den Waldrand erreicht und waren ein paar Meter tief in das dichte Unterholz eingedrungen, bis sie eine kleine Lichtung fanden. Dort banden sie die Pferde an, machten die Waffen fertig und schlichen zum Waldrand zurück. Es verging eine halbe Stunde, eine dreiviertel, eine ganze Stunde, bis die Soldaten im Blickfeld erschienen. Die vier Schützen lagen ausgezeichnet getarnt hinter dichtem Gebüsch. Michel hatte sein Fernglas am Auge und beobachtete.

»Wenn sie sich nun geteilt haben, Senor Doktor«, fragte Jardin, »was wird dann aus unseren Freunden?«

»Ich schätze, man wird sie fangen und mitnehmen. Vielleicht aber hat man der schmalen Spur nur wenige Leute nachgeschickt. Und Ernesto, Fernando, Marina und Tscham verstehen zu kämpfen.«

»Was wird, wenn sie heran sind?« fragte Jardin wieder.»Beruhige dich, Alfonso, und sei nicht so nervös. Warten wir doch ab. Ich werde versuchen, mit ihnen zu verhandeln.« Ibn Kuteibas tiefe Stimme meldete sich. »Darf ich auch einmal etwas sagen?«

»Sicher«, meinte Michel. »Immer sprecht. Gute Ratschläge sind selten.« »Wie wäre es, wenn wir ihnen die Pferde nähmen?«

»Por Dios«, rief Michel. »Daß ich daran nicht gedacht habe! Eine vorzügliche Idee. Bleiben wir still auf unserem Posten liegen, wenn sie etwa in den Wald eindringen sollten.«

Die Reiterschar kam heran.

»Hier sind sie hinein«, rief ein Korporal weise.

»Das sehe ich«, erwiderte Roach. »Steigt ab. Drei Mann bleiben bei den Pferden, die anderen folgen mir mit schußbereitem Gewehr. Sofort schießen, wenn ihr etwas seht.« »Ohne Anruf?« fragte einer, dem dieser Befehl gegen die soldatische Ehre zu verstoßen schien. »Ohne Anruf. Sie sind Verbrecher. Los, gehen wir.«

Sie stiegen ab und drangen in das Unterholz ein. Der linke Flügelmann wäre fast auf Ojo getreten. Und Ojo mußte sich sehr beherrschen, ihn nicht am Fuß zu ziehen. Die drei zurückgebliebenen Posten beschäftigten sich damit, die Zügel der Pferde zusammenzubinden.

»Sie werden unsere Pferde finden«, flüsterte Ojo.

»Das ist nicht zu ändern«, sagte Michel. »Dafür haben wir zwanzig andere. Und nicht die schlechtesten.«

»Aber meine schöne Lederdecke ist hinter meinem Sattel festgebunden«, zeterte Ojo leise. »Und darin eingewickelt ist ein Schlauch Wein. Ich muß mein Pferd wieder haben.« »Dummkopf«, zischte Michel. »Wenn wir auf den Schiffen sind, kannst du Wein trinken, bis sich dir die Augen verdrehen. Aber jetzt denke gefälligst an unsere und der Freunde Sicherheit.« Die Posten standen an Bäume gelehnt. Hundemüde waren sie. Sie konnten sich nur noch dadurch aufrecht halten, daß sie sich auf die Gewehrläufe stützten.

Michel, Ibn Kuteiba und Jardin arbeiteten sich langsam an sie heran. Der Pfeifer hatte Ojo bedeutet, liegen zu bleiben, damit er in seiner etwas plumpen Art kein unnötiges Geräusch verursachte.

Als die drei ungefähr noch fünf Schritte von den Pferdewächtern waren, stiegen plötzlich schauererregende Triller von Michels Lippen.

Die Posten fuhren aus ihrem Halbschlaf auf und lauschten.

Eine neue Folge der Teufelspfiffe jagte ihnen Schauer über den Rücken. Und dann hörten sie sich mit donnernder Stimme angebrüllt. »Hands up!«

Das kalte Eisen dreier Gewehrläufe drückte sich in ihre Nacken.

Sie standen stocksteif und wagten sich nicht zu rühren. Im Nu rissen die drei Männer ihnen Riemenzeug und Koppel vom Anzug, und im Handumdrehen waren sie so fest an Händen und Füßen gefesselt, daß sie sich kaum zu bewegen vermochten.

»Knüpfen wir rasch die Pferde auseinander«, rief Michel den anderen beiden zu.

Sie machten sich an die Arbeit. Nach zwei Minuten war sie getan.

Die Dämmerung sank hernieder, als sich Michel auf den Schimmel Roachs schwang.»Diaz, du übernimmst die Nachhut und sorgst dafür, daß keine Pferde ausbrechen.« Es erfolgte zwar keine Antwort; aber Michel nahm als sicher an, daß Ojo ihn verstanden hatte. Er gab dem Pferd die Sporen und jagte davon. Jardin und Ibn Kuteiba waren dicht hinter ihm. Die anderen Pferde liefen, ihrem Herdentrieb folgend, hinterdrein.

Michel nahm südwestliche Richtung. Wenn er so weiter ritt, mußte er irgendwo auf die Spur der Freunde treffen.

Eineinhalb Stunden jagten sie in wildem Galopp dahin. Dann hob der Pfeifer die Hand. Sie fielen in Schritt.

»Was ist los?« fragte Jardin.

»Wir wollen die Pferde nicht schinden. Ich merkte schon nach kurzer Zeit, daß sie recht abgehetzt sind.« Er drehte sich um und rief: »Du kannst nach vorn kommen, Diaz. Jetzt ist keine Gefahr mehr, daß die Tiere auseinanderlaufen.«

Es war inzwischen dunkel geworden, und der Mond schien noch nicht.

»Hörst du nicht, Diaz?«

Keine Antwort.

»Der denkt wieder an seinen Wein«, sagte Michel scherzhaft und wußte nicht, wie recht er damit hatte. »Holt ihn nach vorn, Alfonso.«

»Si, Senor Doktor«, nickte der Kleine, blieb halten und ließ die Pferde an sich vorbeiziehen. Aber hinten war kein Ojo.

»He, Diaz«, brüllte er mit aller Lungenkraft, »wo steckst du?« Schweigen.

»Was ist?« rief Michel von vorn.

»Er ist nicht da, Senor Doktor.«

Michel zügelte sein Pferd. Die ganze Kavalkade hielt.

»Habt Ihr ihn gesehen, Ibn Kuteiba?«

Der Araber schüttelte den Kopf.

»Nein. Und leider habe ich auch nicht auf ihn geachtet.« Inzwischen kam der Kleine mit bleichem Gesicht nach vorn geritten. »Weg«, sagte er kopfschüttelnd, »verschwunden wie ein Spuk.«

»Ich weiß schon«, meinte Michel mit ärgerlicher Stimme, »ich kenne auch den Spuk. Der Spuk ist flüssig. Es ist der Weinschlauch hinter seinem Sattel.« »So ein blöder Kerl!« erboste sich Jardin.

»Und was nun?« fragte Ibn Kuteiba. »Was wird, wenn ihn die Soldaten ergreifen?«

Michels Miene wurde ernst.

»Dann kann ich ihm, so leid es mir tut, auch nicht helfen. Denkt an unsere fünf Freunde, die sich im Augenblick vielleicht schon in Lebensgefahr befinden. Ihr habt gehört, was der Offizier zu seinen Leuten gesagt hat: Schießen ohne Anruf. Kommt, reiten wir weiter.«