158366.fb2 Piratenblut - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 38

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Als der Morgen heraufkam, hielt Mutatulli erschöpft im Rudern inne und ließ seinen Blick zurück zur Küste schweifen. Karo, der Schäferhund, saß nach wie vor als stummer Beobachter am Heck.

Die Küste war nur noch als schwacher, dunstüberlagerter Streifen zu erkennen. Mutatulli griff zum Wassersack und trank einen vorsichtigen Schluck. Karo blickte sehnsüchtig zu ihm hinüber. Auch er mochte Durst verspüren, aber der Malaie knurrte böse: »Verdammter Köter.«

Es war, als verstünde der Hund die Worte. Er jaulte einmal kurz auf und wandte dann den traurig scheinenden Blick vom Wassersack ab.

Mutatulli legte sich wieder in die Ruder. Bis zur Ceram-Insel waren es noch gut und gern fünfzig Meilen.

Gegen Mittag erschrak der Häuptling, als sein Blick den Horizont streifte. Schwarze Wolken zogen auf. Eine Weile später erhob sich stürmischer Wind. Böen schlugen über das Wasser. Ganz allmählich gingen die Wellen höher. Sie wurden zu Wogen und warfen das Einmannfahrzeug wie ein leichtes Spielzeug hin und her.

Der Himmel verfinsterte sich. Wie ein Feuerball blicktedie lodernde Sonne durch die schwarzen Wolkenvorhänge.

Irgendwo mußte der Sturm schon mit aller Kraft wüten.

Mutatulli fühlte sein Boot, gegen seinen Willen, in westlicher Richtung fortgetragen. Sein Kurs mußte Nord sein, wenn er Ceram erreichen wollte.

Immer schneller peitschte der Sturm das Boot nach Westen. Karo lag flach auf dem Stamm. Seine Läufe klammerten sich fest. Auch ihn hatte die Angst der Kreatur gepackt. Jetzt schlugen die ersten Brecher über dem Flüchtling zusammen. Verzweifelt suchte Mutatulli gegen die Gewalten anzukämpfen. Vergebens. Plötzlich erinnerte er sich, daß er die Schärpe mit dem Guldenbeutel vom Hemd gelöst hatte. Seine Hände suchten mit fieberhafter Eile danach. Jetzt hatten sie ihn. Er befestigte die Schärpe am bloßen Körper.

Stille trat ein. Mutatulli glaubte, der Sturm sei vorüber. Aus Leibeskräften legte er sich ins Zeug. Sein Blick fiel auf den Hund. Unwillig schlug er mit dem Paddel nach ihm. In seiner Verzweiflung glaubte er, daß Karos zusätzliches Gewicht die Beweglichkeit des Bootes behinderte.

Der Hund heulte unter dem Schlag auf, hielt aber noch fest. Da traf ein zweiter Schlag seine Pfoten. Mit einem wehen Laut rutschte er in die stürmische See.

Schlagartig setzte der Sturm wieder ein. Mutatulli sah nicht mehr, was oben und unten war. Da fühlte er sich herumgeschleudert. Und plötzlich machte er Schwimmbewegungen. Als er auf dem Kamm einer Woge lag, sah er, wie der Einbaum bereits unter ihm im Wellental tanzte. Die Ausleger hatten sich gelöst. Einer schwamm dicht neben ihm. Er griff danach und bekam ihn zu fassen. Mit verkrampften Fingern hielt er fest, bis der Sturm abebbte.

Schon nach wenigen Minuten lag die See wieder wie ein Spiegel da. Der Einbaum war weg, er schwamm vermutlich irgendwo in der unendlichen Weite. Der Ausleger trug das an ihm hängende Gewicht des Mannes.

Da tauchte von links der Kopf Karos auf. Der Schäferhund gab einige Laute von sich und schwamm mit schnellen Bewegungen auf die freie Seite des Auslegers zu. Jetzt hatte er ihn erreicht und legte seine Pfoten darauf. Das Mehrgewicht bewirkte, daß das Holz unter die Oberfläche sank. Nicht tief, aber doch tief genug, um Mutatulli einen gewaltigen Schrecken einzujagen. Er zog dem Hund das rettende Holz weg. Die Pfoten glitten ab, und das Tier versank für Sekunden, kam aber gleich darauf wieder an die Oberfläche und trachtete danach, neuen Halt zu finden.

Als der Abend herniedersank, hielt der Kampf zwischen Hund und Mann noch immer an. Die Nacht verging. Eisige Kälte kroch in den Gliedern Mutatullis hoch. Das Wegziehen des Auslegers unter den Hundepfoten wurde immer schwächer. Mutatulli hatte aufgegeben. Am Morgen ließen seine Hände zum erstenmal das vom Wasser überspülte Holzgebilde fahren, um aber gleich wieder zuzugreifen.

Und so blieb es den ganzen Tag über. Jedesmal, wenn der halbbewußtlose Mutatulli in die ruhigen, duldenden Augen des Hundes blickte, nahm er sich zusammen und verstärkte den Griff.

Noch eine Nacht verging.Als dann die Sonne heraufkam, war Mutatulli völlig erschöpft. Er ließ los. Nebel schwammen vor seinen Augen. Was blieb, waren die Hundeaugen. Der Häuptling sah die Bilder seines Lebens an sich vorüberziehen. Dann schluckte er Wasser. Er hatte auf einmal Durst. Ein, zweimal noch tauchte sein Kopf empor. Da zerrte etwas an ihm. Ein scharfer Schmerz brachte ihn wieder zu sich.

Karo hatte versucht, seine Zähne in die Schärpe zu schlagen, an der noch immer der Beutel mit den Gulden hing. Dabei war ein Stück Haut des Malaien verletzt worden.

Mutatulli machte unwillkürlich ein paar Schwimmbewegungen. Sie hielten ihn über Wasser. Der Hund schoß mit den letzten Kräften auf den Ausleger zu, packte ihn mit dem Maul und schob ihn zu Mutatulli hin, bis dieser ihn wieder fassen konnte.

Dann trieben sie weiter. Immer wieder fiel der Blick des Mannes auf die Augen Karos. —

Und dann — — dann schwamm gegen Mittag ein Segler an ihnen vorbei.

Mutatulli schrie. Der Hund bellte sich heiser. Niemand bemerkte die beiden. Als Karo sich längst beruhigt hatte, schrie Mutatulli noch immer, bis sein Blick wieder in die duldenden Augen seines Gegenübers fiel. Karo schien sich in sein Schicksal ergeben zu haben. —

Als dann später ein anderer Segler beidrehte, nahm Mutatulli nicht mehr wahr, was um ihn herum vorging.

Nur Ojo und Jardin wunderten sich, daß der Gerettete, als er auf die Planken der »Trueno« wankte, fortwährend nach Karo rief.

»Karo muß dieser Köter da unten sein«, sagte Ojo. »Wollen wir ihn auch heraufholen?« Jardin nickte und rief den Leuten im Boot zu: »Bringt den Hund an Bord.«

Mutatulli starrte mit stieren Augen auf das Tier. Fast atemlos verfolgte er die Rettungsaktion des Hundes. Dann, als dieser zitternd auf den Planken stand, sank er neben ihm zusammen und umklammerte wie im Fieber den zotteligen Hals. Die Gräfin de Andalusia und der Pfeifer kamen hinzu.

»Das ist eine überraschende Tierliebe«, sagte Marina. »Schafft beide in die Krankenkoje.« Arm in Arm schliefen Mann und Hund zwei volle Tage hindurch.