158366.fb2 Piratenblut - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 40

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Die »Dimanche« verlangsamte ihre Fahrt, und Kapitän Abu Hanufa al Dinaweri ließ durchwinken, daß Land in Sicht sei.

Michel Baum stand neben Senor Virgen, als der Signalgast die Meldung durchgab. »Wir wollen nicht als Kriegsflotte in den Hafen einlaufen«, sagte Michel. »Ich werde Befehl geben, an allen Schiffen die Kanonenschächte zu verdecken. Sie werden sich, schätze ich, im Hafen genugsam darüber wundern, daß eine Kauffahrteiflottille von drei Schiffen ohne festen Auftrag über die sieben Meere segelt.« Er rief Jardin.

»Gebt den Befehl weiter, alle Kanonenluken zu verdecken, wenn wir in den Hafen einlaufen.« »Si, Senor Doktor. Und welche Flaggen sollen wir setzen?«

»Ja, was für Flaggen«, lachte Senor Virgen. »Auf irgendeine müssen wir uns ja einigen, sonst hält man uns womöglich für Piraten.«

Sie überlegten. Das war wirklich ein Problem. Man mußte bei der Auswahl der Flaggen auf jeden Fall Rücksicht auf das bunte Nationalitätengewimmel der Mannschaften nehmen. Die in Akjab angeworbenen Seeleute stammten aus allen Kulturnationen, setzten sich aber überwiegend aus Engländern zusammen.

»Wenn wir das Georgskreuz wählen, setzen wir uns von vornherein dem Zweifel aus«, sagte Michel. »Ich bin der Überzeugung, daß die Holländer in enger Beziehung zu den Briten stehen, mit denen sie ja schließlich die Herrschaft über Ostindien teilen.«»Nehmen wir doch die Flagge irgendeines kleinen Staates und machen den Leuten weis, daß eben dieser Staat sich anschickt, eine wichtige Handelsmacht zu werden.«

»Das ist nicht schlecht«, stimmte Virgen zu. »Es wird uns nicht schwerfallen, neugierigen Fragern diesen Bären aufzubinden.« »Also welche denn?« fragte Jardin.

»Oh, da habe ich eine Idee«, sagte Michel. »Wir nehmen einfach die preußische. Sie ist schwarzweiß. Sie läßt sich mit ein bißchen Teer und einem weißen Tuch sehr einfach herstellen. Außerdem werden sie die braven Holländer kaum je auf dem Meer gesehen haben. Sie werden unserer Erzählung von der kommenden Seemacht Preußen Glauben schenken müssen.« Alle waren einverstanden. Die Spanier, die Engländer, die Franzosen, Italiener, Irländer und anderen Fahrens-leute, aus denen sich die Mannschaften der drei Schiffe zusammensetzten, hatten wenig von diesem Staat in Mitteleuropa gehört. Deshalb lehnte sich auch niemand gegen die Verwendung der schwarz-weißen Flagge auf. Die meisten kannten sie gar nicht. Die Schiffshandwerker hatten nach Michels Angaben im Nu drei Fahnen hergestellt. Die Schiffe legten sich Bord an Bord und übernahmen die vom Teer noch klebrigen Fahnen. Ein paar Stunden später liefen zur Verwunderung der niederländischen Hafenbehörden drei Schiffe unter den preußischen Farben in den Hafen von Banda ein. Das heißt, sie ankerten vor dem eigentlichen Becken, das gar nicht über genügend Kaianlagen verfügte. Als sich die Boote mit den Kapitänen der Schiffe dem Kai näherten, ließ der aufgeregte Hafenkommandant, ein kleiner, dicker, rotgesichtiger Holländer, seine »Seepolizei« antreten. Die ganze Streitmacht bestand aus acht Mann, von denen jeder einzelne gleichzeitig einen Büroposten im Schiffahrtsamt bekleidete.

Die regulären Truppen in den beiden Forts nahmen von der Ankunft von Schiffen keine besondere Notiz; denn der Verkehr mit den berühmten Muskatnußinseln war ziemlich rege.

Als erster kam der Pfeifer an Land. Ein Schwall niederländischer Begrüßungsworte ergoß sich über ihn. Und obwohl die dem Plattdeutschen ähnelnden Laute vertraut klangen, verstand Michel kein Wort.

»Do you speak English?« fragte er.

»Yes«, strahlte ihn der kleine Dicke an.

»Well«, sagte Michel. »Wir sind die erste staatliche Handelsflotte Preußens und möchten mit Euch Handel treiben. Da wir noch keine erfahrenen Kaufleute sind — Ihr wißt sicher, daß Preußen bisher nicht zu den seefahrenden Nationen gehörte —, so hätten wir gern Ratschläge von erfahrenen Männern, wie ihr Niederländer es zweifelsohne seid.

Mynheer van Straaten strahlte immer mehr. Wenn er Geschäfte witterte, erwachte er aus seinem traumverlorenen Dasein auf der kleinen Insel.

Mynheer van Straaten war nicht nur Hafenkommandant, sondern nebenher auch noch Handelsmakler. Alle großen Geschäfte gingen durch seine Hände. Die Pflanzer waren froh, daß sie sich mit so vertrackten Dingen wie Valutaberechnung, Börsenkursen und Weltmarktpreisen nicht auseinandersetzen mußten. Sie zahlten an Mynheer van Straaten gerne die ansehnlichen Provisionen, die dieser verlangte.

»Willkommen, willkommen«, sagte van Straaten jetzt auf deutsch. »Wenn Sie aus Preußen kommen, so verstehen Sie ja sicher Deutsch«, setzte er weise hinzu.

Der Pfeifer freute sich, wieder einmal die vertrauten Mutterlaute zu vernehmen.

»Haben Sie hier einen Raum, ein Restaurant oder ein Hotel, wo man bei einer guten Flasche Wein verhandeln kann?«

»Oh, ja, natürlich, Herr Admiral«, meinte van Straaten. »Ich werde alle Pflanzer zusammenrufen. Wir können uns dann im Hotel »Den Haag« an einem Abend treffen und die Geschäfte besprechen. Es wird einen Sturm auf der Insel geben, wenn man hört, daß die ganze preußische Handelsflotte nach Banda gekommen ist.«

»Gut«, sagte Michel, »dann berufen Sie Ihre Versammlung für heute abend ein.« »Wollen Sie im Hotel wohnen oder bleiben Sie auf dem Schiff?« »Wir bleiben auf den Schiffen.«

Kurz darauf versammelten sich Kapitän Porquez, Don Hidalgo, Abu Hanufa, Ibn Kuteiba, der kleine Jardin, Ojo, Fernando de Navarra, Ernesto, Tscham und Marina auf der »Trueno« um den Pfeifer.

»Senores«, begann Michel, »wir befinden uns in einer wahrhaft komischen Situation. Um nicht schief angesehen zu werden, müssen wir zu irgendeiner Nation gehören. Ich habe die preußische Flagge gewählt, weil das Land für den Welthandel unwichtig und in den Handelskreisen der seefahrenden Nationen als Partner so gut wie unbekannt ist.Ich habe vor, von dem ganzen verbliebenen Rest unseres Geldes Muskatnüsse zu kaufen und diese als Handelsfracht nach Afrika oder Lateinamerika weiterzuverkaufen. Ich werde gleich jetzt nach dieser Besprechung unbemerkt an Land gehen und mich umhören, wie die hiesigen Preise liegen, damit man uns nicht übers Ohr haut. Ich hoffe, ihr alle seid mit meinem Plan einverstanden. Kapitän Porquez jedenfalls erzählte mir kürzlich, daß im Muskatnußhandel viel Geld zu verdienen sei. Na, und Geld haben wir bitter nötig.«

Die Umstehenden murmelten beifällig. Nur Abu Hanufa meinte auf arabisch: »Wie soll man mich, bei Allah, für einen Preußen halten, wo ich doch kein Wort von der preußischen Sprache verstehe, ja — der Prophet möge mir verzeihen — nicht einmal weiß, wo dieses Land liegt und wie sein Sultan heißt.«

Ibn Kuteiba übersetzte zur allgemeinen Erheiterung die Worte des Kapitäns. Da ergriff Don Hidalgo das Wort:

»Was Abu Hanufa soeben vorgebracht hat, ist gar nicht so dumm. Wer von uns anderen weiß denn überhaupt etwas über dieses Land mit dem unaussprechlichen Namen, unter dessen Flagge wir segeln! Die Leute auf Banda werden höllisch verwundert sein, daß alle diese Preußen kein Wort von ihrer Muttersprache verstehen, dafür aber in allen anderen geläufigen Zungen reden.« »Keine Sorge«, sagte Michel. »Ich werde den Mynheers schon klarmachen, daß ihr zwar keine Preußen seid, aber unter preußischer Flagge auf preußische Rechnung und in den Diensten Preußens segelt und daß ich der vom König eingesetzte Treuhänder der Flotte bin. Dennoch möchte ich unsere arabischen Freunde bitten, sich an Land möglichst in europäischen Kleidern zu bewegen und Spanisch oder Englisch zu sprechen. Daß Araberkapitäne in preußischen Diensten stehen, kann man, glaube ich, selbst den Leuten auf Banda nicht weismachen.«