158366.fb2 Piratenblut - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 54

Piratenblut - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 54

53

Für ein junges Mädchen galt es hierzulande, genau wie in Europa, als unschicklich, sich ohne Begleitung auf der Straße sehen zu lassen.

Das Mädchen, das an diesem Mittag dem Hafen zuschritt, mochte etwa vierundzwanzig Jahre zählen. Es hatte einen wiegenden Gang, große blaue Augen, die herausfordernd um sich blickten, und schönes, weizenblondes Haar.Freilich, das Kleid, das sie trug, war nicht eben als schicklich anzusprechen. Es war auffällig, von greller Farbe und in seinem ganzen Schnitt dem guten Ruf seiner Trägerin nicht gerade dienlich.

Eine Viertelstunde später stand sie am Hafen und musterte die Schiffe. Der Zufall wollte es, daß in diesem Augenblick ein paar Matrosen lachend den Segler verließen, der im Topp die van Grootsche Flagge führte.

Die Matrosen warfen der Frau, die dort allein am Kai stand, vielsagende Blicke zu. Und sie schienen Glück zu haben. Die Dame schien ihrer Bekanntschaft nicht abgeneigt. Ein Matrose, ein fescher Kerl, trat auf sie zu und fragte keck:

»Na, Juffrouw, so allein an diesem schönen Mittag? Wollt Ihr uns nicht ein wenig Gesellschaft leisten?«

Sie lächelte.

»Euch schon, aber nicht dir allein, mein Junge.«

Die anderen brachen in Lachen aus. Im Nu war die einsame Spaziergängerin von allen umringt. »Wie heißt Ihr, Juffrouw?« fragte der Schneidige.

»Ellen-Rose nennt man mich in Makassar. Und weil ihr so schöne weiße Umformen anhabt, dürft auch ihr so zu mir sagen.«

»Auf, Ellen-Rose, gehen wir in einen Weinkeller. Dort ist es kühl, und ich spendiere einen Muskateller. Habe heute meinen freigebigen Tag.« Lachend und sich neckend zog die Gruppe weiter.

In dem Weinkeller schien Ellen-Rose nicht unbekannt zu sein. Der Wirt jedenfalls ließ ein freudiges Hallogeschrei hören, als er ihrer ansichtig wurde.

»Ahoi, Ellen-Rose, wollt Ihr uns was vorsingen? Eigentlich sind noch viel zu wenig Gäste da. Warum kommt Ihr nicht am Abend?«

»Keine Sorge, Wirt. Ich singe für meine Freunde. Sie haben mich zu einem Glas Wein eingeladen. Das muß belohnt werden.«

Ellen-Rose war eine bekannte Chansonette, der es Spaß machte, von Insel zu Insel zu trampen und den Seeleuten ihre Lieder darzubringen. Ein solches Leben war in den Augen der Gesellschaft jener Zeiten für ein junges Mädchen ganz unmöglich. Die sogenannten höheren Töchter sahen auf ein weibliches Wesen, das sich seinen Lebensunterhalt auf diese Weise verdiente, verächtlich herab.

Ellen-Rose wußte das und bekam es auch deutlich zu spüren, wenn sie hin und wieder gegen Honorar bei den Gesellschaften der Reichen auftrat. Aber sie machte sich nichts daraus. Sie schonte sich, pflegte ihre Stimme, hielt sich von Männern zurück und verdiente auf rechtschaffene Art ihr Geld.

Daß sie heute dem Anbiederungsversuch der Matrosen gegenüber von vornherein aufgeschlossen war, hatte seinen besonderen Grund.

Als die Jungen bereits erhebliche Mengen des schweren Weins zu sich genommen hatten, ließ sie ganz zufällig eine unverfängliche Frage fallen:

»Wo geht's denn hin von hier aus?«

Der Forsche von vorhin erwiderte lallend:

»Zum Teufel, meine Liebe, wir fahren direkt in die Hölle.«

»Ist es da nicht ein bißchen heiß?«

»Ah, das ist egal. Heiß und kalt, was ist der Unterschied? Wir fahren, mein Schatz, wohin du willst.«

»Ich glaube, damit wäre der Kapitän nicht ganz einverstanden.«»Was interessiert es dich. Wenn wir hier weg sind, hast du uns vergessen.«

»Nun, werd nur nicht tragisch, mein Junge. Das hört sich ja fast wie eine Liebeserklärung an.«

»Ist es auch, Ellen-Rose. Sing uns eins. Wir wollen lustig sein. In Batavia werden wir nicht viel Abwechslung haben, denn wir segeln gleich nach Holland weiter.«

»Weshalb meinst du, daß ihr in Batavia keine Abwechslung finden werdet? Ist es dort so langweilig? Nehmt mich mit!«

Der Junge wurde auf einmal wieder nüchtern.

»Ist das dein Ernst?« fragte er heiser.

»Warum nicht? Meinst du, daß Makassar kurzweiliger ist als Batavia?«

Die übrigen Matrosen lachten und wandten sich an ihren Kameraden.

»Wenn man dich so hört, dann könnte man fast glauben, du würdest ernsthaft erwägen, sie mitzunehmen.«

»Ja, ja. Sie könnte sich in meiner Koje verstecken.« Ellen-Rose lachte laut.

»Und wo würdest du während dieser Zeit schlafen?« »Bei dir — — bei dir«, lallte er trunken.

»Na, dann lieber nicht«, wehrte sie ab, stand auf und sang ein Chanson.

Eine Weile später erfuhr sie auch den voraussichtlichen Abfahrtstermin des Schiffes.

»Habt ihr auch Rettungsboote an Bord?«

»Welch eine Frage! Unsere Reederei ist eine der größten der Welt. Wir haben Boote, groß und seetüchtig, die für die ganze Mannschaft ausreichen würden. Aber sie hängen da in ihren Vertäuungen und werden nicht gebraucht; denn die »Utrecht« ist ein starkes Schiff, dem kein Sturm etwas anhaben kann.«