158366.fb2 Piratenblut - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 60

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Benjamin van Groot saß in seinem Hotelzimmer. Der Hotelboy räumte stumm und gelassen die Teller ab. Van Groot und sein Sekretär hatten zu Mittag gegessen. Davon war allerdings kaum etwas zu merken; denn die Speisen gingen fast unberührt zurück.

Benjamin van Groot sah verfallen aus. Seine einstmals rosigen Wangen hingen schlaff herab. Termeulen war im Gesicht womöglich noch grauer geworden. Er trug an den Verlusten seines Herrn wie an eigenen.

Tag um Tag hatte Benjamin beim Gouverneur vorgesprochen. Konferenz auf Konferenz war abgehalten worden. Immer wieder stand die Ausrüstung einer kompanieeigenen Flotte für die Jagd auf Dieuxdonne zur Debatte.

Trotz aller Drohungen van Groots konnte sich seine Meinung nicht durchsetzen. Die Kaufleute waren zu sehr auf ihr eigenes Wohl bedacht, als daß sie auch nur das kleinste Risiko eingegangen wären.

»Was soll nun werden, Frans«, wandte sich van Groot an den langjährigen Sekretär. »Ich bin untröstlich, Mynheer; aber auch ich weiß keinen Rat. Hoffentlich kommt die »Utrecht« durch. Vielleicht ruht sich Dieuxdonne nach seinem letzten Erfolg aus und verpaßt die »Utrecht«. ..«

»Hoffentlich«, stöhnte van Groot. »Dennoch habe ich keine geringe Besorgnis; die Agentur sagt,daß sie eigentlich heute hier eintreffen müßte.«

»Sie ist nicht sehr schnell«, versuchte Termeulen zu trösten. »Vielleicht hat sie ein oder zwei Tage Verspätung.« Es klopfte.

Ein Hotelboy trat ein und überreichte dem Reeder einen Brief.

»Von der Agentur«, sagte van Groot. »Was kann Miller wollen?« Er öffnete den Umschlag. »Auf einer Agentur wird man den Chef oft zu Rate ziehen wollen, wenn er in Jahren einmal anwesend ist«, sagte Termeulen leichthin.

Der Reeder schien in seinem Sessel zusammenzusacken. Er hatte die wenigen Zeilen schon gelesen.

»Aus«, kam es verzweifelt von seinen Lippen. »Er hat die »Utrecht« geschnappt.« Frans sprang auf und ging unruhig auf und ab. Benjamin raffte sich zusammen und erhob sich ebenfalls.

»Kommt, Frans, wir wollen hinübergehen. Miller schreibt, daß die Mannschaft von anderen Schiffen aufgenommen wurde. De Witt lebt ebenfalls. Ich will mit de Witt sprechen.« In der Agentur angekommen, begaben sie sich sofort in das Privatbüro Millers, das jetzt, für die Zeit seines Hierseins, Benjamin als Beratungszimmer diente.

De Witt, der Erste und der Zweite Offizier der »Utrecht«, warteten schon. Es herrschte eine gedrückte Stimmung. Der Reeder schüttelte seinem Kapitän stumm die Hand. De Witt erstattete Bericht.Nachdem er geendet hatte, wandte sich van Groot an Frans. »Ich kann hier nicht mehr länger ruhig sitzen. Meine letzte Hoffnung ist und bleibt Laarsens Muskatnußflotte. Wir machen ein Schiff klar und stechen morgen früh in See nach Banda. Ich will meinen Bruder bewegen, mir noch größeren Kredit in Form von Ware zu geben.« De Witt, die Offiziere und der Hauptagent Miller starrten auf den Boden. Sie schienen von dem, was ihr Chef soeben gesagt hatte, keine Notiz zu nehmen.

Benjamin, der im Laufe der letzten Zeit zu einem Nervenbündel geworden war, fuhr sie heftig an.

»Was sitzt Ihr da wie die Ölgötzen! Macht Vorschläge !« Miller räusperte sich.

»Äh--äh--ich--das heißt--da draußen im Vorzimmer ist noch jemand, der Euch eine Nachricht zu bringen hat, Mynheer«, stotterte er. Van Groot fuhr auf.

»Nachrichten für mich? Von wem, worüber?« Seine Augen gingen irrlichternd von einem zum ändern. »So sprecht doch endlich«, schrie er unbeherrscht. De Witt nahm sich zusammen.

»Der Herr, der draußen wartet«, erklärte er, »ist der Kommodore einer Handelsflottille, die uns aufgenommen hat. Er kommt direkt von Banda, von Euerm Bruder. Die Botschaft, die er bringt, ist — — niederschmetternd - -« »So redet doch, Mensch!«

»Zwei Schiffe von Laarsen sind ebenfalls versenkt.«

»Das — — das — — ist doch nicht möglich!« Van Groot wurde kreidebleich. Miller stand auf und ging hinaus, um gleich darauf mit dem Pfeifer wieder einzutreten. Michel nahm sofort wahr, daß die Stimmung in diesem Raum bereits den Tiefpunkt erreicht hatte. Sein Blick blieb an Benjamin van Groot haften. Er sah seinem Bruder so ähnlich, daß Michel sofort wußte, wen er vor sich hatte. Der Mann tat ihm leid. Und er nahm sich schon jetzt vor, ihm zu helfen.

»Wer seid Ihr, junger Mann?« fragte van Groot.

»Kan nit verstaan«, sagte Michel. »Sprechen Sie nicht Deutsch?«

»Doch«, sagte van Groot. »Also wer sind Sie?«

»Ich bin der Kommodore einer preußischen Frachterflottille und bringe Ihnen Grüße von Ihrem Bruder und Kapitän Laarsen.«

»Und — und weiter, was ist mit Laarsen?«

»Tja«, sagte Michel. »Es ist eine betrübliche Sache. Dieuxdonne hat zwei Frachter von Laarsens Schiffen in den Grund gebohrt.«

»Ich weiß schon — — ich weiß schon. Und sonst?«

»Sonst — — nichts. Nur soviel, ich befehlige drei Schiffe, die alle erstklassig ausgerüstet sind, waffenmäßig meine ich. Ich hätte unter Umständen Lust, diesen Herrn Seeräuber zu jagen.« »Unter welchen Umständen?« Michel lächelte.

»Daß ich ihn kriege, daß ich ihn mit meinen Schiffen einholen kann, was nicht ganz einfach sein dürfte.«

»Versuchen Sie es, junger Mann, versuchen Sie es!« Benjamin wurde wieder lebhaft. »Verfügen Sie über eine kampferprobte Mannschaft?«

»Oh, meine Gesellen dürften sich mit denen Dieux-donnes jederzeit messen können. Ich denke nur, daß drei Schiffe zuwenig sind. Ein viertes, ebenfalls gut bewaffnet, würde uns nicht schaden. Es bestünde dann die Möglichkeit, eine regelrechte Treibjagd zu veranstalten.« »Meine Schiffe sind zu schwerfällig«, antwortete Benjamin. »Ich würde sie hingeben, wenn es einen Sinn hätte. Aber sie sind nichts als Zielscheiben, nichts als Zielscheiben.« Frans warf ein:

»Vergessen Sie nicht Monsieur de Musset. Er wird mit Freuden daran teilnehmen, denn er ist ein Kämpfer.«

Van Groot blieb bei der deutschen Sprache, als er jetzt mit aufgehelltem Gesicht sagte: »Ich schlage vor, Herr Kommodore, wir besprechen das heute abend in meinem Hotel. Ich werde auch Monsieur de Musset bitten lassen.« »Einverstanden«, sagte Michel und ging.

Er dachte, daß es notwendig war, seinen Jungen endlich einmal wieder etwas zu bieten. Sie konnten nicht ständig ohne Kampf auskommen. Eigentlich ging ihn die Sache ja nichts an. Andererseits taten ihm weniger der Reeder als vielmehr dessen brotlos gewordene Leute leid. Ja, es schien die Aufgabe der »Trueno« zu bleiben, sich mit den Freibeutern der Meere auseinanderzusetzen.