158389.fb2 Rauch ?ber dem Mississippi - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 3

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»Ein Betrüger?« kreischte der Spieler. »Was erdreisten Sie sich, Mister, mich einen Betrüger zu nennen?«

»Wenn ich mich geirrt habe, werde ich mich in aller Form bei Ihnen entschuldigen«, sagte der gutaussehende Mann ruhig. »Um das herauszufinden, sollten wir ganz einfach die beiden anderen Karten aufdecken. Wenn sich darunter die Herz-Dame befindet, werde ich umgehend meine Entschuldigung aussprechen.«

Der Spieler, dem die Zornesröte ins Gesicht gestiegen war, entspannte sich ein wenig und wollte nach den beiden äußeren Karten greifen. »Wie es Ihnen beliebt, Mister.«

»Nein«, stieß da der gutgekleidete Fremde in bekannter Schärfe hervor. »Nicht Sie! Der Mann, gegen den Sie gespielt haben, soll die Karten umdrehen!«

»Warum?«

»Weil ich Ihnen nicht traue und Sie für einen Kartenhai halte, dessen Finger ebenso flink sind wie seine Augen, mit deren Herumgerolle er seine Opfer von dem ablenkt, was er mit seinen Händen veranstaltet.«

»Wenn Sie es so wollen.«

Der Spieler zog die Schultern hoch und ließ sie in einer Geste der Ergebenheit wieder fallen. Aber plötzlich und von den meisten der umstehenden Menschen unerwartet stieß er den rechten Arm vor, und in seiner Hand lag ein Derringer, dessen Mündung auf den Mann mit dem schwarzen Oberlippenbart gerichtet war.

Ebenso schnell, wie der Spieler die kleine Schußwaffe hervorgezaubert hatte, reagierte der von ihm Bedrohte, riß das linke Bein hoch und trat unter die Hand des Spielers. Der Getroffene schrie auf, während die Waffe über seine Schulter hinwegflog und hinter ihm ins Wasser des Hafenbeckens klatschte.

In diesem Moment entstand im Rücken des gutgekleideten Fremden ein Tumult, ausgelöst durch den bärtigen Farmer, der zuvor sein Geld beim Spiel verloren hatte. Jetzt hielt er einen Revolver mit verkürztem Lauf in der Hand, mit dem er auf den Rücken des Fremden zielte. Die Menschen schrien erschrocken auf und stoben auseinander, um nicht von einer Kugel erwischt zu werden.

Aber ein baumlanger Schwarzer in einem hellbraunen Anzug blieb hinter dem Bärtigen stehen und schlang seine Arme mit solcher Gewalt um ihn, daß der Farmer aufstöhnte und die Waffe fallen ließ. Dabei löste sich ein Schuß; die Kugel sirrte dicht über den Boden des Kais und fuhr splitternd in die Holzkiste vor dem Spieler.

»Jetzt haben Sie sich durch Ihr schlechtes Gewissen verraten«, sagte der Mann in dem elfenbeinfarbenen Anzug, noch immer völlig ruhig, zu dem Spieler. »Und Ihr Komplize ebenso.«

»Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen«, sagte der Spitzgesichtige mit zitternder Stimme und wirkte dabei wie eine von der Katze in die Enge getriebene Maus. »Ich habe meinen Derringer nur gezogen, weil ich mich von Ihnen bedroht fühlte.«

»Sagte der Mörder zu seinem Opfer und drückte ab«, erwiderte sein Gegenüber und wandte sich an Martin. »Bitte, Sir, drehen Sie die beiden anderen Karten um.«

Zögernd kam Martin dem nach. Links neben der KreuzSieben lag die Kreuz-Acht und rechts neben ihr - noch eine Kreuz-Acht!

Martin konnte erst gar nicht glauben, was er da sah. Die Kreuz-Acht war tatsächlich zweimal im Spiel.

»Aber... wo ist die... Herz-Dame?« brachte er stotternd hervor.

»Hier«, sagte der Fremde und zog mit einer flinken Bewegung die Trumpfkarte aus dem linken Ärmel des Spielers. Er legte sie offen neben die anderen Karten auf den Tisch.

»Wie ist sie dahin gekommen?« wollte Martin wissen.

»Dieser Kartenhai hat sie dort versteckt, nachdem er sie mit der zweiten Kreuz-Acht vertauscht hatte.«

»Davon habe ich nichts bemerkt«, gab der sommersprossige Auswanderer zu.

»Ich habe ein Auge für so etwas.« Der Fremde sah den Spieler an, und sein Gesicht verfinsterte sich zusehends. »Und eine Nase für Ratten!« Er richtete seinen Blick wieder auf Martin. »Nehmen Sie sich Ihr Geld, Sir. Sie hätten es gewonnen, wenn dieser Mann keine Ratte wäre.«

Zögernd und ungläubig strich Martin die zwanzig Dollar ein.

»Und Sie, Mr. Kanalratte, legen noch einmal zwanzig Dollar drauf!« forderte der Fremde. »Die hätte der Gentleman nämlich auch gewonnen, wenn Sie ein ehrlicher Mann wären. Aber dann würden Sie sich wahrscheinlich nicht mit dem Three Card Monte abgeben!«

»Das können Sie nicht verlangen«, jammerte der Spieler und ließ wieder seine Augen rollen. »Sie rauben mich aus, Sir!«

»Wer raubt hier wohl wen aus?« entgegnete der Fremde scharf. »Ich werde mir nicht die Finger an Ihnen beschmutzen. Wenn Sie dem Gentleman das Geld, das ihm zusteht, nicht freiwillig geben, werde ich den Vorfall dem Sheriff melden. Dann käme allerdings noch ein Mordversuch hinzu.« Er sah auf den Bärtigen, der sich noch immer in der Gewalt des Schwarzen befand. »Genau genommen zwei Mordversuche!«

Der Spitzgesichtige nagte überlegend an seiner Unterlippe und traf schließlich die Entscheidung, es nicht auf eine Begegnung mit dem Sheriff ankommen zu lassen. Widerwillig überreichte er Martin zwanzig Dollar.

»Ich hoffe, Sie und Ihr Nigger-Freund lassen mich jetzt in Ruhe«, sagte er trotzig zu dem Fremden.

»Aber sicher doch«, sagte dieser und gab dem Schwarzen einen Wink.

Der stieß den Bärtigen so nach vorn, daß er gegen die Holzkiste und den dahinterstehenden Spieler stolperte. Letzterer geriet ins Wanken, suchte vergeblich nach dem Gleichgewicht und stürzte nach hinten ins brackige Hafenwasser, das ihn verschluckte wie ein Fisch einen willkommenen Happen.

Prustend und um sich schlagend kam der Spitzgesichtige wieder an die Oberfläche und schrie um Hilfe. Niemand rührte sich, bis sich der Bärtige schließlich hinkniete und ihm einen Arm reichte. Pitschnaß am ganzen Körper und vor Schreck kalkweiß im Gesicht kletterte der Spieler an Land.

Der Schwarze sah ihn verächtlich an. »Das war für den Nigger, Sir.«

Der Spieler sah den eleganten Weißen an. »Das werden Sie und Ihr... Ihr Freund mir noch einmal büßen, Mister...«

»Devlin«, half ihm der Fremde aus.

Die Kulleraugen des Spielers weiteten sich vor Erstaunen. »Etwa Beau Devlin?«

»Beauregard Devlin, um genau zu sein. Beau dürfen mich nur meine Freunde nennen. Aber zu denen werden Sie niemals zählen.«

»Beauregard Devlin«, wiederholte der nasse Spieler langsam und sah dann den dunkelhäutigen Hünen an. »Dann müssen Sie Jim Illinois sein!«

Der Neger bleckte grinsend die Zähne und deutete eine spöttische Verbeugung an. »Stets zu Diensten, Sir.«

Er und sein weißer Freund wandten sich zum Gehen, als Martin die beiden ansprach. »Verzeihung, Gentlemen, aber ich habe mich bei Ihnen noch gar nicht für die Hilfe bedankt.«

»Das könnten Sie in Form eines kühlen Bieres tun, junger Freund«, erwiderte Beauregard Devlin. »Geld genug dürften Sie jetzt in der Tasche haben.«

*

So kam es, daß sich Martin, seine beiden Retter sowie Jacob und Irene in einem Biergarten am Hafen unter großen, Schattenspendenden Platanen einfanden, jeder mit einem Krug Bier vor sich.

»Auf was trinken wir?« fragte Devlin und blickte, seinen Krug bereits angehoben, fragend in die Runde.

»Auf die QUEEN OF NEW ORLEANS«, schlug Irene vor. »Auf daß sie uns sicher und wohlbehalten nach St. Louis bringen möge!«

Devlin und der Schwarze namens Jim Illinois warfen sich, von den drei anderen unbemerkt, einen vielsagenden Blick zu, bevor sie ihre Krüge zusammenstießen und dann kräftige Züge nahmen. Der Zug des Negers mit dem sonderbaren Nachnamen war so bemerkenswert kräftig, daß sein Krug beim Absetzen bereits leer war.

Überhaupt schien der Schwarze ein bemerkenswerter Mann zu sein. Die Art, wie er zuvor mit dem Bärtigen umgesprungen war, hatte die gewaltigen Körperkräfte bewiesen, auf die sein massiger Körperbau bereits hindeutete. Doch wirkte er nicht fett, sondern jedes Gramm Fleisch schien aus Muskeln zu bestehen, die seinen Anzug, der nicht ganz so elegant war wie der Devlins, jeden Moment zu sprengen drohten. Das Auffälligste an ihm waren jedoch zwei golden glänzende, fast handtellergroße Scheiben, die er als Ohrringe trug.

»Ungewöhnlichen Schmuck tragen Sie, Mr. Illinois«, bemerkte dann auch Irene. »Ebenso ungewöhnlich wie Ihr Name. Illinois heißt doch ein Staat im Norden, durch den der Mississippi fließt.«

Wieder bleckte der Schwarze seine Zähne, die vielleicht nur deshalb so blendend weiß aussahen, weil sie so stark mit seiner sehr dunklen Haut kontrastierten. »Sie werden es nicht glauben, Ma'am, aber mein ungewöhnlicher Name und mein ungewöhnlicher Schmuck stehen in einem engen Zusammenhang.«

Die junge Frau mit dem schönen, ebenmäßigen, von goldblonden Locken umrahmten Gesicht sah ihn interessiert an. »Das hört sich nach einer spannenden Geschichte an, Mr. Illinois. Würden Sie uns die erzählen?«

»Wenn alle sie hören wollen, warum nicht?«