158412.fb2 San Francisco in Flammen - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 3

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»Hierher!« rief Sun Cheng, der an einer Wand stand und sich dort zu schaffen machte.

Was er tat, konnte Jacob nicht erkennen. Dort schien es nichts Wichtiges zu geben. Nur ein riesiges Holzgestell, das bis an die Decke reichte. Große Laken hingen dort zum Trocknen.

Als der Auswanderer das Gestell erreichte, schwenkte es plötzlich ein Stück zur Seite. Weit genug, um einen Menschen durchzulassen.

»Ein verborgener Ausgang«, erklärte der alte Chinese. »Schnell, hindurch.«

Jacob, Elihu und Susu Wang zwängten sich an ihm vorbei in den dunklen Gang.

»Was ist mit dir?« fragte die Chinesin den Alten. »Kommst du nicht mit?«

Der Wäschereibesitzer schüttelte den Kopf.

»Ich kann meine Leute nicht im Stich lassen. Und auch nicht Fei-yen.« Sun Cheng blickte suchend, gehetzt in den wabernden Dunst der Waschküche. »Ich muß sie finden. Ich weiß nicht, wo sie steckt.«

»Wer ist Fei-yen?« fragte Jacob.

»Das Mädchen, das euch das Essen aufgetragen hat«, antwortete der alte Mann.

Susu Wang fügte hinzu: »Sie ist Sun Chengs Enkelin.«

»Geht jetzt!« drängte der Graubärtige. »Geht zu Reverend Hume. Er wird euch aufnehmen. Außerhalb von Chinatown ist es jetzt am sichersten für euch. Der Hai wird alle Mittel einsetzen, euch hier zu finden.«

»Ein guter Vorschlag«, fand Susu Wang.

Sun Cheng drückte auf einen in der Wand verborgenen Mechanismus, und das mit dicken großen Laken behangene Wandgestell verschloß den Durchgang wieder.

Es umhüllte die Chinesin und ihre beiden weißen Begleiter mit Dunkelheit und verbarg sie vor den Augen der Männer, die Sun Chengs Haus mit Waffengewalt stürmten.

»Vorwärts!« rief Susu Wang im Flüsterton.

Jacob tastete sich als erster durch den Gang, der so niedrig war, daß sich der großgewachsene Deutsche gehörig bücken mußte. Außerdem war der Gang so eng, daß nicht zwei Menschen nebeneinander Platz fanden. Also folgte Elihu Brown dem Freund, und die Chinesin bildete den Schluß der kleinen Gruppe.

Obwohl es stockdunkel war, war die Richtung keine Frage: Es gab nur eine.

Der junge Zimmermann spürte einen beständig stärker werdenden Luftzug an seinem Gesicht. Das mußte der Ausgang sein, dem sie sich näherten.

Er bog um eine Ecke und sah einen hellen Schimmer. Schließlich stieß er gegen Äste und Blattwerk.

Gesträuch tarnte den Durchgang von draußen.

»Ziemlich eng«, stöhnte Jacob, als er sich hindurchzwängte. Es war nur ein kleines Loch, durch das er kriechen mußte.

»Der Fluchtweg ist für meine Landsleute gebaut«, erklärte Susu Wang. »Chinesen sind nicht so groß und breitschultrig wie Sie, Mr. Adler.«

»Wohl wahr«, stöhnte Jacob, der nicht mehr vor und nicht mehr zurück konnte. »Verflucht, ich stecke fest!«

»Warte, Jake, ich schiebe!«

Es war Elihu.

Schon packte der Harpunier Jacobs Beine und schob mit seinen Bärenkräften, bis der Deutsche durch das Loch rutschte.

Über sich sah er den Sternenhimmel. Ganz nah ertönte der Kampflärm.

Jacob rappelte sich auf. Er stand unter einem efeubekränzten Torbogen in einer schmalen Einfahrt zu Sun Chengs Grundstück.

Da erschien auch schon Elihu. Sein Haar- und Bartgestrüpp war mit Blättern übersät, als er aus dem Busch kroch.

Obwohl der Harpunier eine massigere Gestalt hatte als der Auswanderer, hatte Elihu nicht solche Schwierigkeiten gehabt, ins Freie zu gelangen. Jacobs Durchbruch hatte das Loch ausreichend vergrößert.

Zuletzt gelangte die Chinesin ins Freie. Kaum hatte sie den Durchgang verlassen, kam sie mit katzenhafter Gewandtheit auf die Füße und zeigte zu der nahen Straße.

»Wir müssen uns nach rechts halten, um zu Reverend Hume zu gelangen.«

»Wer ist dieser Reverend?« fragte Elihu.

»Er betreibt ein Waisenhaus an den Grenzen zu Chinatown«, erklärte Susu Wang. »Er hat meinen Landsleuten schon oft geholfen. Reverend Hume nimmt auch chinesische Kinder in seinem Haus auf. Das würde nicht jeder Weiße tun, der angeblich ein gutes Herz hat.«

»Was ist mit Sun Cheng und den anderen?« fragte Jacob und blickte zum Haus.

Ihm war unwohl bei dem Gedanken, daß sich der alte Chinese mit seinen Leuten in Lebensgefahr befand.

»Wir können ihm im Moment nicht helfen«, antwortete die Chinesin. »Er wird Hilfe von seinen Nachbarn erhalten. Das einzige, was wir jetzt für ihn tun können, ist zu verschwinden. Wenn die Männer des Hais uns nicht in seinem Haus entdecken, lassen sie Sun Cheng vielleicht in Ruhe.«

Jacob hoffte, daß Susu Wang recht behielt. Aber als er und Elihu ihr durch die Straßen von Chinatown folgten, tat er das mit einem unguten Gefühl im Magen. Er kam sich wie ein Verräter vor, daß er den alten Chinesen, der ihm und Elihu Unterkunft gewährt hatte, mit den Männern des Hais allein ließ.

*

Sun Cheng verspürte kaum Erleichterung, als das lakenbespannte Gestell den Geheimgang wieder verschloß. Zu groß war die Sorge um seine Leute und besonders um Fei-yen.

Als er sich umwandte und durch die Waschküche lief, sah er zwei seiner Arbeiter am Boden liegen, tot oder verwundet. Er kümmerte sich nicht weiter darum, konnte es nicht, weil er seine Enkelin suchte.

Sein Sohn, Fei-yens Vater, war auf den Goldfeldern gestorben. Ein Stollen war zusammengebrochen und hatte ihn unter sich begraben. Die Gerüchte, daß neidische Weiße den Zusammenbruch bewirkt haben sollten, ließen sich nie bestätigen. Fortan siechte Fei-yens Mutter in ihrem tiefen Kummer dahin. Sie arbeitete weiterhin in der Wäscherei ihres Schwiegervaters, aber ihr Interesse am Leben schwand mit jedem Tag. Dann schwand ihr Leben selbst. Auf dem Totenbett hatte Sun Cheng ihr versprochen, für Fei-yen wie ein zweiter Vater zu sorgen.

Er hatte die Waschküche fast durchquert, als dicht neben ihm an der Außenhülle eines großen Kupferkessels Funken entlangstieben. Dann erst hörte er die Detonation des Schusses, der für den Funkenregen verantwortlich war.

»Bleib stehen, Schlitzauge! Meine nächste Kugel trifft sonst deinen Rücken.«

Sun Cheng fror mitten in der Bewegung ein.

»So ist es brav«, lobte der Mann in seinem Rücken mit höhnischem Spott. »Und jetzt dreh dich um, aber hübsch langsam!«

Der Chinese gehorchte und sah sich zwei Männern gegenüber. Weiße, die ihre Waffen auf ihn richtete.

»Du bist doch Sun Cheng, der chinesische Oberaffe, dem dieser Laden gehört«, sagte der bullige Mann mit dem langläufigen Revolver - Al Winkler. »Ich kenne dich. Du warst schon mal im Golden Crown, um mit Henry Black die Verträge abzuschließen.«

»Ich bin Sun Cheng. Was wollen Sie von mir? Weshalb dringen Sie in mein Haus ein und schießen auf mich und meine Leute?«