158421.fb2 Schreckensnacht am Golden Gate - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 7

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Jacob wollte durch die Lücke steigen, als sich ein erschrockener Ruf von den Feuerwehrleuten bis zum Rettungstrupp fortpflanzte: »Kein Wasser mehr!«

Im selben Augenblick stürzte die Brücke aus flüssigem Silber über den Köpfen der Männer zusammen.

Von der Spritze erschollen laute Flüche herüber. Doch so sehr die Männer von Social Three auch pumpten, aus dem Schlauchende kam kein einziger Tropfen Wasser.

Jacobs Kopf ruckte nach rechts, wo Monumental Six das Feuer bekämpfte.

Bekämpft hatte!

Auch dort mühten sich die Feuerwehrleute vergeblich an der Spritze ab.

»Was ist los?« brüllte Lieutenant Wannaker nach hinten. »Weshalb kommt kein Wasser mehr?«

Der walroßbärtige Captain von Social Three sprach mit einem seiner Männer, der von irgendwo aus der Nacht herangehastet kam. Dann hob der Captain die Flüstertüte an die Lippen und sagte: »Die Zisternen sind leer. Wir können an dieser Stelle nichts mehr gegen das Feuer tun, Lieutenant. Wir müssen uns zurückziehen!«

Ohne auf eine Antwort zu warten, gab der Captain den Männern von Social Three den Befehl, schleunigst die Ausrüstung zusammenzupacken und abzurücken.

Wannaker blickte hinauf zum Dach des Lagerhauses. Das Wasser verdampfte schnell in der Hitze, und schon begann das Holz an mehreren Stellen zu brennen.

Der Offizier stieß einen Fluch aus, den Jacob von einem so jungen Mann nicht erwartet hätte, und rief dann laut: »Alles zurück! Das Magazin ist nicht mehr zu retten. Wir rücken ab!«

Er sah Jacob an und fügte leise hinzu: »Tut mir leid für Ihren Freund, Mr. Adler. Aber da ist nichts mehr zu machen!«

Jacob schüttelte den Kopf.

»Dann versuche ich es allein, Lieutenant!«

»Das verbiete ich Ihnen!«

»Das können Sie nicht«, erwiderte der Auswanderer. »Ich bin kein Soldat.«

»Aber denken Sie doch an sich selbst und an Ihre Angehörigen!«

Seine Angehörigen!

Der Gedanke löste bei Jacob tatsächlich Zögern aus. Seltsamerweise dachte er dabei nicht so sehr an seinen Vater und die Geschwister, sondern an Irene Sommer und ihren kleinen Sohn Jamie. Sie standen ihm ebenso nah wie Blutsverwandte.

Momentan sogar noch näher. Der junge Zimmermann hatte die Verantwortung dafür übernommen, sie wohlbehalten zu Carl Dilger zu bringen, Jamies Vater. Doch Mutter und Kind waren verschwunden, hier in San Francisco, entführt vom geheimnisvollen Hai.

Wenn Jacob aus dem Lagerhaus nicht zurückkehrte, wer sollte sich dann um sie kümmern?

Aber dann dachte er an Shu-hsien, die von Irenes und Jamies Schicksal wußte. Ja, die junge Chinesin würde sich um die Rettung der Entführten kümmern.

Jacob konnte Elihu einfach nicht im Stich lassen. Schließlich hatte der Harpunier ihm selbstlos seine Hilfe bei der Suche nach Irene und Jamie angeboten.

»Wenn ich nicht zurückkehre, Lieutenant, informieren Sie Miß Wang Shu-hsien, auch bekannt als Susu Wang«, sagte der Auswanderer. »Sie finden die junge Frau über Reverend Alister Hume.«

»Versprochen«, nickte der Offizier. »Ich wünsche Ihnen alles Glück der Welt. Sie können es brauchen!«

Während Jacob sich durch die Öffnung ins Innere des Lagerhauses zwängte, lief Wannaker zu seinen Männern, um ihren Rückzug zu überwachen und sie zu größerer Eile anzutreiben.

Die Leute von Social Three zogen ihre versilberte Feuerspritze bereits im Laufschritt vom Magazin fort. Es war das einzig Vernünftige.

Soldaten und freiwillige Helfer hatten es nicht geschafft, das Magazin auch nur annähernd leerzuräumen. Wenn Munition und Explosivstoffe in die Luft flogen, würde alles im Umkreis vernichtet werden, Gebäude wie Menschenleben.

Wannaker bewunderte den jungen Deutschen für dessen Mut. Er rechnete nicht damit, den Auswanderer noch einmal wiederzusehen. Jedenfalls nicht lebend.

*

Henry Black vergaß die Zeit, als er am Fenster stand und in die Brandnacht hinausstarrte. Seine Gedanken beschäftigten sich weniger mit dem Feuer als mit dem Mann, der im obersten Stockwerk des Gebäudes wohnte und halb Frisco mit seinem Terror überzog.

Niemals, seit aus dem Ingolstädter Hufschmied Heinrich Schwarz der erfolgreiche Geschäftsmann Henry Black geworden war, hatte er gedacht, daß er einmal einen Menschen derart fürchten würde wie den Mann da oben, der am Körper verkrüppelt war und der doch mächtiger war als alle anderen Männer in dieser großen Stadt.

Black dachte daran, hinaufzugehen und den Krüppel zu erschießen. Einfache Lösungen waren oft die besten. Dann wäre er, Henry Black, wieder Herr über das Golden Crown. Mehr noch, er würde durch diesen Handstreich das dunkle Imperium der Angst übernehmen, das der Hai innerhalb weniger Monate aufgebaut hatte.

Aber gerade die Angst, die auch vor dem nach außen hin so mächtigen Henry Black nicht haltmachte, hielt ihn zurück. Der Hai schien alles zu wissen, auch die geheimsten Dinge. Würde er es vielleicht auch wissen, wenn Black mit Mordabsichten bei ihm erschien?

Der wuchtige Geschäftsmann fürchtete den Hai und sein Wissen. Und er fürchtete Buster, den stummen schwarzen Vollstrecker des Hais. Er fühlte noch die Wunden der Prügel, die Buster ihm am vergangenen Tag verabreicht hatte. Und Black wußte, daß Buster noch ganz anders mit ihm hätte umspringen können.

Plötzlich beschlich den Mann am Fenster ein unheimliches Gefühl. Er kam sich vor wie ein ahnungsloses Stück Wild, das sich an einer Wasserstelle labte und plötzlich die bedrohliche Gegenwart eines Pumas oder eines Wolfs hinter sich spürte.

Es ist nur eine Einbildung, nicht der Hai! redete er sich ein. Ich mache mir so viele Gedanken um ihn, daß ich schon an Wahnvorstellungen leide. Außerdem verläßt der Hai niemals sein Hauptquartier da oben!

Aber das alarmierende Kribbeln in seinem Nacken blieb. Er spürte einen kalten Luftzug am Hinterkopf, als habe jemand die Bürotür geöffnet.

Black gab sich einen Ruch und wirbelte herum.

Er hatte sich nicht getäuscht. Zwar stand nicht der Hai von Frisco in der Tür, aber bei dem Mann, den er vor sich sah, war das bedeutungslos.

Es war der Vollstrecker des Hais.

»Buster!« stieß der Geschäftsmann überrascht aus.

Der knochige, kahlköpfige Neger in dem unpassend wirkenden Anzug verzog keine Miene. Er hob nur die Rechte und zeigte nach oben. Was das bedeutete, war klar: Der Hai wollte Black sehen.

Unklar war ihm allerdings der Grund, wenn ihn auch eine bestimmte Ahnung beschlich. Hatte Busters Erscheinen etwas mit Louis Bremers Besuch zu tun? Wußte der Hai von der erfolglosen Rückkehr, von dem Versagen Bremers, das auf ihn, Henry Black, zurückfiel?

Buster trat einen Schritt in den Raum hinein und zeigte erneut nach oben, heftiger, ungeduldiger.

Henry Black schluckte den dicken Kloß in seiner Kehle hinunter und sagte: »Ist ja schon gut, ich komme.«

An Busters Seite stieg er die Treppe zum Reich des Hais hinauf, vorbei an den großen Spiegeln, die der Hai überall im Golden Crown hatte anbringen lassen.

Anfangs hatte Black in den Spiegeln nur eine Marotte gesehen. Inzwischen haßte er sie. Sie waren für ihn ein Sinnbild des Hais, der alles nach seinem Willen gestaltete. Auch das Golden Crown, das doch von Black großgemacht worden war.

Der Geschäftsmann hätte am liebsten sämtliche Spiegel in dem großen Haus zertrümmert. Sie erinnerten ihn zu sehr an die ständige Präsenz des unheimlichen Mannes.

Je höher die beiden Männer stiegen, desto schwächer wurde das Gefühl des Hasses in Henry Black. Die Furcht vor dem Bevorstehenden verdrängte alles andere.