158489.fb2 T?dliche Feindschaft - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 27

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»Finde ich auch; denn was wollt Ihr in Deutschland?«

»Tja«, lächelte Michel, »das —, das weiß ich auch noch nicht so recht. Es ist eigentlich nur ein Gefühl, das mich treibt. Aber was wissen wir schon von unseren Gefühlen?«

Sie kamen an einer spanischen Kneipe vorbei. Ojo warf sehnsüchtige Blicke auf den Tonkrug, der über der Tür hing.

»Hättet Ihr etwas dagegen, Señor Doktor, wenn ich noch einen Becher Wein trinken würde?«

»Keineswegs, amigo. Ich trinke sogar mit, wenn es dir recht ist.«

Sie traten über die Schwelle. Dichter Tabaksqualm schlug ihnen entgegen. Ojo hielt Umschau nach einem Tisch. Er entdeckte einen, an dem nur ein einzelner Mann saß. Sie steuerten auf diesen zu.

»Dürfen wir uns zu Euch setzen, Señor?« fragte Michel.

Der einsame Gast, der bisher in seinen Weinkrug gestarrt hatte, hob mit einem Ruck die Augen.

Groß und dunkel waren sie auf Michel gerichtet. Um seine Lippen, die oberhalb des Mundes von einem schmalen Bärtchen geziert waren, zuckte ein verhaltenes Lächeln. Plötzlich sprang er auf und hieb mit der Faust auf den Tisch, daß die Weinbecher tanzten.

»Diable«, rief er französisch, »ich will die Masten meines Schiffes zerhacken, wenn Ihr nicht Monsieur Baum seid.«

Michel und Ojo waren sprachlos. Dann reichte der Pfeifer die Hand hinüber. Der Franzose schüttelte sie kräftig.

»Ich freue mich wirklich, Monsieur, Euch einmal wiederzutreffen. Hätte es nie für möglich gehalten. Nehmt Platz, nehmt Platz, seid willkommen.«

»Klein ist die Welt, Monsieur Mounsier.«

Ja, es war der große Pirat Dieuxdonné.

Nach dem üblichen Woher und Wohin fragte Michel:

»Macht Ihr noch immer Jagd auf van Groot?«

Dieuxdonné lächelte:

»Nicht mehr nötig, Monsieur, van Groot ist pleite. Kein Hund nimmt mehr ein Stück Brot von ihm.«

»Dann hat das Seeräuberleben also ein Ende?«

Dieuxdonné, der mit seinem richtigen Namen René de Mounsier hieß, machte ein geheimnisvolles Gesicht.

»Wie man es nimmt, Monsieur«, flüsterte er. »Heute fahre ich mit einem Kaperbrief. Das heißt, ich muß mich mehr vorsehen, daß ich nicht selbst gekapert werde.«

»Wahrhaftig, sehr geheimnisvoll«, sagte Michel.

René nickte.

»Ja, ich fahre für den Präsidenten Washington. Bin Blockadebrecher für die Vereinigten Staaten geworden. Mein Bruder auch. Bin froh, daß ich wenigstens noch zu etwas nutze bin.«

»Und Euer Schiff liegt hier im Hafen?«

»Oui, bin heute nachmittag eingelaufen.«

»Euch hat das Schicksal uns in den Weg geführt«, sagte Michel. »Ich mache sonst nicht so große Worte. Aber, glaubt mir, wir suchen schon seit Tagen nach einem Schiff, das uns mitnehmen würde. Wir können aber nicht jedes Schiff nehmen, da wir einige Dinge mit uns führen, die auch die ehrlichsten Menschen zu Dieben oder gar zu Mördern machen könnten.«

René lachte. »Nun, meine Mannschaft ist noch die alte, nämlich bestehend aus meinen Vettern, Verwandten und sonstigen Kavalieren. Wenn Ihr Vertrauen zu mir habt, so würde ich mich heute gern für Eure damalige Freundlichkeit revanchieren und Euch Passage anbieten. Allerdings muß ich Euch darauf aufmerksam machen, daß ich zuerst nach Hamburg gehen muß. Es wird also einen kleinen Umweg geben.«

Michel konnte es kaum fassen.

»Es ist zwar unwahrscheinlich«, sagte er, »aber diesmal bin ich fast gezwungen, alles als eine Fügung anzusehen. Stellt Euch vor, ich hatte den Plan, einen Abstecher nach Hamburg zu machen, um dann nach Amerika zu gehen.«

René bestellte einen neuen Krug Wein.

»Das muß begossen werden, Messieurs.«

Sie tranken noch lange zusammen. Später meinte Michel:

»Was ist eigentlich aus der Dame geworden, die Ihr damals an Bord hattet?«

»Ihr meint Ellen-Rose?«

»Ich glaube, so hieß sie.«

»Nun, sie ist meine Frau. Diesmal habe ich sie nicht mit auf Fahrt genommen. Es sah anfangs zu gefährlich aus. Sie wohnt in Providence. Wir haben dort ein hübsches Haus am Meer.«

»Dann kann ich Euch nur beglückwünschen.«

Und nach einer Pause: »Wann gedenkt Ihr in See zu gehen, Monsieur?«

»Übermorgen früh.«

»Großartig«, sagte Michel. Und Ojo schloß sich begeistert an.

Kurz bevor sie auseinandergingen, meinte Michel noch :

»Hört, Monsieur de Mounsier, ich hätte eine großeBitte. Habe da einen guten Freund, einen Neger allerdings. Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr ihn irgendwo auf dem Schiff unterbringen könntet.«

»Ausgezeichnet«, rief Dieuxdonné. »Mein Smutje ist schon die ganze Zeit auf einen schwarzen Küchengehilfen scharf. Allerdings eins, verträgt er ein anständiges Glas Rum? Leute, die nicht trinken, kann unser Koch nicht ausstehen.«

»Oh, was das anbelangt, so kann mein Freund in jede Konkurrenz eintreten.«

»Nun, dann wären ja alle Dinge geklärt. Also denn, findet euch übermorgen früh an Bord ein.

Mit all euren Sachen. Auf gute Fahrt in die weite See, Messieurs !«

21

Blau lag der Sommerhimmel über der Residenzstadt des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel.

Vor einem kleinen Tabakladen in der Altstadt saß in der mittäglichen Stille des Gäßchens ein alter Mann auf einer Bank. Hin und wieder blinzelte er mit trüben Augen durch die Qualmwolken, die er seiner langen Pfeife entlockte, die Sonne an, so, als wollte er sich davon überzeugen, daß sie noch schien. Um diese Stunde — es mochte etwa halb zwei Uhr nachmittags sein — war er weit und breit der einzige Mensch, der zu sehen war.