158489.fb2 T?dliche Feindschaft - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 58

T?dliche Feindschaft - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 58

Da Richard im Dienst war, konnte er jetzt nichts anderes tun, als pflichtgemäß seine Meldung an den Vorgesetzten abzugeben. So erhob er sich denn und nahm Haltung an.

»Premierleutnant Baum meldet gehorsamst: Wache übernommen, keine besonderen Vorkommnisse.«

Eberstein dankte nicht.

»Gebt Euern Degen ab«, befahl er förmlich.

Richard Baum wurde leichenblaß.

»Meinen Degen?« fragte er entsetzt.

»Ja. Betrachtet Euch als arretiert. Für morgen vormittag ist eine Militärgerichtsverhandlung anberaumt. Ihr steht unter Anklage, einem Zivilisten, der sich an einem Offizier Eures Regiments vergriffen hat, durch Überlassung Eurer Waffe Vorschub geleistet zu haben.«

»Da — das — das — das ist doch nicht möglich! Das kannst du doch nicht tun, Rudolf!«

»Ich bitte«, sagte Eberstein mit schneidender Stimme, »sich an die dienstliche Anredevorschrift zu halten, Premierleutnant Baum.«

»Jawohl, Herr Major.«

Er schnallte seinen Degen ab und übergab ihn dem Grafen.Die Leute von der Wache nahmen ihn in ihre Mitte und führten ihn hinüber zum Arrestlokal.

Richard Baum fand sich auf der hölzernen Pritsche einer dunklen Zelle wieder. Er konnte noch nicht ganz übersehen, was man ihm angetan hatte. Er war fassungslos. Selbst, wenn man aus seiner Handlungsweise ein Verbrechen konstruieren wollte, so entsprach es keinesfalls der üblichen Behandlung von Offizieren, die sich etwas hatten zuschulden kommen lassen, daß er vom Fleck weg arretiert wurde. Gemeinhin bekam man in solchen Fällen höchstens Stubenarrest.

Erst die Gerichtsverhandlung mußte erweisen, daß man sich wahrhaftig eines Vergehens schuldig gemacht habe.

»Ein Lump ist er«, murmelte Richard Baum vor sich hin. »Ein großer Lump. Michel hatte nur zu recht, wenn er ihn Schweinehund nannte.«

In ohnmächtigem Grimm ballte er die Fäuste. Es war schon eine Gunst des Schicksals, daß er als Bürgerlicher überhaupt Premierleutnant geworden war. Nun aber würde ihm das zum Verhängnis werden; denn er konnte sich jetzt schon ausmalen, daß die adligen Offiziere, die über ihn zu Gericht sitzen würden, kein gutes Haar an ihm ließen. Sie klebten auch sonst zusammen wie Pech und Schwefel. Die einzige Ausnahme war eigentlich immer Eberstein gewesen. Aber wahrscheinlich beruhte dessen Freundschaft zu dem bürgerlichen Premierleutnant nur auf dem Nutzen, den der Major davon hatte.

47

Herr Eck trug die Überraschung mit Fassung, als Michel vor ihm stand. Nicht so einfach ging es bei seiner Frau ab. Eine tiefe Ohnmacht umfing sie. Sie glaubte nicht anders, als daß der Tote wieder auferstanden sei. Vater und Tochter betteten sie besorgt auf eine Chaiselongue.

Der Vater schloß seine Tochter gerührt in die Arme und meinte:

»So hat denn Gott deine unwandelbare Treue doch belohnt, mein Kind. Und niemand ist glücklicher als ich.«

»So möchte ich denn«, meinte Michel, »in aller Form um die Hand Eurer Tochter anhalten, Herr Eck. Ihr werdet sie mir doch hoffentlich nicht verweigern?« Er lächelte.

Vater Eck entließ Charlotte aus seiner Umarmung.

»Ich glaube«, meinte er, »Ihr habt die letzte Frage nicht im Ernst gestellt, Michel. — Und dennoch habe ich einige Besorgnisse. Wird man Euch in Kassel ungeschoren lassen? Wird man nicht versuchen, Euch wieder einzusperren? Am besten wäre es wohl, unseren Rechtsanwalt aufzusuchen, damit er uns sage, wann eine Desertion verjährt.«

»Ich wußte«, sagte Michel, »daß Ihr davon sprechen würdet. Und ich weiß auch, daß man mich nicht in Ruhe lassen würde, selbst wenn die Desertion verjährt wäre. Ich bin der festen Überzeugung, daß Eberstein alle Hebel in Bewegung setzen würde, um sich auf indirekte Weise an mir zu rächen. Aber dem wollen wir zuvorkommen. Und so muß ich Euch noch eine Eröffnung machen, die Euer Vaterherz wahrscheinlich mit Betrübnis erfüllen wird.«

»Sprecht, ich bin auf alles gefaßt.«

»Nun, wir werden den Herrschaften hier in Kassel erst gar keine Gelegenheit geben, an uns, das heißt an mir, ein Exempel zu statuieren. Wir werden uns so schnell wie möglich trauen lassen und dann weggehen — für immer.«

»Ihr wollt für immer weg? Wohin?«

»Nach den Vereinigten Staaten von Amerika.«

»Das ist doch nicht Euer Ernst!«

»Doch. Es bleibt mir ja keine andere Wahl. Zudem glaube ich auch nicht, daß ich geschaffen wäre, in der vorurteilsvollen Enge des heutigen Deutschland zu leben. Ich muß freie Luft atmen.

Und nicht nur das, ich will auch, daß meine Kinder in einem freien Land aufwachsen. Sie sollen die Luft eines unermeßlichen Kontinents atmen. Sie werden aufwachsen, ohne die politische Enge zu spüren, die sie hier umgeben würde. Meine Kinder sollen keinem Fürsten Untertan sein.«

»Ja, ja«, murmelte der alte Eck. »Ich verstehe Euch schon, Ihr müßt ja die Welt mit anderen Augen sehen als wir hier. Ihr wart so lange draußen. Aber Eure Stimme ist die der Revolution, die der Unduldsamkeit.«

»Revolution ist nicht immer Unduldsamkeit«, warf Michel ein. »Es kommt darauf an, was der einzelne Mensch daraus für sich macht. Mit der Revolution muß man bei sich selbst anfangen.

Und das habe ich getan. Und Ihr könnt Euch darauf verlassen, ich habe auf meiner langen Reise gelernt, daß Unduldsamkeit das schlimmste Verbrechen ist.«

»Aber, Charlotte, wirst du die Strapazen überstehen?«

»Welche Strapazen?« fragte Michel. »Nun, sie wird das Leben eines Pioniers leben müssen. Bis zu diesem Tag war sie in behüteter bürgerlicher Umgebung. Wer dorthin geht, in Euer Land der Freiheit, muß hart sein, um den Kampf um die Existenz zu bestehen.«

»Normalerweise wären Eure Bedenken gerechtfertigt«, lächelte Michel, »aber es ist doch manches anders geworden in den letzten Jahren. Ich gehe heute nicht als mittelloser Mann nach Amerika. Charlotte wird nicht die Unbilden des Pionierlebens erdulden müssen. Sie wird sich alles leisten können, was ich hier niemals haben könnte.«

»Soll das heißen, daß Ihr reich seid?«

»Man kann es so nennen. Versteht Ihr etwas von Diamanten?«

»Nicht viel. Nicht mehr als ein braver Mann, der seiner Frau hin und wieder ein Stück Schmuck gekauft hat.«

Michel zog ein blitzendes Etwas aus der Tasche. Es war ein Stein, zweimal so groß wie der Daumennagel eines ausgewachsenen Mannes.

Er reichte ihn Eck hinüber.

»Seht Euch das an. Ihr braucht keinen ausgesprochenen Diamantenverstand, um den Wert dieses Steins zu erkennen.«

Eck bekam große Augen.

»Gehört dieser Stein Euch?«

Michel nickte. Dann meinte er: »Er gehörte mir.«

»Was soll das heißen?«

»Daß er von jetzt an Euer Eigentum ist.«

Vater Eck schüttelte den Kopf.

»Nein, Michel, ein solches Geschenk werde ich niemals annehmen. Erstens brauche ich keine Reichtümer mehr. Und zweitens haben wir genug zum Leben. Ihr wißt selbst, daß ich nicht arm bin.«

»Betrachtet den Stein nicht als Geschenk, um EuernWohlstand aufzufrischen. Behaltet ihn als Andenken an mich.«