158489.fb2
»Spart Euch Eure Vorschläge. Euer Vetter kommt auf die Festung. Er hat einen Zivilisten begünstigt, der seinen Abteilungskommandeur angriff.«
»Verdreht Ihr die Tatsachen schon wieder? Wart nicht Ihr es, der angegriffen hat?«
Eberstein lachte hämisch.
»Erscheint doch vor Gericht und sagt das aus, Ihr tapferer Held.«
»Werde mich hüten«, antwortete Michel. »Nun hört meinen Vorschlag an. Wenn Ihr ihn nicht annehmen wollt, so bleibt mir anschließend immer noch Zeit, Euch so lange zu ohrfeigen, bis Ihr es auch ohne Gegenleistung von meiner Seite tun würdet.«
»Ah, Ihr sprecht von einer Gegenleistung?«
»Ja. Ich will meinen Vetter von Euch zurückkaufen. Hier Geld, da die Freiheit.«
»Pah«, sagte Eberstein. »Behaltet Eure paar Dukaten immerhin. Den Genuß meiner Rache würden sie so und so nicht aufwiegen.«
Michel holte aus und schlug zu. Die Umrisse seiner Hand färbten sich rot auf Ebersteins Wange ab. Eberstein wollte aufspringen, konnte aber nicht. Michel hielt ihn am Kragen gepackt und drückte ihn in den Sessel.
»Wollt Ihr kein Geld, so müßt Ihr mit Schlägen vorliebnehmen. Sie werden Euch besser bekommen als einige tausend Dukaten.«
»Halt!« kam da eine Stimme von der Tür her.
Die Köpfe der beiden Männer fuhren herum. Im Rahmen der Tür stand mit zersausten Haaren und einer Pistole in der Hand der alte Graf.
»Schieß, Papa!« kreischte Rudolf.
Michel war schon in tausend gefährlicheren Situationen gewesen. So meisterte er auch diese. Mit einem Ruck riß er Eberstein hoch und hielt ihn sich wie einen Schild vor die Brust.
»Wollt Ihr noch, daß Euer lieber Herr Papa schießt?«
Rudolf von Eberstein sträubte sich mit Händen und Füßen. Aber der eisernen Umklammerung Michels vermochte er nicht zu entgehen. In den Armen dieses Mannes war er eine willenlose Puppe.
»Laß Er meinen Sohn los!« zeterte der Alte.
»Werf Er die Pistole weg!« rief Michel lachend.
»Er Frechling, Er!«
Michel kümmerte sich nicht mehr um ihn.
»Nun sagt, Eberstein, wollt Ihr dieses Geschäft mit mir machen? Ich zahle gut für die Freiheit meines Vetters. Und - Ihr seid doch käuflich.«
»Nein! Nein! Nein!« schrie Rudolf bebend vor Wut.
Der Alte im Türrahmen hatte aufgehorcht. Sprach dieser schreckliche Pfeifer von Geschäften?
»Wenn ich recht verstanden habe«, mischte er sich ein, »wolltet Ihr ein Geschäft mit meinem Sohn besprechen?«
»Ganz recht«, erwiderte Michel. »Aber er will nicht.«
Der Alte kam ins Zimmer hinein, wandte sich dem Tisch zu und legte die Pistole dort hin. Dann drehte er sich um und ging hinüber zu den Bücherregalen.
»Ihr seht, daß ich jetzt unbewaffnet bin. Laßt meinen Sohn los. Wir sprechen in Ruhe über Euern Vorschlag.«
Michel tat, was der Alte wünschte, war aber mit einem Satz an dem Tisch, auf dem die Pistole lag. Er ergriff sie und steckte sie zu sich. In Gesellschaft dieser Burschen war man nie vor einer Hinterhältigkeit sicher.
»So«, meinte er dann, »jetzt können wir verhandeln.«
»Macht Euern Vorschlag«, sagte der Alte trocken.
»Viertausend Dukaten für die Freiheit meines Vetters und Euer Wort, daß Ihr meine Familie nie wieder belästigen werdet.«
»Hihihi«, kicherte der Alte, »ein guter Vorschlag. Das läßt sich hören. Scheint Euch ja mächtig gut zu gehen, wenn Ihr mit den Dukaten so herumwerfen könnt.«
»Nehmt Ihr an oder nehmt Ihr nicht an«, fragte Michel ungeduldig.
»Und was ist, wenn wir ablehnen?« fragte der Alte.
Michels Miene sah fast heiter aus.
Er wippte auf den Zehenspitzen und verschränkte die Arme über der Brust.
»Dann werde ich die andere Summe zahlen, wie ich es Euerm Sohn schon versprochen habe.
Eine Ohrfeige hat er. Das macht noch neununddreißig. Für je hundert Dukaten eine. Entschließt Euch schnell. Ich habe keine Zeit, die halbe Nacht in Eurer Gesellschaft zu verbringen.«
»Legt tausend Dukaten drauf«, sagte der Alte mit lauerndem Ausdruck im Gesicht.
»Viertausend und keinen Heller mehr. Werdet nicht obendrein noch unverschämt.«
»Hm, hm — gut, ich nehme an.«
Da stapfte der junge Eberstein heftig mit dem Fuß auf.
»Dieses Geschäft ist meine Sache, Papa. Wie kannst du diesem Kerl die Freiheit seines Vetters verkaufen, da du doch auch nicht das kleinste Bißchen für ihn tun kannst?«
»Oh, ich kann vieles, mein Junge. Das müßtest du im Lauf der Zeit gemerkt haben. Und ich glaube, Herr Baum traut mir mehr zu als dir.«
Michel war verblüfft über diese Offenheit. Dieser alte Kerl schien ein echtes Stück Gaunerehrgeiz zu besitzen. Es hatte den Anschein, als sei er noch stolz auf seine schiefen Manipulationen. Und er hatte recht. Es war wirklich so, daß Michel ihm weit mehr traute als seinem Sprößling. So nickte er denn.
»Gut, gebt die viertausend Dukaten her. Morgen nachmittag könnt Ihr Euch Euern Vetter abholen.«
»Ihr müßt mich doch für sehr naiv halten«, entgegneteMichel nicht unfreundlich. »Wer garantiert mir dafür, daß Ihr es Euch bis morgen nicht anders überlegt?«
»Ich«, sagte der Alte.
»Wer seid Ihr? Kein Hund, der Euch kennt, würde ein Stück Brot von Euch nehmen.«