158668.fb2 Treck der Verdammten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 3

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John Bradden schüttelte den Kopf.

»Selbst wenn er durchgekommen ist, Hilfe gibt es hier nicht. Wir sind die einzigen Weißen im Umkreis von zwanzig Meilen.«

In Pete Myers' Gesicht zuckte es, und seine Hände umklammerten die doppelläufige Schrotflinte fester. Aufmerksam suchten seine Augen das Tal ab.

Wo steckten die hinterhältigen Roten bloß?

*

Eine knappe Meile von dem Creek entfernt näherte sich ein weiterer Planwagen dem Ort des Überfalls.

Die vier Zugpferde trotteten ruhig vor sich hin. Sie waren so ruhig wie die drei Menschen auf dem Fahrerkasten.

Der kleine, zehn Monate alte Jamie schlief, fest in wärmende Decken verpackt, in den Armen seiner schönen Mutter.

Irene Sommers grünblaue Augen waren in weite Ferne gerichtet, jenseits der vor ihnen aufragenden Gebirgszüge der Cascade Range, die sie hinter sich bringen mußten, um zur Pazifikküste zu gelangen.

Sie blickten in ein Land, daß Irene nur dem Namen nach kannte: Kalifornien.

Dort sollte sich Jamies Vater aufhalten, um nach Gold zu suchen. Gold, mit dem Carl Dilger für sich, für Irene und für Jamie, den er niemals gesehen hatte, eine Zukunft aufbauen wollte.

Die drei Menschen waren unterwegs zur Küste, um mit einem Schiff in jenes Land im Süden zu fahren.

Vor drei Tagen hatten sie Abners Hope verlassen, den kleinen Ort, den die Auswanderer in zäher Arbeit aus dem Boden gestampft hatten, kurz bevor der Winter hereinbrach.

Sobald der Schnee schmolz, waren sie aufgebrochen: Irene, Jamie und Jacob Adler.

Der junge Zimmermann hatte die Aufgabe übernommen, Irene und seinen Patensohn wohlbehalten bei Carl Dilger abzuliefern.

Obwohl er selbst Irene liebte und sie auch ihn. Sie sprachen nicht darüber. Es hatte keinen Sinn. Jamie stand zwischen ihnen. Und das Versprechen für eine gemeinsame Zukunft, das seine Eltern sich gegeben hatten.

Außerdem wußte Jacob nicht, wohin sein eigener Weg führte. Er hoffte, er würde in Texas zu Ende sein.

Sobald er Carl Dilger aufgespürt hatte, wollte er zur Plantage seines Onkels Nathan Berger, wo er seinen Vater und seine Geschwister zu finden hoffte. Aber er wußte nicht mit Sicherheit, ob sie dort waren.

Er wußte nicht, wie lange seine Suche noch dauern würde. Das war kein Leben für eine Frau und ein kleines Kind.

Daran dachte Jacob schon den ganzen Vormittag über. Und an seinen Freund Martin Bauer, für den die lange Reise zu Ende war.

Er dachte daran, wie sie sich kennengelernt hatten, damals in Hamburg. Ein Jahr war das fast her. Es schien Jacob, als wäre eine viel größere Zeitspanne vergangen. Vielleicht lag das an der Vielzahl gemeinsam bestandener Abenteuer.

In Hamburg.

Auf dem Auswandererschiff ALBANY.

In der großen Stadt New York, wo die ALBANY nach stürmischer Fahrt angekommen war und wo Ratten in Menschengestalt den deutschen Freunden fast zum Verhängnis geworden wären.

Auf den langen, gewundenen Läufen der großen Ströme Ohio, Mississippi und Missouri, die sie auf verschiedenen Schiffen befahren hatten. Und wo sie Abraham Lincoln begegnet waren, dem Präsidenten ihrer neuen Heimat.

In Missouri, wo sie in die blutigen Wirren zwischen Verfechtern und Gegnern der Sklaverei verwickelt worden waren.

Auf dem zweitausend Meilen langen Wagentreck von Kansas City durch die scheinbar unendlichen Prärien über die schroffen Rocky Mountains bis ins Gelobte Land: Oregon.

In diesem einen Jahr hatte Jacob mehr gesehen und erlebt als auf den drei Jahren seiner Walz daheim in Deutschland.

In dieser Zeit war aus dem Jüngling ein Mann geworden. Ein Mann, der viel gelernt hatte und immer noch lernte, um in diesem fremden großen Land zu überleben: die neue Sprache, Reiten, Schießen.

Martin Bauer war ihm immer ein guter, zuverlässiger Freund gewesen. Jeder hatte dem anderen beigestanden, wenn er Hilfe brauchte. Und ohne einander wäre vielleicht keiner von ihnen überhaupt so weit gekommen.

Aber Martin hatte sein Ziel erreicht: eine Farm in Oregon, eine geliebte Frau, und ein Kind, das in ihrem Bauch heranwuchs.

Schweren Herzens hatten sie voneinander Abschied genommen. Ein Abschied fast ohne Worte. Es gab viel zu sagen, aber ihre Blicke sprachen Bände.

Dann war Jacob zu Irene und Jamie auf den Wagen gestiegen und hatte die Pferde angetrieben. Sie hatten das fruchtbare Tal am Osthang der Cascade Mountains verlassen, ohne daß Jacob sich noch einmal umgesehen hatte. Von Anfang an war für ihn klar gewesen, daß dies nicht seine Heimat war.

Doch die Trennung von Martin war schmerzlich. Der rotblonde Bauernsohn mit dem Sommersprossengesicht war mehr als ein Freund für ihn - fast schon ein Bruder.

Der hochgewachsene, breitschultrige junge Mann auf dem Bock war so sehr in seine Gedanken vertieft, daß Irene an seinem Arm rütteln mußte, um ihn auf die seltsamen Geräusche aufmerksam zu machen, die der sanfte Westwind herantrug.

»Ich finde, das hört sich nach Schüssen an«, sagte die blonde Frau und blickte nach Westen, wo sich eine Folge von grünen Tälern wie eine Schneise zwischen den schroffen Bergen erstreckte.

»Brrr«, machte Jacob und zog an den Zügeln. Quietschend und ruckelnd hielt der Planwagen an.

Während der kleine Junge weiterhin selig schlummerte und von Dingen träumte, von denen die beiden Erwachsenen niemals wissen würden, lauschten diese angestrengt.

»Alles ruhig«, befand Jacob schließlich. »Du mußt dich getäuscht haben, Irene. Vielleicht war es ein Wapiti oder ein Bär.«

Die Frau schüttelte den Kopf und warf ihrem Begleiter einen mißbilligenden Blick zu.

»Ich bin lange genug in diesem Land, um das Röhren eines Hirsches oder das Brüllen eines Bären von Schüssen zu unterscheiden, Jacob! Wenn das keine Schüsse waren, dann etwas, das sehr ähnlich.«

Da hörten sie es beide. Es war weit entfernt, aber deutlich vernehmbar.

»Ja.« Jacob nickte. »Du hast recht, Irene, und ich muß mich entschuldigen. Wenn das keine Schüsse sind, will ich nicht länger Zimmermann sein!«

Er lauschte wieder.

»Aber da ist noch etwas anderes.«

»Was?« fragte Irene.

»Hufe! Es hört sich an wie Hufgetrappel. Und es kommt schnell näher. Rasch, versteck dich mit Jamie im Wagen!«

Er zog die Bremse fest und griff nach seinem SharpsKarabiner, der in einer Halterung hinter dem Fahrerkasten steckte.

Irenes Blick war jetzt gar nicht mehr mißbilligend, sondern sehr besorgt.

»Versprich mir, daß du vorsichtig bist, Jacob.«