158681.fb2 Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 104

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Der Indianer sah zu Boden, richtete dann das dunkle Auge wieder auf das des Grafen und sagte: »Athoree hat mit Sumach geredet, er hat im Wald Manitou gefragt, und er will mit dir gehen über den See zu den Saulteux, ob der Enkel Meschepesches dort lebe oder sterbe.«

So sehr Graf Edgar auch von der tiefernsten Weise des schweigsamen Mannes, welche deutlich verriet, daß ihm der Entschluß nicht leicht wurde, gerührt war, konnte er auch ein Gefühl der Freude nicht unterdrücken und faßte lebhaft seine Hände und drückte sie.

»Ich freue mich herzlich deines ferneren Beistandes, Häuptling. Und wie du sagst, Gott sendet Sturm hernieder und laue Frühlingslüfte, und hoffentlich fällt drüben warmer Sonnenschein in dein Herz.«

»Athoree will gehen, Gutherz, ob Sturm ihn dort erwartet, ob Sonnenschein, der Häuptling der Wyandots geht.«

Nach kurzer Beratung wurde für Athoree und seine Mutter eine Unterkunft gesucht, welche der Graf für einige Dollar leicht erlangte, und während die Indianer auf einer kleinen Farm zurückblieben, schritten die andern rüstig nach der Stadt, welche sie nach kurzer Zeit erreichten.

Neunzehntes Kapitel.Ni-hi-tha.

Die Küsten der nördlichen, zum Staate Michigan gehörigen Halbinsel bieten dem Auge ein wesentlich andres Bild als die der südlichen. Während die bewaldeten Ufer der letzteren sanft ansteigen und das Land sich hie und da nur in anmutigen Hügeln erhebt, herrscht im Norden die Felsformation vor, und sowohl der obere See als der Michigan bespülen oftmals sehr steil sich erhebende Steinwände.

Die eigenartige Bildung der Bluffs ist das besondere Kennzeichen dieser nördlichen Ufer.

Es sind dies in fast regelmäßiger Stufenform ansteigende Felsmassen, häufig unterbrochen durch kühn geformte Klippen.

Im Innern erhebt sich das Land weit höher als im Süden des Staates, bis zu wirklichen Gebirgszügen, vorwiegend aus wilden Steingebilden bestehend.

Auch das Klima ist der Bodengestaltung angemessen bei weitem rauher und das Land weniger fruchtbar als in der andern Hälfte des Staates, Weizen kommt hier nur an einigen Stellen noch zur Reife.

Dünn sind die Küstenländer besiedelt, während das Innere, reich an Fels, Wald, Seen und Wasserläufen, noch ganz Wildnis ist, nur verlockend für den kühnen und ausdauernden Jäger.

Wenige kleinere Ortschaften an der Küste ausgenommen, in deren Nähe Kupferbergwerke ausgebeutet werden, weist diese Hälfte Michigans kein städtisches Gemeinwesen auf.

An einigen Stellen sind Befestigungen in Gestalt kleiner Forts angelegt, in welchen eine spärliche Garnison weilt.

Bergbau wird besonders im östlichen Teil getrieben, jedoch können bei den schwierigen Verbindungswegen diese Schätze des Bodens nicht genügend ausgenützt werden. [391]

Das Innere des Landes ist öde Wildnis, welches nur der flüchtige Fuß der Indianer durchstreift.

In dichten Wäldern, welche die felsigen Berge krönen, wohnt hier das Jägervolk der Saulteux, eines Zweiges des einst sehr zahlreichen Chippeway-Stammes, von uralters her.

Der Teil des Huronenvolkes, welcher sich, von Kanada kommend, einst im südlichen Michigan am Grand-River und Saginaw niedergelassen hatte, ist schon seit Jahrzehnten von der Regierung hier angesiedelt und wird von derselben, wie auch die Saulteux, ähnlich wie die andern auf Reservationen verwiesenen Indianerstämme, unterstützt.

Schön war der Tag, die leichten Wellen des Michigan glitzerten im Sonnenstrahl, der auch die felsigen Ufer, welche sich in grotesken Formen steil erhoben, beleuchtete, und ein leichter Wind füllte das Segel des Bootes, welches einsam dicht an der Küste hinfuhr.

Athoree saß am Steuer und lenkte das Fahrzeug mit fester Hand. Im Bug weilte Johnson und blickte still und traurig bald auf die Wasserfläche, bald zu den kahlen Felsen mit ihren Höhlen, seltsam geformten Vorsprüngen, steil, sich gleich gotischen Türmen erhebenden Spitzen.

Neben ihm kauerte Sumach so schweigsam wie er, in der Mitte des Bootes saßen auf niedrigen Bänken der Graf, Heinrich und Michael.

Langsam glitt das Boot mit leichter, steter Bewegung die rauhe Küste entlang, an welcher sich die Wellen des Michigan brachen.

In Grand Traverse City hatte Graf Edgar die nötigen Vorbereitungen zu seinem Zug nach der nördlichen Halbinsel getroffen und unter anderm dies Boot angekauft, zu dessen Führung sich sowohl Athoree, als auch der Mann aus Leitrim sehr geschickt erwiesen.

Ehe er sich ins Innere wagte, um mit sehnsuchtsvoller Hoffnungsfreudigkeit die Saulteux aufzusuchen, hatte er das am Michigan gelegene Fort Mulder berührt, um von dessen Kommandanten die Unterstützung zu erbitten, welche dieser gewähren konnte.

Er war mit viel Freundlichkeit dort aufgenommen worden, welche sich zur Herzlichkeit steigerte, als er als Zeuge und Mitkämpfer in den blutigen Vorgängen in Fort Jackson sich zu erkennen gab.

Die Kunde davon war bereits bis zu diesem einsamen Posten gedrungen, denn kurz vor des Grafen Ankunft war Weller dort gewesen, der vergeblich die Verbrecher zu erreichen versucht hatte.

Der Konstabel hatte sich, begleitet von den Wilsons, kühn in die Wälder gestürzt, da das aufgefundene Boot Zeugnis davon ablegte, daß die Verfolgten unweit des Forts gelandet sein mußten. [392]

Die beiden Farmer, welche sich an der Jagd beteiligt hatten, waren in diesem Boot zur Heimat zurückgekehrt.

Der Kommandant von Fort Mulder, ein älterer, erfahrener Offizier, der mit inniger Teilnahme von der Absicht Kenntnis nahm, welche den Grafen hierhergefühlt hatte, gab ihm ein Bild der Schwierigkeiten, welche ihm im Innern des Landes entgegentreten würden.

Auch ihm war die Fortführung Mistreß Walthers durch die Ottawas bekannt geworden, wie sie denn seiner Zeit in weiteren Kreisen Aufsehen und Teilnahme erregt hatte.

Zur freudigen Ueberraschung des Grafen teilte er diesem mit, daß im verflossenen Jahre das dunkle Gerücht zu ihm gedrungen sei, bei den Saulteux halte sich eine weiße Frau auf. Er hatte hierauf Nachforschungen anstellen lassen, die aber zu keinem Resultate führten, die Saulteux hatten geleugnet, daß eine weiße Frau in ihrer Mitte lebe.

»Diese Saulteux,« hatte der Kommandant sich geäußert, »sind die rohesten und verwegensten Bursche hier im ganzen Norden, noch rechte Wilde, und von der Kultur nur so weit beleckt, daß sie Schießwaffen führen.

»Ich komme ungern mit diesen Gesellen in Berührung, vermeide, soweit es angeht, jeden Konflikt mit ihnen und bin froh, wenn sie bei ihren gelegentlichen Besuchen hier sich bald wieder entfernen. Sie wohnen in schwer zugänglichen Felsschluchten, und Gewaltmaßregeln gegen sie würden nur unter schweren Opfern auszuführen sein.

»Als gelegentliches Gegengewicht gegen diese wilden Banden kann ich nur die hier angesiedelten Huronen benutzen, deren Stamm den intelligentesten Teil der nördlichen Indianervölker darstellt. Mit diesen Leuten komme ich gut aus.

»Ich glaube zwar nicht, daß Sie etwas von den Saulteux zu besorgen haben, denn sie haben gehörigen Respekt vor einer Entziehung ihrer Rationen, jedenfalls aber finden Sie, sobald Gefahr Sie bedroht, Zuflucht bei den Huronen.

»Diese und die Saulteux stehen durchaus nicht gut miteinander und ich habe öfters zwischen ihnen entstandene Konflikte wieder auszugleichen, bald handelt es sich um Fischerei, bald um Jagdgerechtsame. Noch kürzlich beschuldigten die Saulteux die Huronen, einen der ihrigen erschlagen zu haben, und ich sah mich genötigt, einen Offizier in die Wälder zu senden, um den Fall zu untersuchen.«

Auf die Frage, ob er denn einen Führer habe, der ihn durch die Wildnisse führen könne, hatte Graf Edgar ihm von Athoree gesprochen. [393]

»Nun,« meinte der Kommandant, »da Sie den Mann erprobt haben, kann man Sie seiner Führung anvertrauen und um so mehr, wenn er ein Hurone ist.«

Vom Landwege hatte er der großen Schwierigkeiten wegen abgeraten und empfohlen, an der Küste bis zum Eskonaba hinzusegeln und von da aus die Marblebeds, in deren Nähe die Saulteux hauptsächlich hausten, zu erreichen zu suchen.

»Zwei Dinge gibt es nur,« hatte zum Schluß der wackere Offizier noch hinzugefügt, »halten die Saulteux aus irgend welchen Gründen eine weiße Frau verborgen, so können Sie sie nur mit List oder Gewalt befreien. Geschenke dürfen Sie natürlich nicht sparen, aber diese werden kaum wirken. Erlangen Sie aber auch nur die Gewißheit, daß eine weiße Frau von ihnen gewaltsam zurückgehalten wird, so will ich, wenn es Ihnen nicht gelingt, sie zu befreien, die ganze Regierungsmaschinerie spielen lassen, um den notwendigen Druck auf die Saulteux auszuüben.« Mit seinen herzlichsten Wünschen für das Gelingen hatte ihn dann der Kommandant entlassen.

Leicht glitt das Boot durch die Wellen und kein Wort unterbrach die feierliche Stille, nur das eintönige Rauschen der schwachen Brandung ließ sich hören.

In Traverse City hatte der Graf noch die große Freude gehabt, Frances Schuyler begrüßen zu können, welche die wackere Frau Wilson nach der Küste befördert hatte. Noch einmal hatte er Abschied von dem Mädchen genommen, die seinen Lebenskreis unter solch seltsamen Umständen berührt hatte.

Während er in dem schaukelnden Boote saß und sinnend vor sich hinblickte, weilten seine Gedanken abwechselnd in den fernen Wäldern, die das Geheimnis bargen, welches seine Schwester umgab, und bei der so anmutigen und doch so hoheitsvollen Tochter des tapferen Obersten, die so tieftraurig den Weg nach Süden genommen hatte, um fortan fast einsam durch das Leben zu gehen.

Von Zeit zu Zeit richtete er die Blicke auf die felsigen Ufer, die öfter durch kleinere Wasserläufe oder Buchten unterbrochen wurden.

»Wann glaubst du, daß wir die Mündung des Eskonaba erreichen, Athoree?« richtete er dann die Frage an den ernsten Indianer.

»Nicht Eskonaba gehen, ander Fluß,« entgegnete ihm dieser.

»Nicht zum Eskonaba? Und warum nicht?«

»Häuser dort, Menschen dort. Fragen wohin gehen. Besser niemand wissen, daß zu Saulteux gehen. Athoree weiß andern Fluß, ganz einsam.«

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»Gut, mein Freund, du hast jetzt das Kommando. Ein Wyandot-Häuptling führt uns und wir vertrauen ihm.«

Der Wind wurde frischer.