158681.fb2 Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 107

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Näher und näher erklang der scharfe Laut der Büchsen. Es war klar, die Wyandots wichen vor ihren Feinden, langsam, jeden Fuß ihres Bodens verteidigend.

Der Graf und die andern lagen in den Büschen am Rande des Felsens und schauten hinab, die Büchsen in der Hand.

In ihrem Gesichtskreis erschien eine kleine Schar Indianer, welche rasch zurückspringend und Deckungen suchend, sich niederwarfen und eifrig luden.

Bald krachten auch ihre Schüsse auf den vom Fels aus unsichtbaren Feind, der das Feuer viel stärker erwiderte.

Athoree erhob sich und sagte in der Sprache seines Volkes zu seiner Mutter: »Die Kinder der Wyandots weichen.« [401]

»Sumach hört es.«

»Athoree wird fechten in den Reihen seiner Brüder.«

»Athoree geht in den Tod.«

»Soll der Enkel Meschepesches, des großen Panthers, zurückbleiben wie eine Squaw, wenn die Wyandots fechten und sterben?«

Sumach antwortete nicht, sie bebte und hielt die Hand vor die Augen.

Eine starke Schar der feindlichen Indianer, der Saulteux, greulich bemalt, mit wehenden Skalplocken, drang, vom Fels aus deutlich sichtbar, in raschen Sprüngen vor, dicht am steilen Abhang des Felsens mußte sie ihr Weg vorbeiführen, augenscheinlich war es darauf abgesehen, den in der Front stark engagierten Huronen in die Flanke zu fallen.

Athoree berührte des Grafen Schulter: »Der Wyandot kämpfte für dich, jetzt fechte Gutherz für den Wyandot.«

Er riß die Büchse an die Wange, feuerte in die andringenden Saulteux und ließ einen so gellenden Schrei erschallen, daß die Wälder ringsum widerhallten: »Der Pfeil der Wyandots ist da.«

Mit rasender Schnelligkeit glitt er hierauf den Fels hinab und den blinkenden Tomahawk schwingend, stürmte er in wilden Sprüngen auf die Gegner seines Volkes los.

»Feuer!« schrie bei diesem Anblick der kampflustige Ire und schoß; Johnson, Heinrich, selbst der Graf, er nur mit Widerstreben, feuerten ihre Büchsen in den stutzend haltenden Haufen der Saulteux ab.

Auf seiten der Huronen erhob sich von neuem gellendes Geschrei und alle, die von oben gesehen werden konnten, und dem starken Laute nach zu urteilen auch die andern durch Baum und Fels unsichtbaren, stürzten zu wildem Angriff vor.

In panischen Schrecken durch das ganz unerwartete Feuer von der Spitze des Felsens versetzt, hinter dem rasend anstürmenden Athoree eine starke Schar vermutend, ergriffen die Saulteux die Flucht, hastig verfolgt von den Huronen.

Athoree war verschwunden.

Einzelne Schüsse wurden noch gehört, dann herrschte Schweigen wie vorher.

Die Männer auf dem Felsen saßen stumm und sahen sich betroffen an.

»Das, fürchte ich, Heinrich, zerstört alle meine Hoffnungen,« sagte mit trübem Ernste der Graf.

»Und doch war es nötig, daß wir Feuer gaben, die vordringenden [402]

Wilden, welche uns in der Schlachtreihe ihrer Feinde erblickten, und in Gesellschaft eines Huronen, hätten uns in der Hitze des Kampfes sicher nicht geschont.«

»Du wirst recht haben.« Zu Johnson fuhr er in englischer Sprache fort: »Es ist sehr schlimm für uns, daß wir in diesem Bruderzwiste auch unsre Büchsen sprechen ließen.«

Ehe dieser noch antworten konnte, sagte Michael: »Euer Gnaden werden verzeihen, aber ich konnte doch den Athoree, da er nun einmal kämpfen wollte, nicht allein unter die Wilden stürzen lassen, ohne einen Schuß für ihn abzugeben; der rote Mann hat mich auch herausgehauen und ein Bursche aus Leitrim läßt keinen Freund sitzen.«

»Ja, mein guter Michael, du hast wie ein treuer Gefährte gehandelt, aber nichtsdestoweniger ist unsre Beteiligung am Kampfe für meine weiteren Schritte bei den Saulteux sehr bedenklich.«

»Ich bin der Meinung, Herr Graf,« nahm Johnson das Wort, »daß, wenn wir in den Bereich der siegreich vordringenden Gegner der Huronen gekommen wären, unsre Skalpe jetzt an ihren Gürteln hingen. In seiner Wut schont der Wilde nichts. Auch mußten sie uns in dieser Position für ihre Feinde halten. Unser Feuer war Notwehr.«

Der Graf entgegnete: »Ich gebe zu, es war eine traurige Notwendigkeit . . . Atho-ree gesellte sich zu seinen Stammesgenossen und wir konnten ihn, der so oft für mich gekämpft hat, nicht verlassen. - Ob er gefallen oder verwundet ist, da er nicht zurückkommt?«

Sumach sagte: »Athoree nicht kommen, nicht jetzt. Wyandots ihn nicht sehen dürfen.«

»Wie, nicht sehen? Jetzt, wo er durch sein und unser Eingreifen ihnen den Sieg verschafft hat?«

Die Alte schüttelte den Kopf: »Nicht sehen, Wyandot ihn nicht sehen.«

Die Büsche wurden auf der Seite, von wo sie gekommen waren, auseinandergebogen und ein alter hochgewachsener Indianer trat aus ihnen hervor.

Sein Auge überflog die Gruppe und haftete dann an Sumach.

»Die Mutter Athorees, des befiederten Pfeiles der Wyandots, kehrt zu ihrem Volke zurück?«

Die Alte neigte ihr Haupt.

»Die Wyandots haben den Schlachtruf des Enkels der großen Häuptlinge vernommen, aber mein Auge ist trübe, es sieht den befiederten Pfeil nicht.«

Die Alte wiegte das Haupt hin und her, entgegnete aber nichts. [403]

Der Indianer wartete kurze Zeit auf Antwort, sagte: »Sumach ist willkommen,« und wandte sich dann an den Grafen in verständlichem Englisch mit den Worten: »Die weißen Männer haben die Waffen erhoben für die Wyandots gegen jene Wölfe aus den Felsbergen. Die Wyandots danken ihnen. Die Bleichgesichter sind an den Feuern des Volkes willkommen.«

Edgar erhob sich, ging auf den Huronen zu und sagte: »Wir mußten in den Kampf eingreifen, Hurone, wir fochten für unsern Freund Athoree und zu unsrer eigenen Sicherheit, da uns ein Zufall in die Schlachtlinie geführt hatte, das ist alles. Ich habe auf dem Wege zu den Dörfern der Saulteux am wenigsten Ursache, Streit mit ihnen zu suchen.«

»Der weiße Mann ist ein Freund der Saulteux.«

»Ich suche ihre Dörfer in friedlicher Absicht auf und glaubte nicht, in eine kriegerische Verwicklung zu geraten.«

Der Indianer richtete einige Fragen an Sumach, welche diese beantwortete.

»Der weiße Mann ist kein Feind der Saulteux, Sumach sagt mir, warum er sie aufsucht. Die Wyandots sind dennoch dankbar und die Freunde der Bleichgesichter. Sie werden nicht laut sagen, daß die weißen Männer ihre Büchsen abgefeuert haben, sie können ruhig zu den Saulteux ziehen, diese werden es nicht wissen, niemand weiß es.«

Der Graf faßte wieder Hoffnung, denn wenn die Huronen darüber schwiegen, konnte ihren Feinden wohl kaum eine Ahnung davon aufsteigen, von wem die Büchsen aus den den Felsrand umsäumenden Büschen abgefeuert waren, von dem außerdem ein Huronenkrieger hinabgeeilt war.

»Gut,« sagte er. »Die Saulteux dürfen nicht wissen, daß wir unsre Büchsen auf sie abschossen. Die Wyandots sind Männer und unsre Freunde, sie werden schweigen.«

»Sie werden schweigen.«

Ein kräftiger Schritt wurde hörbar und durch die Büsche ward die Uniform eines Offiziers der Staatentruppen sichtbar.

Gleich darauf trat der junge Krieger zwischen den Zweigen hervor und warf einen staunenden Bliä auf die Gruppe.

»Was ist das? Landsleute hier? Mein Gott, wie kommt ihr denn in das Indianergemetzel?«

Edgar erklärte es ihm mit kurzen Worten.