158681.fb2 Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 109

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Er strengte seine herkulische Kraft an und es gelang ihm, den einen Felsblock zur Seite zu drücken. Die Oeffnung war groß genug, um es zu ermöglichen, daß Johnson, wenn auch mit Mühe, hindurchkroch. Er befand sich hiernach auf der Höhe des Felsens im dichten Walde.

Mit geringerer Anstrengung gelang es ihm hier, den zweiten stattlichen Felsblock zur Seite zu wälzen.

Der Graf und Athoree folgten Johnson jetzt, und der letztere ging in den Wald hinein.

Dann hieb er, zurückkommend, einige junge Tannen mit seinem Tomahawk ab und stellte sie vor den Höhleneingang. Sich zwischen diesen durchwindend, gelangten sie in den Gang und gingen wieder zur Höhle zurück.

»Jetzt hier bleiben. Alles ganz still. Nicht Feuer anmachen, Dorf der Saulteux nahe. Athoree gehen und nach ihnen sehen.«

»Man wird dich entdecken, Athoree.«

»Saulteux können nicht denken, daß Huronenkrieger hier, halten für ihren Krieger, wenn von ferne sehen. Kommen nah - nun« - er legte die Hand ans Messer - »dann machen stumm. Saulteux alle in Dorf, klagen um ihre Toten, alle sehr betrübt.«

»Und wenn wir während deiner Abwesenheit entdeckt werden?«

»Dann gehen mit Saulteux in Dorf, sagen, kommen als Freund, bringen Geschenke. Nicht sagen, daß von Wyandots kommen, von See.« [408]

»Gut, wir wollen tun, wie du sagst.«

Athoree entfernte sich über den Baumstamm und verschwand in den Büschen.

Die andern streckten sich auf ihren wollenen Decken zur Ruhe aus, und abwechselnd hielt einer nach dem andern am Eingang Wache, um nicht durch einen unerwarteten Besuch ganz unvorbereitet überrascht zu werden.

Der Tag verging dem Grafen in mannigfachen Gemütsbewegungen. Was würde er, so nahe dem ersehnten und so mühevoll erreichten Ziel, erfahren?

Unruhig ging er oft hin und her.

Einmal traute er sich über den Baumstamm hinüber und wagte einen Blick in das Tal zu werfen.

Dasselbe war ausgedehnt genug, und sein Grund, den ein Bach durchfloß, mit Wiesengras bedeckt.

An einem Ende hatte er Hütten der hier hausenden Indianer gewahrt.

Dann war er durch den engen Gang, welcher von der Höhle nach oben führte, gegangen und hatte sich draußen im Walde umgesehen, der, wie er jetzt an andern, auch von unten aus sichtbaren Berg- und Felsspitzen bemerkte, doch bedeutend höher lag, als der zur Höhle führende untere Eingang.

Ihr von Gefahren umgebener, verschwiegener Zug hierher, das seltsame Asyl, welches ihnen der Fels bot, die ganze wildromantische Umgebung, hatten etwas phantastisch Geheimnisvolles, welches sehr wohl zu seiner aufgeregten Stimmung paßte, ohne seine Unruhe indessen zu beschwichtigen.

Eine unsägliche Sehnsucht nach der Schwester bemächtigte sich seiner; dann dachte er des Greises in der fernen Heimat, er sah ihn in seinem Lehnstuhl sitzen und den Diener fragen, ob kein Brief von Amerika gekommen sei.

Was werden die nächsten Stunden bringen?

Ein Trost für ihn war die Anwesenheit Heinrichs, mit welchem er über die Heimat und die Schwester reden konnte in den lieben deutschen Lauten.

Der Tag verging und Athoree kam nicht zurück.

Des Grafen Unruhe steigerte sich noch. Wenn dem Indianer ein Unglück zugestoßen war, wenn er verhindert wurde, zu ihnen zurückzukehren, so waren sie hier inmitten des Gebietes eines durch seine jüngsten kriegerischen Erlebnisse erbitterten Indianerstammes in [409] keiner beneidenswerten Lage, da sie es heimlich in einer verstohlenen Weise betreten hatten, welche sie verdächtig machen mußte.

Die Nacht schritt vor und der Indianer kam nicht.

Während die andern schliefen, saß Edgar in dem Eingang an der Höhle, blickte zu den Sternen auf und horchte hinaus auf Athorees leichten Schritt.

Dumpf tönte das Brausen des Wildbachs zu ihm herauf.

Endlich sank auch er in einen unruhigen Schlummer.

Mitternacht war schon lange vorüber, als endlich der Wyandot schattenhaft über den Baumstamm huschte und in die Höhle trat.

Er weckte den Grafen.

»Nun?« fragte begierig der Graf.

»Kommen mit, Gutherz, selbst sehen.«

»Hast du meine Schwester gefunden?«

»Weiße Frau sehen, ja.«

Der Graf zitterte in fieberhafter Aufregung.

»Wo? Wo? Athoree!«

»Kommen, sehen, dann handeln.«

»Vorwärts, Freund, ich bin bereit. O, noch nie hat eine Botschaft so gewaltig mein Herz bewegt. Und doch? O Gott, Gott, laß hier keine Täuschung stattfinden. Komm!«

»Erst Johnson reden.«

Er weckte ihn.

»Gutherz und Athoree jetzt weiße Frau suchen,« sagte er zu ihm. »Saulteux nimmer gutwillig sie geben, müssen fortnehmen. Hierher bringen. Der tote Mann muß sich, sobald die Sonne über die Berge scheint, in die Büsche dort legen und eifrig in das Tal hinunterspähen. Kommen die Saulteux hinter uns her, muß er im Notfall die Büchse sprechen lassen. Der tote Mann hat verstanden?«

»Ich verstehe dich ganz gut, Indianer. Aber eine gewaltsame Befreiung der Gefangenen hetzt uns die ganze Meute auf den Hals und wie aus diesem Land herauskommen mit einer Frau?«

Ruhig erwiderte ihm der Hurone: »Saulteux nicht wissen, daß wir hier. Wenn weiße Frau fort, er denken, sie in Wald gehen, und suchen dort. Er nimmer denken, daß hierher gehen in Höhle. Fels machen keine Spur. Wenn erst hier oben, und werfen den

Baum dort hinab, sie müssen großen Weg machen, um auf andre Seite zu kommen. Viele Pfade führen hinab, er nicht wissen, welchen wir wählen. Ich würden sagen: Geben Saulteux Geschenke für weiße Frau, aber er nehmen Geschenke und behalten weiße Frau; zu lange schon hier

[410] verbergen, geben nicht für Geschenke her, ich Saulteux kennen. Wir dann nimmer aus den Bergen herauskommen, fallen in Abgrund, das alles.«

»Wenn du der Meinung bist, hier könne nur gewaltsame Entführung helfen, so muß sie gewagt werden, und Sie, mein treuer Freund, werden uns beistehen.«

»Ja, Herr Graf, ich stehe Ihnen bei.«

Edgar weckte noch Heinrich, der in hoher Erregung die Nachricht vernahm, daß die weiße Frau gefunden sei, und gab ihm im Sinne Athorees ähnliche Instruktionen, wie dieser Johnson gegeben hatte.

»Verlassen Sie sich auf mich, Herr Graf, in diesem Felslabyrinthe kann der ganze Stamm gegen mein Mausergewehr anstürmen und ich weise ihm die Wege. Ich werde, wenn es nötig sein sollte, Ihren Rückzug decken.«

Der Graf schüttelte ihm und Johnson die Hände und folgte Athoree. Er hatte auf des Indianers Rat schon im Fort indianische Fußbekleidung und Gamaschen angelegt, sein Schritt war deshalb so geräuschlos, wie der des Indianers.