158681.fb2 Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 42

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Johnson winkte den übrigen, die Hütte zu verlassen, um die beiden tief bewegten Menschen bei Austausch ihrer Gefühle nicht zu stören, und alle folgten ihm geräuschlos durch eine in der Hinterwand angebrachte Türe in den Wald, der sich hier bis dicht an die Hütte heranzog.

»Da spricht man nun diesen roten Menschen das Herz ab,« sagte Johnson draußen, »ich kann mir keinen ergreifenderen Gefühlsausbruch denken, als ihn hier der stoische Indianer wahrnehmen ließ.«

»Ich bin überrascht und bewegt von diesem Wiedersehen,« ließ Graf Edgar sich vernehmen, »ich muß gestehen, auch ich hätte nach dem, was ich bisher von Athoree gesehen habe, eine solche tiefe Herzensregung nicht erwartet.«

»Es ist ein wildes Geschlecht, das der roten Leute, eine erbarmungslose Rasse, wenn ihre Leidenschaften erregt sind, aber sie hassen und lieben, wie wir Menschen alle. Also ein Wyandot ist Ihr Indianer, diesem Stamme gehört Sumach an. Das ist gut. Die Wyandots sind ein ganz andrer Menschenschlag, als diese Chippewayvölker, und ich bin nun über ihn beruhigt. Der verrät Sie nicht an die Ottawas. Anfänglich betrachtete ich ihn mit Mißtrauen, denn unter den roten Leuten gibt es gefährliche Umhertreiber, wie unter den Weißen, hier an der Grenze.«

Aus der Hütte tönten die gedämpften Stimmen der Indianer zu ihnen herüber, bald Athorees, bald der Alten.

Sie harrten geduldig.

Dann kam der Indianer sehr eilig heraus, wühlte eifrig in dem Gepäck, welches das Maultier trug, es war hinter dem Hause abgelegt, holte ein scharlachrotes Tuch und ein paar silberne Ohrgehänge hervor, welche zu den für die Ottawas bestimmten Gaben gehörten, zeigte sie dem Grafen und sagte: »Gib dies, Athoree alter Mutter schenken, dir wieder geben.« [169]

Lächelnd nickte der Graf.

Athoree eilte wieder in die Hütte und führte bald die Alte heraus, welche er mit dem Tuche und den Ohrgehängen geschmückt hatte.

Schöner war Frau Sumach freilich nicht dadurch geworden, aber aus jedem Zuge ihres faltigen Gesichtes strahlte Wonne, und der Indianer blickte mit Stolz auf die Mutter, in ihrem kostbaren Schmuck.

»Athorees Mutter, Gutherz,« sagte er, »lange nicht gesehen. Glauben tot. Großer Geist lassen wieder finden. Er gut.«

»Ich freue mich herzlich deines so seltenen Glückes, Athoree, und wenn du deine Mutter erfreuen willst, so nimm nur, es ist ja genug von dem Zeug da.«

»Ganz genug, alte Frau sich freuen, ganz genug.« Dann ging er auf Johnson zu und sagte: »Du guter Mann gegen alte Mutter, sie mir sagen. Athoree nur ein Leben, es dir gerne geben, wenn du haben willst.«

»Du bist ein guter Sohn, Wyandot, das sehe ich und das freut mich. Deine Mutter hat mir das, was ich für sie getan habe, längst vergolten.«

Michael, der ein weichherziger Bursche war, hatte sich, als ihm das Verhältnis der beiden Indianer klar wurde, verstohlen eine Träne abgewischt, der groteske Aufputz der Alten aber jegliche Rührung verscheucht, so daß er große Luft hatte, in Heiterkeit auszubrechen, wie auch die andern ein Lächeln nicht unterdrücken konnten, als die geschmückte Sumach erschien, aber er bezwang es weislich. Doch murmelte er in den Bart: »Ein guter Kerl mag der Athoree sein, aber Geschmack hat er nicht.« Nachdem wieder ruhige Sammlung in die Gemüter zurückgekehrt war, wandte sich der Graf mit der Frage an den Indianer: »Was hat Athoree Neues gesehen?«

»Nicht viel sehen, nicht weit genug gehen. Viel Ottawa im Walde, sehen Spuren, gehen hin, gehen her, nicht wissen, was Ottawa denken. Besser gehen Fort, dann immer noch zu Peschewa, gehen.«

»Nun, wenn das auch deine Ansicht ist, so nehmen wir unsern Weg zunächst zum Fort.«

Man teilte ihm noch den Leichenfund mit. Der Indianer horchte auf, ließ sich die Stelle beschreiben, die kaum drei Meilen entfernt und durch die hinterlassene Spur leicht zu finden war, sagte: »Athoree gehen und sehen,« und entfernte sich augenblicklich. Die andern gingen in die Hütte zurück, wo die vor Glück und Stolz strahlende Sumach ihre Reize wiederholt in einem kleinen Stück Spiegelglas [170] bewunderte. Der Graf erklärte Heinrich den inneren Zusammenhang der Vorgänge, deren schweigender Zeuge er gewesen war.

»Es ist wunderbar genug, dieses Wiederfinden. Auch ich hatte dem finstern braunen Burschen so viel Herzlichkeit nicht zugetraut. Das alte Weib ist aber doch entsetzlich häßlich, Herr Graf.«

»Ja, die Indianerinnen verblühen rasch, Heinrich, es mag wohl das harte Leben, welches diese Frauen führen, Ursache sein, denn der Indianer arbeitet unter keinen Umständen. Alles müssen die Frauen tun. Der Mann kennt nur Jagd und Krieg.«

»Das müßten wir bei uns auch einführen, Herr Graf.«

»Da würden wir bald zu seltsamen Zuständen kommen. Nein, ohne Ackerbau kein Staatengebilde, keine Zivilisation. Die Indianer gehen elend zu Grunde, wenn sie sich nicht entschließen, den Pflug in die Hand zu nehmen.«

Nach einer Stunde kam Athoree zurück.

»Nun?« fragte der Graf.

»Toten Mann sehen, ihn kennen. War am Muskegon, ihn jagen in Big Prairie.«

»Ja, es war einer von den Schurken, die wir verfolgt haben, ich erkannte ihn auch. Aber was denkst du über die Ursache des Todes?«

»Andrer Schurke ihn von hinten schießen, stehlen dann, Taschen leer.«

»Hast du mit deinem untrüglichen Scharfsinn ermitteln können, welcher es gewesen sein mag?«

»Nicht mehr Spur sehen, nicht wissen.«

»In Lansing war, wie ich vermute, der Iltis genannte Mann bei ihm.«

»Dann Iltis ihn erschlagen. Werden rote Hand und Tyron auch hier sein, laufen vor Sheriff fort in dicken Wald.«

»Meinst du? Das wäre eine recht unerfreuliche Nachbarschaft.«

»Erst nach Fort gehen, dann rote Hand suchen! Athoree ihn finden; hier nicht Prai-rie, hier nicht Feuer, er nicht entwischen.«

»Wann meinst du denn, daß wir nach dem Fort aufbrechen sollen?«

»Gleich gehen, morgen dort, wenn Sonne untergeht.«

»Nun wohlan, so wollen wir uns zur Reise rüsten.« Er überlegte einen Augenblick, ob er Johnson mitteilen solle, daß sich nach des Indianers Vermutung Morris, der

Mörder seines Weibes und seiner Kinder, hier in den Wäldern herumtreibe, doch war es fürs erste nur Vermutung und dann fürchtete er die heftige Gemütsbewegung, die diese Nachricht bei Johnson hervorrufen würde, der

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über die Person des Mörders ununterrichtet zu sein schien, da er dessen mit keiner Silbe erwähnt hatte. Er behielt sich vor, ihm gelegentlich Mitteilung zu machen. Jetzt sagte er nur: »Der Indianer meint, wie es auch, nach der Person des Ermordeten zu schließen, wahrscheinlich ist, daß sich dessen Gefährten, drei äußerst gefährliche Banditen, in diesen Wäldern verbergen. Es dürfte Euch dies vorsichtig machen, Johnson.«

»Ich fürchte sie nicht,« sagte dieser ruhig, »ich führe eine sichere Büchse und bin in den Künsten des Waldkrieges geübter als diese Gesellen. Nebenher erfreue ich mich einer Körperkraft, die es mit allen dreien aufnimmt. Doch ehe ich mich nach dem Burschen umschaue, will ich Euch zum Fort führen.«

»O, das ist sehr freundlich von Euch, doch dann bleibt Euer Heim unbeschützt.«

»Es ist fraglich, ob sie es entdecken und dann, was wollen sie hier? Sumach werden sie nichts zu leide tun.«

»Sumach nicht allein hier bleiben, wenn Rothand im Walde, er Mörder,« sagte der Indianer mit Bestimmtheit.

Er wechselte rasch einige indianische Worte mit seiner Mutter und fügte weiter hinzu: »Sumach stark, sie mitgehen, verkaufen Körbe im Fort.«

»Es ist mir recht, wenn die Alte mitgehen will, wir können dann auch gleich unsre Einkäufe machen. Ich kann Euch nicht allein ziehen lassen, denn wenn der Indianer Euch ja auch schließlich hinbringen wird, so kennt er doch den Weg nicht, und das würde Eure Ankunft dort verzögern.«

Der Graf gab Befehl, das Maultier zu beladen. Die alte Frau schickte sich zur Reise in den Wald an, indem sie ihr Kalikokleid mit einem Rocke von weichem gegerbtem Hirschfell vertauschte und die nackten Füße in schöne Mokassins steckte. Einige Provisionen Maiskuchen und Fleisch wurden den Jagdtaschen einverleibt, und schon wollte man aufbrechen, als der Indianer zu Johnson sagte: »Warum du Büchse hier lassen?« - er deutete auf die an der Wand hängende Waffe - »Felle hier lassen? He? Ihm verstecken, Pulver verstecken - alles verstecken. Diebe im Walde.«

»Meinst du? hm. Wenn meine Türe geschlossen ist, soll es wohl schwer werden, ohne Anwendung der Axt hier hereinzukommen, und der hintere Eingang ist nicht leicht zu finden.«

»Du ihm nicht kennen. Er Spitzbube. Wenn nicht hereinkommen und stehlen, er zünden Wigwam an.«

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»Nun, so mag es geschehen, ich habe einen Versteck stets in der Nähe.«