158681.fb2 Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 47

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Mr. Sounders hatte ihm gesagt, daß er nach dieser Beschimpfung ihres ersten Häuptlings durchaus nicht verwundert sein werde, wenn binnen acht Tagen fünfhundert heulende Wilde das Fort angriffen, um blutige Rache zu nehmen. Der Sergeant hatte ihn ernstlich gewarnt, die Wälle des Forts zu verlassen, da er fest überzeugt sei, daß seit dem Tage der Exekution mehr als eine indianische Büchse auf ihn lauere, daß es unmöglich sei, ihn gegen solch meuchlerische Kugel zu schützen und höchst wahrscheinlich, daß der Mörder sogar entkommen werde, da ihn in diesen Wäldern zu verfolgen für reguläre Soldaten unmöglich sei.

Nicht die seinem Leben drohende Gefahr, denn Kapitän Davis war ein mutiger Mann, aber die, wie er jetzt einsah, nicht fern liegende Möglichkeit, einen Indianerkrieg hervorgerufen zu haben, hatte sehr ernstliche Besorgnisse bei ihm geweckt, die er nicht immer seiner Umgebung zu verbergen vermochte.

Sounders hatte wiederholt mit den geschicktesten seiner Leute die Wälder abgesucht, ohne irgend etwas Verdächtiges zu finden. Auch der Pottawatomie, der die Wunde, welche er bei der Verfolgung von Morris und Tyron durch zu hitziges Vorgehen und Unterschätzung seiner Gegner sich zugezogen, im Fort heilte, hatte mit indianischem Spürsinn, als er hergestellt war, den Wald weit und breit durchforscht, doch mit demselben Resultate wie der Leutnant.

Kapitän Davis zeigte sich mit der ihm eigenen Verwegenheit an der Spitze von Mannschaften oder auch allein außerhalb des Forts, und war sogar sonder Begleitung auf die Jagd gegangen, ohne daß ihm ein Unfall zugestoßen wäre.

Als so etwa vierzehn Tage vergangen, und die von Sounders und dem Sergeanten befürchteten Folgen nicht eingetreten waren, legten sich seine Besorgnisse. Sie schwanden fast ganz, als um diese Zeit ein Häuptling der Ottawas im Fort eintraf, und im Auftrage Kitates die Mitteilung machte, daß Peschewa die Häuptlingswürde niedergelegt habe und Kitate von der großen Ratsversammlung seines Volkes zum ersten Häuptling desselben gewählt sei. Kitate ließ gleichzeitig um Mitteilung des Häuptlingswechsels nach Fort Dunkan[Duncan] und Washington bitten und anfragen, ob der Befehlshaber des Forts Jackson seinen Besuch annehmen wolle.

Davis ließ ihm erwidern, daß er im Fort sehr willkommen sein werde.

Einige Tage später war auch Kitate in Begleitung von zwei andern Häuptern seiner Nation und einigen Kriegern im Fort

[188] erschienen, wo er sehr freundlich aufgenommen und in gastlicher Weise bewirtet worden war.

Mit lächelnder Höflichkeit hatte der indianische Diplomat die ihm erwiesenen Aufmerksamkeiten entgegengenommen. Gleichzeitig hatte er dem Kapitän mitgeteilt, daß Peschewa nicht nur die Häuptlingswürde niedergelegt habe, sondern auch aus dem Stamm der Ottawas geschieden sei, leider mit noch einigen Mitgliedern des Volkes, und hierbei sehr energisch betont, daß für etwaige Ausschreitungen Peschewas und seiner Leute gegen die Ansiedelungen oder die Soldaten des Forts keinesfalls die Ottawas verantwortlich gemacht werden könnten, da er nicht mehr zu ihnen gehöre und für alle Zeiten aus ihrem Verbande geschieden sei. Da Kitate mit der Art und Weise der Amerikaner bekannt war, hatte er gebeten, diese seine Aeußerungen zu Papier zu bringen, ein Wunsch, dem willfahrt wurde.

Davis und Sounders waren sehr froh, daß die Gefahr eines kriegerischen Vorgehens von seiten der Ottawas vermieden war, vor Peschewa und der Handvoll Gesindel, welches er allenfalls mit sich führen konnte, fürchteten sie sich nicht. Denn daß er das Fort angreifen werde, war nicht gut denkbar.

Kitate teilte ferner mit, daß fünf seiner jungen Leute, von einer unergiebigen Jagd zurückkehrend, die Kühe geraubt hätten, übrigens ohne Wissen und Willen Peschewas, erbot sich, den Wert derselben zu ersetzen, und teilte mit, daß, nachdem er zum Häuptling gewählt worden sei, er den fünf Kuhdieben befohlen habe, sich im Fort zur Bestrafung zu stellen oder gewärtig zu sein, aus dem Stamm ausgestoßen zu werden, wie es auch ganz der Wahrheit gemäß war. Wiederholt betonte Kitate, der durchaus im Einverständnis mit Peschewa handelte, daß er im Frieden mit den Weißen und dem großen Vater in Washington zu leben wünsche. Die durch Kapitän Davis' übereilte Handlung heraufbeschworene Gefahr war also auf einen etwaigen Racheakt des beleidigten Peschewa zusammengeschrumpft, und diesem glaubte man begegnen zu können.

Kitate zog nach seinem Besuche reich beschenkt davon. Daß er die Geschenke verächtlich in einen Sumpf warf, davon erfuhr man im Fort nichts; man hatte die Gewißheit hier gewonnen, daß eine Störung des Friedens von seiten der Indianer nicht zu befürchten sei.

Einem möglichen Attentate des beleidigten Indianerhäuptlings setzte man jede denkbare Vorsicht entgegen, doch war bis heute auch nicht die unbedeutendste Veranlassung gegeben worden, daß ein solches zu befürchten sei. [189]

Die beiden Offiziere hatten ihr Frühstück beendet. Davis zündete sich behaglich eine Zigarre an und sagte: »Glorioser Tag, Sounders, hört mit ihm die babylonische Gefangenschaft auf, während deren ich oft genug an diesen Wassern saß und beinahe Tränen geweint hätte, kommen wieder zu Menschen. Nein, Sounders, ehe ich mich wieder in die Wildnis schicken lasse, eher quittiere ich den Dienst. Die Monate hier waren martervoll - ist ein Fakt.«

»Ich bin auch durchaus nicht abgeneigt, diese Garnison mit einer andern zu vertauschen, es ist in der Tat etwas einsam hier.«

»Etwas einsam? Wüste Sahara - nichts weiter. Noch ein Vierteljahr länger hier und ich war blödsinnig. Habe eine Idee, Sounders, eine kapitale Idee, denke, wir trinken zur Vorfeier des morgenden Festtages unsre letzte Flasche Champagner.«

»Sollten wir sie nicht lieber bewahren, um Miß Schuyler gebührend zu bewillkommen?«

»Ja, recht, auch gut. Furchtbare Idee des Alten, das Mädchen hier mit in die Wälder zu schleppen, mir ganz unbegreiflich.«

»Ganz kann ich's auch nicht fassen, obgleich es ja dem Oberst gewiß einen Trost gewährt, die Tochter zur Gesellschaft zu haben, denn viel unterhaltender als dieser Posten ist Fort Dunkan[Duncan] auch nicht.«

»Sage, fürchterliche Idee, eine junge, hübsche Lady hierher zu bringen. Schauderhaft.«

»Sie kennen Miß Schuyler, Herr Kapitän?«

»Sah sie mehrmals in Washington. Auffallende Erscheinung, nur etwas kühl, und soll ungewöhnlich geistreich sein, paßt hierher wie eine blühende Magnolie in eine Eiswüste.«

Sounders lächelte über das drastische Bild seines Vorgesetzten.

Dieser sandte einige Dampfwolken gen Himmel und fuhr nach einiger Zeit fort: »Bin froh. Sounders, daß die Geschichte hier ein Ende hat, in doppelter Beziehung. Einmal überhaupt fortzukommen, und dann,« sagte er langsamer, »die Besorgnisse dieser letzten Wochen endlich beendet zu sehen, die mich noch mehr gequält haben, als ich zeigen mochte.«

»Ja, Kapitän, wir können von Glück sagen, daß dieser Zwischenfall ohne ernste Folgen vorübergegangen ist.«

»Habe mich übereilt, Sounders, gestehe es gerne, und danke Gott, daß es so abgelaufen ist.«

»Mich wundert nur, daß Peschewa diese ganze Zeit her gar nichts von sich merken ließ. Rachsüchtig sind diese Indianer bis zum Aeußersten, und ich wußte Sie nie außerhalb des Forts, ohne ernstliche [190]

Befürchtung zu hegen, daß Ihnen aus sicherem Hinterhalt eine wohlgezielte Büchsenkugel zufliegen könnte.«

»War auch nicht ganz ruhig, wenn ich draußen war.«

»Es müssen bei den Ottawas Dinge vorgefallen sein, über welche der, wie mir schien, sehr geriebene Fuchs, der Kitate, wie er sich nannte, nicht mit der Sprache heraus wollte. Mir, soweit ich die Indianer kenne, will scheinen, daß in ihrem eigenen Lager ein Streit ausgebrochen ist, eine Palastrevolution, welche dem Peschewa seinen Thron gekostet hat. Der brave Kitate wird ihn herunter gestoßen haben. Peschewa ist mit seinem kleinen Anhang von den übrigen vertrieben worden, so nur kann ich mir den Vorgang erklären, und das wird auch Ursache sein, daß er seinen Grimm gegen uns hinunterschluckt bis zu gelegener Zeit, er wird als entthronter Prätendent mit seinen Stammesangelegenheiten genug zu tun haben. Sie haben recht, Herr Kapitän, auch für diese Angelegenheit ist ein Garnisonswechsel gut, denn daß er sich rächen wird, wenn er kann, ist sicher genug.«

»Ich würde ja dem Kerl für die Tracht Prügel gern ein paar Fäßchen Rum, Decken, Pulver schenken, um seinen Zorn zu lindern; tut mir leid, die Geschichte. - Werde sie wohl dem Oberst melden müssen.«

»Das wird wohl unausbleiblich sein.«

»Bin bereits auf eine Moralpredigt gefaßt. Wird heißen: Sind Menschen, Menschen wie wir und so weiter, kenne das Lied. Denn Teufel sind's, Menschen wie wir, Tiere, wilde Tiere sind's, nichts weiter.«

»Doch steht der Indianer, denke ich, hoch über dem Neger.«

»Bestreite ich, Sounders, halte das schwarze Viehzeug immer noch für bildungsfähiger als diese roten Bestien. Na, schließen wir das Kapitel, bin froh, daß ich fortkomme.«

Der Sergeant Harrison war mit seinen sechs Mann nach dem Walde gegangen, um dem erteilten Befehl gemäß Holz zu schlagen, während die übrigen Soldaten eifrig mit Scheuern beschäftigt waren.

Das Piquet, welches der Leutnant dem Obersten entgegenführen sollte, trat an, und Sounders verabschiedete sich von seinem Chef.

»Also, wie gesagt,« äußerte dieser noch, »sucht der alte Pedant uns zu überraschen, flink den schnellsten Läufer hierhergesandt. Sonst meine Empfehlung an Miß Schuyler. Will übrigens noch ein paar Guirlanden aus Waldesgrün an unsrer Residenz anbringen lassen, damit die Lady sieht, daß wir hier noch nicht ganz verwildert sind. Gute [191]

Fahrt, Sounders.« Er schüttelte dem jüngeren Kameraden die Hand und dieser zog mit seinen Soldaten ab und verschwand bald im Walde.

Der Kapitän rief die vorbeigehende Sergeantin an: »Ist alles für die Aufnahme der Miß Schuyler vorbereitet, Mistreß Wood?«

»Ja, Herr Kapitän, so gut es nur irgend anging.«

»Hängen Sie ihr nur gleich auch meinen Spiegel ins Zimmer, es ist das einzige anständige Möbel im ganzen Fort, und junge Damen betrachten ihr Abbild gern.«

»Junge Herren auch,« dachte die Sergeantin, die Frau des narbigen älteren Kriegers, welche recht gut wußte, daß der Kapitän von seiner Person ziemlich eingenommen war, sie sagte aber nur: »Wie der Herr Kapitän befehlen.«

»Halt, wir haben ja auch das alte Harmonium, welches mein musikalischer Vorgänger hierher gebracht hat. Lassen Sie das in Miß Schuylers Gemächer überführen, sie singt ja und kann die Echos des Waldes mit ihrer schönen Stimme wecken.«

»Ja, Herr Kapitän.«

»Und dann wäre es hübsch, wenn Sie von den Leuten einige Laubgewinde anfertigen ließen, Mistreß Wood, um das Haus etwas zu schmücken, wir müssen doch der Tochter unsres Obersten eine Art Empfang bereiten.«

»Soll geschehen, Herr Kapitän.«

»Ist Sie denn nicht auch froh, daß wir hier fortkommen, Frau?«

»Mir ist es gleich, ich habe so lange mit meinem Mann an der Grenze und in den Außenforts gelebt, daß ich mich an ein andres Leben erst gewöhnen müßte.« »Na, da haben wir doch eine Seele, welche sich nicht von hier fortsehnt. Merkwürdig genug. Ich verlasse mich auf Sie, Mistreß Wood.«