158681.fb2 Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 57

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»Beruhigt Euch, wir sind jetzt in verhältnismäßiger Sicherheit. Könnt Ihr uns nicht das Nähere angeben, wie das Fort in die Gewalt der Wilden geriet?«

»Ich weiß von nichts, Herr; ich hörte nur schießen und heulen, sah meinen Mann fallen, hatte noch so viel Besinnung, ihn zu retten, und seit der Zeit ist mir's so dumpf im Kopfe, daß ich nicht denken kann. Ich habe gesessen und gebetet, dann habe ich Feuer angemacht, um Kaffee zu kochen, das weiß ich noch - aber - da liegt er - seht doch nur, Herr, da liegt er, mein guter, braver Mann.« Und die Sergeantin brach in einen Tränenstrom aus, der endlich das herbe Weh ihrer Seele linderte. Sie setzte sich ans Bett und hielt die Schürze vor die Augen.

Johnson nahm die Lampe und beleuchtete den Verwundeten.

»Bitte, halten Sie das Licht, ich will einmal nach den Verletzungen des Sergeanten sehen.«

Der Graf nahm die Lampe, während Johnson vorsichtig die von der Frau gemachten Verbände abwickelte. Er untersuchte die Wunden sorgfältig und mit der Geschicklichkeit des erfahrenen Grenzmanns und äußerte dann: »Die Sache ist nicht gefährlich. Die Kugel hier,« er wies auf die untere Verletzung, »ist um die Rippe herumgeglitten, aber die, welche den Kopf streifte, obgleich der Schädel nicht gebrochen ist, muß eine starke Gehirnerschütterung hervorgerufen haben. In vierzehn Tagen ist der Mann wieder gesund.« Er verband dann die Wunden wieder. »Trösten Sie sich,« sagte er zu der leise weinenden Frau, »die Wunden sind ungefährlich, der Sergeant hat einen gehörigen Puff gegen den Hirnschädel bekommen, aber der hält etwas [227] aus. Die Betäubung wird weichen, legen Sie ihm nur Tücher mit kaltem Wasser auf den Kopf, die Wunden sind bald geheilt.«

Mit glücklichem Angesicht lauschte die Frau diesen Worten, während noch die Tränen in ihren Augen standen.

»O, Gott, Gott sei Dank.«

Lebhaft erhob sie sich dann.

»Mir ist alles wie ein wüster Traum, ich weiß gar nicht, was geschehen ist, mir war zu Mute, als ob ich einen Schlag auf den Kopf bekommen hätte, so plötzlich brach es über mich herein.«

»Pflegen Sie Ihren Mann, das Fort ist jetzt vor jeder Ueberraschung sicher; aber sagen Sie uns, wo wir für die Nacht unterkommen können.«

»Wo sind denn die Soldaten? Ist denn niemand draußen?«

Man zögerte, ihr die furchtbare Wahrheit, von welcher sie keine Ahnung zu haben schien, zu enthüllen.

»Widmen Sie sich dem Sergeanten, Frau, wir werden schon Obdach finden.«

In der Türe erschien des Wyandots dunkles Gesicht.

Die Sergeantin stieß einen Schreckensruf aus: »Da, da ist er.«

Man beruhigte sie über die Person des Indianers, aber die Frau konnte ihr Entsetzen nicht bemeistern.

»Was willst du, Athoree?«

»Ihm sagen, drüben schlafen, großes Wigwam da.«

»Gut, wir folgen dir. Aengstigen Sie sich nicht, Frau Sergeant, es ist kein Grund zu Besorgnissen vorhanden. Wir wollen uns drüben eine Ruhestätte suchen. Gute Nacht!«

Sie verließen das kleine Haus und gingen zur Wohnung der Offiziere.

Graf Edgar ließ seine Kerze leuchten und überblickte die Zerstörung, welche die Fäuste der Indianer hier hervorgerufen hatten. Alles lag durcheinander. Sie fanden eine Lampe und zündeten sie an.

Athoree, welcher seine Mutter bereits in einem Winkel der Hausflur untergebracht, und ihr ein weiches und warmes Lager, besonders vermittelst der Felle, welche er in der Nähe des Tores gefunden, bereitet hatte - es waren dieselben, welche die Ottawas bei Beginn des Kampfes fortgeworfen hatten - erklärte, er werde wachen, die andern sollten ruhig schlafen gehen.

»Einiger Schlaf wird uns not tun,« sagte Johnson, »wer weiß, was der morgende Tag uns bringt.«

Michael, der schweigend und traurig draußen in der Nacht [228] gesessen hatte, wurde herbeigerufen. Man begann etwas Ordnung herzustellen, und was noch von Bettzeug und Decken zu finden war, zu Lagerstätten zu bereiten.

»Herr Gott, Herr Graf,« fuhr Heinrich plötzlich empor.

»Nun? Was gibt's?«

»Die Patronen, die Patronen! Ich habe nur noch wenige Stück.«

»Das ist schlimm.«

Die Patronen lagen bei dem Maultier draußen.

»Was tue ich mit der Büchse ohne Patronen? Nein, die muß ich haben. Es ist dunkel, ich schleiche hinaus und hole sie.«

»Das geht nicht, Heinrich. Draußen lauern die Wilden.«

»Und das Gepäck werden sie wohl schon geplündert haben,« fügte Johnson hinzu.

»Der Verlust der Patronen ist ein großes Unglück.«

Athoree hatte ruhig zugehört. Die schnellfeuernde Waffe, welcher er bisher keine besondere Beachtung geschenkt, hatte ihm mächtig imponiert und er begriff, daß sie ohne die Munition nutzlos sei.

Er sagte jetzt: »Schnellfeuer,« er hatte den Namen für Heinrich gefunden, »nicht gehen, Athoree gehen, wenn ihn Ottawa sehen, denken er Ottawa; Athoree gehen.«

»Willst du dich wirklich der Gefahr aussetzen, Häuptling? Du leistest uns einen großen Dienst, aber bedenke, die Ottawas sind im Felde.« »Ottawas sind blinde Hunde, wenn ein Wyandotkrieger kommt. Athoree gehen.«

Da es in der Tat für aller Leben von der größten Wichtigkeit war, die Patronen zurückzuerlangen, beschloß man, den Indianer den Versuch machen zu lassen, zu dem er sich erboten hatte.

Alle begaben sich leise nach dem Ausgangstor. Vorsichtig ward der Riegel zurückgezogen und die Tür gerade so weit geöffnet, daß der Indianer durchschlüpfen konnte. Michael war beordert, die Tür, welche man unverriegelt ließ, zuzuhalten und sie nur Athoree zu öffnen.

»Sie sollen nur kommen, die skalpierenden Hunde,« murmelte der Mann aus Lei-trim, den eine aus Entsetzen und Wut gemischte Stimmung beherrschte, »ich will ihnen den Weg zeigen.«

Athoree hatte sich auf den Boden niedergelassen und war geräuschlos im Dunkel verschwunden. Johnson, der Graf und Heinrich begaben sich auf den Wall, um ihm im Notfall als Succurs dienen zu können. Vergeblich suchten sie indes das Dunkel zu durchdringen, [229] das Maultier lag mindestens hundert Schritt entfernt und von Athoree war nicht das mindeste zu entdecken.

Augestrengt lauschten sie, die Büchsen zum Schuß bereit.

»Mir kommt es vor, ich höre Stöhnen,« sagte Graf Edgar nach einer Weile.

»Mein Ohr erhaschte bereits auch diese Laute.«

Auch Heinrich hatte den Ton vernommen.

»Es wird ein verwundeter Indianer sein,« meinte der Graf.

»Nein, Herr, die Roten haben ihre Toten und Verwundeten bereits hinweggeschafft. Aber vielleicht liegt solch ein winselnder Ottawa draußen, und versucht es, uns durch seine mitleiderregenden Töne hinauszulocken, indem er uns glauben machen will, einer der Unsern heische Hilfe.«

Das Stöhnen ließ sich wieder hören.

»Wollen wir nicht fragen, Johnson, wer da draußen klagt?«

»Stille. Athoree ist im Felde und hört die Töne auch, er wird schon nachsehen.«

Sie lauschten angespannt weiter.