158681.fb2 Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 79

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»Ja, ist mein Geschäft, Fremder, muß allerlei wissen.«

Der Posten über dem Tore rief die Wache an.

Eilig begab sich der Sergeant, welcher diese kommandierte, auf den Wall, kam gleich zurück und meldete dem eben aus dem Hause tretenden Blackwater: »Es kommen drei Indianer vom Walde her auf das Fort zu, Herr Kapitän.«

»So? Nehmen Sie sechs Mann, Sergeant, und stellen Sie die an die Schießscharten über dem Tore. Begehren die Leute Einlaß, herein mit ihnen, natürlich ohne Schießwaffen. Knüpfen sie an das Betreten des Forts irgend welche Bedingung, wird diese nicht gewährt. Wollen sie sich darauf entfernen, droht erst, sie niederzuschießen, und stehen sie nicht, schießt sie nieder.« Der Sergeant ging zurück.

»Guten Morgen, Herr Graf,« rief Blackwater diesem zu. »Wohl geruht nach sturmvollem Tage?«

»Danke, Kapitän, die Nacht war gut.«

»Freut mich. Mister Weller, wollen Sie nicht so freundlich sein und sich zum Tore begeben, um die Herren aus den Wäldern ein wenig zu mustern und allenfalls mit Ihrer Kenntnis des Ottawa-Dialektes auszuhelfen.«

»Mit Vergnügen, Kapitän,« und Weller schritt zum Tore.

Die durch die Schildwache signalisierten Indianer waren ruhig, die Büchsen im Arm, auf das Fort zugegangen.

Vor diesem standen sie still. Der Sergeant rief von oben herab: »Was wollt ihr?«

»Häuptling sprechen,« entgegnete der eine von ihnen.

»Stellt eure Büchsen ab, dann will ich euch hereinlassen.«

Die Leute legten hierauf die Waffen nieder.

Der Sergeant schärfte den Soldaten noch ein, sie fest im Auge zu behalten und bei der ersten verdächtigen Bewegung Feuer zu geben. Dann ging er hinab und öffnete das Tor.

Die Indianer traten ruhig herein. Kapitän Blackwater stand, von seinen Offizieren umgeben, in der Nähe seines Hauses.

Der Sergeant führte die roten Männer vor ihn, während die sechs Soldaten ihnen folgten.

Mit finsterm Blick und drohend gerunzelter Stirne empfing der Befehlshaber die Wilden, die sich unachtend dessen mit ruhiger Würde vor ihm verbeugten.

»Wer seid ihr?«

Der mittlere der drei entgegnete: »Ich bin Kitate, das Haupt des Ottawa-Volkes.« [308]

»Und was führt das Haupt des Ottawa-Volkes zu mir?«

»Ein Vogel hat in mein Ohr gesungen, daß der stammlose Häuptling die Krieger des großen Vaters in Washington bekämpft habe.«

»Der Vogel wird wohl schon lange vorher davon gesungen haben, aber Kitate wird etwas taub sein, vermute ich.«

Mit gleicher Ruhe fuhr der Indianer fort: »Er flüsterte mir ferner zu, der große Vater in Washington könne glauben, es seien seine Kinder, die Ottawas, welche die Streitaxt ausgegraben haben. Nun kommt Kitate, um dir zu sagen, daß die Ottawas nichts mit den Stammlosen gemein haben. Kitate wohnt mit seinem Volke friedlich in seinen Dörfern, und mit Schmerz hat er erfahren, daß die Stammlosen die jungen Männer der Langmesser erschlagen haben.«

»So, mein guter Mann, das hast du mit Schmerz erfahren? Konntest es natürlich nicht verhindern? Wen willst du denn mit deinem Geschwätz täuschen?« fragte mit drohendem Blicke der Kapitän. »Peschewa, euer Haupt, griff im tiefsten Frieden dieses Fort verräterisch an, du wirst ja hernach sehen, was mit ihm geschieht.«

»Peschewa nicht Haupt der Ottawas, er stammlos.«

»Nun, mein braver Kitate, wir wollen uns nicht um Worte streiten, der große Vater in Washington wird wohl wissen, was er zu tun hat, ich fürchte, er wird den feinen Unterschied zwischen dem Ottawa-Stamm und stammlosen Ottawas ebensowenig zu machen wissen, wie ich. Ich danke dir für deinen Besuch, der mir so wertvoll ist, daß ich dich einladen muß, längere Zeit hierzu verweilen.«

Eine flüchtige Bewegung in den Zügen des Häuptlings zeigte, daß er diese Wendung sehr gut verstanden habe.

»Kitate,« sagte er dann, »ist vertrauensvoll zu dem großen Häuptling des Forts gekommen, er ließ meinen jungen Mann seine Worte in mein Ohr singen, darum kam Kitate.«

»Der Häuptling ist tot, Indianer, erschlagen von deinen mörderischen Schurken. Niemand hat dich eingeladen zu kommen, nun du aber da bist, wollen wir dich festhalten, bis der große Vater in Wafhington gesprochen hat, und wenn du dann ungehangen davon kommst, kannst du von großem Glücke sagen. Legt die Kerls in Eisen.«

»Das Volk der Ottawas wird seinen Häuptling vermissen und vielleicht nach ihm suchen,« sagte Kitate mit höflicher Ruhe zwar, aber mit hinreichend verständlicher Drohung.

»Desto besser, ich wollte, ich hätte alle deine heulenden Hunde vor diesen Wällen, so brauchten wir sie nicht aufzusuchen.«

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Handschellen wurden gebracht, den Indianern ihre kleinen Streitäxte und Messer genommen und sie dann in Fesseln gelegt.

»Untersuchen Sie die Leute sorgfältig, Sergeant, und sperren Sie sie dann ein, aber nicht mit den andern zusammen.«

Ruhig ließen sich Kitate und seine Gefährten fesseln und abführen.

»So, Herr Diplomat, nun können Sie ein wenig über stammlos und nicht stammlos nachdenken. Hat einer von den Herren hierzu etwas zu erwähnen?« wandte er sich an die um ihn stehenden Offiziere.

Niemand hatte gegen das Verfahren Blackwaters, für welches er ja auch allein die Verantwortung trug, etwas einzuwenden. Kapitän Percy bemerkte: »Ich hätte dasselbe getan, Räuber und Mörder müssen als solche behandelt werden.«

Mittlerweile war die Stunde herangekommen, wo das Begräbnis des Obersten stattfinden sollte.

Blackwater ließ die Sergeantin zu sich bitten und fragte sie nach dem Befinden von Miß Schuyler.

»Ach, Herr Kapitän, sie hat, wie ich von der alten Indianerin höre, die ganze Nacht am Tische gesessen, bewegungslos wie eine Bildsäule. Sie hat nicht einmal geweint.«

»Und jetzt?«

»Ach, sie sitzt ja noch so.«

»Hm, hm. Schlimm, schlimm,« murmelte der bärbeißige Kapitän, der unter seiner rauhen Außenseite ein fühlendes Herz barg. »Was denn nun beginnen? Ohne Miß Schuylers Einwilligung können wir doch nicht zum Begräbnis schreiten. - Ob ich einmal zu ihr gehe?«

»Ich will zu ihr gehen und mit ihr reden,« sagte Johnson, welcher sich der Gruppe um den Kapitän zugesellt hatte.

»Ihr, Herr? Wer seid Ihr?«

»Ein Mann, Kapitän, neben dessen Leid der jungen Lady das ihrige klein erscheinen wird.«

Johnson ging, und während ihm Blackwater noch nachsah, trat Edgar auf ihn zu, um ihn über dessen Person aufzuklären.

In dem kleinen Stübchen saß Frances, wie die Sergeantin es geschildert hatte, bewegungslos, das schöne Haupt in die Hand gestützt, starr vor sich hinblickend; das herrliche Haar hing ungeordnet um das marmorbleiche Antlitz hernieder.

In einer Ecke kauerte die alte Sumach. Lange sah Johnson des Obersten Tochter an, dann sagte er mit sanfter Stimme: »Miß Schuyler.«

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