158681.fb2 Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 85

Verwehte Spuren. Eine Erz?hlung f?r die reifere Jugend. - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 85

»Hättest du ihn getötet, so würden sie dir das vielleicht verzeihen, aber daß du ihn an den Galgen geliefert hast, den der Indianer mehr als zehn Tode verabscheut, das vergeben sie dir nicht. Uns alle ließen sie vielleicht laufen, nur um deiner habhaft zu werden.«

»Ich wünschte, ich hätte ihm einen über den Schädel gegeben, statt ihn gefangen zu nehmen.«

»Das glaube ich dir gern.« [326]

»Aber woher sollen sie denn da draußen wissen, daß ich es war, der ihn niederschlug und festhielt?«

»Woher, mein armer Bursche? Die Indianer haben ihre geheimen Zeichen, durch die sie sich auf weite Entfernungen Mitteilungen machen können. Glaubst du nicht, daß der Peschewa es dem Kitate, den wir noch hier haben, mitgeteilt hatte, wer ihn besiegte; ich sah, während sie sprachen, wie sie mehrmals nach dir hinüberblickten, und dann hat doch sicher der Kitate, als er mit seinen Leuten vom Wall herunter sprach, ihnen darüber Mitteilung gemacht, daß ein Mann mit dichtem Haarwuchsd einem Holzstock ihren gefeierten Häuptling gefangen genommen und an den Galgen geliefert hat. Ja, mein Junge, dein Signalement hat morgen die ganze Ottawa-Nation. Dein Sieg ist zwar eine große Ehre, aber eine sehr gefährliche Ehre, und wenn sie dich fangen, werden sie dir wohl ganz besondere Aufmerksamkeiten erweisen.«

»Wie meint Ihr das?« Michael war gar nicht wohl zu Mute bei der Aussicht auf die Aufmerksamkeiten, welcher ihn die Ottawas nach Aussage des Konstabel würdigen sollten.

»Wie ich das meine? Sieh mal, mein Junge, die Indianer haben die Gewohnheit, ihre Gefangenen an den Marterpfahl zu binden, und da mit ausgesuchten Qualen ihren Mut auf die Probe zu stellen. Sie stoßen ihnen brennende Holzsplitter in den Leib oder unter die Nägel. Schießen nach ihnen mit Pfeilen und Büchsen, werfen mit Messern und Aexten nach ihrem Kopfe, rösten sie etwas am langsamen Feuer -«

»Hört auf - hört auf!«

»Und wenn sie einen recht tapferen Krieger gefangen haben, zum Beispiel einen, der ihren großen Häuptling besiegt hat, so zeichnen sie ihn dadurch aus, daß sie ihn auf eine ganz außerordentliche Weise zu Tode quälen. Das ist dann eine große Ehre.«

»Ich danke dafür,« stöhnte Michael mehr als er sprach, denn er sah sich schon im Geiste am Marterpfahle. »Ich wollte, ich wäre wieder bei Christenmenschen, hier paßt meiner Mutter Sohn doch nicht recht her.«

»Ja, mein guter Ire, warum bist du auch solch ein berühmter Krieger?«

»Nun, der Wald soll mich so bald nicht wieder zu sehen bekommen, Mister Weller, ich habe keine Lust mehr, mich mit den wilden Kerls herumzubalgen. Nicht etwa, daß ich Furcht hätte, wenn's ehrlich hergeht, stellt Michael O'Donnel seinen Mann, aber [327] auf solch indianische Teufeleien lasse ich mich nicht mehr ein, das kann Seine Gnaden, der Herr Graf, nicht verlangen, daß ich mich martern lassen soll.«

»Nun, wir wollen hoffen, daß alles gut geht, Michael. Laß dich nur nicht gefangen nehmen.«

»Ja, sie sollen kommen,« sagte der Mann aus Leitrim mit einer Miene, in der Entsetzen mit trotzigem Grimm gepaart waren.

Er verließ den höchst belustigten Konstabel sehr ernst und nachdenklich.

Kapitän Percy war ins Haus gegangen, und Blackwater schritt mit Edgar auf und ab.

»Von dem Zwecke Ihrer Reise in die Wälder zu den Ottawas hatte mir schon Schuy-ler Mitteilung gemacht und Sie mir warm empfohlen, Herr Graf. Daß die jüngsten Vorfälle Ihre Nachforschungen mindestens ungemein erschweren, ist zweifellos. Indessen haben wir den Herrn Kitate in der Gewalt und bei dem wollen wir doch den Hebel einmal ansetzen. Ich habe so wie so eine Unterredung mit ihm in Aussicht genommen und da wollen wir Ihre Angelegenheit gleich mit zur Sprache bringen. Ich bitte Sie, derselben beizuwohnen.«

Der vorübergehenden Sergeantin rief der Kapitän zu: »Wie befinden sich unsre Kranken, Mistreß Wood?«

»Gut genug, Herr, Mister Sounders ist sichtlich auf dem Wege der Besserung und der Sergeant schon wieder bei Besinnung, aber noch sehr schwach.«

»Freut mich, das zu hören, freut mich. Und Miß Schuyler?«

»Sie hat geschlafen und scheint ruhiger.«

»Bitte, fragen Sie, ob ich sie sprechen kann.«

»Sehr wohl, Sir.«

»Es bleibt mir gar nichts andres übrig, als mit dem Kitate eine Art Kompromiß zu schließen, vielleicht finde ich den Herrn dazu geneigt.«

Die Sergeantin kam zurück.

»Miß Schuyler wird herunterkommen, Herr Kapitän.«

»Schön. - Wenn ich das arme Mädchen nur erst wieder unter der Obhut seiner Verwandten wüßte, aber ehe die Wälder nicht gesichert sind, kann ich nicht daran denken, sie nach der Küste zu senden.«

Frances erschien in der Tür und Blackwater ging auf sie zu.

Sie sah sehr bleich aus, doch sprachen ihre Züge von ernster, ruhiger Ergebung. [328]

»Mein liebes Kind,« sagte der rauhe Soldat mit väterlich herzlichem Ton, »ich freue mich, Sie gefaßt zu sehen.«

»Ich habe Trost im Gebet gesucht und gefunden.«

»Ich wußte es ja, die Tochter meines tapferen Obersten konnte nicht ohne einen Zug seines Heldenmutes sein. Ich habe mich bei Ihnen melden lassen, Miß Frances, um mich von Ihrem Befinden zu überzeugen und gleichzeitig nach Ihren Wünschen zu fragen. Kann ich etwas tun, um Ihre Lage behaglicher zu gestalten?«

»Nichts, Kapitän, Mistreß Wood tut für mich, was sie kann. Ich wünsche nur, diesen Ort des Schreckens zu verlassen.«

»Sobald es möglich, sollen Sie nach der Küste geleitet werden, einstweilen kann ich nicht wagen, Sie den Gefahren der Wälder auszusetzen. Darf ich fragen, mein Kind, was Sie für Ihre Zukunft beschlossen haben? Ich kann als Ihr väterlicher Freund Ihr Vertrauen beanspruchen, Miß Frances.«

»Gewiß, teuerster Sir. Ich denke, mich zunächst nach Lansing zu Freunden unsres Hauses zu begeben und dort erst werde ich weiteres beschließen. - Mein lieber Herr Graf,« sie reichte dem sich nahenden jungen Mann die Hand.

Er drückte die ihre schweigend.

Das bleiche, selbst in ihrem tiefen Kummer so schöne Mädchen machte einen tieferen Eindruck auf ihn als je zuvor.

Diesen Schmerz mit tröstenden Worten zu lindern, machte er keinen Versuch, sein Auge sprach beredter, als es Worte konnten, die innigste Teilnahme aus.

»Sie sind in Ausführung der heiligen Aufgabe, welche Sie sich gestellt haben, Herr Graf, jetzt gehindert.«

»Ich werde dennoch das Aeußerste versuchen, sie zu lösen.«

»Sie sind standhaft.«

»Das bin ich. >Treu bis zum Tode,< ist der Wahlspruch unsrer Familie.«

Blackwater entfernte sich einen Augenblick, und Frances und Edgar blieben allein.

»Wenn gemeinschaftlich bestandene Gefahren das Recht dazu verleihen, so darf auch ich wohl auf die Ehre Anspruch machen, mich Miß Schuylers Freund zu nennen?«

Sie reichte ihm stumm die Hand.

»Dankbar wäre ich, wenn Miß Frances von meinen Diensten Gebrauch machen und über das, was ich kann und vermag, befehlen wollte.« [330]

»Ich bedarf nichts, Herr Graf. Kapitän Blackwater läßt mich zur Küste geleiten, und bei Myers will ich in der Liebe und Teilnahme teurer Menschen Schutz und Trost suchen.« »Ich führe nicht unerhebliche Geldmittel mit mir, und ich würde es als ein Zeichen mich hoch ehrenden Vertrauens betrachten, wenn Miß Schuyler darüber verfügen wollte.«

»Ich würde das ohne weiteres dankbar annehmen, wenn ich dessen bedürfte, indessen bin ich im Besitze einer genügenden Summe, um die Reise zu bestreiten, und mehr bedarf ich nicht. Ich danke, Herr Graf.«

»Können Sie, Miß Frances, gelegentlich die Dienste eines ebenso bescheidenen als ergebenen Mannes brauchen, so werde ich stolz sein, wenn Sie solche in Anspruch nehmen.«

»Freunde, Herr Graf, wahre Freunde sind so selten im Leben, daß ich undankbar gegen das Geschick wäre, wenn ich zurückweisen wollte, was Sie mir großherzig anbieten.«