172166.fb2 Credo - Das letzte Geheimnis - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 10

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Edelstein nahm das Kompliment mit einer leichten Neigung seines Kopfes zur Kenntnis.

»Schlangenbeschwörer?«

»Alan hat ein nicht unumstrittenes Hobby.«

»Er hält Schlangen als Haustiere«, erklärte Innes. »Offenbar hat er ein Händchen für sie.« Das sollte scherzhaft klingen, doch Ford meinte, einen schärferen Unterton herauszuhören.

Ohne erneut von seinem Buch aufzublicken, sagte Edelstein: »Schlangen sind interessant und nützlich. Sie fressen Ratten. Von denen wir hier ziemlich viele haben.« Er warf Innes einen vielsagenden Blick zu.

»Alan tut uns damit einen Gefallen«, sagte Hazelius. »Diese Lebendfallen, die Sie im Bunker und auch sonst überall auf dem Gelände sehen werden, halten uns die Nager – und damit auch das Hanta-Virus – vom Hals. Er verfüttert sie an seine Schlangen.«

»Wie fängt man eine Klapperschlange?«, fragte Ford.

»Sehr vorsichtig«, antwortete Innes an Edelsteins Stelle, wobei er mit angespanntem Lachen seine Brille auf der Nase hochschob.

Edelsteins dunkle Augen begegneten Fords Blick. »Wenn Sie eine sehen, sagen Sie mir Bescheid, dann zeige ich es Ihnen.«

»Ich kann es kaum erwarten.«

»Sehr schön«, sagte Hazelius hastig. »Jetzt möchte ich Ihnen Rae Chen vorstellen, unsere Computertechnikerin.«

Eine Frau asiatischer Abstammung, die so jung aussah, dass sie in Bars wohl öfter ihren Ausweis vorzeigen musste, sprang von ihrem Stuhl, streckte die Hand aus und kam auf ihn zu, wobei ihr hüftlanges schwarzes Haar hinter ihr herschwang. Sie war gekleidet wie eine typische Berkeley-Studentin, schmuddeliges T-Shirt mit Peace-Zeichen vorne drauf und Jeans mit Flicken, die von einer britischen Flagge stammten.

»Hi, freut mich, Sie kennenzulernen, Wyman.« Hinter ihren schwarzen Augen funkelte eine ungewöhnliche Intelligenz, und noch etwas, das Ford wie Argwohn vorkam. Aber vielleicht lag das nur daran, dass sie, wie die anderen, völlig erschöpft aussah.

»Ganz meinerseits.«

»Also dann, muss wieder an die Arbeit«, sagte sie mit aufgesetzter Fröhlichkeit und wies mit einem Nicken auf ihren Computer.

»Das war’s eigentlich schon«, sagte Hazelius. »Aber wo ist Kate? Ich dachte, sie wollte noch diese Berechnungen zur Hawking-Strahlung anstellen.«

»Sie hat früher Schluss gemacht«, sagte Innes. »Meinte, sie wollte schon mal mit dem Abendessen anfangen.«

Hazelius kehrte zurück in die Mitte des Raums und versetzte seinem zentralen Drehstuhl einen zärtlichen Klaps. »Wenn Isabella erst richtig läuft, werden wir uns den Augenblick der Schöpfung mit eigenen Augen ansehen können.« Er lachte leise. »Ich finde es so aufregend, in meinem Captain-Kirk-Sessel zu sitzen und zuzuschauen, wie wir in Gebiete vordringen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.«

Ford beobachtete, wie er sich in seinen Sessel setzte und lächelnd die Füße in die Luft schwang, und er dachte: Er ist der Einzige in diesem Raum, der nicht so aussieht, als wäre er krank vor Sorge.

6

Am Sonntagabend quetschte Reverend Don T. Spates seinen massigen Leib vorsichtig in den Make-up-Stuhl, um seine Hose und das von Hand genähte italienische Baumwollhemd ja nicht zu zerknittern. Sobald er saß, rutschte er seinen Hintern zurecht und schob ihn hin und her, dass der Ledersitz quietschte und knarrte. Behutsam lehnte er den Kopf zurück. Wanda stand neben seinem Stuhl und hielt den Friseur umhang bereit.

»Lassen Sie mich gut aussehen, Wanda«, sagte er und schloss die Augen. »Heute ist ein großer Sonntag. Ein richtig großer Sonntag.«

»Sie werden phantastisch aussehen, Reverend«, versprach Wanda, ließ den Umhang über ihn gleiten und befestigte ihn um seinen Hals. Dann machte sie sich an die Arbeit, begleitet vom beruhigenden Klappern ihrer Fläschchen, Kämme und Pinselchen; ihre besondere Aufmerksamkeit galt den Leberflecken des Reverend und den spinnenartigen Rötungen der Couperose auf den Wangen und der Nase. Sie war sehr gut in ihrem Beruf, und das wusste sie auch. Ganz gleich, was die anderen sagen mochten, sie fand den Reverend wunderbar und gutaussehend.

Ihre schlanken, weißen Hände gingen mit geübter Effizienz zu Werke, flott und präzise, doch die Ohren des Reverend waren immer eine besondere Herausforderung. Sie standen ein Stück zu weit vom Kopf ab und waren heller und stärker gerötet als die Haut drum herum. Manchmal, wenn er auf der Bühne hin und her ging, fingen die Scheinwerfer von hinten seine Ohren ein und ließen sie knallrosa leuchten. Um ihnen den richtigen Hautton zu verleihen, bedeckte sie sie mit einer schweren Grundierung, drei Schattierungen dunkler als sein Gesicht, und legte zuletzt Puder auf, der sie praktisch lichtundurchlässig machte.

Während sie auftrug, einmassierte, pinselte und tupfte, überprüfte sie ihre Arbeit immer wieder auf einem speziell kalibrierten Monitor, der das Bild einer Kamera wiedergab, die auf den Reverend gerichtet war. Es war ungeheuer wichtig, dass sie ihr Werk so sah, wie es auf dem Fernsehbildschirm wirken würde – etwas, das mit bloßem Auge perfekt erschien, konnte auf dem Bildschirm scheußlich fleckig aussehen. So bearbeitete sie den Reverend zweimal die Woche: für seine Fernsehpredigt am Sonntag und seine Talkshow im christlichen Kabelfernsehen am Freitag.

Ja, der Reverend war ein wunderbarer Mann.

Reverend Don T. Spates fand Wandas professionelles Herumgepussel beruhigend und angenehm. Er hatte ein übles Jahr hinter sich. Seine Feinde hatten ihm zugesetzt, ihm jedes Wort im Munde herumgedreht und ihn erbarmungslos attackiert. Jede Predigt regte die atheistische Linke zu neuen Verunglimpfungen an. Das waren traurige Zeiten, wenn sogar ein Mann Gottes dafür angegriffen wurde, dass er die schlichte Wahrheit aussprach. Ja, da war dieser unselige Zwischenfall mit den beiden Prostituierten im Motel gewesen. Die gottlosen Lügner hatten sich das Maul darüber zerrissen. Aber das Fleisch ist schwach – wie die Bibel doch mehrmals bestätigte. In Christus’ Augen sind wir alle hoffnungslose Sünder, stets in Gefahr, vom Glauben abzufallen. Spates hatte um göttliche Vergebung gebeten und sie auch erhalten. Doch die scheinheilige, böse Welt vergab nur langsam, wenn überhaupt.

»Jetzt kommen die Zähne, Reverend.«

Spates öffnete den Mund und spürte, wie Wanda geschickt das elfenbeinweiße Fluid auftrug. Im grellen Scheinwerferlicht würden seine Zähne auf dem Fernsehbildschirm so weiß blitzen wie die Himmelspforte selbst.

Danach nahm sie sich sein Haar vor, kämmte und zupfte das drahtige, leicht orangerote Haar zur Helmfrisur, bis sie perfekt saß. Sie sprühte einen Hauch Haarspray darüber und trug dann noch feinsten Puder auf, um die Farbe zu einem respektableren, nur leicht rötlichen Braun zu dämpfen.

»Ihre Hände, bitte, Reverend.«

Spates streckte die sommersprossigen, altersfleckigen Hände unter dem Umhang hervor und legte sie auf ein Maniküretischchen. Sie beugte sich darüber und trug zunächst eine Grundierung auf, die Falten verminderte und Flecken verblassen ließ. Seine Hände mussten zu seinem Gesicht passen. Spates legte sogar besonderen Wert darauf, dass seine Hände perfekt aussahen. Sie waren eine Erweiterung seiner Stimme. Ein versautes Hand-Make-up konnte die Wirkung seiner Botschaft ruinieren, denn Nahaufnahmen beim Handauflegen enthüllten Makel, die man mit bloßem Auge kaum gesehen hätte.

Für die Hände brauchte sie fünfzehn Minuten. Sie kratzte die Fingernägel sauber, trug farblosen Unterlack auf, reparierte kleine Scharten, feilte die Nägel und schnitt überschüssige Hautstückchen ab. Schließlich bedeckte sie die Hände mit einem Make-up in der genau passenden Farbe.

Ein abschließender Check im Fernsehbildschirm, ein paar letzte Handgriffe, und Wanda trat zurück.

»Fertig, Reverend.« Sie drehte den Bildschirm zu ihm herum.

Spates musterte sich – Gesicht, Augen, Ohren, Lippen, Zähne, Hände.

»Dieser Fleck an meinem Hals, Wanda? Den haben Sie vergessen – schon wieder.«

Ein rascher Tupfer mit dem Schwämmchen, ein bisschen Puder, und der Fleck war verschwunden. Spates tat seine Zufriedenheit mit einem Brummen kund.

Wanda nahm ihm den Umhang ab und trat zurück. Spates’ Assistent Charles eilte aus den Kulissen herbei und brachte die Anzugjacke des Reverend. Spates erhob sich aus dem Sessel und streckte die Arme aus. Charles zog ihm das Jackett an, zupfte es zurecht, strich es glatt, bürstete noch einmal rasch darüber, klopfte die Schultern auf, kontrollierte den Kragen und rückte die Krawatte gerade.

»Wie sehen die Schuhe aus, Charles?«

Charles polierte die Schuhe mit einem weichen Tuch.

»Zeit?«

»Sechs Minuten vor acht, Reverend.«

Vor Jahren schon war Spates auf die Idee gekommen, seine Sonntagspredigt abends auszustrahlen, zur besten Sendezeit, um dem morgendlichen Gedränge der übrigen Fernsehprediger auszuweichen. Er nannte seine Sendung God’s Prime Time. Alle hatten ihm prophezeit, dass er es nie schaffen würde, sich gegen die starken Programme am Sonntagabend durchzusetzen. Doch seine Idee hatte sich als Geniestreich erwiesen.

Spates verließ den Raum in Richtung Bühne, Charles dicht auf den Fersen. Als er sich den Kulissen näherte, hörte er schon das leise Rascheln und Murmeln der Gläubigen – Tausenden von Gläubigen –, die ihre Plätze in der Silver Cathedral einnahmen, von der aus God’s Prime Time jeden Sonntag zwei Stunden lang gesendet wurde.

»Drei Minuten«, flüsterte Charles ihm ins Ohr.

Spates sog im Schatten der Kulissen tief die Luft ein. Die Menge draußen wurde still, als die Publikumsanweisungen über die Leinwände liefen und die Zeit seines Auftritts näher rückte.

Er fühlte, wie die Macht Gottes seinen Körper mit der Kraft des Heiligen Geistes belebte. Er liebte diesen Augenblick kurz vor der Predigt; er ließ sich mit nichts auf der Welt vergleichen, eine Woge aus sengenden Flammen, Triumph und jubelnder Vorfreude.

»Besetzte Plätze?«, fragte er Charles flüsternd.

»Etwa sechzig Prozent.«