172166.fb2 Credo - Das letzte Geheimnis - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 101

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Die großen monotheistischen Religionen waren ein notwendiges Stadium in der Entwicklung der menschlichen Kultur. Eure Auf gabe ist es, die Menschheit zum nächsten Glaubenssystem hinzu führen.

Und welches ist das?

Die Wissenschaft.

Das ist lächerlich – die Wissenschaft kann keine Religion sein! Ihr habt bereits eine neue Religion begründet – ihr weigert euch lediglich, das zu sehen. Religionen waren einst eine Möglichkeit, die Welt zu verstehen, einen Sinn in ihr zu sehen. Diese Rolle hat nun die Wissenschaft übernommen.

Religion und Wissenschaft sind zwei völlig verschiedene Dinge. Sie stellen unterschiedliche Fragen und erfordern unterschiedliche Arten von Beweisen.

Wissenschaft und Religion suchen dasselbe: die Wahrheit. Beide sind miteinander unvereinbar. Die Konfrontation dieser Weltanschauungen hat längst begonnen und wird immer schlimmer. Die Wissenschaft hat bereits die meisten grundlegenden Glaubenssätze der historischen Weltreligionen widerlegt und diese Religionsgemeinschaften damit in Aufruhr versetzt. Eure Aufgabe ist es nun, der Menschheit zu helfen, einen Weg durch diese Krise zu finden.

Du glaubst, die Fanatiker im Nahen Osten – oder die Bibeltreuen hierzulande, wenn wir schon dabei sind – werden sich einfach damit abfinden und die Wissenschaft als neue Religion akzeptieren? Das ist verrückt.

Ihr werdet der Welt meine Worte bringen und die Geschichte dessen erzählen, was hier geschehen ist. Unterschätzt niemals meine Macht – die Macht der Wahrheit.

Wo sollen wir denn hin mit dieser neuen Religion? Wozu soll sie gut sein? Wer braucht sie?

Das nächste Ziel der Menschheit ist die Befreiung von den Begrenzungen der Biochemie. Ihr müsst lernen, euren Geist vom Fleisch eurer Körper zu trennen.

Das Fleisch? Das verstehe ich nicht.

Fleisch. Nerven. Zellen. Biochemie. Das Medium, mittels dessen ihr denkt. Ihr müsst euren Geist vom Fleisch befreien.

Wie?

Ihr habt bereits damit begonnen, Informationen jenseits eurer Existenz als Fleisch zu verarbeiten, nämlich durch Computer. Bald werdet ihr eine Möglichkeit zur Verarbeitung finden, die auf Rechenmaschi nen im Quantenstadium beruht. Dies wird euch dahin führen, dass ihr die natürlichen Quantenprozesse in der Welt um euch herum als Mittel der Berechnung verwenden könnt. Ihr werdet nicht länger Maschinen bauen müssen, um Informationen zu verarbeiten. Ihr werdet euch ins Universum ausbreiten, buchstäblich und im übertragenen Sinne, wie andere intelligente Wesen das vor euch getan haben. Ihr werdet dem Gefängnis der biologischen Intelligenz entkommen.

Und was dann?

Im Lauf der Zeit werdet ihr Kontakt zu anderen expandierten Intelligenzen aufnehmen. All diese miteinander verbundenen Intelligenzen werden eine Möglichkeit finden, sich zu einem dritten Geisteszustand zu verschmelzen, der dann die einfache Realität im Kern aller Existenz begreifen wird.

Und das ist alles? Deshalb so ein Aufwand?

Nein. Das ist nur eine Vorbereitung für eine größere Aufgabe.

Und die wäre?

Den Hitzetod des Universums aufzuhalten. Wenn das Universum einen Zustand maximaler Entropie erreicht, was dem Hitzetod des Universums entspricht, wird die universale Rechenoperation abbrechen. Ich werde sterben.

Ist das unvermeidlich, oder gibt es eine Möglichkeit, dies zu verhindern?

Genau das ist die Frage, die ihr beantworten müsst.

Das also ist der ultimative Sinn der menschlichen Existenz? Diesen mysteriösen Hitzetod zu verhindern? Hört sich an wie aus einem Science-Fiction-Roman.

Den Hitzetod zu umgehen ist lediglich der erste Schritt auf dem Weg.

Auf dem Weg zu was?

Auf diese Weise bekommt das Universum die Fülle an Zeit, die es braucht, um sich selbst in den letzten Zustand voranzudenken.

Und was ist dieser letzte Zustand?

Ich weiß es nicht. Er wird nichts gleichen, was ihr oder selbst ich uns jemals vorstellen könnten.

Du erwähnst die ›Fülle an Zeit‹. Wie lang genau soll das sein? Die Anzahl von Jahren wird sein zehn Fakultät hoch zehn Fakultät, diese Zahl wiederum hoch zehn Fakultät, und das Ergebnis mal zehn hoch dreiundachtzig, die daraus resultierende Zahl hoch ihrer selbst in ihrer eigenen Fakultät mal zehn hoch siebenundvierzig. In eurer mathematischen Notation sähe diese Zahl – die erste Gotteszahl – so aus:(10!↑↑1083)[10!↑↑1083)!↑↑1047]

Dies ist die Länge der Zeit in Jahren, die das Universum brauchen wird, um sich in den finalen Zustand zu denken und die ultimative Antwort zu finden.

Das ist eine absurd große Zahl!

Das ist nur ein Tropfen im Ozean der Unendlichkeit.

Wo ist die Rolle von Moral und Ethik in deinem schönen neuen Universum? Von Erlösung und der Vergebung von Sünden?

Ich wiederhole es noch einmal: Getrenntheit ist nichts als eine Illusion. Menschliche Wesen sind wie Zellen in einem Körper. Zellen sterben, doch der Körper lebt weiter. Hass, Grausamkeit, Krieg und Völkermord sind eher wie Autoimmunkrankheiten denn das Produkt von etwas, das ihr »das Böse« nennt. Diese Vision der Allverbundenheit, die ich euch darlege, bietet ein weites Feld für moralisches Handeln, in dem Selbstlosigkeit, Mitgefühl und gegenseitige Verantwortung eine zentrale Rolle spielen. Euer Schicksal ist ein einziges Schicksal. Die Menschheit wird geeint überleben oder geeint sterben. Niemand wird errettet, weil niemand verloren ist. Niemandem wird vergeben, weil niemand beschuldigt wird.

Was ist mit Gottes Versprechen einer besseren Welt?

Eure diversen Konzepte des Himmelreichs sind bemerkenswert armselig.

Entschuldige bitte, aber Erlösung ist alles andere als arm selig! Die Vision spiritueller Vollkommenheit, die ich euch darbiete, ist unermesslich herrlicher als jedes Himmelreich, das auf der Erde je erträumt wurde.

Was ist mit der Seele? Leugnest du die Existenz der unsterblichen Seele?

Information geht nie verloren. Mit dem Tod des Körpers verändert die Information, die durch dieses Leben erschaffen wurde, ihre Form und Struktur, doch sie geht nie verloren. Der Tod ist ein Informationsübergang. Fürchtet ihn nicht.

Verlieren wir durch den Tod unsere Individualität?

Ihr braucht diesen Verlust nicht zu betrauern. Von diesem starken Gefühl der Individualität, das für die Evolution so notwendig ist, rühren viele Dinge her, denen die menschliche Existenz nicht entkommen kann, Gutes und Schlechtes: Angst, Schmerz, Leid und Einsamkeit ebenso wie Liebe, Glück und Mitgefühl. Deshalb müsst ihr eure biochemische Existenz überwinden. Wenn ihr euch von der Tyrannei des Fleisches befreit, werdet ihr das Gute – Liebe, Glück, Mitgefühl und Selbstlosigkeit – mit euch nehmen. Das Schlechte werdet ihr zurücklassen.

Ich finde es nicht sonderlich erhebend, dass die kleinen Quantenfluktuationen, die meine Existenz hervorgebracht hat, mir irgendeine Form von Unsterblichkeit verleihen sollen.

Ihr solltet gerade in dieser Sicht der Dinge großen Trost finden. Information kann in diesem Universum nicht vergehen. Nicht ein einziger Schritt, nicht eine einzige Erinnerung, nicht ein einziger Kummer eures Lebens wird je vergessen. Ihr als Individuum geht im Sturm der Zeit verloren, eure Moleküle werden darin zerstreut. Doch wer ihr wart, was ihr getan habt, wie ihr gelebt habt, das wird für immer in die universelle Rechnung eingebettet bleiben.

Nimm es mir nicht übel, aber das klingt immer noch so mechanistisch, so seelenlos, dieses Gerede über die Existenz als »Rechnen«.

Dann nennt es Träumen, wenn euch das lieber ist, oder Begehren, Wollen, Denken. Alles, was ihr seht, ist Teil einer unvorstellbar großen und schönen Berechnung, von einem Baby, das sein erstes Wort ausspricht, bis hin zu einem Stern, der zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Unser Universum ist eine prachtvolle Rechenoperation, die seit ihrem Anfang mit einem einzigen Axiom größter Einfachheit nun schon seit über dreizehn Milliarden Jahren läuft. Wir haben unser Abenteuer noch kaum begonnen! Wenn ihr eine Möglichkeit findet, eure eigenen, vom Fleisch beschränkten Denkprozesse auf andere natürliche Quantensysteme anzuheben, werdet ihr beginnen, die Berechnung selbst zu kontrollieren. Ihr werdet beginnen, ihre Schönheit und Vollkommenheit zu begreifen.

Wenn alles eine Rechenoperation ist, was ist dann der Sinn der Intelligenz? Des Verstandes?

Intelligenz existiert überall um euch herum, selbst in nichtlebenden

Prozessen. Ein Gewitter ist eine wesentlich anspruchsvollere, komplexere Operation als ein menschlicher Verstand. Es ist auf seine eigene Art selbst intelligent.

Ein Gewitter hat kein Bewusstsein. Ein menschlicher Geist ist sich seiner selbst gewahr. Er ist bewusst. Das ist ein Unterschied, und der ist keineswegs trivial.

Habe ich euch nicht gesagt, dass gerade dieses Bewusstsein des Selbst eine Illusion ist, hervorgebracht von der Evolution? Der Unterschied ist nicht einmal groß genug, um als trivial bezeichnet zu werden. Eine Schlechtwetterfront ist nicht kreativ. Sie fällt keine Entscheidungen. Sie kann nicht denken. Sie ist nur ein mechanistisches Zusammenspiel verschiedener Kräfte.