172166.fb2 Credo - Das letzte Geheimnis - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 31

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»Doch, das will ich. Ich muss es wissen. Das gehört zu meiner Arbeit. Diese Geheimniskrämerei sieht dir gar nicht ähnlich, Kate.«

»Wie kommst du darauf, wir hätten Geheimnisse?«

»Seit ich hier angekommen bin, habe ich das Gefühl, dass ihr alle irgendetwas vor mir verbergt. Wolkonski hat etwas angedeutet. Du auch. Bei Isabella läuft irgendetwas furchtbar schief, oder?«

Kate schüttelte den Kopf. »Himmel, Wyman, du änderst dich wohl nie – du bist immer noch so verflucht neugierig.« Sie blickte an ihrer Bluse hinab, zupfte sich einen Strohhalm von der Schulter und runzelte die Stirn.

Ein weiteres langes Schweigen. Dann hob sie mit offenkundiger Überwindung den Blick, sah ihn mit ihren intelligenten braunen Augen an, und er erkannte, dass sie einen Entschluss gefasst hatte. »Ja. Mit Isabella stimmt etwas nicht. Aber es ist nicht so, wie du wahrscheinlich denkst. Im Grunde ist es uninteressant. Blöd. Es hat nichts mit dir oder deiner Arbeit hier zu tun. Ich will nicht, dass du davon weißt, weil … nun ja, es könnte dich in Schwierigkeiten bringen.«

Ford sagte nichts. Er wartete ab.

Kate stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus. »Also schön. Du hast es so gewollt. Aber erwarte jetzt keine grandiose Enthüllung.«

Er hatte auf einmal ein entsetzlich schlechtes Gewissen ihr gegenüber. Aber er verdrängte die Schuldgefühle rasch – damit würde er sich später befassen.

»Wenn du das gehört hast, wirst du verstehen, warum wir es geheim halten.« Sie sah ihm fest in die Augen. »Isabella wurde sabotiert. Irgendein Hacker hält uns zum Narren.«

»Wie denn das?«

»Jemand hat ein Virus oder einen Trojaner in den Supercomputer eingeschleust. Offenbar handelt es sich um eine Logik bombe, die ausgelöst wird, wenn Isabella kurz davorsteht, hundert Prozent Leistung zu erreichen. Erst produziert sie ein bizarres Bild auf dem Visualizer, dann bringt sie den Supercomputer praktisch zum Absturz und schickt uns eine alberne Botschaft. Das ist unglaublich frustrierend – und extrem gefährlich. Bei so hohem Energieniveau könnten wir alle in die Luft fliegen, wenn die Strahlen aus der Bahn geraten. Schlimmer noch, eine plötzliche Energieschwankung könnte gefährliche Partikel oder Schwarze Mini-Löcher entstehen lassen. Das ist die Mona Lisa der Malware, ein echtes Meisterstück, das nur ein unglaublich guter Programmierer zustande gebracht haben kann. Wir können es nicht finden.«

»Was sind das für Botschaften?«

»Ach, SEID GEGRÜSST, HALLO oder IST DA JEMAND?«

»Wie der Anfänger-Scherz aus dem Programmierkurs – HALLO, ERDLING.«

»Genau. Ein Insider-Witz.«

»Und was passiert dann?«

»Das ist alles.«

»Mehr sagt das Ding nicht?«

»Es hat gar keine Zeit dazu. Wenn der Computer abstürzt, sind wir gezwungen, die Notabschaltung des gesamten Systems einzuleiten.«

»Ihr habt das Ding also noch nicht in ein Gespräch verwickeln können? Es ein bisschen zum Reden gebracht?«

»Machst du Witze? Wenn eine Vierzig-Milliarden-Dollar-Maschine kurz vor der Explosion steht? Außerdem würde uns das auch nicht weiterhelfen – das Ding würde nur noch mehr Blödsinn von sich geben. Und wenn der Supercomputer abgestürzt ist und Isabella noch läuft, dann ist das so, als würde man nachts bei Regen mit ausgeschalteten Scheinwerfern hundertfünfzig auf der Landstraße fahren. Wir müssten ja verrückt sein, um seelenruhig herumzusitzen und uns mit dem Ding zu unterhalten.«

»Und das Bild?«

»Sehr seltsam. Es ist schwer zu beschreiben – absolut spektakulär, ganz tiefgründig und schimmernd wie ein Geist. Wer auch immer das gemacht hat, ist auf seine Art ein Künstler.«

»Und ihr könnt die Malware nicht finden?«

»Nein. Sie ist teuflisch gerissen. Anscheinend bewegt sie sich eigenständig im System, löscht ihre Spuren aus und lässt sich einfach nicht aufdecken.«

»Warum berichtet ihr Washington nicht davon und lasst ein Team von Spezialisten anrücken, die das in Ordnung bringen?«

Sie schwieg einen Moment lang. »Dafür ist es jetzt zu spät. Wenn herauskäme, dass wir schon so lange von einem Hacker an der Nase herumgeführt wurden, gäbe es einen fürchterlichen Skandal. Das Isabella-Projekt hat es mit knapper Not durch den Kongress geschafft … Das wäre das Ende.«

»Warum habt ihr dann nicht sofort darüber berichtet? Warum versteckt ihr das Problem?«

»Wir wollten es ja melden!« Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Aber dann fanden wir, es wäre besser, die Malware zu löschen, bevor wir Bericht erstatten, damit wir sagen können, wir hätten das Problem bereits beseitigt. Ein Tag verging, der nächste, und noch einer, und wir konnten das verdammte Programm nicht finden. So ging das eine Woche lang, dann zehn Tage – und dann wurde uns klar, dass wir schon zu lange gewartet hatten. Wenn wir es so spät gemeldet hätten, hätte man uns vorgeworfen, wir wollten die Sache vertuschen.«

»Das war ein dummer Fehler.«

»Allerdings. Ich weiß auch nicht genau, wie es so weit kommen konnte … Wir konnten vor Stress kaum mehr klar denken, außerdem dauert es achtundvierzig Stunden, einen vollständigen Zyklus laufen zu lassen …« Sie schüttelte den Kopf.

»Irgendeine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?«

»Gregory glaubt, es könnte eine Gruppe brillanter Hacker sein, die auf kriminelle Sabotage aus sind. Aber da ist immer diese Angst, die niemand aussprechen will … dass der Hacker einer von uns sein könnte.« Sie hielt inne und holte zittrig Atem. »Jetzt weißt du, wie böse wir in der Klemme stecken, Wyman.«

Im Halbschatten wieherte leise ein Pferd.

»Offenbar glaubt Hazelius deshalb, Wolkonskis Tod müsse ein Selbstmord gewesen sein«, sagte Ford.

»Natürlich war es Selbstmord. Er war unser Software-Techniker, und die Demütigung, von einem Hacker so zum Narren gehalten zu werden, hat ihn schier verrückt gemacht. Der arme Peter. Er war so verletzlich, auf dem emotionalen Stand eines Zwölfjährigen – nur ein hyperaktiver, unsicherer Junge in T-Shirts, die ihm alle zu groß waren.« Sie schüttelte den Kopf. »Er war dem Druck nicht gewachsen. Der Kerl hat ja nie geschlafen. Er war Tag und Nacht da drin bei seinem Computer. Aber er konnte dieses fiese Programm einfach nicht finden. Das hat ihn wahnsinnig gemacht. Er hat angefangen zu trinken, und es würde mich nicht wundern, wenn er auch härteres Zeug genommen hat.«

»Was ist mit Innes? Sollte er das Team nicht psychologisch betreuen?«

»Innes.« Sie runzelte die Stirn. »Er meint es gut, aber er ist uns intellektuell hoffnungslos unterlegen. Ich meine, diese wöchentlichen ›Gesprächsrunden‹, dieser Blödsinn von wegen ›Lasst alles raus‹, das funktioniert vielleicht bei normalen Leuten, aber nicht bei uns. Seine Tricks sind so leicht zu durchschauen, seine Suggestivfragen, seine Psychostrategien. Peter konnte ihn nicht ausstehen.« Mit dem in Leder gehüllten Handrücken wischte sie sich eine Träne von der Wange. »Wir mochten Peter alle sehr.«

»Alle bis auf Wardlaw«, bemerkte Ford. »Und Corcoran.«

»Wardlaw … Na ja, der mag im Grunde keinen von uns, außer Hazelius. Aber du darfst nicht vergessen, dass er unter noch größerem Druck steht als wir anderen. Er ist für die Sicherheit zuständig, für alles, was bei uns geschieht. Wenn die Sache herauskäme, würde er im Gefängnis landen.«

Kein Wunder, dass er ein wenig nervös ist.

»Und was Melissa angeht, die ist schon mit einigen Mitgliedern des Teams aneinandergeraten, nicht nur mit Wolkonski. Ich … wäre an deiner Stelle sehr vorsichtig bei ihr.«

Ford dachte an das Briefchen auf seinem Kissen, sagte aber nichts.

Kate zog sich die Handschuhe aus und warf sie in einen Korb, der an der Wand hing. »Zufrieden?«, fragte sie mit scharfer Stimme.

Als Ford zu seinem Häuschen zurückging, stellte er sich dieselbe Frage. Zufrieden?

21

Pastor Russ Eddy war in seinen alten Ford Pick-up gestiegen, starrte gerade auf die Tankanzeige und überlegte, ob er noch genug Benzin hatte, um es auf die Mesa und zurück zu schaffen, als er die unverkennbare, korkenzieherförmige Staubwolke am Horizont erkannte, die ein nahendes Fahrzeug ankündig te. Er stieg aus dem Wagen, lehnte sich an die Tür und wartete.

Gleich darauf hielt ein Streifenwagen der Navajo Tribal Police vor seinem Trailer, und die Staubwolke zerstreute sich im Wind. Die Autotür ging auf, und ein staubiger Cowboystiefel kam zum Vorschein. Ein großgewachsener Mann entfaltete sich aus dem Wageninneren und richtete sich auf.

»Morgen, Pastor«, sagte er und grüßte mit der Hand am Hut.

»Morgen, Lieutenant Bia«, erwiderte Eddy und bemühte sich, seine Stimme ganz locker und ruhig klingen zu lassen.