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Matthias klopfte energisch gegen die Tür von Magnús’ Hotelzimmer. In Baldvins Zimmer hatten Matthias und Dóra niemanden angetroffen, und nun hofften sie, Baldvin wäre bei seinem Großvater. Der VERITAS-Jeep stand noch an seinem Platz, die Männer mussten also da sein. Als ein leises Rascheln von drinnen zu hören war, klatschte Dóra erfreut in die Hände. Anschließend wurde die Tür geöffnet, und Magnús stand vor ihnen. Als er die Gäste erkannte, machte er ein erbostes Gesicht. Aber seine Gesichtszüge waren schon zu schlaff und farblos, als dass er bedrohlich gewirkt hätte. Das Ergebnis wirkte eher wie schlechte Theaterschminke. »Was wollt ihr«, knurrte er.
»Eigentlich suchen wir Baldvin«, sagte Dóra höflich. »Ist er vielleicht hier?«
»Wer fragt?«, wurde aus dem Zimmer gerufen.
»Die Anwältin und dieser Deutsche«, antwortete Magnús augenblicklich, die faltige Pranke immer noch auf der Türklinke.
»Lass sie rein«, rief Baldvin. »Wir haben nichts zu verbergen.« Magnús öffnete, und Dóra und Matthias betraten das Zimmer. »Nehmt Platz.« Baldvin wies auf zwei Stühle und setzte sich in den dritten, während sein Großvater mit der Bettkante vorliebnehmen musste. »Was führt euch zu uns?«, fragte er und legte seine Hände auf den vor ihm stehenden Tisch. Dóra musste sie anstarren, weil sie so groß und kräftig waren und sie an þrösturs Worte erinnerten, dass man stark sein müsste, um mit einem Kajak aufs Meer hinauszufahren. Baldvin würde das selbst bei unruhiger See leichtfallen.
»Ich hätte nur gern ein paar Fragen beantwortet«, sagte Dóra und setzte sich zurecht. »Wie ihr vermutlich wisst, bin ich die Anwältin von Jónas, dem das Hotel gehört und der meiner Meinung nach unschuldig in Untersuchungshaft sitzt.«
»Das wissen wir«, entgegnete Magnús gereizt. »Falls du hier bist, um einem von uns die Morde in die Schuhe zu schieben, dann bist du auf dem Holzweg. Weder Baldvin noch ich sind auch nur in der Nähe gewesen. Es passiert gar nicht so selten, dass der richtige Mann in Untersuchungshaft kommt, meine Liebe. Du solltest dich vielleicht damit abfinden, anstatt uns mit diener Anwesenheit zu belästigen.«
»Lass uns nicht überreagieren«, sagte Baldvin beschwichtigend zu seinem Großvater und lächelte Dóra entschuldigend zu. Das Lächeln drang nicht bis zu seinen Augen. »Wir sind beide etwas gereizt, weil wir nicht nach Hause kommen. Die Polizei hat uns gebeten, zu warten, weil sie noch kurz mit uns beiden sprechen muss. Ich bin nicht in der Lage, über die Schuld oder Unschuld von diesem Jónas zu urteilen, aber ich kann euch, wie mein Großvater, guten Gewissens versichern, dass wir nichts damit zu tun haben. Stell einfach deine Fragen, vielleicht kann ich dich dann überzeugen.«
»Was wolltest du am Sonntagabend hier?«, fragte Dóra geradeheraus. »Dein Wagen hat den Hvalfjörður-Tunnel passiert.«
Baldvin lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm die Hände vom Tisch. »Ich bin nicht hergekommen, um diesen Unglücksraben umzubringen, falls du das meinst.«
»Sondern?«, fragte Dóra scharf. »Du bist ja wohl nicht den langen Weg gefahren, um deinen Großvater zu besuchen?«
»Nein«, erwiderte Baldvin, »ich kann es dir sagen. Ich habe beschlossen, reinen Tisch zu machen. Mit einer solchen Sache sollte man sich zwar nicht brüsten, aber ich werde sie nicht verheimlichen.« Er streckte seinen Rücken. »Ihr habt ja offenbar das Foto gefunden, und wenn ich die Polizei richtig verstanden habe, wisst ihr von Birnas Versuch, mich zu zwingen, dass ich ihr den Sieg bei der Ausschreibung für den neuen Busbahnhof verschaffe.« Dóra nickte nur. »Diese Frau war ungeheuer habgierig«, beeilte sich Baldvin hinzuzufügen. »Damit möchte ich nicht den Mord an ihr rechtfertigen. Mitnichten. Sie hat mich angerufen, mir geschrieben und mich einfach nicht in Ruhe gelassen. Dasselbe hat sie mit Großvater getan, der schließlich sogar die Reha in Reykjalundur abgebrochen hat und hergekommen ist, um sie zur Vernunft zu bringen. Er hat sehr darunter gelitten, dass seine Vergangenheit Schatten auf meine Existenz werfen könnte.«
»Wie tragisch«, bemerkte Dóra ironisch. »Aber du hast immer noch nicht deine Fahrt hierher am Sonntag erklärt.«
»Ich war hier, um in Birnas Zimmer einzubrechen«, gab Baldvin zu. »Großvater hatte erfahren, dass die Polizei es noch genauer untersuchen wollte, und ich hab gehofft, das Foto dort zu finden. Aber es war nicht da.«
»Und am Donnerstag? Da habt ihr die spiritistische Sitzung kurz nach Beginn wieder verlassen und seid nicht wiedergekommen. Warum?«
Baldvin lächelte und zeigte auf seinen Großvater. »Großvater war schwindelig. Er fühlte sich unwohl, deshalb bin ich mit ihm rausgegangen. Außerdem war die Séance nichts für uns. Wir sind nur hingegangen, weil wir Birna treffen wollten.«
»Kann das jemand bezeugen?«
»Ja, selbstverständlich«, antwortete Baldvin gelassen. »Ich habe Großvater auf sein Zimmer begleitet und seinen Arzt angerufen. Der hat mir die Nummer eines Kollegen hier in Snæfellsnes gegeben, und der ist hergekommen. Das muss gegen neun Uhr gewesen sein, und um zehn ist er wieder gegangen.«
Dóra war sofort klar, dass die beiden nicht mehr als Täter in Frage kamen. Sie hatte keine Lust, nach dem Namen des Arztes zu fragen, darum konnte sich þórólfur kümmern. Sie schaute zu Matthias. »Ich glaube, das war’s.« Sie stand auf. »Es gibt allerdings noch eine Sache, auf die ich dich hinweisen möchte, Magnús. Die Polizei ist kurz davor, das Skelett eines Kindes zu finden. Ich glaube, es ist Kristín, die Tochter von dir und Guðný Bjarnadóttir.«
»Was meinst du damit?«, fragte der alte Mann mit brüchiger Stimme. »Meine Tochter?«
»Ja, Guðný hat dir von ihr geschrieben«, sagte Dóra auf das Risiko hin, dass das gar nicht stimmte. »Ich glaube, Bjarnis Bruder Grímur, der auf dem Nachbarhof wohnte, hat sie getötet, um sich das Erbe seines Bruders unter den Nagel zu reißen — damit du es nicht bekommst.«
»Ich?« Magnús wurde immer bleicher. Dóra registrierte, dass er den Brief nicht abgestritten hatte.
»Allerdings glaube ich«, fuhr Dóra fort, bevor er weitere Fragen stellen konnte, »dass du dein Erbrecht durch dein Desinteresse verwirkt hast. Du wusstest von dem Mädchen und hättest seinerzeit Anspruch auf das Erbe erheben müssen. Allerdings hättest du noch einiges mehr tun müssen, zum Beispiel dich nach dem Schicksal des Kindes erkundigen oder dich seinerzeit um deine Tochter kümmern.« Sie ging zur Tür; Matthias folgte ihr auf den Fersen. »Ich nehme an, wenn du deine Pflicht erfüllt hättest, gäbe es jetzt kein Skelett im Keller.«
»Aber …«, setzte der alte Mann an. Baldvin sagte nichts, schaute seinen Großvater nur mit undurchdringlichem Gesicht an. »Wie kannst du das behaupten?«, brachte der Alte hervor.
Dóra war an der Tür angelangt und drehte sich noch einmal um. »Wenn Grímur gewusst hätte, dass Kristín einen Vater hatte, hätte er sie nicht verschwinden lassen.« Sie lächelte den beiden Herren zu. »Auf Wiedersehen. War nett euch kennenzulernen.«
Sie gingen hinaus und schlugen den Männern, die wie angegossen dasaßen, die Tür vorm Gesicht zu.
»Dann bleibt nur Bergur«, sagte Dóra und ächzte. »Genau genommen ist er der Unwahrscheinlichste. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie er mit einem Kajak hantiert, das er gar nicht zu benutzen bräuchte, und noch weniger kann ich mir vorstellen, dass er sich so große Sorgen um potenzielle Wiedergänger macht, dass er Leuten Nadeln in die Fußsohlen steckt.«
»Das Leben hält viele Überraschungen bereit«, meinte Matthias und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Wer hätte zum Beispiel geglaubt, dass ich mich in eine Frau mit schmutzigen Turnschuhen verlieben würde?«
Dóra betrachtete ihre Füße und grinste. Ihre Treter sahen im Vergleich zu Matthias’ frischgeputzten Schuhen ziemlich mitgenommen aus. »Oder dass ich was für einen Mann in Lackschühchen übrig haben würde.«
Dóra stapfte neben dem Bett auf und ab, während Matthias seelenruhig mit einem Bier im Sessel am Fenster saß. »Es muss Bergur sein. Er ist der Einzige, der übrig bleibt«, meinte er. »Neben Jónas.«
Dóra seufzte. »Wäre wirklich nicht schön, wenn er’s doch wäre. Kommt sonst wirklich niemand in Frage?«
»Offenbar leider nicht — uns gehen langsam die Männer aus. Nur noch Bergur und Jónas.«
»Mist, dass der Mörder keine Frau sein kann«, sagte Dóra. »Mir haben Rósa und Jökull als Bonnie und Clyde so gut gefallen. Aber wenn sie Geschwister sind, ist der Reiz weg.« Sie blieb stehen und schaute Matthias an. »Oder hast du schon mal von kriminellen Geschwistern gehört?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, noch nie. Nur von Brüdern. Die Dalton-Brüder zum Beispiel.«
»Ist es eigentlich vollkommen abwegig, dass Rósa Birna nach der Vergewaltigung entdeckt und getötet haben könnte?«, überlegte Dóra, ohne ihren Worten besonders große Bedeutung beizumessen. »Nein, das passt nicht.« Es klopfte an der Tür. Dóra rechnete mit einem ihrer Kinder und war ziemlich verwundert, Stefanía im Flur stehen zu sehen.
»Hallo«, sagte die Sexualberaterin und lächelte verlegen. »Ich wollte euch was geben. Ich hatte gehofft, ihr würdet aus eigenem Antrieb zu mir kommen, aber das scheint ja nicht der Fall zu sein.« Sie zauderte, die Hände hinter dem Rücken versteckt. Dóra zerbrach sich den Kopf darüber, was Stefanía wohl in der Hand hielt. »Ich kann euch helfen«, fügte diese hinzu und lächelte wieder.
Dóra verspürte einen Knoten im Magen. Die Frau war da, um Matthias und ihr Ratschläge für Safer Sex zu geben. Sie schluckte die Spucke, die sich in ihrem Mund angesammelt hatte, hinunter. Diesmal würde es schwierig sein, Sprachprobleme und Missverständnisse vorzuschieben. »Vielen Dank«, war das Einzige, was ihr in den Sinn kam. Sie wich nicht von der Tür, aus Angst, Stefanía könnte reinkommen und Matthias ansprechen.
»Tja, also«, sagte Stefanía. »Wie ich sehe, bist du beschäftigt. Dann gebe ich dir das einfach.« Sie reichte Dóra einen kleinen Karton. »Du kannst mich jederzeit anrufen. In dem Karton ist meine Visitenkarte. Das Gerät erklärt sich von selbst. Es ist ein Dildo, aber kein gewöhnlicher. Bei heftigen Bewegungen spritzt ein Gel heraus. Das macht die ganze Sache viel realistischer. Ein vollkommen neues Modell.« Sie lächelte.
Dóra stand da und glotzte den Karton an. »Gel, hm«, sagte sie und schaute verlegen auf. Auf einmal fiel der Groschen. Sie drückte Stefanía den Karton in die Hand und lief wieder ins Zimmer. »Warte«, sagte sie zu der Frau, die sie entgeistert anstarrte. Dann kam sie mit der Kiste zurück, die sie an der Rezeption für die Sachen aus dem Keller bekommen hatte. »Ist das dasselbe?«, fragte sie und zeigte auf den Aufdruck: Aloe vera Action.
Stefanía sah Dóra an, als hätte die eine Schraube locker. »Äh, nein«, sagte sie und verfolgte verwundert, wie Dóras Eifer in Enttäuschung umschlug. »Das war das ältere Modell. Deins ist neuer«, erklärte sie und schaute Dóra forschend an. »Die anderen sind kürzlich ausgegangen. War ein durchschlagender Erfolg. Der Letzte wurde sogar geklaut. In der letzten Woche wurde eingebrochen, und ich hab endlich festgestellt, was gestohlen wurde. Ich wollte euch nämlich den Letzten geben. Aber der da ist auch prima. Der einzige Unterschied ist, dass das Gel kein Aloe vera Gel ist.«
»Ein Einbruch«, sagte Dóra atemlos. »Wann war das?«
»Letzte Woche«, antwortete Stefanía. »Lass mal überlegen, ich bin am Dienstag gefahren, und als ich am Freitag zurückkam, hab ich’s entdeckt. Das Schloss war aufgebrochen, aber der Mord an Birna hat dieses kleine Delikt natürlich überschattet. Zumal ich am Anfang dachte, es sei nichts gestohlen worden. Hab’s eben erst gemerkt, als ich den Märchenprinzen für euch holen wollte.«
Dóra ging, die Kiste immer noch im Arm, ins Zimmer. »Matthias, rate mal, was passiert ist? Rósa steht wieder auf der Liste. Ganz oben sogar.«
Matthias sah sie trotz der Aufregung ruhig an. »Wie kommt’s?«
»Birnas Mörder ist kein Mann, sondern eine Frau. Die Vergewaltigung wurde vorgetäuscht, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu locken.« Dóra stellte die Kiste auf den Fußboden. »Wer würde so etwas tun?« Sie antwortete sich selbst: »Eine Frau natürlich. Eine Frau, die nichts von der Aloe vera Funktion wusste.«
Matthias starrte Dóra an. »Ich glaube, das musst du mir genauer erklären«, sagte er ruhig und holte sich noch ein Bier.
Dóra nahm die Mappe mit den Ermittlungsunterlagen, blätterte darin herum und reichte sie Matthias. Sie zeigte ihm ein kopiertes Foto von einem Dildo auf einem Stahltablett. »Der wurde am Strand gefunden, zusammen mit allen möglichen anderen Dingen — der Polizei muss nicht unbedingt ein Licht aufgegangen sein.« Dóra blickte zu der Kiste mit den Sachen aus dem Keller. »So ein Gerät war auch in dieser Kiste, falls du dir Gedanken darüber machen solltest, warum ich mich so gut mit Hilfsmitteln des Liebeslebens auskenne.«
Matthias betrachtete die Kiste und grinste. »Verstehe. Aber ich kapiere den Zusammenhang nicht ganz.«
»Laut Beschreibung auf der Kiste spritzt aus diesem Apparat Aloe vera Gel«, erläuterte Dóra und errötete leicht. »Frag mich nicht, warum.« Sie zeigte wieder auf das Foto. »Es ist gut möglich, dass das Sperma von zwei Männern in Birnas Vagina gefunden wurde, aber es rührte nicht von einer Vergewaltigung her.«
»Und woher willst du das wissen? Selbst wenn zwei Männer zugeben, Verkehr mit ihr gehabt zu haben, ist damit nicht gesagt, dass das mit ihrem Einverständnis stattgefunden hat.«
»Ich glaube, der Mörder wollte eine Vergewaltigung vortäuschen«, erklärte Dóra. »Mit einem solchen Gerät. Das ist die einzige vernünftige Erklärung für dieses Aloe vera. Eine Frau, die innerhalb kürzester Zeit mit zwei Männern geschlafen hat, wandert nicht mit einem Sexspielzeug am Strand entlang.« Sie zeigte noch einmal auf das Foto. »Und warum sollte jemand eine Vergewaltigung vortäuschen? Na? Um die Polizei zu verwirren natürlich. Das kann nur bedeuten, dass der Mörder eine Frau ist. Frauen vergewaltigen keine Frauen.«
»Nein«, sagte Matthias, »das stimmt wohl. Aber es gibt noch jede Menge andere Frauen, die sie ermordet haben könnten. Es muss nicht unbedingt Rósa gewesen sein.«
»Klar«, entgegnete Dóra. »Aber es muss eine Frau sein, die einen triftigen Grund hatte. Und den hatte Rósa.«
»Stimmt«, sagte Matthias, verstummte aber dann. Irritiert blickte er zu Stefanía, die um die Ecke ins Zimmer kam. Sie lächelte den beiden zu und hielt immer noch den Karton in der Hand, den sie Matthias nun reichte. Dóra hatte die Sexberaterin bei der ganzen Aufregung vollkommen vergessen.
»Bitte sehr, das ist für dich. Du darfst ihn behalten. Glaub mir, das hat schon vielen in deiner Situation geholfen«, sagte sie in gebrochenem Englisch zu Matthias, verabschiedete sich und ging.
Matthias saß reglos in seinem Sessel. In der einen Hand hielt er ein Bierglas und in der anderen einen Karton mit einem Sexspielzeug. Er war zu perplex, um etwas sagen zu können, aber sobald sich die Tür hinter Stefanía geschlossen hatte, sah er Dóra an. »Du hast der Frau doch wohl nicht erzählt, ich wär schwul?«
»Nein, bist du verrückt?«, entgegnete Dóra aus tiefstem Herzen. »Das würde ich nie tun! Komm, lass uns þórólfur suchen. Der hat’s vielleicht noch nicht begriffen.«
»Es sei denn, diese eigenartige Dame drückt jedem so ein Wundergerät in die Hand.«
In der Eingangshalle erzählte ihnen Vigdís, dass þórólfur und ein anderer Polizist mit þröstur nach draußen gegangen seien, um das Kajak zu inspizieren und abtransportieren zu lassen. Vermutlich schickten sie es ins Labor, in der Hoffnung, dass es þröstur nicht gelungen war, sämtliche Beweismittel zu beseitigen. Nach þrösturs Beschreibung war es jedoch unwahrscheinlich, dass von dem Blut noch etwas übrig war. Während Matthias und Dóra bei Vigdís standen und überlegten, ob sie warten oder einen anderen Polizisten aufsuchen sollten, sah Dóra den verletzten Börsenmakler zur Rezeption humpeln. Umständlich zog er eine Reisetasche hinter sich her. »Ich helfe ihm«, sagte Dóra zu Matthias und sprang auf Teitur zu. »Hallo! Ich mache das schon«, rief sie. Als Teitur Dóra kommen sah, belohnte er sie mit einem Lächeln.
»Vielen Dank«, sagte er erfreut und überließ Dóra die Tasche. »Ich hab immer noch tierische Schmerzen, aber ich muss nach Hause.«
»Holt dich jemand ab?«, fragte Dóra. Der Gedanke, dass er in diesem Zustand Auto fahren würde, gefiel ihr gar nicht.
»Ja, mein Bruder«, antwortete Teitur kurzatmig. »Den Wagen lasse ich später abholen. Brauchst du vielleicht zufällig ein Auto, um nach Hause zu kommen?«
Dóra lachte. »Nee, eigentlich nicht«, antwortete sie und dachte an den Jeep, den sie irgendwie in die Stadt schaffen musste. Gylfi würde ihn jedenfalls nicht fahren.
Teitur jammerte. »Dieser verfluchte Gaul«, sagte er. »Ich lasse mich nie wieder zum Reiten überreden.«
»Du hast noch Glück gehabt«, entgegnete Dóra. »Ich verstehe nicht, warum sie dir bei dem Reiterhof kein sicheres Pferd gegeben haben. Welcher Verleih war das eigentlich?«
»Ach, ein Hof oberhalb von hier; Tunga heißt er, wenn ich mich recht erinnere. Aber es war nicht deren Schuld«, erklärte Teitur.
»Tunga?« Das war bei Bergur und Rósa. Dóra war sich mittlerweile sicher, dass die beiden etwas vertuschten. »Dort hast du ein Pferd geliehen? War das zufällig ein durchgeknallter Hengst?«
Teitur lachte. »Nein, so blöd bin ich auch wieder nicht. Es war ein ganz normales Pferd. Ich hatte einfach Pech. Ich meine, wie oft trifft man schon auf einen toten Fuchs? Das Pferd war noch lange nach meinem Sturz furchtbar nervös.«
Dóra blieb stehen. »War das hier in der Nähe? Lag der Kadaver neben dem Weg zum alten Hof?«
Teitur nickte. »Genau. Ein toter Fuchs. Ich hatte keine Ahnung, dass Pferde solche Angst davor haben.«
»Hast du den Leuten vom Pferdeverleih davon erzählt?« Dóra versuchte, ruhig zu bleiben.
»Ja klar.« Teitur schien verwundert über Dóras Neugier. »Ich musste zurückfahren und ihnen beichten, dass das Pferd weggelaufen war.«
»Und du hast ihnen natürlich erzählt, wie und wo es passiert ist? Das mit dem Fuchs?«
»Ja doch«, antwortete Teitur. »Die Frau war natürlich total schockiert. Weil das Pferd weg war und ich mich verletzt hatte.«
»Diese Frau«, hakte Dóra nach, »hieß die Rósa?« Teitur nickte lächelnd. »War jemand bei ihr, der die Geschichte von dem Fuchs auch gehört hat?«, fragte sie. »Ihr Mann vielleicht?«
»Nein, sie war allein zu Hause. Ich hab keine Ahnung, ob sie ihm davon erzählt hat, aber ich glaube nicht.« Teitur schaute Dóra forschend an. »Warum fragst du?«
»Ach, nur so«, sagte Dóra gedankenversunken. »Also, ich hoffe, du kommst unversehrt nach Hause und erholst dich gut.« Sie stellte die Tasche neben der Rezeption ab.
»Mache ich«, entgegnete Teitur. Er fingerte in der Tasche seines Jacketts nach seinem Portemonnaie. Einen Augenblick dachte Dóra, er wolle ihr Trinkgeld geben, aber dann reichte er ihr seine Visitenkarte. »Du musst mich unbedingt anrufen, wenn du mal nicht weißt, was du mit deinem Geld machen sollst«, sagte er und lächelte, »ich habe ziemlich gute Anlagetipps.«
Dóra nahm die Karte, las sie höflichkeitshalber und steckte sie in die Tasche. Es würde noch viel in ihrem Leben passieren müssen, bis sie genügend Geld zusammengekratzt hätte, um es anlegen zu können. »Vielen Dank«, sagte sie. »Man weiß ja nie.«
»Eine Sache passt nicht«, meinte Matthias. »Niemand hat erzählt, dass Rósa an dem Abend der spiritistischen Sitzung hier war. Wie soll dann die Sache mit Jónas’ Handy und dem Kajak gelaufen sein?«
Dóra beobachtete, wie sich die Eingangstür öffnete, und hoffte, þórólfur würde endlich auftauchen. »Vielleicht hat Jökull das Handy für sie geklaut und die SMS geschickt.«
»Das erklärt nicht das Kajak«, erwiderte Matthias. »Sie muss hier gewesen sein, wenn der Weg übers Wasser Sinn machen soll.«
»Vielleicht war sie hier«, entgegnete Dóra. »Sie muss ja nicht zwangsläufig bei der Séance gewesen sein.«
Matthias wirkte skeptisch. »Der einzige Grund, das Kajak zu benutzen, ist meiner Meinung nach, sich unbemerkt von der Sitzung schleichen und rechtzeitig vor der Pause zurück sein zu können. Vielleicht gibt es noch eine andere Erklärung, aber ich sehe keine.«
Dóra stand auf. Sie hatten auf den Stühlen in der Eingangshalle Platz genommen, damit sie þórólfur nicht verpassten. »Ich rede mal mit Vigdís.« Dóra ging zur Rezeption. »Sag mal, Vigdís, kennst du eigentlich Jökulls Schwester?«
Vigdís nahm ein Blatt aus dem Drucker, der vor ihr auf dem Tisch stand, und griff nach dem Locher. »Meinst du Fjóla, oder wie sie heißt? Doch, doch«, sagte sie und lochte das Blatt. »Warum fragst du? Suchst du sie?«
»Sie heißt Rósa«, sagte Dóra. »Nein, ich suche sie nicht. Ich wollte nur fragen, ob du weißt, ob sie letzten Donnerstag bei der Séance war?«
»Nein«, antwortete Vigdís ohne Zögern, »sie war nicht da.« Sie öffnete eine Mappe und heftete das Blatt ein. Mittendrin hielt sie inne und schaute Dóra an. »Ach ja, sie war aber trotzdem hier.«
»Ja?«, sagte Dóra und versuchte, ihre Ungeduld zu überspielen.
»Ja, ich weiß noch, dass ich sie fast bemitleidet habe. Sie hatte einen Blumenstrauß für den Mann mit dem Reitunfall dabei. Dieser Teitur, der eben ausgecheckt hat.« Dóra nickte. »Sie musste den ganzen Weg von der Abzweigung mit dem Blumenstrauß zu Fuß gehen, weil der Weg nicht befahrbar war; der Strauß sah ziemlich mitgenommen aus.«
»Und das war ganz sicher am Donnerstagabend?«
»Hundertprozentig«, antwortete Vigdís. »Ich hatte überhaupt keine Zeit, mit ihr zu reden, weil ich so mit Kassieren beschäftigt war — alle kamen gleichzeitig. Ich hab nur den Strauß entgegengenommen und ihr versprochen, ihn zu übergeben. Sie hat sich bedankt und wollte noch kurz in die Küche zu ihrem Bruder.«
»Hast du gesehen, wann sie wieder gegangen ist?«
»Nee, ich glaube nicht«, antwortete Vigdís. »Ich wollte unbedingt zu der Séance, deshalb habe ich einen Zettel an die Rezeption gehängt, dass die Leute in den Saal kommen sollten, wenn sie Hilfe bräuchten. Wegen der Straßenverhältnisse war es unwahrscheinlich, dass neue Gäste kommen würden. Außerdem hatte ich das schnurlose Telefon dabei, falls jemand anruft.«
»Weißt du vielleicht, ob Rósa etwas mit dem Hellseher, Eiríkur, zu tun hatte?«
Vigdís schüttelte langsam den Kopf. »Nein«, sagte sie, »glaube ich nicht. Übrigens kam Eiríkur zu mir, bevor er zu Jónas ging, um sich mit ihm über Gehälter und Arbeitsbedingungen zu streiten. Er wollte irgendwelche Infos über benachbarte Grundstücksbesitzer. Brauchte die Telefonnummer der Geschwister, dieser Elín und wie heißt er nochmal …«
»Börkur«, warf Dóra ein. »Wozu brauchte er die?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Vigdís. »Ich glaube, es hatte mit dem Spuk zu tun, er war von der Sache wie besessen. Ich wusste die Nummer natürlich nicht, aber ich hatte Berthas Nummer — das Mädchen, das den alten Hof ausräumt. Ich hab ihm gesagt, er soll sie anrufen und nach der Nummer fragen.« Sie schloss die Mappe und stellte sie an ihren Platz. »Eiríkur hat versucht, sie vom Telefon an der Rezeption anzurufen, aber es ist niemand rangegangen. Ich hab ihm dann noch eine weitere Nummer eines Landbesitzers in der Nachbarschaft gegeben, die Einzige, die ich außer der Nummer des Mädchens hatte.«
»Welche war das?«
»Die Nummer von dieser Rósa«, antwortete Vigdís. Sie nahm ein DIN-A4-Blatt von einem Stapel und reichte es Dóra. »Das ist Werbung für den Pferdeverleih. Jökull hat mich gebeten, es aufzuhängen. Da stehen ihr Name und ihre Telefonnummer drauf.« Vigdís nahm das Blatt wieder an sich. »Nach dem Unfall des Börsenmaklers hab ich’s wieder abgehängt. Wollte nicht noch weitere Gäste zu Krüppeln machen.« Vigdís spürte Dóras Interesse. »Ich hab der Polizei davon erzählt, weil das kurz vor dem Mord an Eiríkur im Pferdestall gewesen ist.«
»Weißt du, ob Eiríkur bei Rósa angerufen hat?«, fragte Dóra gespannt.
»Keine Ahnung. Ich hab ihm beide Nummern auf einen Zettel geschrieben.« Sie reckte sich über den Tresen und zeigte auf etwas. »Er ist gegangen und hat telefoniert. Von dem Apparat da hinten. Ich glaube, es war das erste und letzte Mal, dass der überhaupt benutzt wurde. Er steht an einer blöden Stelle.« Sie richtete sich wieder auf. »Ich hab Eiríkur ziemlich lange reden hören, er muss also jemanden erreicht haben.« Sie kritzelte etwas auf einen gelben Zettel und reichte ihn Dóra. »Hier sind die Nummern, falls du Rósa und Bertha danach fragen willst.«
Das Telefon stand weiter hinten auf einem Beistelltisch unter einem riesigen ausgestopften Elchkopf, der für seine Größe viel zu niedrig hing. Dóra nahm den Hörer, wobei sie aufpassen musste, das Elchgeweih nicht ins Auge zu bekommen. Sie drückte auf die Rufnummeranzeige. Die erste Angabe passte zu keiner der beiden Nummern auf dem Zettel, aber dann erschienen Rósas Festnetzanschluss und anschließend Berthas Handynummer. Dóra ging davon aus, dass die erste Nummer die zuletzt gewählte war und nichts mit Eiríkur zu tun hatte. Er hatte ein zweites Mal versucht, Bertha anzurufen, sie war nicht rangegangen, und dann hatte er Rósa kontaktiert.
Alles fügte sich ineinander.
Dóra ließ sich auf den Stuhl fallen. »Wie du siehst, passt alles zusammen«, bemerkte sie zufrieden.
»Wäre es nicht an der Zeit, þórólfur zu suchen?« Matthias schaute auf seine Uhr. »Ich habe das dumpfe Gefühl, er ist gar nicht mehr da. Es ist schon ziemlich spät.«
»Vielleicht hat der Nebel ihn aufgehalten«, sagte Dóra und zeigte zum Ausgang. Draußen war sehr schlechte Sicht. Sie drehte sich zur Kellertür, die mit großem Lärm aufgerissen wurde. »Was ist denn jetzt los? Sind die immer noch nicht fertig?« Sie beobachteten, wie sich die Spannung um die Untersuchung im Keller weiter hochschaukelte. Der Knochentransport schien abgeschlossen zu sein; die Männer kamen nun mit leeren Händen nach oben. Sie gingen an Dóra und Matthias vorbei nach draußen, ohne die beiden eines Blickes zu würdigen, und kamen dann mit diversen Ausrüstungsgegenständen, Fotoapparaten, Staubsaugern, Spaten und so weiter umgehend wieder zurück.
»Ich würde sagen, das Skelett des Kindes ist aufgetaucht«, meinte Matthias.
»Puh« Dóra schüttelte sich. »Wie sehr ich es auch versuche, ich kann mir nicht vorstellen, wie man einem kleinen Kind so etwas antun kann. Es wegen irgendeiner Erbschaft in einen Kohlenkeller sperren.«
»Dieser Grímur war natürlich nicht ganz normal. Man kann unmöglich begreifen, was er getan hat«, sagte Matthias und sah einem Mann hinterher, der mit einem großen Scheinwerfer durch die Kellertür verschwand.
Plötzlich warf sich þórólfur auf den Stuhl ihnen gegenüber. Für einen so großen Mann hatte er sich unglaublich leise genähert.
»Also, liebe Leute, ich hab gehört, ihr wollt mit mir sprechen.« Er zeigte mit dem Daumen auf die Kellertür. »Ich hab nicht viel Zeit. Eigentlich müsste ich da unten sein. Was gibt’s denn?«
Dóra reichte ihm die Mappe mit den Ermittlungsunterlagen. »Ich glaube, ich weiß, wer Birna und Eiríkur ermordet hat«, begann sie. »Wir brauchen allerdings mehr als ein paar Minuten, um es zu erklären, aber ich denke, du wirst das nicht für Zeitverschwendung halten.«
þórólfur grummelte. »Sei dir da mal nicht so sicher«, sagte er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Lass hören! Aber mach’s nicht zu lang.«
Als Dóra geendet und þórólfur von Rósa, dem Fuchs, dem Aloe vera Gel, Eiríkurs Telefonat und anderen Dingen erzählt hatte, schaute sie ihn verzagt an. »Rósa ist ganz bestimmt die Mörderin, und ihr Bruder ihr Komplize, wenn nicht gar mehr als das. Du kannst das genauer recherchieren als ich.«
þórólfur sah Dóra nachdenklich an. »Ich habe schon mit ihr über das Telefonat mit Eiríkur gesprochen«, sagte er. »Sie sagt, er hätte nach dem Pferdeverleih gefragt, ob er direkt auf dem Hof oder woanders sei.«
Dóra verzog das Gesicht. »Wozu?«
þórólfur zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, ich fand das alles ziemlich sonderbar. Das mit dem Blumenstrauß und dem Gerät mit dem Gel ist sehr interessant.« Er stand auf und gähnte. »Und ich dachte, der Tag sei bald zu Ende. Ich werde wohl nochmal bei dem Ehepaar vorbeischauen müssen.« Er blickte in Richtung Kellertür. »Die Entdeckung da unten wartet schon seit Jahrzehnten. Da kann sie ruhig noch eine halbe Stunde länger warten.«
Dóra konnte ihre Freude nicht verhehlen. þórólfur schien ihre Theorie ernst zu nehmen. »Vielen Dank, þórólfur. Vielleicht hältst du mich auf dem Laufenden.« Sie erhob sich.
þórólfur winkte einen Polizisten mit nach draußen. Er warf Dóra einen Blick zu. »Das habe ich nicht gesagt.« Dann ging er grußlos von dannen.
Dóra hatte soeben die Kartoffeln und den Fisch für ihre Tochter zermatscht, die genau mitverfolgte, ob die Butter auch gleichmäßig auf dem Brei verteilt wurde. Der Koch hatte das beim kunstvollen Dekorieren des Tellers gewiss nicht geahnt. Im Speisesaal saßen nur wenige Gäste, und das Essen war schnell auf den Tisch gekommen.
»Ich weiß nicht, ob ich das essen darf«, sagte Sigga und starrte den Muschelberg vor sich an. »Ich dachte, ich hätte Pasta bestellt.« Gylfi, der Pasta bekommen hatte, betrachtete ihren Teller, offenbar in einem inneren Kampf, ob er der zukünftigen Mutter seines Kindes anbieten sollte, mit ihm zu tauschen. Schließlich bot er ihr die Hälfte von seinem Essen an, und die Muscheln landeten bei Matthias als eine Art Beilage zu dem großen Steak, das er bereits angeschnitten hatte.
Dóra stellte den Teller mit dem Kartoffel-Fisch-Brei vor ihre Tochter, die sofort zulangte. Danach zog sie ihren eigenen Teller heran. Sie freute sich auf das Essen; lange genug hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen, wer was warum getan hatte. Dóra dankte Gott dafür, den Börsenmakler in der Lobby getroffen zu haben. Das hatte sie auf der Suche nach dem Mörder weiter gebracht als vieles andere, was sie in den letzten Tagen angegangen waren. Dóra legte das Besteck wieder hin. »Wie ist er nach dem Sturz zurück zum Pferdeverleih gekommen?«, fragte sie konfus.
»Wer?«, fragte Matthias und legte eine leere Muschelschale auf den Teller.
»Teitur, der Börsenmakler. Er war verletzt und fahrunfähig. Er ist ja wohl kaum zu Fuß gegangen. Jemand muss ihn gefahren haben.«
»Ja«, sagte Matthias, »na und?« Sigga und Gylfi verfolgten das Gespräch verständnislos. Sóley ließ sich hingegen nicht ablenken; sie war vollauf damit beschäftigt, die Limomenge in den Gläsern der Geschwister zu vergleichen.
»Wenn ihn jemand gefahren oder ihm sonst wie geholfen hat, dann wusste derjenige auch, welchen Einfluss tote Füchse auf Pferde haben und wo der Kadaver lag.« Sie nahm das Handy und kramte Teiturs Visitenkarte aus ihrer Tasche hervor. »Hallo, hier ist Dóra, die Anwältin aus dem Hotel. Wer hat dich eigentlich vom Unfallort zurück zum Pferdeverleih gebracht?«
»Ach, hallo«, sagte Teitur. »Ich hatte schon gehofft, du hättest eine Investitionsentscheidung getroffen. Die Branche boomt.«
»Nee, noch nicht«, antwortete Dóra, »im Augenblick interessiere ich mich mehr für deinen Unfall.«
»Okay«, sagte Teitur ein klein wenig enttäuscht. »Ein Mädchen hat mich gesehen. Ich dachte, ich hätte es dir gesagt, als du mich nach dem Unfall gefragt hast. Sie hat mich echt gerettet, hat mich weggezogen, bevor das Pferd mich erledigt hätte. Es war total durchgedreht.«
»Welches Mädchen war das?«, fragte Dóra ruhig. »Hast du nach ihrem Namen gefragt?«
»Ja«, antwortete er. »Ich weiß ihn nur nicht mehr. Sie war zum Glück direkt in der Nähe, hat Kisten in das alte Haus am Ende des Wegs geschleppt. Sie war dann so nett und hat mich zum Pferdeverleih und anschließend zurück zum Hotel gefahren.«
»Hieß sie Bertha?«, fragte Dóra, immer noch mit besonnener Stimme, obwohl sie innerlich bebte.
»Ja!«, sagte Teitur froh. »Stimmt. Sie hieß Bertha.«