Kriminalhauptkommissar Bernhard Kleimann jubelte innerlich und war zugleich sehr irritiert. Die Abendsonne traf auf das Fenster seines Büros in der Interpol-Zentrale in Lyon. Er atmete tief durch. Seine Intuition hatte sich als richtig erwiesen. Dennoch, das, was sich nun aus den neuen Erkenntnissen an Schlussfolgerungen aufdrängte, überforderte seine Fantasie. Nochmals überflog er die Mitteilung, die er vor wenigen Minuten über das interne I-24/7-System vom Deutschen Bundeskriminalamt erhalten hatte:
… Fingerabdrücke und genetische Merkmale des von Ihnen vorgelegten Datenträgers (Glas) und der Zigarettenreste sind zweifelsfrei identisch mit der von Ihnen benannten Person. Die von Ihnen übermittelten Personaldaten stimmen überein mit den hier beim BKA vorliegenden Erkenntnissen. Die Person wurde im Rahmen eines Einstellungsverfahrens bei Interpol Paris erkennungsdienstlich behandelt. Weitere Daten und Informationen können Ihnen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht übermittelt werden, da die benannte Person nicht mehr Angehörige von Interpol ist.
Des Weiteren können wir jedoch bestätigen, dass diese Person vor drei Jahren im Rahmen einer Observation der BKA-Staatsschutzabteilung in Zusammenarbeit mit den Kollegen von der BKA-Abteilung Rauschgift sowie marokkanischen Exekutivbehörden in Rabat festgestellt und fotografiert worden ist. Zielperson war der tunesische Staatsangehörige
Jilam REZAIGUI
geb. 07.12.1960 in Tunis/Tunesien
Rezaigui besitzt zudem amtliche Personaldokumente auf unterschiedliche Aliasnamen aus Marokko, Syrien und dem Irak, darunter legale diplomatische Pässe und Dienstausweise. Jilani Rezaigui stand und steht im dringenden Verdacht, Mitglied zu sein bzw. zum Führungskader einer irakisch-marokkanisch-libanesisch-syrischen Gruppierung zu gehören. Diese Gruppe hat direkte Verbindungen zu islamisch-fundamentalistischen Terrorzellen und finanziert sich vornehmlich durch Rauschgifthandel (Heroin/Haschisch) aus dem libanesischen Bekaa-Tal. Erkenntnisse zu anderen Varianten der Beschaffungskriminalität dieser Gruppierung (u.a. Schutzgelderpressung, Waffenhandel und Kunstraub) liegen hier vor. Alle staatsschutzrelevanten Erkenntnisse sind als STRENG GE-HEIM klassifiziert. Wir bitten diesbezüglich um eine formelle Erkenntnisanfrage an die zuständige Abteilung des BKA. Ein Zugriff konnte in Rabat nicht erfolgen, weil Jilani Rezaigni einen exterritorialen Status als Mitglied der Kulturabteilung der irakischen Botschaft in Rabat innehatte. Die konkrete Verbindung zwischen Jilani Rezaigui und Francis R. konnte nicht zweifelsfrei verifiziert werden. Die Vermutung stand im Raum, dass Francis R. sich im Rahmen des Rückkaufs eines geraubten Kunstgegenstandes zu Verhandlungen im Auftrag einer Versicherungsgesellschaft in Marokko aufhielt. IPOL Neu-Delhi meldete im Jahre 2004 auffällig intensive Reisebewegungen des Jilani R. in Indien.
MfG
Meyer-Müllndorf, KHK Bundeskriminalamt
Bernhard Kleimann stand auf und ging in seinem Büro umher. Viele Fragen drängten sich ihm auf. Diese Angelegenheit war hoch brisant. Und wieder einmal war Zufall mit im Spiel gewesen. Hätte er vor zwei Wochen nicht im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Interpol-Sonderermittlungsgruppe Mraksch in einigen alten Akten über marokkanische Terrorgruppierungen zufällig diese Observationsfotos gesehen, wäre er nie über diese höchst eigentümliche Verbindung zwischen seinem alten Freund und Exkollegen Francis Roundell und der nun anhängigen Ermittlung gestolpert. Es war nur ein Verdacht gewesen, denn das Observationsfoto zeigte zwar den Araber Jilani Rezaigui ganz klar, der Mann im Hintergrund war jedoch nur unscharf abgebildet. Dennoch war Kleimann die Ähnlichkeit sofort aufgefallen. Zunächst hatte er seinen ersten Verdacht als geradezu aberwitzig abgetan. Als sich dann wenige Tage später völlig unerwartet Francis Roundell bei ihm gemeldet und um ein persönliches Gespräch unter »alten Freunden« gebeten hatte, war ihm das nach zwanzig Dienstjahren doch als zu viel des Zufalls erschienen. Und nun lag dieses Schreiben des Bundeskriminalamtes auf seinem Schreibtisch. Es bestand absolut kein Zweifel: Sein alter Freund und Kollege Francis Roundell hatte vor einigen Jahren direkten Kontakt zu diesem Jilani Rezaigui gehabt. Warum, das war nicht ganz klar. Vielleicht war er tatsächlich als Kunstexperte mit dem Rückkauf gestohlener Kunstgegenstände beschäftigt gewesen. Solche Deals zwischen Kunsträubern und Versicherungsgesellschaften liefen immer unter extremster Geheimhaltung ab, zumal sie letztendlich illegal waren, von den Ermittlungsbehörden jedoch mehr oder minder stillschweigend geduldet wurden. Die Versicherungsgesellschaften zeigten sich im Gegenzug manchmal sehr kooperativ und übermittelten nach einem heimlichen Rückkauf die ihnen vorliegenden Erkenntnisse. Zu Festnahmen kam es dennoch höchst selten.
Ja, dachte Hauptkommissar Bernhard Kleimann, eigentlich sprach einiges dafür, dass Francis Roundell einer dieser heiß begehrten Vermittler war, die im Graubereich zwischen Legalität und Illegalität arbeiteten. Seine berufliche Vita sprach dafür. Als Exkriminalbeamter und Interpol-Beamter mit viel Erfahrung im Betrugsdezernat und nun Sicherheitschef eines Kunst-Auktionshauses hatte er eigentlich all das Know-how, das solche Versicherungsagenten haben sollten. Sie brauchten diese Erfahrungen, wenn sie Dieben und Räubern die gestohlene Ware abkaufen wollten, für die Versicherungen ansonsten viel Geld an den Versicherungsnehmer zahlen müssten. In diesem Zusammenhang war der Diebstahl der so genannten »Saliera«, des goldenen Salzfasses von Benvenuto Cellini, das im Mai 2003 aus dem Kunsthistorischen Museum Wien gestohlen worden war, in die Schlagzeilen geraten und auch Thema einer Sonderkonferenz bei Interpol geworden. Der Versicherungswert dieses unersetzbaren Kunstwerkes, das hatte er als Mitarbeiter der damaligen Interpol-Sonderkommission erfahren, war nicht einmal konkret zu beziffern. Fest stand lediglich, dass die involvierte UNIQA-Versicherung im Höchstfall eine Summe von zirka sechsunddreißig Millionen Euro im Einzelschadensfall zahlen müsste, würde das gestohlene Objekt nicht nach drei Jahren wieder auftauchen. Da war viel Spielraum für die Kunstagenten! Wenn es ihnen beispielsweise gelänge, die Saliera für einen Bruchteil der Versicherungssumme, also erfahrungsgemäß zirka zwanzig Prozent, von den Dieben zurückzukaufen, dann würde die Versicherung eine unvorstellbare Summe sparen. Diebe wie Kunstagenten wären gleichermaßen glücklich, denn die Erfolgsprämie läge sicherlich bei zehn Prozent des Versicherungswerts. Ein solcher Agent könnte dann bei einem Deal wie bei der Saliera schnell mal einige Millionen einstecken – plus der ohnehin ausgelobten siebzigtausend Euro Belohnung!
So etwas wusste Francis Roundell natürlich. Er war ein alter Fuchs und ein erfahrener, sehr cleverer Ex-Bulle. Fakt aber war jetzt, dass Francis offensichtlich sehr engen Kontakt zu höchst gefährlichen Leuten gehabt hatte. Oder noch hatte. Denn dieser Jilani Rezaigui, mit dem zusammen Francis heimlich fotografiert worden war, galt als die Hauptzielperson der Interpol-Sonderkommission Mraksch! Seine Rolle bei den beiden Raubüberfällen war noch nicht geklärt. Offen war ebenfalls, ob er einer der beiden Männer war, die in Ambulanzflügen aus Europa entkommen waren. Fest stand lediglich, dass sich mehrere Männer in ein und demselben Haus in Marrakesch aufhielten, und unter ihnen befand sich auch Jilani Rezaigni. Wie aber sollte Kleimann nun mit diesen brisanten Informationen über Francis umgehen? Francis war sein Freund, ein guter Freund. Der Raub der beiden Diamanten machte die Situation nicht einfacher. Ständig geschahen eigentümliche Dinge. So konnte er sich zum Beispiel nicht erklären, warum sich ein Staatssekretär aus dem Bayrischen Innenministerium über das BKA ständig nach dem aktuellen Ermittlungsstand erkundigte. Was hatte dieser Staatssekretär mit der Sache zu tun? Erkenntnisse über ihn lagen Kleimann nicht vor. Über das Internet hatte er lediglich herausgefunden, dass der Beamte mit Freiherr von Hohenstein in München Jura studiert hatte. Die beiden kannten sich also. Dennoch, Kleimann wurde aus diesem großen Interesse an der Soko Mraksch nicht schlau. Wahrscheinlich ist das wieder einmal so eine Gefälligkeitsklamotte, dachte er sich.
Bernhard Kleimann kehrte in Gedanken zurück zu seinem alten Freund und seinen merkwürdigen Verabredungen. Was, so schoss es ihm durch den Kopf, würde passieren, wenn er den Leiter der Soko Mraksch über diese dubiose Sache mit Francis Roundell informieren würde? Er hatte nicht vor, Francis Ärger zu bereiten, aber die Sonderkommission zur Klärung der Raubüberfälle von Bayern und Florenz war mit Topleuten und Kriminalbeamten aus vielen Staaten besetzt. Darunter befanden sich auch Marokkaner. Sie waren es gewesen, die auf die Bezeichnung für die Soko gekommen waren. Denn »Mraksch« hieß auf Arabisch »Stadt«. Und in Marokko gab es eine Stadt, die ihren heutigen Namen davon ableitete – Marrakesch! Genau dort hielt sich jetzt dieser Jilani Rezaigui auf. Zufall?
»Die Frage ist letztendlich«, murmelte Bernhard Kleimann an diesem Dezemberabend in Lyon vor sich hin und entschied, seine Karriere nicht für einen alten Freund zu riskieren, »… die Frage ist, wo Francis Roundell jetzt steckt!«
»Viktoria … grüß dich! Ich bin’s!« Marie-Claire de Vries war froh, ihre Berliner Kollegin noch so spät am Abend telefonisch zu erreichen. »Du, ich habe im Hotel Esplanade meinen Schminkkoffer stehen lassen. Könntest du dich bitte darum kümmern und ihn mir, wenn ihr ihn gefunden habt, per Post schicken?«
Genüsslich streckte sich Marie-Claire auf ihrem Bett aus. Sie fühlte sich pudelwohl. Schon die letzte Nacht hatte sie ausgezeichnet geschlafen, gemütlich gefrühstückt und zum ersten Mal seit langem wieder Zeit gehabt, all ihre Gedanken und die neuesten Erkenntnisse zu ordnen. Längst hatten sich ihr E-Mail-Postfach und der Briefkasten mit Informationen und Dokumenten von der Sicherheitsabteilung in London, von Universitätsbüchereien und Antiquariaten gefüllt. Sie brauchte dringend Zeit, das Puzzle um den Florentiner zusammenzusetzen. Morgen würde sie für Francis Roundell einen Zwischenbericht erstellen. Jetzt, nach dem Abendessen und einem herrlichen Bad, wollte sie nur noch einige Telefonate erledigen. Es wunderte sie nicht, dass sie ihre Schminkutensilien in Berlin vergessen hatte. Das nächtliche Gespräch mit Sanjay war bis in die frühen Morgenstunden gegangen. Beinahe hätte sie sogar ihren Rückflug verschlafen. Sie hatte nicht einmal die Zeit gehabt, sich zu schminken, sie war vielmehr in großer Eile zum Flughafen gefahren. Ihre Kollegin Viktoria, die gern plauderte und für die der Job bei Christie’s ein wahrer Segen war, plapperte am anderen Ende des Telefons wie ein Wasserfall. Als sie den Namen ihres Sicherheitschefs beiläufig erwähnte, kam Marie-Claire plötzlich ein Gedanke.
»Sag mal, Vicki, wer hat eigentlich diese beiden Inder, die Brüder Kasliwal, auf die Einladungsliste für diesen Abend gesetzt? Das sind ja keine Berliner oder Hamburger Kunden, meines Wissens sind sie in der Regel auf den Auktionen in London und in Genf anzutreffen.«
Neugierig lauschte Marie-Claire den Worten ihrer Kollegin. Abrupt richtete sie sich auf. Jede Antwort hatte sie erwartet, nur nicht diese!
»Bist du sicher?«, unterbrach sie Viktoria. »Francis Roundell? Das ist aber sehr ungewöhnlich. Die Einladungen werden doch von der Verkaufs- oder Marketingabteilung rausgeschickt. Francis hat überhaupt nichts damit zu tun …«
Gespannt hörte sie ihrer Kollegin zu. So wohlig müde sie nach dem heißen Bad gewesen war, so hellwach war sie jetzt. Nach zwei, drei weiteren Fragen an Viktoria legte sie den Hörer auf, holte sich einen Cognac, zündete sich völlig in Gedanken eine Zigarette falsch herum an, überlegte – und wählte dann die Handynummer von Francis Roundell. Sie wusste, dass er Wert darauf legte, rund um die Uhr erreichbar zu sein. Und das war er eigentlich schon immer. Von seinen persönlichen Lebensumständen wusste sie nichts. Er erzählte nie freiwillig von sich. Das war ihr vorher nie aufgefallen. Eigentlich kannte sie ihn kaum. Genau in dem Moment meldete er sich am anderen Ende der Leitung. Er klang hellwach, obwohl es spät in der Nacht war.
»Hallo, Francis! Tut mir Leid, dass ich Sie noch so spät störe, aber ich war den ganzen Tag über so fix und fertig, dass ich es einfach nicht früher geschafft habe. Ich wollte Sie nur telefonisch vorab über den derzeitigen Stand meiner Recherchen informieren. Einen ausführlichen Bericht bekommen Sie dann morgen per E-Mail.«
Marie-Claire bemühte sich, ruhig zu wirken, aber eigentlich war sie sehr nervös. Da war es wieder, dieses untrügliche Gefühl, ihre Intuition, die ihr schon so oft im Leben geholfen hatte.
Sie berichtete ihm, dass es ihr gelungen war, Kontakt zu Gregor von Freysing aufzunehmen. Sie erzählte von ihrer Lektüre diverser Bücher, den höchst interessanten Aspekten, die sie dem Buch Vitrine XIII entnommen hatte und die sie nun nachzurecherchieren gedenke. Schließlich stellte sie die Frage, die sie am meisten beschäftigte.
»Bei meinem Vortrag in Berlin waren zwei Inder anwesend, ein Sanjay Kasliwal und sein Bruder Pappu, beides Kunden von Christie’s und renommierte Schmuckhändler aus Jaipur. Ich habe mit ihnen sehr aufschlussreiche und interessante Gespräche geführt, wobei ich mich gefragt habe, wie diese beiden Männer eigentlich auf die Einladungsliste gekommen sind. Wissen Sie das, Francis?«
Nervös nippte Marie-Claire an dem Cognac und zog hektisch an der Zigarette. Francis’ Antwort kam prompt. Obwohl sie ein wenig damit gerechnet hatte, war sie doch so überrascht, dass ihr das Glas aus der Hand rutschte und der Cognac sich über ihren Bauch ergoss.
»Ach so, die Marketingabteilung aus London … ja, klar doch, die hatten erfahren, dass die beiden in Berlin sind … ich verstehe, ja, hätte ich mir auch denken können.«
Zehn Minuten dauerte das Telefonat mit Francis Roundell. Es kam ihr unendlich lange vor. Kaum, dass sie den Hörer aufgelegt hatte, schenkte sie sich einen weiteren Cognac ein. Wieder griff sie zu einer Zigarette. Sie ging unruhig im Zimmer auf und ab, blieb am Fenster stehen, schaute hinunter auf den Donaukanal und dachte nach. Warum hatte Francis sie angelogen? Warum hatte er nicht gesagt, dass er bei der PR-Abteilung in London darauf bestanden hatte, dass diese beiden Männer aus Jaipur unbedingt eingeladen wurden? Marie-Claire hatte genau das von Viktoria erfahren. Die Kollegen der PR-Abteilung hatten Viktoria extra telefonisch davon in Kenntnis gesetzt und dabei keinen Hehl aus ihrer Überraschung gemacht, dass der Sicherheitschef persönlich sich um eine Einladungsliste kümmerte. Niemand im Hause Christie’s hatte davon gewusst, dass die Brüder Kasliwal überhaupt in Europa waren! Warum auch, dachte Marie-Claire, der eine war gekommen, um Polofreunde in Hamburg zu besuchen und mit ihnen dann in St. Moritz auf dem gefrorenen See Winterpolo zu spielen. Und der andere, Sanjay, war auch nicht in Europa unterwegs, um an Auktionen teilzunehmen. Aber warum, zum Teufel, hatte Francis ihr die Unwahrheit gesagt und die beiden Männer nach Berlin einladen lassen? Eine weitere Frage drängte sich Marie-Claire auf, die sie selbst betraf. Seit Berlin gab es eine Sache, die sie permanent beschäftigte, und dazu hatte sei Francis eigentlich befragen wollen: zu dem Mann in der Bar. Dieser Mann in Harry’s New York Bar ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Dieser Krückstock auf seinem Schoß! Kein Mensch lässt seinen Krückstock stundenlang quer über seinem Schoß liegen und bewegt sich gleichzeitig nicht einmal einen Millimeter! Es war geradezu unnatürlich, wie starr dieser Mann dort, zwei Meter von ihnen entfernt, gesessen hatte. Alleine. Mit einem Krückstock ohne Gummipfropfen unten dran. Aber ein Loch hatte dieser Stock am unteren Ende gehabt, ein Loch, in das ein Metallteil eingearbeitet gewesen war. Danach hatte sie Francis Roundell eigentlich fragen wollen, hatte wissen wollen, ob es technisch möglich sei, in einem solchen Krückstock ein Mikrofon, ein Richtmikrofon einzubauen. Eines, das man unerkannt und perfekt auf die Teilnehmer eines Gesprächs am Nebentisch richten konnte. Seine Lüge hatte Marie-Claire von ihrer Frage abgehalten.
Marie-Claire war fassungslos und zugleich verwirrt. Ihr Misstrauen gegen Francis Roundell, den Sicherheitschef von Christie’s und ihren Auftraggeber, hatte sich als richtig erwiesen. Wem konnte sie jetzt noch vertrauen? Doch vor allem fragte sie sich, was diese Lüge zu bedeuten hatte. Sie blätterte lustlos in ihren Unterlagen. Ein Merkzettel fiel heraus. Es war eine Notiz, die sie sich am Berliner Flughafen gemacht hatte. Einen Moment lang überlegte sie, dann nahm sie das Handy und tippte eine SMS. »Freue mich auf den Wörthersee! Wann, wo? Bitte Rückruf morgen Vormittag. Gruß, Marie-Claire.«