172633.fb2 Die Bruderschaft - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 15

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FÜNFZEHN

In der Mittagszeit, wenn der Publikumsverkehr bei Mailbox Amerika erfahrungsgemäß zunahm, betrat ein Agent nonchalant hinter zwei anderen Kunden den Raum mit den Postfächern und öffnete zum zweiten Mal an diesem Tag das Fach Nummer 455. Es enthielt drei Reklamesendungen — Pizza-Service, Autowaschanlage und U. S. Post Service — und einen hell orangefarbenen länglichen Briefumschlag. Mit einer Pinzette, die an seinem Schlüsselbund befestigt war, zog der Agent den Brief aus dem Fach und ließ ihn in eine kleine lederne Aktenmappe gleiten. Die Reklamesendungen blieben unberührt.

In Langley wurde der Umschlag von Experten geöffnet. Man entnahm ihm zwei handgeschriebene Seiten und kopierte sie.

Eine Stunde später betrat Deville mit einem Aktenordner in der Hand Teddys Bunker. Deville war für das zuständig, was man in den Tiefen von Langley mittlerweile als» den Lake-Schlamassel «bezeichnete. Er reichte Teddy und York Kopien des Briefes und projizierte ihn dann auf die große Leinwand. Teddy und York starrten auf den Brief. Er war in leicht lesbaren Druckbuchstaben geschrieben, als hätte der Verfasser sich bei jedem Wort große Mühe gegeben.

Lieber AI!

Wo steckst du? Hast du meinen letzten Brief bekommen? Ich habe dir vor drei Wochen geschrieben und seitdem kein Wort von dir gehört. Du bist wahrscheinlich sehr beschäftigt, aber bitte vergiss mich nicht. Ich fühle mich hier sehr einsam und deine Briefe haben mir immer Kraft und Hoffnung gegeben, denn durch sie weiß ich, dass es da draußen jemanden gibt, der an mich denkt. Bitte lass mich nicht hängen, AI!

Mein Berater sagt, dass ich vielleicht in zwei Monaten entlassen werde. Es gibt ein Offenes Haus in Baltimore, nicht weit von da, wo ich aufgewachsen bin, und die Leute hier versuchen, dort einen Platz für mich zu bekommen. Ich kann 90 Tage bleiben, lange genug, um einen Job und ein paar Freunde zu finden und mich wieder an das Leben in der Gesellschaft zu gewöhnen. Nachts wird das Haus abgeschlossen, aber tagsüber kann ich tun und lassen, was ich will.

Ich hab nicht viele gute Erinnerungen, AI. Alle, die mich je geliebt haben, sind inzwischen tot und mein Onkel, der diese Klinik bezahlt, ist sehr reich, aber auch sehr grausam.

Ich brauche so dringend Freunde, AI.

Übrigens habe ich noch einmal fünf Pfund abgenommen, meine Taillenweite ist jetzt 80. Das Foto, das ich dir geschickt habe, ist langsam veraltet. Mir hat mein Gesicht darauf sowieso nicht so gut gefallen: zu viel Fleisch auf den Wangen.

Ich bin jetzt viel schlanker und braun gebrannt. Wir dürfen zwei Stunden am Tag in der Sonne liegen, wenn die Temperaturen es erlauben. Wir sind hier zwar in Florida, aber trotzdem ist es manchmal zu kühl. Ich schicke dir bald ein neues Foto, vielleicht mit nacktem Oberkörper. Ich trainiere wie ein Verrückter mit Hanteln. Ich glaube, das neue Foto wird dir gefallen.

Du hast doch geschrieben, dass du mir auch eins schicken würdest. Ich warte darauf. Bitte vergiss mich nicht, AI. Ich brauche deine Briefe.

Alles Liebe, Ricky

Da York die Aufgabe gehabt hatte, jeden Aspekt von Aaron Lakes Leben unter die Lupe zu nehmen, hatte er das Gefühl, etwas sagen zu müssen, doch ihm fiel nichts ein. Schweigend lasen sie den Brief ein zweites und drittes Mal.

Schließlich brach Deville das Schweigen.»Und das ist der Umschlag«, sagte er und projizierte ihn auf die Leinwand. Er war an Mr. AI Konyers, Mailbox America, adressiert. Der Absender lautete: Ricky, Aladdin North, P.O. Box 44683, Neptune Beach, FL 32233.

«Das ist eine Deckadresse«, sagte Deville.»Es gibt keine Drogenklinik namens Aladdin North, nur einen Eintrag im Telefonbuch, aber wenn man dort anruft, meldet sich ein Auftragsdienst. Wir haben zehn Mal dort angerufen und nachgefragt, aber die Leute vom Auftragsdienst wissen von nichts. Wir haben in jeder Reha- und Drogenklinik in Nord-Florida angerufen, aber niemand hat je von Aladdin North gehört.«

Teddy starrte schweigend an die Wand.

«Wo liegt Neptune Beach?«knurrte York.

«Jacksonville.«

Deville durfte gehen, wurde aber angewiesen, sich in Bereitschaft zu halten. Teddy machte sich auf einem Block mit grünem Papier Notizen.»Es gibt noch andere Briefe und mindestens ein Foto«, sagte er, als wäre dieses Problem eine reine Routineangelegenheit. Panik war etwas, das Teddy Maynard unbekannt war.

«Wir müssen sie finden«, fügte er hinzu.

«Sein Haus ist zwei Mal gründlich durchsucht worden«, sagte York.

«Dann durchsucht es ein drittes Mal. Ich glaube kaum, dass er so was in seinem Büro aufbewahrt.«

«Und wann — «

«Jetzt. Lake ist auf Stimmenfang in Kalifornien. Es eilt, York. Es gibt vielleicht noch mehr geheime Postfächer, noch mehr Männer, die ihm schreiben, wie braun gebrannt sie sind und wie schlank ihre Taille ist.«

«Werden Sie ihn zur Rede stellen?«

«Noch nicht.«

Da man von Mr. Konyers' Handschrift keine Vorlage besaß, machte Deville einen Vorschlag, der Teddy sehr gefiel: Konyers sollte schreiben, er habe einen neuen Laptop mit eingebautem Drucker. Der erste Entwurf stammte von Deville und York und nach einer Stunde Arbeit und drei Änderungen las er sich so:

Lieber Ricky!

Ich habe deinen Brief vom 22. erhalten; bitte entschuldige, dass ich dir nicht früher geantwortet habe. Ich bin in letzter Zeit ständig unterwegs und habe entsetzlich viel zu tun. Diesen Brief schreibe ich übrigens in 10000 Metern Höhe über dem Golf von Mexiko, unterwegs nach Tampa. Ich benutze einen neuen Laptop, der so klein ist, dass ich ihn fast in die Tasche stecken kann. Ein Wunder der Technik. Der Drucker lässt allerdings zu wünschen übrig. Ich hoffe, dass du alles gut lesen kannst. Wunderbar, die Nachricht von deiner baldigen Entlassung und dem Offenen Haus in Baltimore. Ich habe dort einige geschäftliche Kontakte und bin sicher, dass ich dir helfen kann, einen Job zu finden. Kopf hoch — es sind ja nur noch zwei Monate. Du bist jetzt viel stärker und kannst das Leben genießen. Lass dich nicht entmutigen.

Ich werde dir auf jede erdenkliche Weise helfen, und wenn du in Baltimore bist, werde ich dich besuchen und dir alles zeigen und so weiter.

Ich verspreche, dass ich das nächste Mal schneller antworten werde. Ich kann es kaum erwarten, von dir zu hören.

Alles Liebe,

AI ”

AI war in Eile gewesen und hatte den Brief nicht handschriftlich unterschrieben. Änderungen wurden besprochen und eingefügt — das Schriftstück wurde so sorgfältig ausgearbeitet wie ein Vertrag. Die Endversion wurde auf Briefpapier des Royal Sonesta Hotels in New Orleans gedruckt und in einen dicken, braunen Umschlag gesteckt, in dessen Bodenfalte ein dünner Draht eingearbeitet war. In einer Ecke, die beim Transport geknickt und beschädigt worden zu sein schien, steckte ein winziger Sender, nicht größer als ein Stecknadelkopf. Sobald er aktiviert war, sendete er drei Tage lang ein 100 Meter weit reichendes Signal aus.

Da AI unterwegs nach Tampa war, erhielt der Umschlag einen Poststempel von Tampa, datiert auf denselben Tag. Das dauerte nicht länger als eine halbe Stunde und wurde unten, in der ersten Etage, von ein paar sehr eigenartigen Leuten aus der Abteilung Dokumente erledigt.

Um vier Uhr nachmittags hielt ein alter, grüner Lieferwagen vor Aaron Lakes Haus in der Thirtyfourth Street, im Schatten eines der zahlreichen Bäume in dieser hübschen Gegend von Georgetown. Die Aufschrift auf der Tür verriet, dass es sich um einen örtlichen Installationsbetrieb handelte. Vier Installateure stiegen aus und luden ihr Werkzeug ab.

Nach ein paar Minuten begann die einzige Nachbarin, die die Männer bemerkt hatte, sich zu langweilen und kehrte zu ihrem Fernseher zurück. Lake war in Kalifornien und der Secret Service hatte ihn begleitet. Sein Haus wurde noch nicht rund um die Uhr bewacht, jedenfalls nicht vom Service. Das würde sich allerdings bald ändern.

Als Tarnung dienten Arbeiten an einem verstopften Abwasserrohr unter dem kleinen Vorgarten — es war etwas, das man reparieren konnte, ohne das Haus zu betreten. Das würde den Secret Service ablenken, falls der vorbei kam.

Doch zwei der Installateure betraten das Haus, und zwar mit eigenen Schlüsseln. Ein weiterer Lieferwagen derselben Firma kam, um Werkzeug zu bringen, und zwei Installateure gesellten sich zu den vier anderen und machten sich an die Arbeit.

Im Haus begannen vier der Agenten mit der mühseligen Suche nach verborgenen Papieren. Sie nahmen sich ein Zimmer nach dem anderen vor und durchsuchten nahe liegende Verstecke ebenso wie die geheimsten Winkel.

Der zweite Wagen fuhr davon und ein dritter kam aus einer anderen Richtung und parkte mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig, wie Lieferwagen es oft tun. Vier weitere Installateure machten sich an die Arbeit und zwei von ihnen verschwanden bald im Haus. Nach Einbruch der Dunkelheit wurde im Vorgarten ein Scheinwerfer aufgestellt und so ausgerichtet, dass er durch die Fenster ins Haus leuchtete, so dass man das drinnen eingeschaltete Licht nicht bemerkte. Die vier Männer, die draußen geblieben waren, erzählten sich Witze, tranken Kaffee und versuchten, sich warm zu halten. Die Nachbarn, die vorbeigingen, hatten es eilig. Nach sechs Stunden war das Rohr gereinigt, das Haus durchsucht. Man hatte nichts Ungewöhnliches gefunden, jedenfalls keine geheime Mappe mit Briefen von einem Ricky, der in einer Drogenklinik saß. Und auch kein Foto. Die Installateure schalteten den Scheinwerfer aus, packten ihr Werkzeug zusammen und waren wenig später spurlos verschwunden.

Am nächsten Morgen um halb neun, als das Postamt in Neptune Beach öffnete, betrat ein Agent namens Barr die Räumlichkeiten in großer Eile, als käme er zu spät zu einem Termin. Barr war Experte für Schlösser und hatte gestern Nachmittag in Langley fünf Stunden damit verbracht, verschiedene von der amerikanischen Post verwendete Schlosstypen zu studieren. Er hatte vier Passepartout-Schlüssel, von denen einer bestimmt auf das Fach mit der Nummer 44683 passen würde. Wenn nicht, würde Barr das Schloss knacken müssen. Das konnte bis zu einer Minute dauern und würde vielleicht Aufmerksamkeit erregen. Doch der dritte Schlüssel passte und Barr legte den braunen Umschlag mit dem Poststempel vom Vortag, adressiert an Ricky (kein Nachname) in Aladdin North, in das Postfach. Es enthielt bereits zwei andere Briefe und einen Prospekt, den Barr herausnahm. Er schloss die Tür des Fachs, knüllte die Reklamesendung zusammen und warf sie in den Papierkorb.

Barr und zwei Kollegen warteten geduldig in einem Lieferwagen auf dem Parkplatz. Sie tranken Kaffee und machten Videoaufnahmen von jedem Postkunden. Sie waren 70 Meter von dem Postfach entfernt. Das kleine Empfangsgerät fing das Signal aus dem Umschlag auf und piepte leise. Drüben herrschte ein Kommen und Gehen: eine Schwarze in einem kurzen braunen Kleid, ein Weißer mit Bart und Lederjacke, eine Weiße in einem Jogginganzug, ein Schwarzer in Jeans — allesamt CIA-Agenten, die das Postfach überwachten und nicht wussten, wer den Brief geschrieben hatte und an wen er adressiert war. Ihre Aufgabe war es, denjenigen zu finden, der das Postfach gemietet hatte. Sie fanden ihn nach dem Mittagessen.

Trevor trank sein Mittagessen bei Pete's, beschränkte sich aber auf zwei kühle Biere vom Fass und ein paar Erdnüsse aus der großen Schale, während er bei einem Schlittenhundrennen in Calgary 50 Dollar verlor. Dann kehrte er in seine Kanzlei zurück, machte ein einstündiges Nickerchen und schnarchte dabei so laut, dass seine leidgeprüfte Sekretärin am Ende seine Tür schließen musste. Genau genommen schlug sie die Tür zu, allerdings nicht so laut, dass er aufwachte.

Von Segelbooten träumend machte er sich auf den Weg zum Postamt. Da es ein schöner Tag war, er nichts anderes zu tun hatte und sein Kopf ein bisschen ausgelüftet werden musste, beschloss er, zu Fuß zu gehen. Er war entzückt, vier von diesen kleinen Schätzen im Postfach von Aladdin North zu finden. Er steckte sie sorgfältig in die Innentasche des abgetragenen Seersucker-Jacketts, rückte seine Fliege zurecht und schlenderte in der Gewissheit, dass ein weiterer Zahltag kurz bevorstand, davon.

Er hatte nie die Versuchung verspürt, die Briefe zu lesen. Sollten die Jungs im Knast doch die schmutzige Arbeit tun. Er behielt saubere Hände, schmuggelte die Post hinein und wieder hinaus und kassierte ein Drittel. Außerdem würde Spicer ihm den Kopf abreißen, wenn er Briefe ablieferte, die bereits geöffnet worden waren.

Sieben CIA-Agenten sahen ihn zurück zu seiner Kanzlei schlendern.

Teddy schlief in seinem Rollstuhl, als Deville eintrat. York war nach Hause gegangen; es war nach 22 Uhr. York war verheiratet, Teddy nicht. Deville erstattete Bericht, wobei er hin und wieder einen Blick auf seine Notizen warf.»Der Brief wurde um dreizehn Uhr fünfzig von einem ansässigen Rechtsanwalt namens Trevor Carson abgeholt. Wir sind ihm zu seiner Kanzlei in Neptune Beach gefolgt. Dort ist er achtzig Minuten geblieben. Es ist eine kleine Kanzlei — nur eine Sekretärin, nicht viele Mandanten. Carson ist ein kleiner Fisch, hängt am Strand herum, macht Scheidungen, Immobilienverträge, Kleinkram. Er ist achtundvierzig, mindestens zwei Mal geschieden, stammt aus Pennsylvania, sein College war Furman, studiert hat er an der Florida State. Vor elf Jahren wurde ihm wegen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit ihm anvertrauten Geldern die Zulassung entzogen, er hat sie inzwischen aber zurückerhalten.«

«Schon gut, schon gut«, sagte Teddy.

«Um fünfzehn Uhr dreißig hat er seine Kanzlei verlassen und ist zum Bundesgefängnis in Trumble gefahren. Das hat eine Stunde gedauert. Die Briefe hat er mitgenommen. Wir sind ihm gefolgt, haben aber das Signal verloren, als er reingegangen ist. Seitdem haben wir Material über Trumble zusammengetragen. Es ist ein Gefängnis mit minimaler Bewachung, ein so genanntes Camp. Keine Mauern, keine Zäune, ein Knast für leichte Fälle. Tausend Insassen. Laut einem Beamten in der Vollzugsbehörde hier in Washington ist Carson ein Dauerbesucher. Niemand, auch kein anderer Anwalt, ist so oft dort. Bis vor einem Monat war er ein Mal pro Woche da, inzwischen kommt er drei Mal pro Woche. Manchmal auch vier Mal. Alle Besuche sind offizielle Anwaltsbesuche.«

«Und wer ist sein Mandant?«

«Jedenfalls nicht Ricky. Carson ist der juristische Vertreter von drei Richtern.«

«Von drei Richtern?«

«Ja.«

«Drei Richtern, die im Gefängnis sitzen?«

«Ja. Sie nennen sich die Bruderschaft.«

Teddy schloss die Augen und massierte seine Schläfen. Deville schwieg kurz und fuhr dann fort:»Carson war 45 Minuten im Gefängnis, und als er wieder rauskam, haben wir kein Signal empfangen. Wir hatten inzwischen direkt neben seinem Wagen geparkt. Er ist anderthalb Meter neben unserem

Empfänger vorbeigegangen und wir sind sicher, dass er den Brief nicht mehr hat. Dann sind wir ihm nach Jacksonville gefolgt, zurück zum Strand. Er hat in der Nähe einer Kneipe namens Pete's Bar and Grill geparkt und ist hineingegangen. Wir haben uns den Wagen angesehen und seine Aktentasche gefunden. Es waren acht Briefe an verschiedene Männer im ganzen Land darin. Keine eingehende Post, nur ausgehende. Offenbar schmuggelt Carson sie für seine Mandanten. Vor einer halben Stunde saß er noch immer ziemlich betrunken in der Kneipe und setzte auf College-Basketballspiele.«,

«Ein Versager.«

«Ganz und gar.«,

Der Versager stolperte hinaus, als irgendein Spiel an der Westküste in die zweite Verlängerung ging. Spicer hatte drei von vier Spielen richtig getippt, und da Trevor sich wie immer an ihm orientiert hatte, hatte er heute Abend 1000 Dollar verdient.

Er war zwar betrunken, aber klug genug, sich nicht in seinen Wagen zu setzen. Das Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer, das er vor drei Jahren über sich hatte ergehen lassen müssen, war ihm noch in schmerzlicher Erinnerung, und außerdem wimmelte es hier von Cops. Die Restaurants und Bars in der Nähe des Sea Turtle Inn zogen die Jungen und Rastlosen und damit auch die verdammten Cops an.

Das Gehen bereitete ihm gewisse Schwierigkeiten, aber immerhin schaffte er es bis zu seiner Kanzlei. Dazu brauchte er sich bloß in südlicher Richtung zu halten, an den kleinen Sommerhäusern und Alterssitzen vorbei, die dunkel und friedlich dalagen. In der Hand hatte Trevor die Aktentasche mit den Briefen aus Trumble.

Er ging weiter und suchte nach seinem Haus. Ohne irgendeinen Grund überquerte er die Straße und tat dasselbe einen halben Block weiter noch einmal. Es herrschte kein Verkehr. Als Trevor wieder umkehrte, um sich neu zu orientieren, näherte er sich einem Agenten, der sich hinter einen geparkten Wagen ducken musste, bis auf zwanzig Meter. Die Armee der Schatten beobachtete ihn und musste auf einmal befürchten, dass dieser betrunkene Tölpel über einen der Ihren stolperte.

Irgendwann gab er es auf und schaffte es, seine Kanzlei zu finden. Vor dem Eingang suchte er umständlich nach dem Schlüssel, stellte den Aktenkoffer ab und vergaß ihn sogleich. Kaum eine Minute später saß er in dem Drehsessel hinter seinem Schreibtisch und schlief tief und fest. Die Vordertür stand halb offen.

Die Hintertür war die ganze Zeit nicht abgesperrt gewesen. Gemäß den Anweisungen aus Langley hatten Barr und seine Kollegen das ganze Gebäude verdrahtet. Es gab weder eine Alarmanlage noch Schlösser an den Fenstern. Allerdings gab es auch nichts, was einen Einbrecher hätte reizen können. Es war ein Leichtes, die Abhörmikrofone und Transmitter in den Telefonen und an versteckten Stellen zu installieren, umso mehr, als sich offenbar keiner der Nachbarn dafür interessierte, was in den Räumlichkeiten von Rechtsanwalt L. Trevor Carson vor sich ging.

Man öffnete den Aktenkoffer und legte ein Verzeichnis des Inhalts an. In Langley wollte man genau wissen, an wen die Briefe gerichtet waren, die der Anwalt aus Trumble herausgeschmuggelt hatte. Als alles untersucht und fotografiert worden war, stellte man den Aktenkoffer im Flur vor Trevors Büro ab. Das Schnarchen war beeindruckend und unaufhörlich. Gegen zwei Uhr morgens schloss Barr den VW Käfer kurz, der noch bei Pete's Bar and Grill stand. Er fuhr damit durch die leeren Straßen und parkte ihn vor der Kanzlei. In ein paar Stunden würde der betrunkene Anwalt sich die Augen reiben und sich auf die Schulter klopfen, weil er seinen Wagen so sicher nach Hause gefahren hatte. Vielleicht würde er aber auch entsetzt sein, weil er wieder einmal betrunken am Steuer gesessen hatte. Barr und seine Kollegen würden es jedenfalls hören.