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Im Morgengrauen ging der Haupteingang des Gefängnisses Newgate zum Old Bailey auf, und die ersten Teile des Galgengerüsts wurden herausgetragen. Zuerst brachte man die Absperrung, die den fertigen Galgen umgeben würde, und stellte ihn mitten auf der Straße auf, um die wenigen Kutschen, die an einem frühen Sonntagmorgen zwischen Ludgate Hill und Newgate Street unterwegs waren, umzuleiten. William Brown, der Verwalter von Newgate, trat an den Haupteingang, gähnte, kratzte sich den kahlen Kopf, zündete sich eine Pfeife an und ging einen Schritt beiseite, als die Träger die schweren Balken brachten, die das Ständerwerk des Galgenpodests bildeten. »Es wird ein herrlicher Tag, Mister Pickering«, sagte er zu dem Vorarbeiter.
»Es wird heiß, Sir.«
»Auf der anderen Straßenseite gibt es reichlich Bier.«
»Gott sei Dank, Sir«, sagte Pickering und schaute an der Gefängnisfassade hinauf. Unmittelbar über der Schuldnerpforte gab es ein Fenster, auf das er nun mit dem Kopf deutete. »Sir, ich habe mir überlegt, dass wir uns eine Menge Arbeit ersparen könnten, wenn wir unter dem Fenster eine Plattform bauen würden, die ständig da bleiben könnte, verstehen Sie? Eine Falltür und ein Balken darüber, dann brauchten wir nicht jedes Mal das Gerüst aufzubauen.«
Der Verwalter schaute nach oben. »Sie bringen sich mit Ihrem Gerede um Ihre Arbeit, Mister Pickering.«
»Ich wäre sonntags lieber zu Hause bei Mrs. Pickering, Sir. Und wenn Sie da oben eine Plattform hätten, würde sie den Verkehr nicht behindern und die Leute könnten besser sehen.«
»Vielleicht sogar zu gut?«, sagte der Verwalter. »Ich weiß nicht so recht, ob die Leute den Todeskampf sehen sollten.«
Bei diesem Gerüst mit seinen verhängten Seitenwänden konnten nur die Leute, die sich einen Platz an den oberen Fenstern dem Gefängnis gegenüber mieteten, in die Fallgrube schauen, wo die Gehenkten mit dem Tode rangen.
»In der Horsemonger Lane sehen sie den Todeskampf ja auch«, wandte Pickering ein. »Die Leute haben es gern, wenn sie sie richtig sterben sehen. Deshalb gefiel ihnen Tyburn so gut! In Tyburn konnte man gut sehen.« Im vorigen Jahrhundert wurden die zum Tode Verurteilten auf einem Wagen von Newgate auf die Freiflächen in Tyburn gefahren, wo ständig ein Galgen mit drei Galgenbäumen stand, umgeben von Sitzreihen. Die Fahrt dauerte zwei Stunden, immer wieder unterbrochen von Aufenthalten, wenn die Zuschauer aus den Schänken die Straße verstopften. Die Behörden hatten die Karnevalsstimmung verabscheut, die mit Hinrichtungen in Tyburn immer einhergegangen war, und aus diesem Grund hatten sie in der Überzeugung, dass Hinrichtungen vor dem Gefängnis Newgate würdiger ablaufen würden, das alte dreieckige Galgengerüst abgebaut und die Fahrt durch den Pöbel abgeschafft. »Ich habe die letzte Hinrichtung in Tyburn miterlebt«, erzählte Pickering, »ich war damals erst sieben, aber ich habe das nie vergessen!«
»Es soll sich ja auch einprägen«, sagte der Gefängnisverwalter, »sonst wäre es ja wohl keine Abschreckung, oder? Warum sollen wir also den Todeskampf verbergen? Ich bin fest überzeugt, dass Sie Recht haben, Mister Pickering, und werde Ihren Vorschlag an den Stadtrat weiterleiten.«
»Nett von Ihnen, Sir, sehr nett von Ihnen.« Pickering tippte sich mit dem Knöchel an die Stirn. »Gibt es morgen viel zu tun, Sir?«
»Nur zwei«, sagte der Verwalter, »aber einer von ihnen ist der Maler Corday. Sie erinnern sich? Das war der Bursche, der die Countess of Avebury erstochen hat.« Er seufzte. »Wird eine ganz schöne Menge Volk anlocken.«
»Bei dem schönen Wetter allemal, Sir.«
»Sicher, sicher«, sagte der Verwalter, »wenn es schön bleibt.« Er trat beiseite, als ein Küchenmädchen seiner Frau mit einem großen Porzellankrug die Treppe hinunter zu dem Milchmädchen lief, das die Milch in zwei großen Kübeln mit Deckel an einem Joch über den Schultern trug. »Riech dran, Betty«, rief er hinter ihr her, »riech dran! Letzte Woche war die Milch sauer.«
Das Ständerwerk wurde zusammengesteckt und mit Holznägeln gesichert, während die Seitenverkleidung und die schwarzen Stoffbahnen, mit denen das gesamte Gerüst verhüllt wurde, auf dem Bürgersteig gestapelt waren. Der Verwalter klopfte seine Pfeife an dem schwarzen Türklopfer aus und ging hinein, um sich für den Sonntagsgottesdienst umzuziehen. Es herrschte kaum Verkehr auf Old Bailey, nur einige Gaffer schauten zu, wie das Galgengerüst allmählich wuchs, und ein halbes Dutzend Sängerknaben blieben auf dem Weg zur Kirche St. Sepulchre stehen und schauten mit offenem Mund zu, wie der schwere Galgenbaum mit den dunklen Metallhaken aus dem Gefängnis getragen wurde. Ein Kellner aus dem Magpie and Stump brachte den Arbeitern ein Tablett mit gefüllten Bierkrügen auf Kosten des Wirtes, der das gute Dutzend Männer den ganzen Tag über bestens versorgen würde. Es war Tradition, die Gerüstbauer mit Freibier zu versorgen, zumal der Galgen der Schänke am kommenden Tag ein lebhaftes Geschäft bereiten würde.
Weiter östlich in Wapping öffnete ein Schiffsausrüster einem Kunden die Hintertür. Sein Laden war sonntags geschlossen, aber dieser Kunde war etwas Besonderes. »Wie es aussieht, wird es morgen schön, Jemmy«, sagte der Händler.
»Dann kommen bestimmt viele Leute«, sagte Mister Botting und schob sich an Tauen und Taljen vorbei in den Laden, »ich habe es gern, wenn viele kommen.«
»Ein geschickter Mann braucht ein dankbares Publikum«, sagte der Händler und führte seinen Kunden an einen Tisch, auf dem er zwei zwölf Fuß lange Hanfseile für Botting bereit gelegt hatte. »Einzölliges Seil, Jemmy, geölt und gekocht«, sagte der Händler.
»Schön, Leonard, sehr schön.« Botting beugte den Kopf und schnupperte an den Seilen.
»Rate mal, wo sie herkommen«, sagte der Händler. Er war stolz auf die beiden Seile, die er ausgekocht und mit Leinöl eingerieben hatte, um sie geschmeidig zu machen. Anschließend hatte er liebevoll zwei Schlingen geknüpft und in das freie Ende eine Öse gespleißt.
»Sieht nach Bridport-Hanf aus«, sagte Botting, obwohl er wusste, dass es nicht so war. Er sagte es lediglich, um dem Händler eine Freude zu machen.
Der Schiffsausrüster kicherte vergnügt. »Kein Mensch sieht, dass das kein Bridport-Hanf ist, Jemmy, aber es ist keiner. Es ist Sisal, Trossensisal.«
»Nein!« Botting, dessen Gesicht von einem nervösen Tic zuckte, beugte sich herunter, um das Seil genauer zu untersuchen. Er hatte Anweisung nur den besten neuen Bridport-Hanf zu kaufen, und seine Rechnung an den Stadtrat würde zwei dieser teuren Seile ausweisen, aber es hatte ihm schon immer widerstrebt, gutes Seil auf Galgenstricke zu verschwenden.
»Es stammt aus dem Fallleinenfass eines Kohlenschiffs aus Newcastle«, sagte der Händler, »vermutlich westafrikanischer Schund, aber wenn du es auskochst, ölst und mit ein bisschen Schuhwichse einschmierst, merkt kein Mensch den Unterschied, oder? Für dich kosten sie einen Schilling das Stück, Jemmy.«
»Ein guter Preis«, willigte Botting ein. Er würde zwei Schillinge bezahlen und neun Schillinge und neun Pence für die beiden Seile in Rechnung stellen. Nachdem sie ihren Zweck erfüllt hätten, würde er sie in Stücke schneiden und für den Preis verkaufen, den der Markt hergäbe. Keiner der Männer, die morgen hingerichtet werden sollten, war ein wirklich berüchtigter Verbrecher, aber die Neugier auf den Mörder der Countess of Avebury könnte den Preis für Cordays Strang in die Höhe treiben. Er würde jedenfalls einen ordentlichen Gewinn machen. Er prüfte an einem der Seile, ob die Schlinge sich zusammenzog, und nickte zufrieden. »Außerdem brauche ich noch Kordel für die Fesseln«, sagte er. »Vier Längen.«
»Ich habe schon schwedische Kordel für dich bereit gelegt, Jemmy«, sagte der Händler. »Du bindest ihnen also immer noch selbst Hände und Ellbogen?«
»Nicht mehr lange«, sagte Botting. »Danke!« Der Händler hatte Branntwein in zwei Blechnäpfe gegossen. »Bei der letzten Vollstreckung waren zwei Stadträte da«, erzählte Botting. »Sie taten so, als wären sie nur zum Vergnügen da, aber ich weiß Bescheid. Mister Logan war dabei, und er ist ein ganz anständiger Kerl. Er weiß, was nötig ist. Aber der andere hat sich bestimmt gewünscht, er wäre weggeblieben. Gekotzt hat er! Konnte den Anblick nicht aushalten!« Er kicherte. »Aber Mister Logan hat mir hinterher gesteckt, dass sie mir einen Helfer geben.«
»Ein Mann braucht einen Helfer.«
»Allerdings, allerdings.« Jemmy Botting trank seinen Branntwein, nahm die Seile und folgte dem Händler zu einem Fass, in dem er die Kordel aufbewahrte. »Das wird eine einfache Sache morgen«, sagte Botting. »Nur zwei aufzuknüpfen. Kommst du auch?«
»Bestimmt, Jemmy.«
»Hinterher trinken wir ein Bier zusammen«, sagte Botting, »und zum Mittagessen gibt es ein Steak.«
Zehn Minuten später ging er mit Seil und Kordel in der Tasche. Er musste nur noch die beiden Baumwollsäcke bei einer Näherin abholen, dann war er fertig. Er war der Henker von England und würde am nächsten Tag bei Morgengrauen seines Amtes walten.
Sandman war an diesem Sonntagmorgen schlechter Laune. Er hatte kaum geschlafen, war angespannt und gereizt, und Megs Gejammer machte es nur noch schlimmer. Berrigan und Sally waren kaum besserer Stimmung, besaßen aber genügend Verstand, sich still zu verhalten, während Meg sich beklagte, dass man sie mit Gewalt nach London brachte, und zu kreischen anfing, als Sandman sie als selbstsüchtig und dumm beschimpfte.
Billy, den Stallknecht, ließen sie im Dorf zurück. Da er unmöglich vor der Kutsche in London eintreffen konnte, hatte er keine Möglichkeit, den Seraphim Club zu warnen. »Und wie komme ich nach Hause?«, beklagte er sich.
»Genauso wie wir von Lissabon nach Toulouse gekommen sind«, herrschte Sandman ihn an, »zu Fuß.«
Die Pferde waren müde. Sie hatten auf dem Dorfanger gegrast, wo sie ständig den aufdringlichen Gänsen hatten ausweichen müssen, denen ihre Anwesenheit missfallen hatte. Aber die Pferde waren Hafer und Getreide gewohnt, nicht spärliches Gras, und gingen schwerfällig im Geschirr, ließen sich aber von Mackesons Peitsche anspornen und trabten einigermaßen zügig nordwärts, als die Sonne über die Baumwipfel im Osten stieg. Kirchengeläut hallte durch einen sommerlichen Himmel, an dem hohe weiße Wolken nach Westen trieben. »Sind Sie Kirchgänger, Captain?«, erkundigte sich Berrigan, der vermutete, dass Sandmans Laune sich durch ihr zügiges Fortkommen gebessert haben dürfte.
»Selbstverständlich«, antwortete Sandman, der mit Berrigan und Mackeson auf dem Kutschbock saß und Sally und Meg das Innere der Kutsche überlassen hatte. Es war Sallys Idee gewesen, mit Meg allein in der Kutsche zu sitzen. »Mir macht sie keine Angst«, hatte Sally erklärt, »außerdem redet sie vielleicht eher mit einem Mädchen?«
»Ich bin nicht sonderlich für die Kirche«, sagte Berrigan, »dafür habe ich keine Zeit, aber die Glocken höre ich gern.« Rund um sie her war das Wechselläuten von den Kirchtürmen zu hören, die hinter den Laubwäldern Kents verborgen lagen. Ein Hundekarren voller Kinder in Sonntagsstaat und mit Gebetbüchern holperte auf dem Weg zur Sonntagsmesse vorbei. Die Kinder winkten.
Die Glocken verstummten, als die Gottesdienste begannen. Die Kutsche kam durch ein Dorf mit verlassenen Straßen. Als sie an der Kirche vorüberratterten, hörte Sandman ein Cello, das das alte Kirchenlied Erwecke meine Seele begleitete. Er erinnerte sich, dass sie dieses Lied am Morgen vor der Schlacht um Salamanca gesungen hatten, raue, tiefe Männerstimmen unter einer aufgehenden Sonne, die an einem Tag brennenden Todes erbarmungslos sengende Hitze schicken sollte. Mackeson ließ das Gespann an einer Furt jenseits des Dorfes halten, und als die Pferde tranken, klappte Sandman den Tritt herunter, damit Sally und Meg sich die Beine vertreten konnten. Er schaute Sally fragend an, die nur den Kopf schüttelte. »Verstockt«, raunte sie Sandman zu.
Meg stieg aus, funkelte Sandman wütend an und bückte sich, um Wasser zu schöpfen. Anschließend saß sie am Ufer und schaute den Libellen zu. »Wenn die Füchse meine Hühner fressen, bringe ich Sie um«, sagte sie zu Sandman.
»An Ihren Hühnern liegt Ihnen wohl mehr als am Leben eines Unschuldigen?«
»Soll er doch hängen«, sagte Meg. Sie hatte ihre Haube verloren, und ihr Haar hing wirr und strähnig herunter.
»In London werden Sie mit anderen Männern reden müssen, die nicht so freundlich sind«, warnte Sandman.
Das Mädchen schwieg.
Sandman seufzte. »Ich weiß, was passiert ist«, sagte er. »Sie waren im Zimmer, als Corday die Countess malte. Jemand kam die Hintertreppe herauf. Sie brachten Corday über die Vordertreppe hinunter, nicht wahr? Sein Gemälde und seine Pinsel ließen sie im Schlafzimmer der Countess und schoben ihn eilig auf die Straße, weil einer der Liebhaber der Countess gekommen war. Ich weiß, wer es war. Es war der Marquess of Skavadale.« Meg runzelte die Stirn und sah aus, als wolle sie etwas sagen, starrte aber dann nur in die Ferne. »Und der Marquess von Skavadale will eine sehr reiche Erbin heiraten«, fuhr Sandman fort, »er braucht diese Heirat, weil seine Familie in Geldnot ist, in verzweifelter Geldnot. Aber das Mädchen wird ihn nicht heiraten, wenn sie erfährt, dass er eine Liaison mit der Countess hatte, und damit hat die Countess ihn erpresst. So verdiente sie ihr Geld, nicht wahr?«
»Tatsächlich?«, fragte Meg tonlos.
»Sie waren ihre Kupplerin, nicht wahr?«
Meg schaute Sandman aus kleinen, bitteren Augen an. »Ich war ihre Kupplerin, Mann, und die hatte sie auch nötig. Viel zu gutmütig war sie.«
»Aber Sie beschützten sie nicht!«, sagte Sandman barsch. »Der Marquess tötete sie, und Sie fanden es heraus. Überraschten Sie ihn dort? Hörten Sie den Mord vielleicht mit an? Oder sahen ihn gar! Also brachte er Sie fort und versprach Ihnen Geld. Aber eines Tages wird er es leid werden, Sie zu bezahlen, Meg. Er lässt sie nur leben, bis Corday am Galgen hängt, denn danach wird niemand mehr glauben, dass ein anderer der Schuldige war.«
Mit dem Anflug eines Grinsens fragte Meg: »Und warum hat er mich nicht sofort umgebracht, was?«
Sie starrte Sandman trotzig an. »Wenn er schon die Countess ermordet hatte, warum sollte er dann nicht auch die Zofe töten? Sagen Sie mir das, los!«
Darauf konnte Sandman nicht antworten. Es war das Einzige, was er sich nicht zu erklären vermochte, obwohl alles andere einen Sinn ergab und er glaubte, dass sich auch dieses Rätsel mit der Zeit klären würde. »Vielleicht mag er Sie?«, mutmaßte er.
Meg starrte ihn ein Weilchen fassungslos an und lachte dann bellend auf. »Einer wie der? Soll mich mögen? Nein.« Sie wedelte ein Insekt von ihrem Rock. »Er ließ mich die Hühner versorgen, das ist alles. Ich mag Hühner. Hühner habe ich schon immer gemocht.«
»Captain!« Berrigan saß bereits auf dem Kutschbock und schaute nach Norden. »Captain!«, rief er noch einmal. Sandman stand auf, ging zur Kutsche, schaute über die Felder nach Norden und sah oben auf einem dicht bewaldeten Hügel, wo die Landstraße nach London als Schneise am Horizont verlief, eine Reitergruppe. »Sie haben uns gesehen«, sagte Berrigan.
Sandman hatte kein Fernglas, und die Reiter waren zu weit entfernt, um sie deutlich zu erkennen. Es waren sechs oder sieben, und Sandman hatte den vagen Eindruck, dass sie zur Kutsche schauten und mindestens einer von ihnen ein Fernglas hielt. »Könnte irgendwer sein«, sagte er.
»Könnte«, antwortete Berrigan, »aber Lord Robin Holloway trägt gern einen weißen Reitrock, und er hat einen großen Rappen.«
Der Mann in der Mitte der Gruppe trug einen weißen Rock und ritt einen großen Rappen. »Verdammt«, fluchte Sandman leise. Ob Flossie im Seraphim Club geredet hatte? Hatte sie verraten, dass Sandman dort eingedrungen war? In diesem Fall dürften sie wohl einen Zusammenhang zwischen ihm und der fehlenden Kutsche hergestellt und sich Sorgen wegen Meg in Kent gemacht haben, worauf sie einen Trupp Reiter ausgeschickt haben würden, um zu verhindern, dass Sandman das Mädchen nach London brachte. Noch während er diese Überlegungen anstellte, sah er die Reitergruppe in den Bäumen verschwinden. »Geben Sie ihnen die Peitsche«, befahl er Mackeson. »Sergeant! Bringen Sie Meg in die Kutsche! Schnell!«
Wie lange würde es dauern, bis die Reiter sie erreichten? Zehn Minuten? Vermutlich weniger. Sandman überlegte, ins Dorf zurückzufahren, wo er eine Kreuzung gesehen hatte. Aber es war kein Platz, das Fahrzeug zu wenden, und als Meg sicher im Wagen verstaut war und Mackeson die Pferde antrieb, befahl Sandman ihm, an der ersten Abzweigung von der Straße abzubiegen. Irgendeine Seitenstraße oder ein Feldweg hätte genügt, aber es gab keine, und während die Kutsche weiterholperte, rechnete Sandman jeden Augenblick mit dem Erscheinen der Reiter. Er starrte gebannt nach vorn und hielt Ausschau nach einer Staubwolke über den Bäumen. Zumindest war diese Gegend dicht bewaldet, so dass die Kutsche verborgen bliebe, bis die Reiter sie schon beinahe erreicht hätten. Und als Sandman gerade schon die Hoffnung aufgeben wollte, je einen Fluchtweg zu finden, führte rechts eine schmale Straße den Hang hinunter. Er befahl Mackeson, dort abzubiegen.
»Schlechte alte Straße«, warnte Mackeson.
»Biegen Sie ab!«
Das Fahrzeug schwenkte in die schmale Straße und verfehlte nur knapp einen knorrigen Eichenstamm, als es um die scharfe Kurve bog. »Ich hoffe, sie führt überhaupt irgendwohin.« Mackeson klang amüsiert. »Sonst stecken wir fest.«
Die Kutsche schwankte und holperte bedenklich, da die Straße nur aus tief ausgefahrenen Wagenspuren bestand, die getrocknet waren und sich verfestigt hatten, aber sie führte zwischen dichten Hecken und weiten Obstwiesen hindurch, und jedes Stück brachte sie weiter von der Straße nach London weg. Sandman ließ Mackeson nach einigen Minuten halten, stieg auf das Dach der Kutsche und spähte zurück, sah aber keine Reiter auf der Straße. Hatte seine Angst ihn übervorsichtig gemacht? Plötzlich schrie Meg, schrie ein zweites Mal durchdringend, und als Sandman vom Dach der Kutsche stieg, hörte er einen Schlag. Das Geschrei verstummte, und er sprang auf die Straße. Berrigan öffnete das Fenster, das nicht zerbrochen war. »Nur eine verdammte Wespe«, sagte er und schnippte das tote Insekt in die Hecke. »Nach dem Theater, das sie veranstaltet, sollte man meinen, es wäre ein Krokodil.«
»Ich dachte schon, sie wollte Sie umbringen«, sagte Sandman. Er wollte gerade wieder auf den Kutschbock steigen, als Berrigan ihn zurückhielt. Er blieb stehen, lauschte und hörte Hufschläge.
Das Geräusch zog vorbei. Die Reiter waren auf der Hauptstraße geblieben und nicht in die schmale Straße eingebogen. Sandman tastete nach der Pistole, die in seinem Gürtel steckte, und erinnerte sich an einen Tag in den Pyrenäen, wo ihn und seinen kleinen Spähtrupp eine Schar Dragoner verfolgt hatte. Drei Männer hatte er an jenem Tag verloren, alle gefallen durch französische Degen, und er war nur entkommen, weil er zufällig einen Offizier der Grünröcke mit einem Dutzend Männern getroffen hatte, die die Reiter mit ihren Gewehren vertrieben hatten. Heute bestand keine Chance, auf einen befreundeten Offizier zu treffen. Würden die Reiter sie hier suchen? Die Hufschläge verklangen, aber Sandman zögerte, die Kutsche weiterfahren zu lassen, da das Fahrzeug sehr laut war. Allerdings vermutete er, dass Megs Schrei noch lauter gewesen sein dürfte, aber die Verfolger nicht angelockt hatte. Also schwang er sich auf den Kutschbock und nickte Mackeson zu. »Fahren Sie ganz vorsichtig weiter.«
»Was anderes geht hier sowieso nicht«, sagte Mackeson mit einer Kopfbewegung nach vorn, wo die Straße eine scharfe Linkskurve machte. »Ich muss ganz an den Rand fahren, Captain, es ist eine scharfe Kehre.«
»Fahren Sie langsam.« Sandman stand auf und schaute nach hinten, aber es waren keine Reiter in Sicht.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Mackeson.
»Irgendwo da vorn muss es einen Bauernhof geben«, sagte Sandman, »und wenn gar nichts mehr geht, spannen wir die Pferde aus, wenden die Kutsche von Hand und spannen wieder an.«
»Sie ist nicht für so schlechte Straßen gebaut«, sagte Mackeson vorwurfsvoll, aber er schnalzte mit der Zunge und ruckte fast unmerklich an den Zügeln. Die Straße war schmal und die Kurve überaus eng, aber die Pferde nahmen sie ganz langsam. Die Kutsche schwankte, als die Räder auf den Randstreifen rollten. Die Pferde spürten den Widerstand und ließen in ihrer Zugkraft nach, aber Mackeson knallte mit der Peitsche über ihren Köpfen und zuckte erneut mit den Zügeln. In diesem Augenblick rutschte das linke Vorderrad eine Böschung hinunter, die von Gras und Ampferblättern verdeckt war, die ganze Kutsche neigte sich zur Seite, Mackeson wedelte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten, und Sandman klammerte sich am Dachgeländer fest. Die Pferde wieherten, Meg schrie erschrocken auf, die Speichen des Rades, das nun die ganze Last der Kutsche in dem versteckten Graben allein abfangen musste, brachen eine nach der anderen, bis unweigerlich auch die Felge nachgab und die Kutsche mit einem harten Ruck aufsetzte. Mackeson war es irgendwie gelungen, auf dem Kutschbock zu bleiben. »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass sie nicht fürs Land taugt«, sagte er vorwurfsvoll, »das ist ein Fahrzeug für die Stadt.«
»Jetzt ist es überhaupt kein Fahrzeug mehr«, knurrte Berrigan. Er war aus dem schräg geneigten Fahrgastabteil geklettert und half den beiden Frauen auf die Straße.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Mackeson Sandman.
Sandman balancierte auf dem Dach der Kutsche, beobachtete die Straße dahinter und lauschte. Der Radbruch war mit erheblichem Lärm vonstatten gegangen, und die Kutsche hatte laut auf der Böschung aufgesetzt, nun meinte er wieder Hufschläge zu hören.
Er zog die Pistole. »Still! Alle!«
Er war sicher, dass er Hufe hörte und dass sie näher kamen. Er spannte die Waffe, sprang auf die Straße und wartete.
Reverend Horace Cotton, der Gefängnispriester von Newgate, kauerte mit geschlossenen Augen auf seiner Kanzel und wirkte, als sammele er alle körperlichen und geistigen Kräfte für eine höchste Anstrengung. Er atmete tief durch, ballte die Fäuste und stieß einen angsterfüllten Schrei aus, der von den hohen Deckenbalken der Newgate-Kapelle widerhallte. »Feuer!«, heulte er. »Feuer, Schmerzen, Flammen und Qualen! All die bestialischen Foltern des Teufels erwarten euch. Ewiges Feuer, unvorstellbare Schmerzen, unaufhörliches Heulen und Zähneknirschen, und wenn das Leid schier unerträglich erscheint, wenn es scheint, als könne keine Menschenseele, nicht einmal eine so verdorbene wie die eure, solche Pein auch nur einen Augenblick länger ertragen, dann werdet ihr merken, dass dies erst der Anfang ist!« Er ließ die Worte nachklingen und senkte die Stimme zu einem Ton nachsichtiger Vernunft, kaum mehr als ein Flüstern. »Das ist erst der Anfang eurer Qual. Es ist erst der Anfang eurer Strafe, die euch die ganze Ewigkeit hindurch peinigen wird. Selbst wenn die Sterne vergehen und neue Firmamente entstehen, werdet ihr im Höllenfeuer schreien, das euer Fleisch martert, als würde es mit Haken zerrissen und mit Brandeisen versengt.« Er beugte sich über die Kanzelbrüstung und starrte mit großen Augen auf die schwarze Bank, auf der die beiden zum Tode Verurteilten neben dem schwarz lackierten Sarg saßen. »Ihr werdet ein Spielball der Dämonen sein«, prophezeite er ihnen, »gerüttelt, geschlagen, verbrannt, und zerrissen. Es wird eine Pein ohne Ende. Eine Qual ohne Unterlass. Eine Folter ohne Erbarmen.«
Durch die Stille in der Kapelle hallte das Hämmern der Arbeiter, die jenseits der hohen Fenster das Galgengerüst aufbauten, und Charles Cordays Schluchzen. Reverend Cotton richtete sich erfreut auf, weil es ihm gelungen war, einen der Übeltäter zu brechen. Er ließ den Blick über die Kirchenbänke schweifen, in denen andere Gefangene saßen, die teils ebenfalls die schwarze Bank erwartete, teils aber auch die Deportation nach Australien und in die Vergessenheit. Er schaute hinauf zu der Empore für die Öffentlichkeit, die wie stets am Tag vor einer Hinrichtung voll besetzt war. Die Gläubigen auf der Empore bezahlten für das Privileg, die zum Tode Verurteilten bei ihrem letzten Seelenamt zu sehen. Es war heiß an diesem Tag, und einige Frauen auf der Empore hatten sich vorher mit Fächern Kühlung verschafft, aber nun flatterte kein bemalter Karton mehr. Alle waren still, reglos, wie gebannt von den Grauen erregenden Worten, die der Ordinarius wie ein verhängnisvolles Spinnennetz über den Köpfen der beiden Todgeweihten spann.
»Nicht ich prophezeie euch dieses Schicksal«, mahnte Reverend Cotton, »nicht ich sehe die Qualen eurer Seelen voraus, sondern Gott! Gott hat euch dieses Schicksal prophezeit! Bis in alle Ewigkeit werdet ihr vor Schmerz heulen, wenn die Heiligen sich am Ufer des kristallenen Flusses sammeln, um Gott zu preisen.« Charles Corday schluchzte mit gesenktem Kopf und zuckenden Schultern. Seine Fußeisen, die mit einem Eisenring um seine Taille verbunden waren, klirrten leise bei jedem Schluchzer. Der Gefängnisverwalter, der in seiner eigenen Familienbank hinter der schwarzen Bank saß, runzelte die Stirn. Er war sich nicht sicher, ob diese berüchtigten Predigten sonderlich dazu beitrugen, die Gefängnisordnung zu erhalten, denn sie jagten Männern und Frauen Angst und Schrecken ein oder forderten sie zu gottlosem Trotz heraus. Der Verwalter hätte einen stillen, würdigen Gottesdienst mit gedämpft gemurmelten Gebeten vorgezogen, aber London erwartete vom Ordinarius des Gefängnisses eine eindrucksvolle Vorstellung, und Cotton verstand es, diesen Erwartungen gerecht zu werden.
»Morgen«, donnerte Cotton, »werdet ihr auf die Straße geführt, ihr werdet aufschauen und Gottes strahlenden Himmel zum letzten Mal sehen, bevor man euch die Kapuze über die Augen zieht und die Schlinge um euren Hals legt und ihr den großen Flügelschlag des Teufels hört, der schon auf eure Seelen wartet. Rette mich, Herr, werdet ihr schreien, rette mich!« Er wedelte mit den Händen in Richtung Decke, als wolle er Gott ein Zeichen geben. »Aber es wird zu spät sein, zu spät! Eure Sünden, eure abscheulichen Sünden, eure eigene Verderbtheit wird euch an diesen grauenhaften Galgen gebracht haben, wo ihr am Strang enden werdet, ihr werdet ersticken, ihr werdet zucken, ihr werdet nach Atem ringen, aber dieser Kampf wird euch nichts nützen, Schmerz wird euch erfüllen! Und dann kommt die Finsternis, eure Seelen werden aufsteigen aus dieser irdischen Pein zum Jüngsten Gericht, wo euch Gott erwartet. Gott!« Cotton hob erneut seine plumpen Hände, dieses Mal demütig, und wiederholte: »Gott! Gott erwartet euch in all seiner Gnade und Herrlichkeit, und er wird euch prüfen! Er wird euch richten! Er wird euch wiegen und für zu leicht befinden! Morgen! Ja, morgen!« Er deutete auf Corday, der immer noch mit gesenktem Kopf dasaß. »Ihr werdet Gott erblicken. Ihr beide, so klar und deutlich, wie ich euch jetzt sehe, werdet ihr den gefürchteten Gott sehen, unser aller Vater, und er wird enttäuscht den Kopf schütteln und befehlen, euch aus seiner Gegenwart zu verbannen, weil ihr gesündigt habt. Ihr habt ihn beleidigt, der uns nie beleidigt hat. Ihr habt euren Schöpfer verraten, der seinen einzigen Sohn zu unserer Erlösung gesandt hat, und ihr werdet in die tiefsten Tiefen der Hölle geschleudert werden. In die Flammen, ins Höllenfeuer. In immerwährende Pein!« Er zog die Worte in die Länge zu einem bebenden Stöhnen, und als er auf der Empore eine Frau vor Angst seufzen hörte, wiederholte er den Satz: »In immerwährende Pein!« Das Letzte kreischte er, dann hielt er inne, damit die ganze Kapelle das Schluchzen der Frau auf der Empore hören konnte, beugte sich zur schwarzen Bank hinunter und flüsterte heiser: »Und ihr werdet leiden, o wie ihr leiden werdet, und euer Leiden, eure Qual beginnt morgen.« Seine Augen weiteten sich und seine Stimme wurde lauter: »Denkt daran! Morgen! Wenn wir, die wir auf Erden bleiben, unser Frühstück einnehmen, werdet ihr Höllenqualen leiden. Während wir Übrigen unsere Augen schließen und die Hände zum Gebet falten, um einem gütigen Gott zu danken, dass er uns unseren Porridge, unsere Eier mit Speck, unser Röstbrot und Koteletts, gebratene Leber oder sogar«, hier lächelte Reverend Cotton, denn er verlieh seinen Predigten gern eine persönliche Note, »oder vielleicht sogar scharfe Nierchen beschert, in eben diesem Augenblick werdet ihr euch in den ersten grauenvollen Schmerzen der Ewigkeit winden! Und bis in alle Ewigkeit werden diese Qualen immer schrecklicher werden, immer quälender, immer grauenvoller! Es wird kein Ende eures Leidens geben, und sie beginnen morgen.« Er beugte sich nun weit unter dem Baldachin der Kanzel vor, damit seine Stimme die schwarze Bank wie ein Pfeil träfe. »Morgen werdet ihr dem Teufel begegnen, von Angesicht zu Angesicht, und ich werde um euch weinen. Ich werde um euch zittern. Doch vor allem werde ich meinem Gott und Erlöser, unserem Herrn Jesus Christus, danken, dass mir euer Leid erspart bleiben und ich die Krone der Gerechten tragen werde, denn ich bin erlöst worden.« Er richtete sich auf und schlug die Hände an seine Brust. »Ich bin erlöst worden! Gerettet! Ich bin gesegnet mit der Gnade des Herrn, der allein uns unser Leid nehmen kann.«
Reverend Horace Cotton hielt inne. Er hatte inzwischen eine Dreiviertelstunde gepredigt und war erst bei der Hälfte angelangt. Er trank einen Schluck Wasser und musterte die beiden Gefangenen. Einer weinte, der andere widerstand noch, also musste er sich mehr anstrengen.
Er amtete tief durch, sammelte seine Kräfte und predigte weiter.
Es kamen keine Reiter die Straße herunter. Ihr Hufschlag war eine Weile lang laut auf der Straße nach London zu hören, wurde leiser und verklang schließlich in der Hitze des Tages. Weit entfernt erklang das Wechselläuten nach der Messe.
»Und was wollen Sie jetzt machen?«, fragte Mackeson noch einmal, und dieses Mal mit unverhohlenem Triumph in der Stimme. Er ahnte, dass der Radbruch der Kutsche Sandmans Chancen zunichte gemacht hatte, und die Schadenfreude war ihm Genugtuung für die Demütigungen, die er in den vergangenen beiden Tagen und Nächten hatte erdulden müssen.
»Was ich mache, geht Sie gar nichts an, aber Sie bleiben mit der Kutsche hier. Sergeant? Schneiden Sie die Pferde aus dem Geschirr.«
»Ich kann nicht hier bleiben!«, wandte Mackeson ein.
»Dann gehen Sie eben zu Fuß«, schnaubte Sandman und wandte sich an Meg und Sally. »Ihr beide reitet.«
»Ich kann nicht reiten«, begehrte Meg auf.
»Dann werden Sie eben zu Fuß nach London gehen!«, sagte Sandman, gefährlich knapp vor einem Wutausbruch. »Ich werde schon dafür sorgen, dass Sie laufen!« Er schnappte Mackeson die Peitsche aus der Hand.
»Sie wird reiten, Captain«, erklärte Sally lakonisch. Sobald das Gespann aus dem Geschirr geschnitten war, kletterte Meg tatsächlich gehorsam auf den Kutschentritt und setzte sich auf den bloßen Rücken eines Pferdes. Ihre Beine baumelten an einer Flanke herunter, mit den Händen klammerte sie sich an den Riemen, der über den Rücken des Tieres lief. Sie wirkte verängstigt, während Sally auch ohne Sattel anmutig aussah.
»Und jetzt?«, fragte Berrigan.
»Hauptstraße«, antwortete Sandman und führte mit dem Sergeant die vier Pferde über die Straße zurück. Es war riskant, die Hauptstraße nach London zu nehmen, aber die Reiter suchten in südlicher Richtung, falls sie denn überhaupt auf der Suche nach der entwendeten Kutsche waren. Sandman ging vorsichtig, aber sie begegneten niemandem, bis sie in ein Dorf kamen, wo ein Hund hinter den Pferden herjagte. Meg kreischte, als ihre Stute seitwärts tänzelte. Eine Frau kam aus einer Hütte und schlug mit dem Besen nach dem Hund.
Unmittelbar hinter dem Dorf verkündete ein Meilenstein, dass es noch zweiundvierzig Meilen bis London waren. »Wir haben einen langen Tag vor uns«, sagte Berrigan.
»Einen Tag und eine Nacht«, sagte Sandman finster.
»Ich bleibe nicht Tag und Nacht hier oben«, jammerte Meg.
»Sie tun, was ich Ihnen sage«, erklärte Sandman. Aber im nächsten Dorf fing Meg an zu schreien, man habe sie von zu Hause entführt. Ein kleines Grüppchen verärgerter Dorfbewohner folgte den trottenden Pferden, bis der Pfarrer mit Serviette um den Hals, da er gerade beim Mittagessen gestört wurde, nachschauen kam, was der Lärm sollte.
»Sie ist verrückt«, erklärte Sandman dem Priester.
»Verrückt?« Der Pfarrer schaute zu Meg hinauf und schauderte über die Bosheit in ihrer Miene.
»Man hat mich entführt!«, kreischte sie.
»Wir bringen sie nach London zum Arzt«, sagte Sandman.
»Sie entführen mich!«, schrie Meg.
»Sie hat Fledermäuse im Oberstübchen«, erklärte Sally hilfreich.
»Ich habe nichts getan!«, brüllte Meg, ließ sich vom Pferd fallen und versuchte fortzulaufen, aber Sandman lief ihr nach, brachte sie zu Fall und kniete sich neben sie. »Ich breche dir das Genick, Mädchen«, zischte er.
Der Pfarrer, ein fülliger Mann mit weißem Haarschopf, versuchte Sandman wegzuziehen. »Ich möchte gern mit dem Mädchen reden«, sagte er. »Ich bestehe darauf.«
»Lesen Sie zuerst das hier«, sagte Sandman und reichte dem Pfarrer das Schreiben des Innenministers, das ihm gerade rechtzeitig eingefallen war. Meg spürte, dass dieser Brief ihr Schwierigkeiten bereiten könnte, und versuchte, dem Pfarrer das Blatt aus der Hand zu reißen. Dieser war von dem Siegel des Innenministeriums stark beeindruckt und trat beiseite, um das zerknitterte Schreiben zu lesen. »Aber was hat der Viscount Sidmouth mit ihr zu tun, wenn sie verrückt ist?«, fragte er, als er fertig gelesen hatte.
»Ich bin nicht verrückt!«, protestierte Meg.
»In Wahrheit wird sie wegen Mordes gesucht«, flüsterte Sandman dem Pfarrer zu, »aber ich möchte Ihre Pfarrkinder nicht erschrecken. Es ist doch sicher besser, wenn sie glauben, sie sei verrückt, oder?«
»Völlig richtig, völlig richtig.« Beunruhigt drückte der Pfarrer Sandman den Brief in die Hand, als sei er vergiftet. »Aber vielleicht sollten Sie ihr besser die Hände fesseln?«
»Haben Sie gehört?«, fragte Sandman Meg. »Er sagt, ich soll Ihnen die Hände fesseln, und das tue ich auch, wenn Sie noch weiter Lärm schlagen.«
Sie musste sich geschlagen geben und fluchte aufs Übelste, was Sandmans Behauptung für den Pfarrer nur noch glaubwürdiger machte. Mit seiner Serviette, die er durch die Luft schwenkte wie eine Fliegenklatsche, scheuchte er seine Pfarrkinder von dem fluchenden Mädchen fort. Als Meg sah, dass ihr Flehen um Freiheit sinnlos war, stieg sie aus Angst, Sandman könne sie fesseln, falls sie weiter widerspenstig wäre, auf eine Steintränke und von dort aufs Pferd. Sie fluchte immer noch, als sie das Dorf verließen.
Sie trotteten weiter. Alle waren müde und gereizt, die Hitze und der lange Weg zehrten an Sandmans Kräften. Seine Kleider waren klebrig und schmutzig, und er spürte eine Blase an der rechten Ferse. Er humpelte immer noch, aber wie alle Infanteristen war er fest überzeugt, dass eine Verstauchung sich am besten kurieren ließ, indem man einfach weiter marschierte. Es war allerdings lange her, seit er so weite Fußmärsche zurückgelegt hatte. Sally versuchte ihn zu überreden zu reiten, aber da er die Pferde schonen wollte, schüttelte er nur den Kopf und verfiel in den geistlosen Trott des Soldaten, nahm die Landschaft kaum wahr und hing Erinnerungen an die langen, staubigen Straßen Spaniens nach, an das Scharren der Stiefel seiner Kompanie, an den Weizen, der am Straßenrand wuchs, wo Samenkörner aus den Verpflegungswagen gefallen waren. Auch damals war er selten geritten und hatte sein Pferd lieber geschont.
»Was passiert, wenn wir nach London kommen?«, brach Berrigan das Schweigen, als sie durch ein weiteres Dorf kamen.
Sandman blinzelte, als sei er eben erst aufgewacht. Die Sonne ging bereits unter, und die Kirchenglocken läuteten zum Angelus. »Meg wird die Wahrheit sagen«, antwortete er nach einer Weile. Sie schnaubte verächtlich, und Sandman musste sein Temperament zügeln. »Meg«, sagte er ruhig, »Sie wollen doch zurück in das Haus des Marquess, nicht wahr? Sie wollen doch zurück zu Ihren Hühnern?«
»Das wissen Sie doch«, fuhr sie ihn an.
»Das können Sie auch, aber zuerst müssen Sie einen Teil der Wahrheit sagen«, sagte er.
»Einen Teil?«, fragte Sally gespannt.
»Einen Teil der Wahrheit«, wiederholte Sandman. Ohne es zu merken, hatte er über sein Dilemma nachgedacht und plötzlich schien ihm die Lösung klar auf der Hand zu liegen. Man hatte ihn nicht beauftragt, den Mörder der Countess zu finden, sondern festzustellen, ob Corday schuldig war oder nicht. Mehr würde er dem Innenminister also auch nicht mitteilen. Meg sagte er: »Es spielt keine Rolle, wer die Countess getötet hat. Wichtig ist nur, dass Sie wissen: Corday war es nicht. Sie haben ihn aus dem Schlafzimmer geführt, als sie noch lebte, und mehr brauchen Sie dem Innenminister nicht zu sagen.«
Sie starrte ihn an.
»Das ist doch die Wahrheit, nicht wahr?«, fragte Sandman. Als sie immer noch nichts sagte, seufzte er: »Meg, Sie können zurück in das Haus des Marquess. Sie können mit dem Rest Ihres Lebens anfangen, was Sie wollen, aber zuerst müssen Sie diesen kleinen Teil der Wahrheit sagen. Sie wissen doch, dass Corday unschuldig ist, nicht wahr?«
Schließlich und endlich nickte sie. »Ich habe ihn zur Vordertür gebracht«, sagte sie leise.
»Und die Countess lebte noch?«
»Natürlich lebte sie noch«, antwortete Meg. »Sie hat ihm aufgetragen, am nächsten Tag wiederzukommen, aber da hatte man ihn schon verhaftet.«
»Und das werden Sie auch dem Innenminister sagen?«
Sie zögerte, nickte dann aber. »Das werde ich ihm sagen, aber mehr auch nicht.«
»Danke«, erwiderte Sandman.
Ein Meilenstein zeigte, dass sie noch achtzehn Meilen von Charing Cross trennten. Der Rauch der Stadt hing wie bräunlicher Nebel am Himmel, während die Themse zwischen den dunkler werdenden Hügeln schimmerte wie eine Messerklinge. Sandmans Müdigkeit hatte sich verflüchtigt. Ein Teil der Wahrheit dürfte genügen, dachte er, und damit wäre seine Aufgabe erfüllt, Gott sei Dank.
Jemmy Botting, Henker von England, kam am frühen Abend nach Old Bailey, um das fertige Galgengerüst zu überprüfen. Ein oder zwei Passanten, die ihn erkannten, riefen ihm scherzhafte Grüße zu, aber er beachtete sie nicht.
Es gab wenig zu inspizieren. Er musste darauf vertrauen, dass die Balken ordentlich verzapft und fest genagelt und der Stoff sicher angebracht waren. Das Podest schwankte ein bisschen, aber das tat es immer, und die Bewegung war nicht schlimmer als an Deck eines Schiffes in einer leichten Dünung. Er zog den Pflock heraus, der den Trägerbalken der Falltür sicherte, ging in den dämmrigen Raum unter dem Podest und zog an dem Seil, um den Träger beiseite zu schwenken. Er gab mit leichtem Beben nach, die Falltür klappte herunter und die Abendsonne schien herein.
Das Beben gefiel Botting ganz und gar nicht. Noch hatte niemand auf der Falltür gestanden, aber der Balken hatte sich nur widerstrebend bewegt. Er öffnete seine Tasche und holte einen Tiegel Talkum heraus, den der Schiffsausrüster ihm geschenkt hatte. Er kletterte an dem Holzgerüst hinauf und fettete den Balken ein, bis er sich glitschig anfühlte, hob die Falltür an und schob den Träger unbeholfen wieder an seinen Platz. Zwei Ratten beobachteten ihn, und er knurrte sie an. Er stieg wieder hinunter auf das Pflaster von Old Bailey und zog noch einmal an dem Seil. Dieses Mal glitt der Balken reibungslos beiseite, die Falltür klappte herunter und schlug gegen zwei Stützen. »Jetzt klappt’s, was?«, sagte Botting zu den Ratten, die sich durch seine Anwesenheit nicht stören ließen.
Er schloss die Falltür, schob den Träger unter, steckte das Talkum wieder in seine Tasche und stieg auf das Podest, wo er zunächst den Sicherungspflock wieder einsetzte, vorsichtig den Halt der Falltür prüfte, indem er einen Fuß darauf stellte und das Bein langsam belastete. Er wusste, dass sie gesichert war und nicht unter ihm nachgeben würde, aber er prüfte sie dennoch. Er wollte schließlich nicht zum Gespött ganz Londons werden, indem er einen Gefangenen auf eine Falltür stellte, die sich öffnete, bevor er dem Mann den Strick um den Hals gelegt hatte. Bei der Vorstellung musste er grinsen. Zufrieden, dass alles in Ordnung war, ging er an die Schuldnerpforte und klopfte laut. Im Gefängnis würde er ein Abendessen und anschließend eine Schlafkammer über der Pförtnerloge bekommen. »Hast du Rattengift?«, fragte er den Schließer, der die Tür öffnete. »Da sind Ratten so groß wie Füchse unter dem Galgen. Das Podest steht noch keine zwei Stunden, und schon sind die verdammten Ratten da.«
»Überall sind Ratten«, sagte der Wärter und schloss die Tür.
Da es selbst an diesem warmen Abend in den Kellergewölben des Gefängnisses Newgate kalt war, zündete man ein Kohlenfeuer in dem kleinen Kamin an, bevor Charles Corday und der andere Verurteilte in die Todeszelle gebracht wurden. Der Kamin zog anfangs nicht richtig und der Rauch quoll in die Zelle. Sobald die Esse warm wurde, klärte sich die Luft, aber der Rauchgestank blieb. Man stellte einen Eimer als Nachtgeschirr in die Ecke der Zelle, aber keinen Wandschirm, hinter den sich die Gefangenen für ihr Geschäft hätten zurückziehen können. Zwei eiserne Pritschen mit Strohmatratzen kamen an die Wand, und ein Tisch mit Stühlen wurde für die Wärter aufgestellt, die die Gefangenen über Nacht bewachen sollten. An Eisenhaken hängte man Lampen auf. In der Abenddämmerung brachte man die beiden Männer, die am nächsten Morgen sterben sollten, in die Zelle und gab ihnen eine Henkersmahlzeit aus Erbsbrei, Schweinekoteletts und Kohl. Der Gefängnisverwalter kam während des Essens, um nach ihnen zu sehen, und während er wartete, bis sie ihre Mahlzeit beendet hatten, dachte er, wie verschieden die beiden Männer doch waren. Charles Corday war schmächtig, bleich und nervös, während Reginald Vendables ein hünenhafter Rohling mit dichtem, dunklem Bart und hartem Gesicht war, aber Corday hatte einen Mord begangen und Venables wurde für den Diebstahl einer Uhr gehängt.
Corday stocherte nur in seinem Essen herum, legte sich bald mit klirrenden Fußeisen auf die Pritsche und starrte mit großen Augen an die Gewölbedecke. »Morgen …«, setzte der Verwalter an, als Venables fertig gegessen hatte.
»Ich hoffe, dass der verfluchte Pfaffe nicht dabei ist«, fiel Venables ihm ins Wort.
»Ruhe, wenn der Verwalter redet«, knurrte der Oberaufseher.
»Der Pfarrer wird da sein, um euch seelischen Beistand zu leisten, so gut er kann«, sagte der Verwalter. Er wartete, bis der Wärter den Tisch abgeräumt hatte. »Morgen werdet ihr von hier in den Aufenthaltsraum gebracht, wo man euch die Eisen abnimmt und die Arme fesselt. Das Frühstück bekommt ihr vorher, aber im Aufenthaltsraum gibt es einen Branntwein für euch, und ich rate euch, ihn zu trinken. Danach gehen wir auf die Straße.« Er machte eine Pause. Venables schaute ihn abweisend an, während Corday gar nicht zuzuhören schien.
»Es ist üblich, dem Henker ein Trinkgeld zu geben, denn er kann euren Übergang ins Jenseits weniger schmerzhaft gestalten. Ich kann solche Nebeneinnahmen zwar nicht billigen, aber da er der Stadt, und nicht dem Gefängnis untersteht, kann ich auch nichts dagegen unternehmen. Selbst ohne ein solches Trinkgeld werdet ihr feststellen, dass eure Strafe nicht schmerzhaft, sondern bald vorüber ist.«
»Verdammter Lügner«, schnaubte Venables.
»Ruhe!«
»Schon gut, Mister Carlisle«, sagte der Verwalter zu dem beleidigten Wärter. »Manche Männer gehen unwillig zum Galgen und versuchen, die notwendigen Arbeiten zu behindern. Es gelingt ihnen nicht. Wenn ihr Widerstand leistet, wenn ihr euch wehrt, wenn ihr versucht, uns Scherereien zu machen, werdet ihr trotzdem gehenkt, es wird für euch nur schmerzhafter. Das Beste ist, wenn ihr mitarbeitet. Es ist leichter für euch und für eure Lieben, die vielleicht zusehen.«
»Leichter für euch, meinen Sie wohl«, warf Vendables ein.
»Keine Pflicht ist leicht«, sagte der Verwalter scheinheilig, »nicht, wenn sie gewissenhaft erfüllt wird.« Er ging zur Tür. »Die Schließer bleiben die ganze Nacht hier. Wenn ihr seelischen Beistand haben möchtet, könnt ihr den Ordinarius rufen lassen. Ich wünsche euch eine gute Nacht.«
Zum ersten Mal tat Corday den Mund auf: »Ich bin unschuldig.« Fast brach seine Stimme.
»Ja«, sagte der Verwalter peinlich berührt, »ja, wahrhaftig.« Da er dazu weiter nichts zu sagen vermochte, nickte er lediglich den Wärtern zu. »Gute Nacht, meine Herren.«
»Gute Nacht, Sir«, antwortete Mister Carlisle, der Oberaufseher, und stand stramm, bis die Schritte des Verwalters im Korridor verklangen. Schließlich drehte er sich zu den beiden Gefangenen um und knurrte: »Wenn ihr seelischen Beistand wollt, dann stört mich und den Reverend Cotton gefälligst nicht, sondern kniet euch hin und stört den da oben, indem ihr ihn um Verzeihung bittet. So, George«, sagte er zu seinem Kollegen, »Pik ist Trumpf, ja?«
Im Vogelkäfiggang, der das Gefängnis unterirdisch mit dem Gerichtsgebäude verband, arbeiteten zwei Gefangene mit Spitzhacken und Spaten. An der Decke waren Laternen aufgehängt, und die Bodenfliesen, große Granitplatten, waren entfernt und an einer Seite gestapelt worden. Gestank erfüllte den Gang, ein übler Geruch nach Gas, Kalk und verwesendem Fleisch.
»Jesses!«, sagte einer der Gefangenen und wich vor dem Gestank zurück.
»Den findest du hier unten nicht«, sagte ein Wärter und trat weiter von der Stelle weg, an der die Fliesen entfernt waren. Als der Vogelkäfiggang gebaut wurde, hatte man die Steinplatten unmittelbar auf dem Londoner Lehmboden verlegt, der im schummerigen Licht der rußenden Laternen dunkel gesprenkelt aussah.
»Wann habt ihr diesen Teil des Flurs zuletzt benutzt?«, fragte einer der Gefangenen.
»Muss zwei Jahre her sein«, antwortete der Wärter unsicher, »mindestens zwei Jahre.«
»Zwei Jahre?«, schimpfte der Gefangene, »dann atmen sie ja noch.«
»Sieh zu, dass du fertig wirst, Tom, hinterher kriegt ihr das hier«, ermunterte der Wärter die beiden und hielt eine Flasche Branntwein hoch.
»Gott steh uns bei«, sagte Tom finster, atmete tief durch und stieß den Spaten in die Erde.
Er und sein Mitgefangener hoben die Gräber für die beiden Männer aus, die am nächsten Morgen hingerichtet werden sollten. Manche Leichen wurden seziert, aber so begehrt Leichen bei den Wundärzten auch waren, konnten sie doch nicht alle nehmen, daher wurden die meisten hier unten in anonymen Gräbern beigesetzt. Das Gefängnis beerdigte die Leichen in ungelöschtem Kalk, um ihre Verwesung zu beschleunigen, und hob die Gräber in dem kurzen Gang nach einem strengen Rotationssystem aus, damit sie nicht in zu rascher Folge wiederverwendet wurden, dennoch stießen die Spitzhacken und Spaten auf Knochen und modernden Lehm. Der ganze Boden war buckelig, als habe ein Erdbeben ihn verformt, in Wahrheit senkten sich aber nur die Steinplatten, wenn die Leichen darunter zerfielen. Obwohl es im Gang stank und der Lehm von unverwestem Fleisch nur so starrte, wurden immer noch mehr Leichen hier vergraben.
Tom stand knietief in der Grube, zog einen gelblichen Schädel heraus und rollte ihn durch den Gang. »Er sieht rosig aus, was?«, sagte er. Die beiden Wärter und der andere Gefangene lachten und konnten gar nicht mehr aufhören.
Mister Botting aß Lammkoteletts, Salzkartoffeln und Gemüse. Aus der Küche des Gefängnisverwalters bekam er anschließend einen Pudding, einen Napf starken Tee und einen Becher Branntwein. Danach schlief Mister Botting.
Zwei Wächter bewachten den Galgen. Kurz nach Mitternacht bewölkte es sich und ein kurzer Schauer wehte kühle Luft von Ludgate Hill herunter. Eine Hand voll Menschen, die sich die besten Plätze an der Absperrung zum Galgen sichern wollten, schliefen auf dem Pflaster und wurden vom Regen geweckt. Grummelnd hüllten sie sich fester in ihre Decken und versuchten, wieder einzuschlafen.
Die Morgendämmerung kam früh. Die Wolken lösten sich auf und hinterließen einen perlweißen Himmel mit fransigen braunen Rauchstreifen. London wachte auf.
Und in Newgate sollte es zum Frühstück scharfe Nierchen geben.