173311.fb2 Gefilmt - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 8

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Kapitel 8

Danilo stieß, flankiert von seinen beiden van-Horen-Satelliten, wieder zu uns.

Sally wartete nicht, bis sie Conrad und Evan vorgestellt wurde. Sie paßte auf, daß sie niemanden mitten im Satz unterbrach, und sprach ihren Vater direkt an.

«Wir haben Danilo gesagt, daß du Link am Montag mit in die Goldmine nehmen willst, und er wüßte gern, ob er auch mitkommen kann.«

Danilo schien etwas verlegen darüber, daß seine Bitte so unverblümt vorgebracht wurde, doch nach nur einem winzigen Zögern sagte van Horen:»Aber natürlich, Danilo, wenn Sie möchten.«

«Klar möchte ich«, sagte er ernst.

«Goldmine?«sagte Evan gespannt, sich auf das Wort stürzend.

«Das Familienunternehmen«, erklärte van Horen und machte alle miteinander bekannt.

«Das könnte tolles Hintergrundmaterial geben. Eine Goldmine… ließe sich vielleicht eines Tages verwerten. «Er sah van Horen erwartungsvoll an, der unfairerweise damit vor die Wahl gestellt war, sich nötigen zu lassen oder stur zu sein. Ein Klacks für ihn.

«Aber natürlich, kommen Sie ruhig am Montag mit, wenn Sie wollen.«

Evan gab ihm keine Gelegenheit, das Angebot zurückzuziehen, und nahm es für Conrad gleich mit an.

Als sie und die drei jungen Leute gegangen waren, um Wetten abzuschließen, entschuldigte ich mich bei van Horen, daß seine Großzügigkeit so ausgenutzt worden war.

Er schüttelte den Kopf.»Das geht schon. Wir lassen selten große Besuchergruppen in die Mine, weil es den Betrieb zu sehr behindert oder aufhält, aber vier Personen schaffen wir schon ohne Arbeitsunterbrechung, wenn Sie alle vernünftig sind, und davon bin ich überzeugt.«

Bis zum Ende des Nachmittags war die Zahl auf fünf angewachsen; auch Roderick Hodge tauchte in Germiston auf und bat, als er von der Expedition erfuhr, van Horen unter vier Augen, sich anschließen zu dürfen, um für einen Sonderbericht im Rand Daily Star zu recherchieren.

Ich hätte gedacht, Goldminen seien in Johannesburg ausgereizt, aber Roderick bekam seinen Willen.

Er stand unverhofft auf einmal neben mir, als ich mir Tables Turned anschaute, der durch den Führring schritt und aussah wie der Klassehengst, der er nicht war. Danilo und sämtliche van Horens waren zum Präsidententee gegangen, ein Imbiß, auf den ich lieber verzichtete, und Conrad und Evan wurden in der Ferne gerade von dem ewig schwitzenden Clifford angesprochen.

Roderick berührte mich am Arm und sagte zögernd:»Link?«

Ich drehte mich um. Sein Vierzigergesicht hatte in den letzten Tagen neue Falten bekommen und sah viel zu alt aus für die modisch langen Haare und den jugendlichen Schnitt seiner Kleidung.

«Wie geht’s Katya?«fragte ich.

«Der geht’s blendend. Wirklich ganz erstaunlich.«

Ich sagte, das freue mich, und fragte dann, ob er oft zum Pferderennen gehe.

«Nein… Eigentlich bin ich gekommen, um Sie zu sprechen. Ich habe versucht, Sie im Iguana Rock zu erreichen, aber man sagte mir, Sie seien auf der Rennbahn.«

«So, so«, murmelte ich.

«Ich habe dort das, was man eine Quelle nennen könnte«, erklärte er.»Hält mich auf dem laufenden, verstehen Sie?«

Ich verstand. Überall auf der Welt gab es so ein kleines graues Heer, das der Presse Hinweise zukommen ließ und dafür Trinkgelder einsteckte. Hotelportiers, Gepäckträger, Krankenhauspförtner und alles, was sich in Hörweite der Vorzugswartehallen auf Flughäfen aufhielt.

«Ich wohne auf dieser Seite der Stadt und dachte, da könnte ich genausogut mal herkommen.«

«Ist auch schön heute«, sagte ich.

Er blickte zum Himmel, als wäre es ihm einerlei gewesen, wenn es geschneit hätte.

«Jaja… Hören Sie, heute morgen hat mich Joe angerufen — das ist der Typ, der die Tonanlage in Randfontein House aufgebaut hat.«

«Ich erinnere mich«, sagte ich.

«Er sagt, er hat das Mikrofon zerlegt und es war nichts verkehrt daran. Aber der äußere Draht des Koaxialkabels war natürlich mit dem Metallgehäuse verbunden — «

«Aha«, unterbrach ich ihn.»Und was genau ist ein Koaxialkabel?«

«Nie gehört? Das ist ein Elektrokabel mit zwei Leitern, aber der eine Leitungsdraht geht durch die Mitte und der andere umschließt ihn wie ein Rohr. Fernsehantennenkabel sind koaxial. Das sieht man an dem Ende, das man in die Geräte einsteckt.«

«Ah ja«, sagte ich.»Verstehe.«

«Joe sagt, er hat festgestellt, daß die Erdung und der stromführende Draht in der Steckdose des Aufnahmegeräts, das er bei Katya benutzt hat, falsch geklemmt waren. Er sagt, die Leute werden immer wieder darauf hingewiesen, wie gefährlich das ist, aber sie tun es trotzdem. Da geht der Strom natürlich direkt: durch das Mikrogehäuse und erdet sich durch den, der es hält.«

Ich überlegte.»Hätte dann nicht das Aufnahmegerät auch unter Strom stehen müssen?«

Er kniff die Augen zusammen.»Ja. Joe sagt, im Innern schon. Davon kann man aber keinen Schlag bekommen. Das Gehäuse ist aus Plastik, die Knöpfe sind aus Plastik, und Joe selbst hat Schuhe mit Gummisohlen getragen; er sagt, das tut er vorsichtshalber immer.«

«Aber er muß das Gerät doch vorher schon benutzt haben«, wandte ich ein.

«Er sagt nein. Er sagt, das hat er bloß angeschlossen, weil es gerade dastand, als mit seinem was nicht klappte. Er weiß nicht, wem das Gerät gehört, und bis jetzt hat offenbar keiner Anspruch darauf erhoben.«

Arknold warf seinen Jockey auf Tables Turned, und die Pferde begannen auf die Bahn hinauszugehen.

Ich sagte:»Es war einfach ein böser Zufall.«

«Das meint Joe auch«, sagte er. In seiner Stimme lag jedoch eine Andeutung von Zweifel, und ich sah ihn fragend an.»Nun… es ist schrecklich, so etwas zu sagen, aber Joe hat sich gefragt, ob es am Ende ein Werbetrick gewesen sein könnte, der zu weit ging. Er sagt, Clifford Wenkins sei nach Ihrer ersten Aufnahme um die Anlage herumgegeistert, und Sie selbst hätten ja die Konferenz angesetzt, und schließlich haben Sie ja auch für die Rettung Katyas eine fantastische Presse bekommen.«

«Ich finde es auch schrecklich, so etwas zu sagen«, meinte ich vergnügt.»Betrachten Sie mich als entsetzt. Und beachten Sie bitte, daß ich mich auch schon gefragt habe, ob es ein von Ihnen und Katya inszenierter Werbetrick war., der zu weit gegangen ist.«

Er bekam große Augen. Dann entspannte er sich. Dann lächelte er kläglich.

«Also gut«, sagte er.»Keiner von uns hat es getrickst. Wie steht’s mit unserem Clifford?«

«Den kennen Sie besser als ich«, war meine Antwort.»Aber wenn man auch glauben könnte, er hätte Worldic Cinemas seine Seele verkauft — mir kommt es nicht so vor, als besäße er den Mut oder die Raffinesse, um die ganze Sache aufzuziehen.«

«Sie bringen ihn aus der Fassung«, bemerkte Roderick.»Er ist nicht immer so völlig daneben wie seit Ihrer Ankunft.«

Ein Stück entfernt von uns an den Rails stand Danilo und betrachtete Nerissas Hengst mit einem Lächeln in dem hübschen, offenen Gesicht. Ich dachte bei mir, wenn er gewußt hätte, daß er die Pferde bald erben sollte, wäre er eher besorgt gewesen.

Arknold trat zu ihm, und gemeinsam gingen sie auf die Tribüne. Roderick und ich zockelten hinterdrein. Alle sahen wir zu, wie Tables Turned ein prächtiges Tempo vorlegte, vierhundert Meter vor dem Ziel aus der Puste kam und restlos verausgabt endete.

Arknold brummte etwas vor sich hin und stieß mit mir zusammen, als er sich mit Donnerwettermiene einen Weg nach unten bahnte, zur Nachbesprechung mit dem Jockey.

Er faßte mich ins Auge und sagte abrupt:»Das ist zuviel, Mister. Das ist zuviel. Der Hengst ist verdammt gut, und bei dem Feld hätte er mit Längen gewinnen müssen. «Er klappte den Mund wie eine Falle zu, strich an mir vorbei und drängte sich weiter durch die Menge.

«Was sollte das denn?«fragte Roderick beiläufig; so beiläufig, daß mir der Rand Daily Star einfiel und ich ihm nichts erklärte.

«Keine Ahnung«, sagte ich und mimte ein wenig den Verdutzten, aber Rodericks skeptischem Gesichtsausdruck war zu entnehmen, daß er sich auch entsann, was mein Beruf war.

Wir gingen die Tribüne hinunter. Ich sann auf Mittel und Wege und hielt es für das beste, mich mit meinem Anliegen an Klugvoigt zu wenden. Also steuerte ich Roderick sanft dahin, wo Conrad und Evan gerade einen Barbesuch erörterten, empfahl ihn ihrer Aufmerksamkeit und ging, als er anfing, Conrad die Theorie von Joe und dem Koaxialkabel zu verbraten.

Der Präsident war in seiner Loge, umgeben von Damen mit dekorativen Hüten. Er sah mich zögernd allein herumstehen, winkte mir, die angrenzende Treppe hinaufzukommen, und drückte mir, als ich bei ihm anlangte, einen verwässerten Whisky in einem angewärmten Glas in die Hand.

«Wie steht’s?«fragte er.»Sie haben hoffentlich gewonnen?«

«Jedenfalls nicht verloren. «Ich lächelte.

«Auf wen tippen Sie im nächsten Lauf?«

«Da müßte ich sie erst im Führring sehen.«

«Sehr vernünftig«, stimmte er zu.

Ich bewunderte die Baulichkeiten.»Die Tribüne sieht neu aus«, bemerkte ich.

«Sie steht noch nicht lange«, sagte er.»Sie wurde aber dringend gebraucht.«

«Und die Waage — von außen sieht sie sehr komfortabel aus.«

«Oh, das ist sie auch, mein Lieber. «Ihm kam ein Gedanke.

«Möchten Sie sie gern von innen sehen?«

«Sehr freundlich von Ihnen«, sagte ich herzlich — und demonstrierte Startbereitschaft, damit er es nicht vergaß. Bald darauf stellten wir unsere unausgetrunkenen Gläser hin und schlenderten zu dem großen viereckigen Verwaltungsblock hinüber, der im Erdgeschoß die Waage und die Jockeystube beherbergte und darüber die Rennbahnbüros.

Das Ganze war modern und komfortabel, weit entfernt von allzu vielen englischen Gegenstücken. Es gab einen großen, mit Lehnstühlen ausgestatteten Raum, in dem Besitzer und Trainer sich bequem zusammensetzen konnten, um ihre Coups zu planen und ihre Flops zu analysieren, doch Klugvoigt scheuchte mich daran vorbei ins Innere.

Die Jockeys selbst hatten auch teil an der Fülle, denn es standen ihnen mannshohe Spinde für ihre Kleider zur Verfügung (statt eines Wandhakens), eine Sauna (sowie Duschen) und gepolsterte Liegen zum Ausruhen (statt einer harten schmalen Holzbank).

Der Mann, den ich zu sehen gehofft hatte, lag auf einer der mit schwarzem Leder bezogenen Liegen und stützte sich auf einem Ellbogen auf. Ich kannte ihn von den Anzeigetafeln her als K. L. Fahrden. Er war Greville Arknolds Jockey.

Ich sagte Klugvoigt, ich sei daran interessiert, mit Fahrden zu reden, und er meinte, klar, dann werde er im vorderen Raum auf mich warten, denn dort sei jemand, mit dem er selbst sprechen wolle.

Fahrden hatte die übliche fein gemeißelte Statur mit dem üblichen Mangel an Fettgewebe unter der Haut. Sein argwöhnisch gespannter Ausdruck änderte sich ein wenig zum Besseren, als ihm Klugvoigt meinen Namen sagte, kam aber in alter Stärke wieder, als ich sagte, ich sei ein Freund von Mrs. Cavesey.

«Man kann mir nicht die Schuld geben, wenn ihre Pferde so beschissen laufen«, sagte er, als müsse er sich verteidigen.

«Das tu ich auch nicht«, erwiderte ich geduldig.»Ich wollte Sie nur fragen, wie Ihr persönlicher Eindruck von den Tieren ist, damit ich Mrs. Cavesey das berichten kann.«

«Oh. Na gut. «Er überlegte und rückte damit heraus.»Also am Start, da geben sie einem ein gutes Gefühl. Voller Kraft, und sie genießen es. Dann fordert man sie, ja, und es geht einfach nichts. Man macht Druck, ja, und fast sofort ist die Luft raus.«

«Sie haben sich bestimmt schon viel Gedanken darüber gemacht«, sagte ich.»Was glauben Sie, was mit ihnen los ist?«

Er sah mich von der Seite an.»Keine Ahnung«, sagte er.

«Sie müssen doch eine Theorie haben«, drängte ich.

«Bloß die, auf die jeder andere auch käme«, antwortete er widerstrebend.»Und mehr sage ich dazu nicht.«

«Mhm… Tja, was halten Sie von Mr. Arknolds Futtermeister?«

«Barty? So ein brutaler Hund. Nicht, daß ich über den viel nachdenke. Ich würde ihm nicht gern allein im Dunkeln begegnen, wenn Sie das meinen.«

Es war nicht ganz das, was ich meinte, aber ich ließ es dabei bewenden. Und ich fragte ihn, wie er mit Danilo auskam.

«Der ist echt nett, der Junge«, sagte er mit dem ersten Anzeichen von Freundlichkeit.»Interessiert sich natürlich immer sehr für Arknolds Pferde, wo doch so viele davon seiner Tante gehören.«

«Haben Sie ihn kennengelernt, als er schon mal hier war?«fragte ich.

«Ja, klar. Er hat ein paar Wochen in dem Hotel unten in Summerveld gewohnt. Ein prima Kerl. Immer für einen Lacher gut. Er sagte, er hätte gerade seine Tante besucht und sie sei ein prima Mädchen. Er war auch der einzige Lichtblick da, als die Pferde anfingen, so schlecht zu laufen.«

«Wann war das?«fragte ich in verständnisvollem Ton.

«Ach, letzten Juni irgendwann. Seitdem ist auf jede erdenkliche Art untersucht worden, warum sie versagen. Dopingproben, Tierärzte und alles.«

«Reiten Sie gern für Arknold?«fragte ich.

Er machte sofort dicht.»Es kostet mich meinen Job, wenn ich was anderes sage.«

Ich las Klugvoigt im Empfangsraum auf, bedankte mich und ging wieder mit ihm in Richtung Führring. Da ihn unterwegs jemand abfing, zog ich allein weiter und wan-derte quer über die Bahn zu der einfachen, aus Holz gezimmerten Tribüne auf der anderen Seite. Von dort ließ die gesamte Anlage sich überblicken: die langgezogenen Tribünenbauten, die schmale Terrasse mit den Sonnenschirmen, der Logenblock. Hinter all dem der Führring und die Waage.

Und Teil der bunten Menge, plaudernd, Informationen austauschend, erfrischende Getränke schlürfend, waren Danilo und Arknold, Conrad und Evan, Roderick und Clifford Wenkins sowie Quentin, Vivi, Jonathan und Sally van Horen.

Als ich am Abend zurück ins Iguana Rock kam, meldete ich ein Telefongespräch mit Charlie an, und pünktlich am nächsten Morgen, Sonntag um zehn, erhielt ich die Verbindung.

Ihre Stimme klang so nah, als wären wir sechs Meilen getrennt statt sechstausend. Sie sagte, sie sei froh, daß ich anrief und daß ich keinen tödlichen Stromschlag bekommen hätte — es hätte gestern zu Hause in sämtlichen Zeitungen gestanden, und einige hätten empört angedeutet, es sei ein abgekartetes Spiel gewesen.

«War es nicht«, sagte ich.»Ich erzähl’ dir alles, wenn ich zu Hause bin. Wie geht’s den Kindern?«

«Ach, bestens. Chris sagt, er will Astronaut werden, und Libby schafft es jetzt, >Pool< zu sagen, wenn sie ins Wasser möchte.«

«Das ist ja toll«, sagte ich und meinte damit Libbys Fortschritt. Charlie stimmte mir bei.

«Du fehlst mir«, sagte ich leichthin, und sie antwortete mit ebensowenig Nachdruck:»Es kommt mir vor, als wärst du schon viel länger als fünf Tage weg.«

«Ich komme gleich nach der Premiere heim«, sagte ich.»Vorher sehe ich mir noch eine Goldmine an und verbringe ein paar Tage im Krüger-Nationalpark.«

«Glückspilz.«

«Wenn die Kinder wieder in der Schule sind, machen wir irgendwo Urlaub, ganz für uns allein.«

«Ich nehm’ dich beim Wort.«

«Du kannst dir aussuchen wo, also überleg schon mal.«

«Okay. «Sie sagte es beiläufig, schien sich aber zu freuen.

«Hör mal… ich rufe eigentlich wegen Nerissas Pferden an.«

«Hast du rausgekriegt, was mit ihnen los ist?«»Weiß ich nicht«, sagte ich.»Mir ist da ein ziemlich folgenschwerer Gedanke gekommen. Ich kann aber erst sicher sein — oder vielmehr nur sicher sein —, wenn du in England etwas für mich tust.«

«Schieß los«, sagte sie kurz.

«Ich möchte, daß du dir Nerissas Testament ansiehst.«

«Wau. «Sie zog scharf die Luft ein.»Wie soll ich das denn machen?«

«Bitte sie drum. Ich weiß nicht, wie du das am besten anstellst, aber wenn sie Spaß daran gehabt hat, es aufzusetzen, macht es ihr vielleicht auch nichts aus, darüber zu reden.«

«Also, nach was genau soll ich denn suchen, wenn sie es mir zeigt?«

«Ich möchte vor allem wissen, ob sie Danilo außer den Pferden auch ihren Restnachlaß vermacht hat.«

«Na schön«, meinte sie zweifelnd.»Ist das sehr wichtig?«

«Ja und nein. «Ich lachte halb.»Der junge Danilo ist im Augenblick hier in Südafrika.«

«So?«rief sie aus.»Davon hat Nerissa uns ja gar nichts gesagt.«

«Nerissa weiß es nicht«, sagte ich. Ich beschrieb ihr den goldenen Danilo und auch Arknold und erklärte ihr, daß die Pferde alle nach dem gleichen Schema verloren.

«Klingt, als ob der Trainer sie dopt«, bemerkte sie.

«Ja. Das habe ich zuerst auch gedacht. Aber jetzt — nun, ich glaube, es ist unser Junge aus Kalifornien, dieser Danilo.«

«Der doch nicht«, wandte sie ein.»Was hätte er dabei zu gewinnen?«»Erbschaftssteuern«, sagte ich. Mit Nachdruck.

Nach einer Pause meinte Charlie zweifelnd:»Das kann nicht dein Ernst sein.«

«Doch. Jedenfalls ist es eine Theorie. Nur habe ich keine Möglichkeit, sie zu beweisen.«

«Mir ist nicht ganz klar.«

«Dann stell dir doch mal vor«, sagte ich,»Nerissa hat Danilo bei seinem Besuch im Frühsommer — als sie sich zum erstenmal nach all den Jahren wiedersahen — gesagt, daß sie an der Hodgkin-Krankheit leidet. Da brauchte er nur in einem medizinischen Handbuch nachzusehen, um zu erfahren, daß die immer tödlich ausgeht.«

«Ach je«, meinte sie seufzend.»Weiter.«

«Nerissa mochte ihn sehr«, sagte ich.»Nun, er ist auch ein durchaus einnehmender Junge. Nimm mal an, sie hat ihren Entschluß, Danilo zu bedenken, nicht für sich behalten, sondern ihm gesagt, sie wolle ihm ihre Pferde hinterlassen und etwas Geld.«

«Das sind aber ziemlich viele Mutmaßungen.«

«Ja«, gab ich zu.»Würdest du Nerissa fragen? Frag, ob sie Danilo gesagt hat, woran sie erkrankt ist, und auch, ob sie ihm gesagt hat, was sie ihm vermachen will.«

«Liebling, sie wäre doch furchtbar unglücklich, wenn sie jetzt feststellen müßte, daß sie sich in ihm getäuscht hat. «Charlie klang selbst aufgewühlt.»Wo sie sich doch so freut, ihn als Erben zu haben.«

«Bring einfach die Rede drauf, wenn du kannst, und frag sie nebenher. Ich bin auch der Meinung, daß es wichtig ist, ihr Kummer zu ersparen. Es könnte sogar besser sein, man ließe Danilo ungeschoren davonkommen. Darüber habe ich auch fast den ganzen Abend nachgedacht. Er hat sie um die Geldpreise betrogen, die sie hätte gewinnen können. Würde ihr das etwas ausmachen?«

«Sie würde vielleicht sogar darüber lachen. Du lachst ja selbst. Es könnte sogar sein, daß sie es für einen ziemlich klugen Schachzug hält.«

«Ja. Natürlich hat er auch das südafrikanische Wettpublikum betrogen, aber das zu ahnden, wäre wohl Sache der hiesigen Rennsportbehörden, falls sie ihn erwischen.«

«Wie kommst du darauf, daß es Danilo ist?«

«Nichts, was stichhaltig wäre«, sagte ich frustriert.»Das meiste sind zufällige Bemerkungen und Eindrücke, das wenigste sind Fakten. Also, zunächst mal war Danilo in der Nähe, als die Pferde anfingen, schlecht zu laufen. Ihr Jockey hat mir gesagt, daß Danilo damals im Juni vierzehn Tage in Afrika war, und das muß kurz nach seinem Wiedersehen mit Nerissa gewesen sein, denn er sprach von dem Besuch bei ihr. Danach war er vermutlich für einige Zeit wieder in den Staaten, aber die Pferde verloren weiter, so daß er sie offensichtlich nicht selber ausgeschaltet hat. Es ist überhaupt schwer vorstellbar, daß er jemals die Gelegenheit gehabt hätte, es selbst zu tun, aber er scheint eine Abmachung mit Arknolds Futtermeister zu haben; und ich gebe zu, daß dafür nichts weiter spricht als die Art, wie sie sich ansehen. Danilo paßt übrigens nie auf sein Gesicht auf. Er hütet seine Zunge, vergißt aber sein Gesicht. Nehmen wir also mal an, es ist Barty, der Futtermeister, der das eigentliche Müdmachen besorgt, gegen ein angemessenes Entgelt von Danilo.«

«Hm — und wie, wenn du recht hast?«

«Es gibt nur zwei Methoden, die auch bei längerer Anwendung nicht nachzuweisen sind: übertrainieren, wobei das Rennen beim Galopp daheim verloren wird — aber dahinter steckt immer der Trainer, und die Leute merken es und reden —, oder die Methode, die Barty wohl benutzt, der simple alte Eimer Wasser.«

Charlie sagte:»Man läßt das Pferd dursten, mischt vielleicht sogar Salz in sein Futter und gibt ihm dann ein, zwei Eimer Wasser vor dem Start?«

«Genau. Die Ärmsten können die Distanz nicht durchstehen, wenn ihnen zehn oder fünfzehn Liter Wasser im Bauch herumschwappen. Und was Barty angeht — selbst wenn der nicht immer da sein sollte, um rechtzeitig das Wasser zu kredenzen: Er hat die anderen Pfleger derart eingeschüchtert, die würden sich wahrscheinlich die Ohren abschneiden, wenn er’s ihnen sagt.«

«Aber«, wandte sie ein,»wenn der Futtermeister das schon wochen- und monatelang betreibt, muß der Trainer es doch geschnallt haben.«

«Ich glaube, das hat er auch«, stimmte ich zu.»Anscheinend gefällt es ihm nicht, aber er läßt es durchgehen. Er sagte, das sei >zuviel<, als einer von Nerissas besten Hengsten gestern in einem drittklassigen Rennen unterging. Und dann hat er mir selbst eine Version geliefert von dem, was da vor sich gehen und was daraus werden könnte. Er warf mir vor, ich hätte angedeutet, daß er die Pferde verlieren läßt, damit Nerissa sie verkauft; er könnte sie dann billig übernehmen, wieder auf Siegkurs gehen und sie mit großem Gewinn in die Zucht verkaufen. Ich hatte nur vage in diese Richtung gedacht, aber er traf sofort den Kern, als wäre ihm der Gedanke keineswegs neu. Das hat mich eigentlich erst auf Danilo gebracht. Das und die Art, wie der Junge gelächelt hat, als er eins von den Pferden auf die Bahn hinausreiten sah. Dieses Lächeln war völlig unangebracht. Jedenfalls, wenn er den Wert der Pferde bis zu Nerissas Tod auf beinah Null herunterschrauben kann, braucht er wesentlich weniger Steuern für sie zu bezahlen, als wenn sie alle siegen. Der Unterschied beliefe sich auf zig tausend Pfund, wenn man bedenkt, daß es elf Pferde sind. Dafür würden sich ein paar Südafrikareisen und die

Bestechung des Futtermeisters schon lohnen. Ich glaube, das System soll geändert werden, aber beim derzeitigen Stand des Steuerrechts müßte er Anwärter auf den Reinnachlaß sein, wenn das, was er macht, einen Sinn haben soll.«

«Hilf mir auf die Sprünge«, sagte Charlie.

Ich lachte.»Nun, für alles, was Nerissa besitzt, muß Erbschaftssteuer bezahlt werden. Danach werden die einzelnen Legate verteilt. Was dann übrigbleibt, ist der Reinnachlaß. Obwohl die Pferde in Südafrika sind, wird die Steuer für sie in England erhoben, weil Nerissa dort lebt. Wenn also aus dem Vermögen soundsoviel Tausende an Erbschaftssteuer für die Pferde bezahlt werden müssen, bleiben soundsoviel tausend weniger im Reinnachlaß übrig für Danilo.«

«Kapiert«, sagte sie.»Und noch mal wau.«

«Sind sie dann erst fest in seiner Hand, gibt er den Wassertrick auf, läßt sie gewinnen, verkauft sie oder gibt sie in die Zucht und kassiert auf ein neues.«

«Ja, clever. Sehr clever.«

«Und auch ziemlich einfach.«

«Hör mal«, sagte sie,»können wir in der Richtung nicht auch was probieren? Die Unmenge Zuschlagsteuer, die wir bezahlen… und wenn dann einer von uns stirbt, kostet es uns noch mal ein Riesenstück von dem Kuchen, für den wir bereits Steuern bezahlt haben.«

Ich lächelte.»Mir fällt nichts ein, was so leicht im Wert schwankt wie Pferde.«

«Dann laß uns noch welche kaufen.«

«Und natürlich müßte man auch so ziemlich auf den Monat genau wissen, wann einer stirbt.«

«Ach verdammt«, sagte Charlie lachend.»Das Leben besteht doch aus nichts als sauren Äpfeln und Nackenschlägen.«

«Bei Nackenschlägen muß ich immer an die Zähne eines Vampirs denken.«

«Der Vampir kommt«, sagte sie,»oder die Herren vom Finanzamt.«

«Ich bringe dir ein paar Nuggets aus der Goldmine mit«, versprach ich.

«Oh, danke.«

«Und ich ruf’ dich noch mal an — sagen wir, Donnerstag abend. Da bin ich dann im Krüger-Park. Würde Donnerstag dir passen?«

«Ja«, sagte sie nüchtern, die Freude war verschwunden wie Nebel.»Bis dahin fahre ich zu Nerissa und schau’, was ich rausfinde.«