173502.fb2 Herz Dame sticht - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 20

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18

Das fahle Novemberlicht ergoß sich wie Champagner über Mrs. Murphy und ließ das Tiefschwarz ihrer Streifen glänzen. Den Schwanz senkrecht, die Schnurrhaare leicht nach vorn gerichtet, sprang sie über die Felder zu Mims Haus. Neben ihr, und keineswegs glücklich, wabbelte Pewter -keine Freiluftfanatikerin, Tee Tucker hielt mühelos Schritt.

Mims Anwesen lag keine fünfzehn Minuten vom Postamt entfernt, wenn man über Gärten und Felder abkürzte.

»Oh, können wir nicht ein Stückchen gehen?«

»Wir sind gleich da.« Murphy drängte vorwärts.

»Ich weiß, daß wir gleich da sind. Ich kann nicht mehr«, jammerte die graue Katze.

»Anhalten!« befahl Tucker.

Die zwei Katzen blieben stehen, Pewter atmete schwer. Ein Ra­scheln im Bartgras warnte sie, daß noch jemand da war. Die Katzen ließen sich auf den Bauch fallen, die Ohren nach vorn gerichtet. Tu­cker blieb auf der Stelle stehen.

»Wer geht da?« verlangte Tucker zu wissen.

»Die edelste Katze, die je auf Erden wandelte«, lautete die kesse Antwort.

»Würg.« Pewter blinzelte. Sie hatte Paddy, Mrs. Murphys Exgat­ten, nie ausstehen können.

Murphy hob den Kopf.»Was immer du auf dieser Seite von Crozet zu suchen hast, ich will es nicht wissen.«

»Und das sollst du auch nicht, meine Liebste.« Er küßte sie auf die Wange.»Pewter, du siehst schlanker aus.«

»Lügner.«

»Welch reizende Worte für einen Gentleman, der dir ein Kompli­ment macht.«

»Was für ein Gentleman?«

»Pewter, sei höflich.« Murphy spielte nur ungern die Friedensstifte­rin. Sie wußte mit ihrer Zeit besseres anzufangen.»Kommt jetzt, ihr zwei. Wenn wir bis Schalterschluß zurück sein wollen, müssen wir weiter.«

»Wohin geht ihr?« »Mims Stall. Komm mit, und ich gebe dir die nackten Tatsachen.« Mrs. Murphy benutzte einen Ausdruck, den Mrs. Hogendobber gele­gentlich verwendete, wenn der braven Frau nach Pikanterie zumute war.

»Laßt uns traben. Ich renne nicht«, schmollte Pewter.

»Schon gut, schon gut«, willigte Tucker ein, um sie bei Laune zu halten.»Denkdran, daß wir deinetwegen hier im Einsatz sind.«

»Es ist nicht meinetwegen, es ist, weil Coty Lamont tot auf einem Lieferwagen gefunden wurde, mit einer Kugel im Rücken und einem Messer im Herzen. Ich habe nichts anderes getan, als diese Nach­richt heute morgen zu melden.«

»Wie kommt es, daß Harry es nicht zuerst wußte - oder die ehr­würdige Mrs. Hogendobber?« Paddy witterte einen starken Wildge­ruch, der sich im Frost gut hielt.

»Cynthia hat es Harry als zweite erzählt. Sie kam auf einen Kaffee und eins von Mrs. Hogendobbers Gebäckstückchen bei uns vorbei. Heute waren es Arme Ritter und irgendwas Zusammengeklapptes mit Puderzucker. Als nächstes schaute sie beim Postamt...«

Tucker warf ein:»Sie sagte, sie würden es später in der Zeitung le­sen, drum wollte sie ihnen die wahren Tatsachen liefern.«

»Und dann hab ich mich von euch überreden lassen, hier rauszu­kommen. Warum, werde ich wohl nie wissen.« Pewter beklagte laut ihre wunden Pfotenballen.

»Weil Coty Lamont sich in der Nacht oder am frühen Morgen, als er ermordet wurde, in Mims Stall geschlichen hat, darum, und weil es keiner weiß außer Rodger Dodger, Pusskin, den Pferden und uns.«

Tucker erklärte es Pewter geduldig noch einmal. Es war, als würde man einem Welpen beibringen, einen Knochen zu verstecken. Wie­derholung.

Tucker wußte, daß Pewter durchaus nicht schwer von Begriff war, aber durch Marotten und Gestöhne konnte sie sich in den Mittelpunkt spielen. Außerdem waren ihre Pfotenballen, nicht an schnelles Ren­nen gewöhnt, wirklich empfindlich.

»Doch, noch ein Mensch weiß Bescheid.« Mrs. Murphy nahm die Kuppeln des Stalles über ihr in Augenschein.»Cotys Mörder.«

»Das weiß man nicht«, sagte Paddy, worauf er über die Vorgänge informiert wurde, die sich zugetragen hatten, bevor Coty gefunden wurde, die Vorgänge in Mims Stall. Beharrlich sagte er:»Das hieße Mickey Townsend, da Rodger gesagt hat, er hat sich reingeschlichen und ihn gefunden.«

»Sicher, sieht ganz so aus, aber ich habe gelernt, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, das geht nicht so schnell wie beim Mäusefan­gen«, erklärte Murphy verschmitzt.

»Tu nicht soüberheblich, Murphy. Das kann ich nicht ausstehen.« Pewter schnaufte, als sie durch das große offene Tor eintraten, das weiß gestrichen und dunkelgrün eingefaßt war.

Addie und Chark Valiant stritten sich in der Sattelkammer, die sich in der Mitte des Stalles befand.

»Du mußt dir mal ernsthafte Gedanken ums Geld machen.«

»Schwachsinn«, erwiderte Addie trotzig.

Chark hob die Stimme. »Du wirst alles verplempern, Addie.«

Sie unterbrach ihn. »Alles, woran du und Arthur denken, ist Geld. Wenn ich mein Erbe durchbringe, ist das mein Pech.«

»Wir sollten unser Kapital zusammenhalten und investieren. Auf diese Weise vermehrt man sein Geld.«

»Das will ich nicht. Das hab ich nie gewollt. Du nimmst deinen Anteil, und ich nehme meinen.«

»Das ist verrückt!« brüllte er. »Ist dir denn nicht klar, was auf dem Spiel steht?«

»Mir ist klar, daß du vor zwei Jahren mit Arthur Tetrick vor Ge­richt gegangen bist, um Arthurs Treuhänderschaft zu verlängern.« Ihr Gesicht war gerötet. »Es ist mein Geld. Gott sei Dank hat der Richter die Frist nicht verlängert.«

»Du warst vollgepumpt mit Drogen, Addie. Wir haben versucht, dich zu beschützen.«

»Schwachsinn!« Sie schmiß ihren Hut auf den Boden.

Chark versuchte es anders. »Und wenn wir uns einen anderen Bera­ter nehmen?«

»Den lieben Onkel Arthur abservieren?« Das WortOnkel war von Sarkasmus durchtränkt.

»Wenn es dich dazu bringen könnte, unser Geld beisammen zu hal­ten, ja.«

Es folgte ein Schweigen, das Addie schließlich brach. »Nein. Du und Arthur könnt auf dein Geld aufpassen. Ich passe auf meins auf.« »Verdammt noch mal, warum bist du so dumm?«

Sie kreischte: »Ich will nicht für den Rest meines Lebens unter dei­ner Fuchtel stehen!«

»Nein, du wirst bloß unter der Fuchtel des nächst besten daherge­laufenen Mistkerls stehen, in den du dich verknallst genau wie Mut­ter.«

Ein Schlag hallte durch den Stall. »Ich könnte dich umbringen. Es würde mich nicht wundern, wenndu Nigel umgebracht hättest.«

»Du hast sie nicht mehr alle!« Chark stürmte aus der Sattelkammer und aus dem Stall.

Die Tiere sahen reglos zu, als Addie aus der Sattelkammer stürzte, ihrem Bruder nachrannte und aus Leibeskräften brüllte: »Ich hasse dich. Verdammt, ichhasse dich!«

»Hi«, rief Rodger vom Heuboden herunter.»Achtet nicht auf sie, die streiten sich dauernd wegen Geld.«

»Hi«, rief Pusskin, Rodgers angebetete Freundin, die neben ihm saß.

»Habt ihr schon gehört?« Pewter verbreitete Neuigkeiten liebend gern als erste, Neuigkeiten aller Art.

»Nein.« Rodger kletterte rückwärts von der Leiter, die zum Heubo­den führte. Pusskin folgte ihm.

»Coty Lamont wurde gestern abend ermordet aufgefunden«, ver­kündete Pewter atemlos.

»Wie schrecklich.« Pusskin rutschte eine Sprosse hinunter und leg­te die Hinterpfote auf Rodgers Kopf.

»Deswegen sind wir alle hier, Rodg«, sagte Mrs. Murphy.»Laßt uns in Orions Box gehen.«

Rodger, dem Paddys Ruf in puncto Katzendamen bekannt war, trat zwischen Pusskin und den gutaussehenden schwarzen Kater mit der weißen Smokingbrust und den weißen Gamaschen an den Pfoten.

Orion stand in seiner Box; denn er sollte heute geschoren werden, was ihm ein Greuel war. Die steifen Barthaare an seiner Nase und seinem Kinn würden mit einer Schermaschine abgeschnitten, wie sie Menschen für einen Bürstenschnitt benutzten. Seine Ohren würden geputzt werden, und am Genick hinter den Ohren würde ihm ein schmaler Pfad rasiert, ein Zaumpfad sozusagen. Die Box war verrie­gelt.

»Orion, wie geht's dir heute?« rief Rodger ihm von der Sattelkiste zu.

»Was glaubst du wohl? Diese verflixte Addie will mich bremsen, und Chark will Friseursalon spielen.« Eine Bremse, eine sogenannte Nasenbremse, diente dazu, Pferde während der Schönheitskur still­zuhalten. Eine Seilschlinge am Ende eines halben Besenstiels wurde um seine Lippe gewickelt.

»Ich mach dir einen Vorschlag«, rief Mrs. Murphy ihm zu.

»Ich höre.« Orion ging hinüber, um die Versammlung auf seiner Sattelkiste zu beäugen. Tucker hatte daneben Platz genommen.

»Ich mach den Riegel auf. Ich denke, wenn wir Katzen gegen die Tür drücken, können wir sie zurückschieben. Also, ich hab nichts dagegen, wenn du abhaust, aber würdest du warten, bis wir mit dem Graben fertig sind?«

Das schöne Pferd blinzelte, die großen braunen Augen voller Neu­gierde.»Was ist denn überhaupt in meiner Box? Klar, ich versprech's.«

Mrs. Murphy, schlank und behende, streckte sich, um an den Rie­gel der Boxentür zu gelangen. Der Metallbolzen, etwa so breit wie der kleine Finger eines Menschen, aber länger, war in einen Schnäp­per geschoben, ein oben abgerundetes Metallstück, so daß es einem Menschen möglich war, den Riegel mit einem Finger zurückzuzie­hen. Das half auch Mrs. Murphy. Nach vielem Ziehen und Zerren zog sie den Fingergriff nach unten, dann zog sie mit aller Macht, um den ganzen Riegel zurückzuschieben.

»Du hast es geschafft.« Pewter war voller Bewunderung.

»Und jetzt drücken.« Rodger legte die Pfoten an die Boxentür, di­rekt unter den x-förmig angebrachten Hölzern, die das untere Türpa­neel verstärkten. Paddy legte seine Pfoten ganz unten an die Tür. Pewter setzte ihre Körpermassen ein, und Tucker stieß mit der Nase. In Null Komma nichts schoben sie die Tür zurück, so leise sie konn­ten.

»Hier drüben.« Rodger flitzte zu der Stelle.

»Entfernen wir die Späne.« Pusskin machte sich ans Werk, und Späne flogen durch die Gegend.

Alle Katzen plus Tucker wurden mit kleinen Spanstückchen bewor­fen.

»Ich kann nichts riechen«, erklärte Orion,»und ihr wißt, ich habe einen guten Geruchssinn.«

»Ich kann auch nichts riechen«, bekannte Tucker.»Aber Orion, wenn du mit deinen Vorderhufen die festgestampfte Erde aufscharrst, können wir schneller mit dem Graben anfangen. Vielleicht finden wir was. Bestimmt einen Schatz!«

»Ein Schatz ist Frischfutter mit Melasse durchtränkt«, sagte Orion kichernd, während er Erdklumpen herausriß.

Mrs. Murphy murmelte:»Zu laut - das bringt die Menschen her.«

So laut Orion war, er grub schneller eine tiefe Kuhle, als es die ver­einten Katzen- und Hundekrallen vermocht hätten. Sie hörten drau­ßen Schritte.

»Ich verzieh mich.« Orion machte kehrt und trabte aus seiner Box, gerade als Addie, deren Zorn verraucht war, am anderen Ende den Stall betrat.

Draußen sprang Orion über den Zaun auf die Weide, wo seine Freunde an einem ausgebreiteten Heuballen kauten.

Zwei weitere Menschen kamen von draußen in die Sattelkammer. Tucker sprang in die kleine Grube.

»Ist da was?« fragte Mrs. Murphy ihre getreue Gefährtin.

»Kannst du Gold riechen?« fragte Pusskin unschuldig.

Pewter verkniff sich eine Bemerkung. Die hübsche Schildpattkatze war ein Dummerchen, aber sie machte Rodger auf seine alten Tage glücklich.

»Ich rieche was. Schwach, ganz schwach. Vielleicht noch einen halben Meter tiefer, vielleicht weniger.«

»Was?« kam es im Chor.

»Hm, ich weiß nicht genau. Ein Säugetier, das schon lange, lange tot ist. Es ist so schwach und staubig, wie Schimmel, wenn die Sonne drauf scheint.«

Ehe die Tiere reagieren konnten, stürmten Addie, Charles und Ar­thur Tetrick in die offene Box.

»Was zum. ?« Addie blieb der Mund offenstehen.

»Dieser verflixte Orion. Er ist einfach zu gerissen.« Chark klopfte sich auf den Schenkel. »Er hat die Schermaschine gehört.«

»Wie ist er rausgekommen?« Addie starrte die Tiere an, es kam ihr nicht in den Sinn, daß sie das Jagdpferd befreit hatten. »Was ist denn hier los, ein Tierkongreß? Mrs. Murphy, Tucker, Pewter, Paddy, Rodger und sogar Pusskin.«

Die Tiere verhielten sich still, und Tucker schlich sich zur Tür.

Arthur nahm das Loch in Augenschein. »Das muß sofort aufgefüllt werden. Es ist nicht gut für ein Pferd, in einer unebenen Box zu ste­hen. Gar nicht gut.«

»Aber das ist ja das Komische.« Charles nahm seine Baseballkappe ab und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Orion scharrt nie Löcher in den Boden.«

Arthur schnaubte. »Doch, jetzt hat er's getan.«

»Du solltest lieber tiefer graben«, riet Mrs. Murphy Addie.

»Ja, Adelia, da unten ist was«, fügte Rodger hinzu, dem auffiel, daß Addie ihren Bruder und Arthur geflissentlich ignorierte.

»Ich hol die Schaufel und schütte das wieder zu.« Charles verließ die Box.

»Grab weiter!« bellte Tucker.

»Der Hund hat so ein schrilles Kläffen.« Arthur runzelte die Stirn. »Ich konnte kleine Hunde noch nie leiden.«

»Ich konnte mäklige Menschen noch nie leiden«, schimpfte Tucker zurück, dann rannte sie aus der Box, gefolgt von den anderen Tieren.

Adelia schimpfte auch, als sie aus der Box ging: »Ihr beiden haltet zusammen wie Pech und Schwefel. Ich geh Mittagessen.«

»Komm schon, Addie«, sagte Charles, aber sie ging weiter.

»Rodger und Pusskin, haltet die Augen offen«, sagte Mrs. Murphy zu ihnen, als ihre kleine Gruppe den Stall verließ.»Achtet auf alles. Eine Abweichung im täglichen Ablauf.«

»Machen wir«, versprach Pusskin.»Aber was die Menschen tun, ist ihre Sache.«

»Die Neugier war der Katze Tod«, pflichtete der große Rotbraune bei.

»Sag das nicht, Rodger. Ich hasse diesen Spruch.« Pusskin zog die Stirn kraus.

»Verzeih, meine Süße.« Er rieb eine Seite seines Gesichts an ihrem.

Pewter unterdrückte ein Lachen.

»Tschüs«, riefen sie einander zu.

Während Mrs. Murphy ins Feld eintauchte, sagte Paddy:»Du bist neugierig.« »Tja...« Die Tigerkatze überlegte einen Moment.»Es war mir ziemlich gleichgültig, bis Coty ermordet wurde und ich herausfand, daß er in der Nacht davor im Stall gewesen war. Ich weiß nicht - schätze, ich bin neugierig.«

»Ich bin hungrig.«

»Noch zehn Minuten«, vertröstete Tucker Pewter liebevoll.»Außer, du willst rennen.«

»Nein, keinen Meter mehr!«

»Wenn ich nur wüßte, wie ich Mom oder sogar Mim dazu bringen könnte, die Box aufzugraben«, dachte Mrs. Murphy laut.

»Sie weiß gerade mal, wann sie eine Dose Futter aufmachen muß.« Tucker liebte Harry, machte sich aber keine Illusionen über ihre gei­stigen Fähigkeiten.

»Da hast du recht«, stimmte Murphy traurig zu.

»Was immer in der Box ist, wird verdammt viel Ärger verursa­chen«, bemerkte Paddy weise.»Und Orion muß da drauf stehen.«

»Wenn er es aus bloßer Neugierde wieder aufscharrt, bringen sie ihn entweder in eine andere Box, um zu sehen, ob er es aus Gereizt­heit macht, oder sie legen eine Gummimatte in seine Box. Ich be­zweifle aber, daß er scharren wird.« Auch Tucker wurde allmählich hungrig.

»Warum sagst du das?« Pewter ging flotter, je näher sie ihrem Zu­hause kam.

»Er kriegt sowieso schon genug Ärger, weil er aus seiner Box aus­gerissen ist und weil er das Loch gegraben hat. Er wird eine Weile in Deckung gehen.« Tucker sah Mrs. Hogendobbers Haus.»Wer als erster an der Tür ist.«

»Nein«, sagte Pewter unnachgiebig, doch die anderen sausten los, und sie wanderte murrend zurück zum Postamt.»Angeber.«