174189.fb2 Letzte Diagnose - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 21

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Elizabeth überlegte. »John hat noch nicht viel darüber gesagt, aber ich glaube, es gefällt ihm gut. Seine Arbeit interessiert ihn sehr.«

Dornberger löschte das, was er geschrieben hatte, ab. »Das erleichtert es immer, besonders in der Pathologie.« Er blickte auf und lächelte. »Wir anderen hängen sehr von der Arbeit in den Labors ab.«

Es entstand eine kurze Pause, in der der Arzt eine Schublade seines Schreibtisches öffnete und einen Formularblock herauszog.

Dann sagte er: »Da wir gerade von den Labors reden, wir müssen Sie zu einer Blutuntersuchung schicken.«

Während er das Formular ausfüllte, antwortete Elizabeth: »Ich wollte Ihnen noch sagen, daß ich Rh-negativ bin, mein Mann aber Rh-positiv ist, Doktor.«

Er lachte. »Daran kann man erkennen, daß Ihr Mann medizinischer Laborant ist. Wir werden Ihr Blut sehr gründlich untersuchen.« Er riß das Formular ab und reichte es ihr. »Damit können Sie jederzeit in die Abteilung für ambulante Patienten ins Krankenhaus gehen.«

»Danke, Doktor.« Sie faltete das Formular zusammen und schob es in ihre Handtasche.

Ehe Dornberger das Gespräch beendete, zögerte er. Wie den meisten Ärzten war ihm bewußt, daß Patienten sich häufig unvollständige oder falsche Vorstellungen von medizinischen Problemen machen. Bei seinen eigenen Patienten bemühte er sich in diesen Fällen im allgemeinen sehr darum, sie aufzuklären, selbst wenn es ihm Zeit kostete. Mrs. Alexander hatte ihr erstes Kind verloren. Deshalb war ihre zweite Schwangerschaft für sie doppelt wichtig. Es war Dornbergers Aufgabe, dafür zu sorgen, daß sie sich nicht ängstigte.

Sie hatte den Rh-Faktor genannt, und offensichtlich machte sie sich Gedanken darüber. Er bezweifelte, daß sie wirklich verstand, was es damit auf sich hatte. Er entschloß sich, sich die Zeit zu nehmen, sie zu beruhigen.

»Mrs. Alexander«, begann er, »ich möchte Ihnen ganz eindeutig klarlegen, daß es sich auf Ihr Kind nicht notwendigerweise nachteilig auswirken muß, daß Sie und Ihr Mann Blutgruppen mit verschiedenem Rh-Faktor haben. Verstehen Sie mich?«

»Ich glaube ja, Doktor.« Er erkannte, daß er recht hatte. Ihre Stimme ließ eine Spur Zweifel erkennen.

Geduldig fragte er: »Wissen Sie genau, was mit den Ausdrücken Rh-positiv und Rh-negativ bezeichnet wird?«

Sie zögerte. »Nun, eigentlich nicht, jedenfalls nicht ganz genau.«

Das hatte er erwartet. Er überlegte einen Augenblick und fuhr dann fort: »Ich will es Ihnen so einfach erklären, wie ich kann.

Wir alle besitzen in unserem Blut bestimmte Faktoren, und von dem Ausdruck >Faktor< kann man sagen, er sei eine andere Bezeichnung für >Bestandteil<.«

Elizabeth nickte. »Ich verstehe.« Sie konzentrierte sich, richtete ihre Gedanken auf das, was Dr. Dornberger erklärte. Einen Augenblick empfand sie fast eine leise Sehnsucht nach ihrer Schulzeit. In der Schule war sie immer stolz darauf gewesen, daß sie fähig war, Dinge, die erklärt wurden, zu verstehen, daß sie ihre Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Problem richten, Fakten schnell aufnehmen konnte, indem sie alles andere aus ihren Gedanken ausschloß. Dank dieser Fähigkeit war sie eine gute Schülerin gewesen. Jetzt war sie gespannt, ob sie sich diese Gabe erhalten hatte.

Dornberger fuhr fort: »Verschiedene Menschen haben verschiedene Blutfaktoren. Nach dem letzten Stand sind der Medizin neunundvierzig derartiger Faktoren bekannt. Die meisten Menschen - Sie und ich zum Beispiel - besitzen zwischen fünfzehn und zwanzig dieser Faktoren in ihrem Blut.«

In Elizabeths Kopf schaltete es. Erste Frage. »Wodurch wird verursacht, daß Menschen mit verschiedenen Faktoren geboren werden?«

»Größtenteils durch Vererbung, aber das ist hier nicht wichtig. Wichtig ist, sich vor Augen zu halten, daß manche Faktoren sich miteinander vertragen, andere aber nicht.«

»Sie wollen sagen.«

»Ich will sagen: Wenn die verschiedenen Blutfaktoren sich miteinander vermischen, können manche ohne weiteres nebeneinander bestehen, aber andere bekämpfen sich und vertragen sich nicht miteinander. Darum werden vor Transfusionen immer erst sorgfältig die Blutgruppen bestimmt. Wir müssen uns davon überzeugen, daß der Patient Blut der richtigen Blutgruppe empfängt.«

Elizabeth runzelte nachdenklich die Stirn und fragte: »Und es sind die Faktoren, die sich bekämpfen - die unverträglichen -, die gefährlich sein können? Ich meine, wenn man Kinder bekommt.« Wieder folgte sie der Formel aus ihrer Schulzeit: Kläre jeden Punkt eindeutig, ehe du zum nächsten übergehst.

Dornberger antwortete: »Gelegentlich gibt es das, aber in den meisten Fällen nicht. Wir wollen einmal Ihren Fall nehmen. Sie sagen, daß Ihr Mann Rh-positiv ist.«

»Ja, das ist er.«

»Nun, das bedeutet, daß sein Blut einen Faktor enthält, der >Groß De genannt wird. Und da Sie Rh-negativ sind, besitzt Ihr Blut kein >Groß De.«

Elizabeth nickte langsam. Ihr Verstand registrierte: Rh-negativ kein >Groß De. Sie benutzte einen alten Lerntrick und bildete schnell einen Merkvers: Rh-negativ man zählt wo der Faktor >Groß De fehlt.

Sie bemerkte, daß Dornberger sie beobachtete. »Sie können das so interessant darstellen«, sagte sie. »Noch nie hat mir jemand es so erklärt.«

»Sehr schön. Jetzt wollen wir über Ihr Baby sprechen.« Er deutete auf die Wölbung unter ihrem Kleid. »Wir wissen nicht, ob das Kleine dort Rh-negatives oder Rh-positives Blut hat. Mit anderen Worten, wir wissen nicht, ob sein Blut >Groß D< besitzt.«

Einen Augenblick lang vergaß Elizabeth ihre spielerische n Gedanken. Mit einem Anflug Angst fragte sie: »Was geschieht, wenn er es hat? Bedeutet das, daß sein Blut meines bekämpft?«

Ruhig antwortete Dornberger: »Diese Möglichkeit besteht immer.« Mit einem beruhigenden Lächeln fügte er hinzu: »Nun passen Sie aber genau auf.«

Sie nickte. Ihre Aufmerksamkeit war wieder voll geweckt. Für einen kurzen Augenblick hatte sie ihre Gedanken abschweifen lassen.

Nachdrücklich sagte er: »Das Blut eines Kindes ist von dem der Mutter völlig getrennt. Nichtsdestoweniger gelangen während der Schwangerschaft häufig kleine Mengen vom Blut des Kindes in den Blutkreislauf der Mutter. Verstehen Sie das?«

Elizabeth nickte. »Ja.«

»Also gut. Wenn die Mutter Rh-negativ und das Kind Rh-positiv ist, kann das manchmal bedeuten, daß unser alter Bekannter >Groß D< in den Blutkreislauf der Mutter gelangt. Und dort ist er unerwünscht. Verstehen Sie?«

Wieder nickte Elizabeth. »Ja.«

Langsam fuhr er fort: »Wenn das geschieht, bildet das Blut der Mutter im allgemeinen etwas, was wir Antikörper nennen, und diese Antikörper bekämpfen >Groß D< und vernichten es schließlich.«

Elizabeth war verwirrt. »Wo liegt dann die Gefahr?«

»Für die Mutter besteht nie eine Gefahr. Das Problem, wenn es auftritt, beginnt dann, wenn die Antikörper - die Stoffe, die die Mutter gebildet hat, um >Groß D< zu bekämpfen - auf dem Weg über die Plazenta in den Blutkreislauf des Kindes gelangen. Verstehen Sie? Wenn auch kein regulärer Blutaustausch zwischen der Mutter und dem Kind besteht, können die Antikörper doch häufig hinübergelangen, und tun es auch.«

»Ich verstehe«, antwortete Elizabeth langsam. »Und das bedeutet, daß die Antikörper in dem Blut des Kindes wirken und es zerstören.« Sie hatte es jetzt ganz klar begriffen.

Dornberger sah sie anerkennend an. Eine gescheite, junge Frau, dachte er. Sie hat nichts übersehen. Laut sagte er: »Die Antikörper können das Blut des Babys zerstören, oder einen Teil davon, wenn wir es zulassen. Das ist eine Erscheinung, die wir Erythroblastose foetalis nennen.«

»Aber wie verhindert man sie?«

»Wir können nicht verhindern, daß sie eintritt, aber wir können sie bekämpfen. Als erstes werden wir durch Blutuntersuchungen gewarnt, sobald Antikörper im Blut der Mutter auftauchen. Diese Untersuchung wird mit Ihrem Blut durchgeführt. Jetzt, und später im Verlaufe Ihrer Schwangerschaft wieder.«

»Worin besteht diese Untersuchung?« fragte Elizabeth. »Sie sind ja unersättlich wißbegierig.« Der alte Arzt lächelte. »Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wie der Test im Labor vorgenommen wird. Darüber weiß Ihr Mann bestimmt mehr als ich. «

»Aber was geschieht außerdem, für das Kind, meine ich?« Geduldig erklärte er: »Das wichtigste ist, dem Kind unmittelbar nach der Geburt eine Austauschtransfusion mit der richtigen Art Blut zu geben. Sie ist im allgemeinen erfolgreich.« Bewußt vermied er, auf die große Gefahr hinzuweisen, daß ein Kind mit Erythroblastose tot geboren werden kann, oder daß der Arzt häufig die Geburt mehrere Wochen zu früh einleiten muß, um dem Kind eine bessere Chance zu überleben zu bieten. In jedem Fall war er der Ansicht, daß seine Erklärungen genügten. Er entschloß sich, zusammenzufassen:

»Ich habe Ihnen das alles auseinandergesetzt, Mrs. Alexander, weil ich glaube, daß Sie über den Rh-Faktor beunruhigt waren. Aber auch, weil Sie eine kluge Frau sind und ich immer der Ansicht war, daß es für jeden besser ist, wenn er die ganze Wahrheit kennt als nur einen kleinen Teil.«

Sie lächelte darüber. Sie war geneigt, sich wirklich für intelligent zu halten. Schließlich hatte sie sich gerade bewiesen, daß sie immer noch ihre alte Fähigkeit aus der Schule besaß, zu verstehen und zu lernen. Dann sagte sie sich: Sei nicht eingebildet. Außerdem erwartest du ein Kind und stehst nicht vor einer Abschlußprüfung.

Dr. Dornberger sprach weiter: »Aber ich will Ihnen die wichtigen Punkte vor Augen halten.« Er war jetzt ernst, hatte sich zu ihr gebeugt. »Punkt eins: Sie werden vielleicht nie ein Rh-positives Kind bekommen, weder jetzt noch später. In diesem Falle werden überhaupt keine Schwierigkeiten auftauchen. Punkt zwei: selbst wenn Ihr Kind zufällig Rh-positiv ist, wird Ihr Blut vielleicht keine Antikörper bilden. Punkt drei: selbst im Fall, daß Ihr Kind eine Erythroblastose bekommen sollte, sind die Aussichten zur Behandlung und auf eine Heilung günstig.« Er sah sie fest an. »Nun, und wie fühlen Sie sich jetzt?«

Elizabeth lächelte strahlend. Sie fühlte, daß sie wie ein erwachsener Mensch behandelt wurde, und das tat ihr wohl. »Dr. Dornberger«, antwortete sie, »ich finde Sie einfach großartig.«

Belustigt griff Dornberger nach seiner Pfeife und begann sie zu stopfen. »Ja«, meinte er, »manchmal finde ich das beinahe auch.«

»Joe, kann ich Sie einen Augenblick sprechen?«