174189.fb2 Letzte Diagnose - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 46

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Coleman lachte. »Nennen Sie mir ein Krankenhaus, in dem das nicht hin und wieder auftritt.«

»Oh, ich weiß.« Nur ganz schwach gab Mrs. Straughan ihre Mißbilligung über diese Leichtfertigkeit zu verstehen. »Aber falls Lebensmittel die Ursache sind - und im allgemeinen sind sie es -, lege ich Wert darauf, daß es festgestellt wird, wenn es möglich ist. Man kann dann versuchen zu verhindern, daß es wieder passiert.«

Diese Frau sprach mit einem Ernst, der David Coleman Respekt abnötigte. Höflich fragte er: »Haben Sie einen bestimmten Verdacht?«

»Es sind ganz eindeutig meine Geschirrspülmaschinen, Dr. C.«

Einen Augenblick lang war Coleman über diese Anrede verblüfft. Als er sich gefaßt hatte, fragte er: »Und warum?« Aus dem Augenwinkel sah er Bannister eintreten. Jetzt hörten beide Laboranten der Unterhaltung zu.

Die Küchenleiterin erklärte: »Meine Heißwasseranlage ist völlig unzureichend.«

Diese Formulierung führte ihn in Versuchung zu lächeln, aber er unterdrückte es und fragte statt dessen: »Haben Sie darauf schon hingewiesen?«

»Davon können Sie überzeugt sein, Dr. C.« Offensichtlich handelte es sich um eine Frage, die Mrs. Straughan auf der Seele brannte. Sie fuhr fort: »Ich habe mehrmals mit dem Verwaltungsdirektor, Mr. Tomaselli, darüber gesprochen. Tatsächlich hat meine letzte Unterredung mit Mr. T. ihn veranlaßt, Dr. Pearson um eine neue Untersuchung der Geschirrspüler zu bitten.«

»Ich verstehe.« Coleman wandte sich an John Alexander. »Haben Sie die Untersuchung vorgenommen?«

»Ja, Doktor.«

»Was haben Sie festgestellt?«

»Die Wassertemperatur ist nicht hoch genug.« Alexander sah auf eine Notiztafel, auf der mehrere Blätter mit Notizen festgeklammert waren. »Ich führte an jeder Maschine zu verschiedenen Tageszeiten drei Messungen durch, die Temperatur lag zwischen dreiundvierzig und vierundfünfzig Grad.«

»Sehen Sie!« Die Küchenleiterin hob nachdrücklich ihre Hände.

»Ja, ja.« Coleman nickte. »Das ist viel zu niedrig.«

»Das ist noch nicht alles, Doktor.« John Alexander hatte die Notiztafel hingelegt und einen Objektträger von dem Labortisch genommen. »Ich fürchte, ich habe auf den Tellern, nachdem sie durch die Maschine gelaufen sind, verschiedene gasbildende Bakterien der fäkalen Gruppe gefunden.«

»Lassen Sie mich sehen.« Coleman nahm den Objektträger und trat vor das Mikroskop. Als er das Okular eingestellt hatte, wurden sofort die charakteristischen, wurmartigen Bakterien sichtbar. Er richtete sich auf.

Mrs. Straughan fragte: »Was ist das? Was bedeutet es?«

Coleman sagte nachdenklich: »Die Kultur zeigt gasbildende Bakterien. Heißes Wasser vernichtet sie normalerweise, &er wie es scheint, kommen sie durch die Maschine und bleiben auf Ihren sauberen Tellern.«

»Ist das bedenklich?«

Er überlegte sorgfältig, ehe er antwortete: »Ja und nein. Wahrscheinlich ist ein Teil der Darmgrippe, von der Sie sprachen, darauf zurückzuführen. Aber das ist an sich nichts Ernstes. Ernst werden könnte es, wenn wir zufällig im Krankenhaus einen Infektionsträger haben.«

»Einen Infektionsträger?«

Coleman erklärte: »Das ist jemand, der Krankheitserreger in seinem Körper trägt, ohne selbst im klinischen Sinn erkrankt zu sein. Es kann ein anscheinend völlig normaler und gesunder Mensch sein. Das kommt häufiger vor, als Sie glauben.«

»Aha, ich verstehe«, antwortete Mrs. Straughan nachdenklich.

Coleman wandte sich zu den beiden Laboranten. Er fragte: »Ich nehme an, daß wir regelmäßig Laboruntersuchungen von allen Personen im Krankenhaus durchführen, die mit Nahrungsmitteln zu tun haben?«

Gewichtig antwortete Bannister: »Aber ja. Dr. Pearson ist darin sehr genau.«

»Sind wir damit auf dem laufenden?«

»Aber ja.« Der erste Laborant dachte nach und meinte dann: »Ich glaube, eine ganze Zeit lang haben wir keine mehr gemacht.«

»Wann war die letzte?« Dr. Coleman fragte beiläufig, als habe es keine besondere Bedeutung.

»Einen Augenblick. Das muß ich im Buch nachsehen.« Bannister ging auf die andere Seite des Labors.

In Gedanken erwog David Coleman, was auf dem Spiel stand. Wenn die Geschirrspüler unzulänglich arbeiteten - und das schien so zu sein -, mußte sofort etwas geschehen. Darüber bestand keine Frage. Andererseits, solange alle Personen, die mit Lebensmitteln zu tun hatten, sorgfältig überprüft wurden -und das behauptete Bannister -, bestand kein wirklicher Anlaß zur Beunruhigung. Anders lagen die Dinge aber, wenn hier etwas versäumt worden war. Er sagte zu John Alexander: »Legen Sie Dr. Pearson den Befund so schnell wie möglich vor.«

»Ja, Doktor.« Alexander wandte sich wieder der Tafel mit seinen Notizen zu.

Auf der anderen Seite des Raumes sah Bannister von einem Buch auf, das aufgeschlagen vor ihm auf dem Aktenschrank lag. »Am 24. Februar«, rief er herüber.

Überrascht fragte Coleman zurück: »Sagten Sie Februar?«

»Ja, Februar ist richtig.«

»Das ist fast sechs Monate her.« Zu der Küchenleiterin gewandt: »Sie haben wohl keinen starken Wechsel in Ihrem Küchenpersonal?«

»Aber ja. Bedauerlicherweise doch.« Mrs. Straughan schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Wir haben seit Februar eine ganze Menge neue Leute eingestellt, Dr. C.«

Immer noch verständnislos fragte Coleman Bannister: »Ist das Datum auch richtig?«

»Das war das letztemal.« Bannister war seiner Sache ganz sicher. Er fand es angenehm, einmal in der Lage zu sein, diesem allwissenden jungen Arzt Bescheid zu sagen. Er fügte hinzu:

»Sie können ja selbst nachsehen, wenn Sie wollen.«

Coleman ignorierte die Bemerkung und fragte: »Was ist aber mit den neuen Leuten, die inzwischen eingestellt wurden?«

»Hier steht weiter nichts.« Bannister zuckte mit den Schultern. »Wenn das Gesundheitsbüro uns keine Proben zur Untersuchung schickt, erfahren wir nichts von neuen Leuten in der Küche.« Seine Haltung verriet völlige Gleichgültigkeit, fast Verachtung.

Langsam stieg die Wut in Coleman auf. Er beherrschte sich und sagte gelassen zu der Küchenleiterin: »Ich glaube, das ist eine Sache, um die Sie sich kümmern müssen.« Zum erstenmal begann ihm bewußt zu werden, daß hier irgend etwas irgendwo ernsthaft nicht stimmte.

Mrs. Straughan schien den gleichen Gedanken zu haben. Sie sagte: »Das werde ich sofort tun. Vielen Dank, Dr. C.« Bei jedem Schritt wogten ihre Brüste auf und ab, als sie das Labor verließ.

Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Zum erstenmal nahm Coleman wahr, daß Bannister sich unbehaglich zu fühlen schien. Als sich ihre Blicke begegneten, fragte er den Laboranten eisig: »Ist Ihnen denn überhaupt nicht aufgefallen, daß keine Untersuchungen des Küchenpersonals durchgeführt wurden?«

»Nun.« Bannister zögerte. Sein früheres Selbstvertrauen war verflogen. »Früher oder später vermutlich schon.«

Coleman musterte den Mann verächtlich. Sarkastisch antwortete er: »Sagen wir lieber später, meinen Sie nicht auch? Besonders da es von Ihnen Nachdenken verlangt hätte.« An der Tür drehte er sich um. »Ich bin bei Dr. Pearson.«

Aus dem Gesicht des alten Laboranten war alle Farbe verschwunden. Er stand da und starrte auf die Tür, durch die Coleman hinausgegangen war. »Der da weiß auch alles. Alles, was es gibt. Jeden Dreck«, stieß er erbittert, aber geschlagen hervor.

In diesem Augenblick umgab Bannister eine Aura des Untergangs. Die ihm vertraute Welt - eine Welt, die er für unverletzbar gehalten und für die er deshalb nichts getan hatte, um sie zu verteidigen - zerbrach. Eine neue Ordnung entstand, und in dieser neuen Ordnung war durch sein eigenes Versagen kein Platz mehr für ihn. Vernichtet, überlebt, erschien er nur eine schwache, bedauernswerte Gestalt, die die Zeit auf der Strecke gelassen hatte.

Joe Pearson sah von seinem Schreibtisch auf, als Coleman eintrat.

Ohne Umschweife verkündete der junge Pathologe: »John Alexander hat gasbildende Bakterien gefunden - auf sauberen Tellern, die durch die Geschirrspüler gelaufen sind.«