174543.fb2 Mord im Gurkenbeet - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 9

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»Mensch!« Mary fischte einen runden Metallpapierkorb unter dem Tisch hervor. »Den hätt ich ja fast vergessen! Dad macht mir die Hölle heiß, wenn er erfährt, dass ich das Ding nicht geleert hab. Er hat’s immer so mit den Bazillen, Dad meine ich, auch wenn man das nicht denken sollte, so wie er aussieht. Zum Glück ist es mir noch eingefallen, bevor … meine Güte! Schau dir bloß diese Sauerei an!«

Sie verzog das Gesicht und hielt den Papierkorb mit ausgestrecktem Arm von sich weg. Ich spähte - ziemlich misstrauisch - hinein. Man weiß nie, worauf man sich einlässt, wenn man seine Nase in anderer Leute Müll steckt.

Der Boden des Papierkorbs war mit Gebäckresten und -krümeln übersät: keine Tüte, einfach Reste, als sei der Betreffende satt gewesen oder hätte genug gehabt. Es sah aus wie die Reste einer Pastete. Als ich in den Korb griff und ein Stück davon herausholte, stieß Mary einen Würgelaut aus und wandte den Kopf ab.

»Hier!«, sagte ich. »Das Stück ist vom Rand, siehst du? Hier ist es goldbraun, und hat auf einer Seite kleine Teigbröckchen, wie eine Verzierung. Die übrigen Stücke stammen vom Boden, sie sind heller und dünner. Kein besonders duftiger Blätterteig.«

Ich machte eine Pause und setzte hinzu: »Trotzdem, ich habe einen Bärenhunger! Wenn man den ganzen Tag nichts gegessen hat, sieht alles lecker aus.«

Ich machte den Mund auf, als wollte ich den Teigrest hinunterschlingen.

»Flavia!«

Ich hielt mit meiner bröckeligen Beute auf halbem Weg zum Mund inne.

»Hm?«

»Lass den Blödsinn!«, sagte Mary. »Gib’s her, ich schmeiß es weg.«

Eine innere Stimme sagte mir, dass das keine gute Idee war. Die Stimme sagte mir auch, dass die Pastetenreste ein Beweisstück waren, das ich lieber für Inspektor Hewitt und die beiden Sergeanten zurücklassen sollte. Ich erwog es allen Ernstes.

»Hast du ein Stück Papier?«, fragte ich.

Mary schüttelte den Kopf. Ich öffnete den Schrank, stellte mich auf die Zehenspitzen und tastete im obersten Regalfach umher. Wie vermutet, war dort eine Zeitung als Abdeckung ausgebreitet. Gott segne Sie, Tully Stoker!

Behutsam legte ich die größeren Pastetenbrocken auf die Daily Mail und faltete die Zeitung fein säuberlich zu einem Päckchen. Mary sah mir beklommen zu, äußerte aber keine Einwände.

»Für den Labortest«, erklärte ich vielsagend. Offen gestanden hatte ich keine Ahnung, was ich mit dem ekligen Zeug anstellen wollte. Ich würde mir nachher etwas einfallen lassen, jetzt wollte ich Mary nur vorführen, wer hier das Sagen hatte.

Ich stellte den Papierkorb wieder hin und erschrak, als sich darin etwas regte. Ich schäme mich nicht zu gestehen, dass mein Magen instinktiv einen doppelten Salto vollführte. Was war das? Maden? Eine Ratte? Ausgeschlossen - ein so großes Tier hätte ich auf keinen Fall übersehen.

Argwöhnisch linste ich noch einmal in den Papierkorb, und tatsächlich - da ganz auf dem Boden regte sich etwas. Eine Feder! Sie wehte sanft, fast unmerklich, in der Zugluft hin und

War er wirklich erst heute Morgen gestorben? Das unerfreuliche Zusammentreffen im Garten schien schon ewig her zu sein. Unerfreulich? Jetzt lügst du aber, Flavia!

Mary sah entgeistert zu, wie ich noch einmal in den Papierkorb griff und die Feder mitsamt einem Pastetenrest, der auf den unbefiederten Kiel gespießt war, herausholte.

»Siehst du?« Ich hielt ihr die Feder unter die Nase. Sie wich zurück, so wie Dracula angeblich, wenn man ihn mit einem Kreuz bedrohte. »Wenn die Feder im Papierkorb auf das Gebäck gefallen wäre, wäre das Stück nicht so aufgespießt.

»Vierundzwanzig Amseln in einen Kuchen gebacken war’n …«, rezitierte ich das Kinderlied. »Kapiert?«

»Meinst du echt?« Marys Augen waren groß wie Untertassen.

»Keine Frage, Sherlock! Die Pastete hatte eine Vogelfüllung, und ich ahne auch schon, um was für eine Vogelart es sich handelt.«

Ich hielt ihr das Pastetenstück noch einmal unter die Nase. »Ja, gibt es denn ein köstlich’res Mahl, dem König zu kredenzen?«, deklamierte ich, und diesmal grinste sie mich an.

Genauso würde ich es mit Inspektor Hewitt halten. Jawoll! Ich würde den Fall lösen und ihm die Lösung in Geschenkpapier verpackt überreichen.

»Du brauchst ihn nicht extra hier nach draußen zu bringen«, so hatte er mich aus dem Garten geschickt, diese Knalltüte. Was der sich rausnahm!

Na, dem würde ich zeigen, wo der Bartl den Most holt!

Ich hatte so eine Ahnung, dass Norwegen dabei eine entscheidende Rolle spielte. Ned war nie in Norwegen gewesen, abgesehen davon hatte er Stein und Bein geschworen, dass er

Der Fremde war aus Norwegen gekommen, das hatte ich aus erster Hand! Ergo (das bedeutet: folglich) hatte der Fremde die Schnepfe womöglich von dort mitgebracht.

Und zwar in eine Pastete eingebacken.

Jawoll! Das war schlüssig! Eine ausgeklügelte List, um den toten Vogel an den neugierigen Zollbeamten Seiner Majestät vorbeizuschmuggeln.

Nur noch ein Schritt, und das Schlimmste war geschafft: Wenn ich den Inspektor nicht fragen konnte, wie er auf Norwegen gekommen war, und den Fremden (da der leider tot war) auch nicht mehr, wen dann?

Mit einem Mal sah ich die Lösung mir zu Füßen liegen, so, wie man von einem hohen Berg herabblickt. So wie Harriet …

So, wie ein Adler seine Beute erblickt.

Ich beglückwünschte mich. Wenn der Fremde aus Norwegen gekommen war, noch vor dem Frühstück einen toten Vogel vor unsere Tür gelegt hatte und nach Mitternacht in Vaters Arbeitszimmer aufgetaucht war, musste er sich ganz in der Nähe einquartiert haben. In Laufweite von Buckshaw. Zum Beispiel im Wirtshaus zu den Dreizehn Erpeln.

Es war klar wie Kloßbrühe. Der Tote im Gurkenbeet war tatsächlich Mr Sanders. Anders konnte es gar nicht sein.

»Mary!«

Tully brüllte wie ein Bullenkalb, und diesmal klang es, als stünde er vor der Tür.

»Komme, Dad!« Mary griff sich den Papierkorb.

»Du musst hier verschwinden«, raunte sie. »Warte fünf Minuten, dann lauf die Hintertreppe runter. Wie wir raufgekommen sind.«

Damit war sie zur Tür hinaus, und schon hörte man, wie sie ihrem Vater draußen im Flur erklärte, dass sie den Papierkorb

»Wir wollen doch nicht, dass jemand an irgendwelchen Bazillen stirbt, die er sich im Dreizehn Erpel geholt hat, oder?«

Sie lernte schnell.

Um die Wartezeit zu überbrücken, sah ich mir noch mal den Koffer an. Ich strich über die bunten Aufkleber und versuchte, mir vorzustellen, wo der Koffer schon überall gewesen war und was Mr Sanders in all diesen Städten wohl getrieben hatte, in Paris, Rom, Stockholm, Amsterdam, Kopenhagen, Stavanger. Der Aufkleber aus Paris war in Rot, Weiß und Blau gehalten, der aus Stavanger auch.

Liegt Stavanger in Frankreich?, überlegte ich. Es klang ja nicht besonders französisch - es sei denn, man sprach es »Sta-wong-scheee« aus, so ähnlich wie den Nachnamen von Laurence Olivier. Als ich den Aufkleber befühlte, schob er sich zusammen wie Wasser vor einem Schiffsbug.

Ich probierte die anderen Aufkleber durch, aber die klebten alle bombenfest. So fest wie das Etikett auf einer Flasche Zyankali.

Noch einmal Stavanger. Der Aufkleber fühlte sich ein bisschen uneben an, als klebte noch etwas darunter.

Mir rauschte das Blut durch die Adern wie Wasser über ein Mühlrad.

Ich öffnete den Koffer noch einmal und holte den Rasierer aus der einen Schublade. Als ich die Klinge aufklappte, dachte ich, wie herrlich es doch war, dass wir Frauen - abgesehen von Ausnahmen wie Miss Pickery aus der Bücherei - uns nicht zu rasieren brauchten. Es war auch so schon schwer genug, eine Frau zu sein, da brauchte man nicht auch noch solche Utensilien mitzuschleppen.

Ich hielt die Klinge vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger (nach dem Unfall mit dem Laborglas hatte ich mir eine strenge Predigt über den Umgang mit scharfkantigen Gegenständen

Als ich dann mit der stumpfen Seite der Klinge unter den Aufkleber fuhr und ihn anhob, rutschte etwas heraus und fiel raschelnd zu Boden. Es war ein Umschlag aus Pergamin. Solche Umschläge hatte ich auch in Sergeant Graves’ Aktentasche gesehen. Durch das halb durchsichtige Papier erkannte ich etwas Rechteckiges, Dunkles. Ich öffnete den Umschlag und drehte ihn um. Der Gegenstand fiel in meine flache Hand; genauer gesagt waren es zwei Gegenstände.

Zwei Briefmarken. Zwei leuchtend orangefarbene Briefmarken, jede in einer gesonderten durchscheinenden Hülle. Abgesehen von der Farbe waren sie der Penny Black auf dem Schnabel der Zwergschnepfe zum Verwechseln ähnlich. Von beiden blickte mir Königin Viktoria entgegen. Ich war schwer enttäuscht!

Vater wäre sicherlich angesichts des unversehrten Zustands der Marken in Verzückung geraten, hätte sich an der großartigen Gravierkunst, der zauberhaften Zähnung und der kunstvollen Klebschicht ergötzt. Für mich waren es zwei Banalitäten, wie man sie auf einen Brief an die grässliche Tante Felicity in Hampshire pappte, wenn man sich für ihr liebevoll ausgesuchtes Weihnachtsgeschenk in Gestalt eines Neddy, das kleine Eichhörnchen-Jahrbuchs bedanken musste.

Andererseits - warum sollte ich die Marken eigentlich wieder zurücktun? Wenn Mr Sanders und die Leiche in unserem Garten, wie ja wohl inzwischen geklärt war, ein und dieselbe Person waren, brauchte der gute Mann jetzt keine Briefmarken mehr.

Nein, dachte ich, die behalte ich! Irgendwann kommen sie mir bestimmt mal sehr gelegen, wenn ich etwas angestellt habe und Vater besänftigen muss, denn Vater ist nicht in der Lage,

Ich steckte den Umschlag mit den Marken ein, leckte meinen Zeigefinger an, befeuchtete die Innenseite des Kofferaufklebers und bügelte ihn mit dem Daumen wieder fest. Nicht einmal Inspektor Fabian von Scotland Yard würde auf den Gedanken verfallen, dass jemand den Aufkleber aufgeschlitzt hatte.

Zeit, zu verschwinden. Ich sah mich ein letztes Mal im Zimmer um, schlich in den schummrigen Flur hinaus und strebte, wie Mary mich angewiesen hatte, auf die Hintertreppe zu.

»Du bist so unnütz wie Strumpfhosen für’nen Stier, Mary! Wie zum Teufel sollen wir je auf einen grünen Zweig kommen, wenn du die Papierkörbe dermaßen versaubeuteln lässt?«

Tully kam die Hintertreppe hoch. Noch eine Treppenbiegung und wir würden uns Auge in Auge gegenüberstehen!

Ich huschte auf Zehenspitzen in die entgegengesetzte Richtung durch den Irrgarten der Korridore: hier zwei Stufen hoch, dort zwei runter. Dann stand ich keuchend am oberen Ende einer L-förmigen Treppe, die zum Vordereingang hinunterführte. Soweit ich es erkennen konnte, hielt sich dort unten niemand auf.

Ich trippelte die Treppe auf Zehenspitzen hinunter, immer ein Schrittchen nach dem anderen.

Ein langer, mit dunklen, stockfleckigen Jagdstichen gepflasterter Flur diente als Empfangshalle. Der jahrhundertealte Geruch von geräucherten Heringen tränkte die Tapeten. Nur der Fleck Sonnenschein, der durch die offene Haustür hereinfiel, belebte die Düsternis ein wenig.

Zu meiner Linken stand ein kleiner Schreibtisch mit einem Telefon, einem Telefonbuch, einer kleinen Glasvase mit roten und malvenfarbenen Stiefmütterchen und einem dicken, ledergebundenen Wälzer. Das Gästebuch!

Offensichtlich ging es im Dreizehn Erpel nicht eben zu wie im Taubenschlag. Die aufgeschlagenen Seiten enthielten die

Da stand es:

2. Juni, 10.25 Uhr, F. X. Sanders, London

Kein anderer Gast war verzeichnet, weder am Tag davor noch am heutigen Tag.

Aber London? Inspektor Hewitt hatte doch gemeint, der Verstorbene sei aus Norwegen gekommen, und Inspektor Hewitt sagte nun ganz gewiss nicht etwas einfach nur so dahin, darin glich er König Georg.

Obwohl … genau genommen hatte der Inspektor gesagt, der Verstorbene sei kürzlich aus Norwegen gekommen, und das war ja nun eine ganz andere Kiste.

Doch ehe ich weiter überlegen konnte, erscholl von oben ein Scheppern. Tully mal wieder, der allgegenwärtige Tully! Man hörte an seinem Ton, dass er Mary immer noch auszankte.

»Gaff mich nicht so an, Mädel, sonst geb ich dir gleich Grund zum Gaffen.«

Und jetzt kam er auch noch die Vordertreppe heruntergepoltert! Gleich würde er mich erblicken. Doch als ich eben zur Tür hinausstürmen wollte, hielt ein verbeultes schwarzes Taxi vor dem Wirtshaus. Gepäckstücke stapelten sich auf dem Dach, aus einem Fenster ragte das Holzgestell eines Fotografenstativs.

Das lenkte Tully für einen Augenblick ab.

»Da kommt Mr Pemberton«, tuschelte er vernehmlich. »Er ist früh dran. Jetzt aber los, Mädel, ich hab es dir doch angekündigt! Beweg dich und bring die schmutzige Wäsche weg, und ich geh rasch Ned holen.«

Ich flitzte los! Vorbei an den Jagdstichen, quer durch die düstere Halle und in den Hinterhof hinaus.

»Ned! Komm, Mr Pembertons Gepäck holen!«

Tully war mir dicht auf den Fersen. Obwohl mich das grelle Sonnenlicht blendete, konnte ich Ned nirgends sehen. Offenbar hatte er den Käse vom Laster geladen und widmete sich jetzt anderen Aufgaben.

Ohne lange nachzudenken, sprang ich auf die Ladefläche des Lasters und duckte mich hinter die aufgestapelten Käselaibe.

Als ich zwischen den Säulen hervorspähte, sah ich Tully in den Hof marschieren. Er sah sich um und trocknete sich das rote Gesicht mit der Schürze ab. Er hatte sich für den Thekendienst umgezogen. Demnach war die Schankstube geöffnet.

»Ned!«, brüllte Tully.

Von dort, wo er in der hellen Sonne stand, konnte er mich in dem dunklen Laderaum nicht erkennen. Ich brauchte nur zu bleiben, wo ich war, und mich ruhig zu verhalten.

Doch da gesellten sich noch zwei weitere Stimmen zu Tullys Gebrüll.

»Vergelt’s Gott, Tully«, ließ sich die eine vernehmen. »Und schönen Dank auch für den Schoppen!«

»Mach’s gut, Kumpel«, ließ die andere verlauten. »Wir sehen uns dann am Sonntag.«

»Sag George, er kann ruhig sein letztes Hemd auf Seastar setzen. Aber bloß nicht das vorletzte!«

Das war nur einer der blöden Sprüche, wie Männer sie oft sagen, um das letzte Wort zu haben. Es war überhaupt nicht lustig; trotzdem lachten alle drei und klopften sich vermutlich auf die Schenkel, und dann spürte ich den Laster schon schwanken, als die beiden Männer in die Fahrerkabine kletterten. Der Motor sprang stotternd an, und wir fuhren los - rückwärts.

Tully winkte uns nach links und dann wieder nach rechts und zeigte mit den Händen den Abstand zwischen Heckklappe und Hausmauer an. Wenn ich jetzt hinausgesprungen wäre, wäre ich geradewegs in seinen ausgebreiteten Armen gelandet.

Als Letztes sah ich Tully wieder zur Tür gehen - und Gladys, die noch an dem Bauholzstapel lehnte.

Der Laster bog scharf um die Kurve und beschleunigte. Ich bekam einen Laib Wensleydale auf die Birne, und der Käse und ich schlitterten über die raue Ladefläche. Als ich mich wieder aufgerappelt hatte, verschwamm die Hauptstraße hinter uns auch schon in einer Schliere aus grünen Hecken, und Bishop’s Lacey verschwand in der Ferne.

Jetzt ist es passiert, Flave, dachte ich. Vielleicht siehst du deine Familie nie wieder.

So verlockend mir diese Vorstellung zunächst erschien, so schnell wurde mir klar, dass mir Vater sehr wohl fehlen würde - jedenfalls ein bisschen. Ohne Ophelia und Daphne zu leben … daran würde ich mich bestimmt bald gewöhnen.

Bis dahin wäre Inspektor Hewitt natürlich zu dem Schluss gekommen, dass ich selbst den Mord begangen und die Flucht ergriffen hatte, um mich auf einem Seelenverkäufer nach Britisch Guayana durchzuschlagen. Er würde sämtliche Häfen in Alarmbereitschaft versetzen, damit man dort nach einer elfjährigen Mörderin mit Zöpfen und Trägerrock Ausschau hielt.

Wenn sie dann aber zwei und zwei zusammengezählt hatte, würde die Polizei ihre Spürhunde auf eine Flüchtige ansetzen, die nach »Omas handgemachtem Käse« roch. Deswegen würde ich den Geruch abspülen müssen, vielleicht in einem kleinen Wildbach, wo ich meine Kleider waschen und zum Trocknen auf einen Brombeerbusch hängen konnte. Natürlich würden sie Tully vernehmen, Ned und Mary ausquetschen, und im Handumdrehen daraufkommen, wie mir die Flucht aus dem Dreizehn Erpel gelungen war.

Die Dreizehn Erpel.

Wie kommt es bloß, überlegte ich, dass die Leute, die sich die Namen für Gasthäuser und Kneipen ausdenken, derart fantasielosDreizehn Erpel hatten ihren Namen, wie mir Mrs Mullet einmal erzählt hatte, bereits im 18. Jahrhundert erhalten, und zwar von einem Besitzer, der einfach die zwölf anderen Erpel durchgezählt hatte, die es schon in den Nachbardörfern gab, und ihnen noch einen hinzugefügt hatte.

Warum konnte man ein Wirtshaus nicht nach etwas benennen, das einen praktischen Nutzen hatte? Wie wäre es mit: Die Dreizehn Kohlenstoffatome? Das wäre doch immerhin eine Eselsbrücke! Es gab dreizehn Kohlenstoffatome in Tricedyl, dessen Hydrid Sumpfgas war. Das wäre doch mal ein passender Name für eine Kneipe gewesen!

Die Dreizehn Erpel - also wirklich. Das konnte auch nur einem Mann einfallen, ein Haus nach irgendwelchen Vögeln zu benennen.

Ich war in Gedanken noch mit Tricedyl beschäftigt, als am Heck des Lasters ein oben abgerundeter, weiß getünchter Stein vorbeisauste. Der Stein kam mir bekannt vor, tatsächlich, es war der Wegweiser nach Doddingsley. Noch eine halbe Meile, dann würde der Fahrer anhalten müssen, wenn auch nur kurz, ehe er entweder rechts nach St. Elfrieda oder links nach Nether Lacey abbog.

Ich rutschte an die Kante der Ladefläche, da quietschten auch schon die Bremsen, und der Laster fuhr langsamer. Und schon ließ ich mich wie ein Spezialagent, der sich aus einem Whitley-Bomber fallen ließ, herunterfallen und landete auf allen vieren im Straßenstaub.

Ohne in den Rückspiegel zu schauen, bog der Fahrer nach links ab, und als das Fahrzeug samt seiner Käsefracht in einer Staubwolke davonrumpelte, machte ich mich auf den Heimweg nach Buckshaw.

Ich hatte noch einen ordentlichen Fußmarsch querfeldein vor mir.