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Kapitel 3

Seine Mutter lag auf dem Sofa im Wohnzimmer, zitternd und hustend und blutend. Jemand hatte seine Mutter übel zugerichtet: Nase, Lippen und ein Augenlid waren aufgeplatzt, und auf Wangen und Kinn sah man leuchtend rote Flecken, wo die Haut aufgeschürft war. Ihre Kleidung war stellenweise zerrissen, sie hatte keine Schuhe an und das Haar stand ihr in wilden Büscheln vom Kopf ab.

Ich hatte Steves Mutter von Zeit zu Zeit auf der Rennbahn gesehen: eine sympathische, gutgekleidete Frau, Ende vierzig, wohlbehütet und glücklich in ihrem Leben, sichtlich stolz auf ihren Mann und ihren Sohn. In dieser gramgebeugten, ausgeraubten, zusammengeschlagenen Person auf dem Sofa war sie nicht wiederzuerkennen.

Ein Polizist saß auf einem Stuhl an ihrer Seite, und eine Polizeibeamtin stand mit einem blutbefleckten Tuch daneben. Zwei Sanitäter machten sich im Hintergrund an einer gegen die Wand gelehnten Trage zu schaffen. Eine Frau, die wie eine Nachbarin aussah, stand mit ernster, besorgter Miene in der Gegend herum. In dem Raum herrschte ein heilloses Durcheinander, Papier und zertrümmertes Mobiliar bedeckte den Boden. An den Wänden Spuren von Marmelade und Kuchen, wie Steve es geschildert hatte.

Als ich eintrat, wandte der Polizist den Kopf.»Sind Sie der Arzt?«

«Nein. «Ich erklärte, wer ich war.

«Steve!«sagte seine Mutter. Ihr Mund zitterte und ihre Hände auch.»Steve ist verletzt!«Sie konnte kaum sprechen, doch die Angst um ihren Sohn bereitete ihr neue Qualen und überdeckte alles, was sie bislang erlitten hatte.

«Es ist nicht schlimm, glauben Sie mir«, sagte ich rasch.»Er ist hier. Draußen. Es ist nur das Schlüsselbein. Ich hole ihn sofort.«

Ich ging hinaus, erstattete Bericht und half ihm aus dem Wagen. Er war krumm und steif, schien es aber nicht zu spüren.»Warum?«sagte er sinnloserweise auf dem Weg zum Haus.»Warum ist das passiert? Wozu?«

Der Polizist drinnen stellte die gleiche Frage, und die anderen Leute ebenso.

«Als Ihr Sohn hier ankam, sagten Sie gerade, daß es zwei waren, mit Strumpfmasken. Stimmt das?«

Sie nickte schwach.»Jung«, sagte sie. Das Wort kam verzerrt heraus, wegen ihrer aufgeplatzten, geschwollenen Lippen. Sie sah Steve, ergriff seine Hand und hielt sie fest. Er wurde bei ihrem Anblick noch blasser und wirkte noch eingefallener.

«Weiße Jugendliche oder schwarze?«sagte der Polizist.

«Weiße.«

«Was hatten Sie an?«

«Jeans.«

«Handschuhe?«

Sie schloß die Augen. Das aufgeplatzte sah verquollen und böse aus. Sie flüsterte:»Ja.«»Mrs. Millace, bitte versuchen Sie zu antworten«, sagte der Polizist.»Was wollten sie?«

«Safe«, murmelte sie.

«Was?«

«Safe. Wir haben keinen Safe. Ich hab’s ihnen gesagt.«

Zwei Tränen kullerten ihr über die Wangen.»Wo ist der Safe, haben sie gesagt. Sie haben mich geschlagen.«

«Hier gibt es keinen Safe«, sagte Steve außer sich vor Wut.»Ich bring sie um.«

«Ja, Sir«, sagte der Polizist.»Bleiben Sie ruhig, Sir, wenn ich bitten darf.«

«Einer. hat die Sachen zertrümmert«, sagte Mrs. Mil-lace.»Der andere hat mich einfach geschlagen.«

«Verdammte Schweine«, sagte Steve.

«Haben sie gesagt, was sie wollen?«fragte der Polizist.

«Safe.«

«Ja, aber ist das alles? Haben sie gesagt, daß sie Geld wollen? Schmuck? Silber? Goldmünzen? Was genau wollten sie, Mrs. Millace?«

Sie runzelte leicht die Stirn, als würde sie nachdenken. Mit Mühe brachte sie die Worte hervor:»Sie haben gesagt >Wo ist der Safe?<, mehr nicht.«

«Sie wissen ja wohl, daß gestern schon in dem Haus eingebrochen wurde?«sagte ich zu dem Polizisten.

«Gewiß, Sir. Ich war gestern persönlich hier. «Er sah mich einen Moment lang abschätzend an und wandte sich dann wieder an Steves Mutter.

«Haben die zwei jungen Männer mit den Strumpfmasken irgendwie durchblicken lassen, daß sie gestern schon mal da waren? Versuchen Sie sich zu erinnern, Mrs. Millace.«

«Ich… ich glaube nicht.«

«Lassen Sie sich Zeit«, sagte er.»Versuchen Sie, sich zu erinnern.«

Sie schwieg eine ganze Weile, und zwei weitere Tränen kullerten herab. Arme Frau, dachte ich. Zuviel Schmerz, zuviel Leid, zuviel Brutalität; und eine ganze Menge Mut.

Schließlich sagte sie:»Sie waren. wie Stiere. Sie haben gebrüllt. Sie waren brutal. Brutale Stimmen. Sie haben mich. herumgeschubst. Gestoßen. Ich habe die Haustür aufgemacht, und sie haben sich hineingedrängt. Mich geschubst. hier herein. Angefangen. Sachen zu zertrümmern. Alles verwüstet. Geschrien… wo ist der Safe. Sagen Sie uns, wo der Safe ist. Haben mich geschlagen. «Sie hielt inne.»Ich glaube nicht, daß sie irgendwas… von gestern gesagt haben.«

«Ich bring sie um«, sagte Steve.

«Zum dritten Mal«, murmelte seine Mutter.

«Wie war das, Mrs. Millace?«sagte der Polizist.

«Zum dritten Mal eingebrochen. Schon mal… vor zwei Jahren.«

«Sie können sie hier nicht einfach liegen lassen«, sagte Steve heftig.»Ihr die ganzen Fragen stellen. Ist denn kein Arzt hier?«

«Schon gut, Steve, mein Lieber«, sagte die Nachbarin und kam auf ihn zu, als wollte sie ihn trösten.»Ich hab Mr. Williams angerufen. Er hat gesagt, daß er gleich kommt. «Trotz ihrer Sorge und ihrem Mitleid genoß sie das Drama, und ich konnte mir vorstellen, wie sie darauf brannte, der ganzen Nachbarschaft Bericht zu erstatten.»Ich hatte deiner Mutter hier beim Aufräumen geholfen,

Steve«, fuhr sie hastig fort,»aber dann bin ich natürlich wieder nach Hause gegangen — nach nebenan, du weißt schon —, um Tee zu kochen für meine Familie, und dann hab ich das Geschrei gehört, und das ist mir verdächtig vorgekommen, mein Lieber, da bin ich dann zurückgegangen, um nachzusehen, und hab nach deiner Mutter gerufen, gefragt, ob alles in Ordnung ist, und da kamen diese beiden schrecklichen jungen Männer aus dem Haus gestürmt, wirklich gestürmt, mein Lieber, da bin ich natürlich reingegangen. und dann. deine arme Mutter. da hab ich dann gleich die Polizei angerufen und den Rettungswagen und Dr. Williams… und so. «Sie sah aus, als erwarte sie mindestens ein freundliches Schulterklopfen für soviel Geistesgegenwart, aber Steve war zu solchen Reaktionen nicht mehr fähig.

Auch der Polizist wußte es nicht zu würdigen. Er sagte zu ihr:»Und Sie können immer noch nicht mehr über das Auto sagen, mit dem sie weggefahren sind?«

«Es war dunkel«, verteidigte sie sich.

«Ein heller Wagen, mittelgroß. Ist das alles?«

«Ich achte nicht groß auf Autos.«

Niemand gab zu bedenken, daß sie auf dieses Auto aber schon hätte achten müssen. Alle dachten es.

Ich räusperte mich und wandte mich zaghaft an den Polizisten.»Ich weiß nicht, ob es Ihnen weiterhilft, und sicher haben Sie Ihre eigenen Leute dafür, aber ich habe eine Kamera im Wagen, vielleicht könnten Sie ein paar Aufnahmen vom Schauplatz hier gebrauchen?«

Er hob die Augenbrauen, überlegte kurz und sagte ja. Ich holte beide Kameras und machte zwei Bilderserien, eine in Farbe, eine schwarzweiß, mit Nahaufnahmen von dem zerschlagenen Gesicht und Weitwinkelaufnahmen vom ganzen Raum. Steves Mutter ließ das Blitzlicht geduldig über sich ergehen, und es dauerte nicht lange.

«Profi, was?«sagte der Polizist.

Ich schüttelte den Kopf.»Nur eine Menge Übung.«

Er sagte mir, wo ich die Abzüge hinschicken sollte, und dann kam der Arzt.

«Geh noch nicht«, sagte Steve zu mir, und ich sah die Verzweiflung in seinem angespannten Gesicht und blieb, saß während des ganzen geschäftigen Treibens auf der Treppe draußen in der Diele.

Steve setzte sich zu mir und sagte:»Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich kann so nicht Auto fahren, und ich muß mich doch davon überzeugen, daß sie gut versorgt ist. Sie bringen sie für die Nacht ins Krankenhaus. Ich werde wohl ein Taxi nehmen.«

Er fragte nicht direkt, aber die Frage stand im Raum. Ich unterdrückte einen leisen Seufzer und bot meine Dienste an, und er bedankte sich, als hätte ich ihm einen Rettungsring zugeworfen.

Ich blieb dann schließlich über Nacht, denn als wir vom Krankenhaus zurückkamen, sah er so erschöpft aus, daß man nicht einfach wegfahren und ihn sich selbst überlassen konnte. Ich machte uns ein paar Omeletts, denn es war mittlerweile zehn und wir waren beide am Verhungern, da wir seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatten; anschließend räumte ich ein bißchen auf.

Er saß auf dem Sofarand, bleich und angespannt und ohne ein Wort darüber zu verlieren, daß sein Bruch ganz schön weh tat. Vielleicht spürte er es kaum, obwohl ihm der Schmerz ins Gesicht geschrieben stand. Wenn er den Mund aufmachte, sprach er nur von seiner Mutter.

«Ich bring sie um«, sagte er.»Diese Schweinehunde.«

Mehr Mumm als Verstand, dachte ich, immer dasselbe. Wie die Sache sich angehört hatte, würden bei einem Aufeinandertreffen des gerade noch sechzig Kilo schweren Steve und der jungen Stiere die Schweinehunde das Umbringen besorgen.

Ich fing ganz hinten im Zimmer an, sammelte jede Menge Zeitschriften und alte Briefe auf, außerdem Deckel und Unterteil einer fünfundzwanzig mal zwanzig Zentimeter großen Schachtel, die einmal Fotopapier enthalten hatte. Eine alte Bekannte.

«Was soll ich mit dem Krempel machen?«fragte ich Steve.

«Tu’s einfach irgendwo auf einen Haufen«, sagte er zerstreut.»Einiges stammt von dem Zeitschriftenständer drüben beim Fernseher.«

Ein Zeitschriftenständer lag umgekippt auf dem Teppich.

«Und das ist die Abfallschachtel von meinem Vater, das alte verbeulte orangene Ding da. Er hat sie bei den Zeitungen im Ständer aufbewahrt. Hat sie nie weggeworfen. Sie einfach da liegen lassen, Jahr für Jahr. Eigentlich komisch. «Er gähnte.»Mach dir nicht zuviel Mühe. Die Nachbarin von meiner Mutter macht das schon.«

Ich hob einen kleinen Stapel Krimskrams auf: einen durchsichtigen Filmstreifen, etwa sieben Zentimeter breit und zwanzig Zentimeter lang, etliche Streifen eines Fünfunddreißig-Millimeter-Farbfilms, entwickelt, aber leer, und ein eigentlich hübsches Foto von Mrs. Millace, das durch Spritzer irgendeiner Chemikalie auf Hals und Haaren verdorben war.

«Die waren in der Abfallschachtel, glaube ich«, sagte Steve und gähnte erneut.»Du kannst sie genausogut wegschmeißen.«

Ich warf sie in den Papierkorb, genau wie ein fast schwarzes, in der Mitte durchgerissenes Schwarzweißfoto und ein paar Farbnegative, die mit Magenta-Flecken übersät waren.

«Er hat sie aufgehoben, um seine gröbsten Fehler nie zu vergessen«, sagte Steve.»Es kann einfach nicht wahr sein, daß er nie mehr wiederkommt.«

Ein weiteres, sehr dunkles Foto steckte in einem Aktendeckel, es zeigte die schemenhaften Umrisse eines Mannes, der an einem Tisch saß.»Willst du das aufheben?«fragte ich.

Er schüttelte den Kopf.»Vaters Abfall.«

Ich legte ein paar Frauenzeitschriften und eine Heftreihe über Holzarbeiten in den Zeitungsständer zurück und stapelte die Briefe auf dem Tisch. Was jetzt noch auf dem Boden herumlag, schien im wesentlichen aus zerbrochenen Porzellannippes, Überresten eines dünnbeinigen Nähkästchens, das gründlich zertrümmert war, und einem kleinen, umgekippten Schreibtisch zu bestehen, aus dessen Schubladen Kaskaden von Papier quollen. Sinn und Zweck der Verwüstung schien einzig und allein eine Demonstration von Lautstärke, Raserei und furchteinflößen-der Macht gewesen zu sein, was auch zu dem Geschubse,

Gestoße und Gebrüll paßte, das Mrs. Millace beschrieben hatte. Randale mit dem Zweck zu verwirren und einzuschüchtern. Und als der Angriff auf ihren Besitz nichts brachte, hatten sie ihr Gesicht bearbeitet. Ich stellte den Schreibtisch auf, stopfte den Krempel, so gut es ging, wieder hinein und legte verstreute Stoffreste und jede Menge Wollknäuel auf einen Haufen. Schließlich konnte man wieder etwas freien Teppich sehen. »Schweinehunde«, sagte Steve.»Ich hasse sie. Ich bring sie um.«

«Wie kommen die darauf, daß deine Mutter einen Safe hat?«

«Weiß der Himmel. Vielleicht machen sie nur die Runde bei frisch verwitweten Frauen und schreien auf gut Glück >Safe<. Wenn sie einen gehabt hätte, hätte sie ihnen bestimmt gesagt, wo er ist. Wo sie gerade Vater verloren hat. Und der Einbruch gestern, während wir auf der Beerdigung waren. Ein schrecklicher Schlag nach dem andern. Sie hätte es ihnen bestimmt gesagt. Da bin ich ganz sicher.«

Ich nickte.

«Mehr kann sie nicht verkraften«, sagte er. In seiner Stimme schwammen Tränen, und seine Augen verdunkelten sich in dem Bemühen, nicht loszuheulen. Er war kurz vor dem Zusammenbruch, dachte ich. Seine Mutter würde mit Mitleid und Beruhigungsmitteln eingedeckt werden.

«Zeit zum Schlafen«, sagte ich unvermittelt.»Komm, ich helf dir beim Ausziehen. Morgen wird es ihr schon besser gehen.«

Ich wachte nach einer unruhigen Nacht früh auf und sah zu, wie die trübe Novembermorgendämmerung durchs

Fenster kroch. Es gab eine ganze Menge in meinem Leben, wofür ich nicht aufstehen und dem ich mich nicht stellen wollte; zweifellos ein ganz normaler Zustand für den Großteil der Menschheit. Wäre es nicht wunderbar, mit sich selbst zufrieden zu sein, dachte ich verschwommen, und sich auf den bevorstehenden Tag zu freuen, nicht über bösartige Großmütter, die im Sterben lagen, und über die eigene deprimierende Unehrlichkeit nachdenken zu müssen? Als unbeschwerter, heiterer Mensch, der die Dinge nahm, wie sie kamen, haßte ich es, in unbequeme Ecken gedrängt zu werden, aus denen man sich nur durch Handeln befreien konnte.

Mein Leben lang war mir alles zugefallen, hatte sich einfach ergeben. Ich hatte mich nie um etwas bemüht. Ich hatte gelernt, was sich mir angeboten hatte, egal was es war. Fotografie zum Beispiel wegen Duncan und Charlie. Reiten, weil meine Mutter mich in einem Reitstall abgeladen hatte. Und wenn sie mich bei einem Bauern abgeliefert hätte, würde ich heute zweifellos Heu machen.

Überleben hieß für mich viele Jahre lang, das zu akzeptieren, was ich vorgesetzt bekam, mich nützlich zu machen, ruhig und nett zu sein und keinen Ärger zu machen. Es bedeutete Verdrängung und Abkapselung und Selbstdisziplin, so daß ich heute, als erwachsener Mann, eine tiefe Abneigung dagegen hatte, einen Wirbel zu veranstalten oder zu kämpfen.

Ich hatte mir so lange beigebracht, nichts zu wollen, was man mir nicht anbot, daß ich jetzt nur wenige Bedürfnisse hatte. Ich hatte nie große Entscheidungen getroffen. Was ich hatte, war einfach so gekommen.

Harold Osborne hatte mir zusammen mit dem Job als Jockey in seinem Rennstall das Häuschen angeboten. Ich hatte angenommen. Die Bank hatte eine Hypothek angeboten. Ich hatte angenommen. Der Autohändler hatte einen bestimmten Wagen vorgeschlagen. Ich hatte ihn gekauft.

Mir war klar, warum ich so war, wie ich war. Ich wußte, warum ich mich einfach treiben ließ, wohin es mich trug. Ich wußte, warum ich passiv war, aber ich verspürte nicht das geringste Bedürfnis, mich zu ändern, Krach zu schlagen oder darauf zu bestehen, daß ich der Herr meines Schicksals war.

Ich wollte nicht nach meiner Halbschwester suchen, und ich wollte meinen Job bei Harold nicht verlieren. Ich konnte mich einfach so weitertreiben lassen wie bisher, ohne etwas Konkretes zu unternehmen… und doch kam mir dieses instinktive Verhalten aus irgendeinem obskuren Grunde zunehmend faul vor.

Gereizt zog ich mich an und ging nach unten. Im Vorbeigehen sah ich kurz bei Steve hinein, der selig schlief.

Irgend jemand hatte nach dem Einbruch am Beerdigungstag den Küchenboden sauber gemacht und einen ganzen Berg zerbrochenes Geschirr und verschüttete Lebensmittel zusammengefegt. Kaffee und Zucker lagen dort im Staub, das hatte ich schon gestern abend gesehen, aber im Kühlschrank waren Eier und Milch, von der ich etwas trank. Dann schlenderte ich zum Zeitvertreib durch die Zimmer im Erdgeschoß und sah mich etwas um.

Der Raum, der einst George Millaces Dunkelkammer gewesen war, wäre der bei weitem interessanteste gewesen, wenn sich etwas darin befunden hätte; aber gerade da waren die Einbrecher besonders gründlich gewesen. Bis auf eine breite Arbeitsplatte an der einen Seite, zwei großen tiefen Ausgußbecken auf der anderen und reihenweise leeren Regalbrettern an der Rückwand war nichts darin vorhanden. An den vielen Schmutzrändern und Flecken an den Wänden konnte man erkennen, wo die umfangreiche Ausrüstung gestanden hatte, und Kleckse auf dem Boden zeigten an, wo er seine Chemikalien aufbewahrt hatte.

Ich wußte, daß er häufig seine Farbfilme selbst entwik-kelt und abgezogen hatte, was die meisten professionellen Fotografen nicht taten. Das Entwickeln von Farbdias und Farbnegativen war kompliziert und erforderte großes Geschick, und es war besser, ein großes Labor damit zu beauftragen, wenn man gleichbleibend gute Ergebnisse erzielen wollte. Duncan und Charlie hatten ihre Farbfilme immer weggegeben. Nur die Abzüge hatten sie selbst gemacht, was erheblich leichter ist.

George Millace war ein Meister seines Fachs gewesen. Schade, daß er ein so unfreundlicher Mensch war.

Soweit man sehen konnte, hatte er zwei Vergrößerungsapparate besessen, einen großen und einen kleineren. Ein Vergrößerungsapparat besteht im wesentlichen aus einem an einer Stange befestigten Kasten, in den das Negativ so eingespannt wird, daß der Lichtschein einer starken Lampe durch den Film hindurch auf eine darunterliegende Platte fallen kann.

Der Kopf des Apparates, in dem sich die Lichtquelle und das Negativ befinden, läßt sich an der Stange höher und tiefer stellen. Je höher der Kopf über der Platte steht, desto größer wird das Bild. Je niedriger der Kopf, desto kleiner das Bild. Ein Vergrößerungsapparat ist eigentlich ein Projektor und die Platte die Leinwand.

Wenn man einen Abzug von einem Negativ machen will, muß man den Kopf des Apparats, je nach gewünschtem Format, höher oder tiefer schrauben, dann das Objektiv scharf stellen, im Dunkeln das Fotopapier auf die Platte legen, ein paar Sekunden lang Licht durch das Negativ auf das Papier fallen lassen, das Papier in den Entwickler legen, neutralisieren, fixieren, wässern und — Hokuspokus fidibus — schon hat man, wenn man keine Fingerabdrücke hinterlassen hat, einen sauberen Abzug in der gewünschten Größe.

Neben den Vergrößerungsapparaten hatte George sicher eine elektrische Trickkiste besessen, mit der er die Belichtungszeit steuern konnte, dazu massenhaft Ausrüstung für den Entwicklungsprozeß und einen Trockner zum Trocknen der fertigen Abzüge. Er hatte sicher bergeweise Fotopapier in unterschiedlichen Größen und Härtegraden gehabt, und lichtundurchlässige Behälter, um es aufzubewahren. Er hatte bestimmt reihenweise Ordner gehabt, in denen er seine Werke griffbereit hatte, und Dunkelkammerlampen und Meßbecher und Papierschneider und Filter.

Das alles war bis aufs letzte Fitzelchen verschwunden.

Wie die meisten ernsthaften Fotografen hatte er seine nicht entwickelten Filme im Kühlschrank aufbewahrt. Sie waren auch weg, hatte Steve gesagt, und sie waren wahrscheinlich der Anlaß für die Verwüstung der Küche gewesen.

Ich schlenderte ziellos ins Wohnzimmer, machte das Licht an und fragte mich, wann ich wohl Steve wecken konnte, um ihm zu sagen, daß ich los ging. Das halb aufgeräumte Zimmer sah kalt und trist aus, ein erbärmlicher Anblick für die arme Mrs. Millace, wenn sie wieder nach Hause kam. Aus Gewohnheit und weil ich nichts weiter zu tun hatte, machte ich langsam da weiter, wo ich letzte Nacht aufgehört hatte, hob Scherben von Vasen und Nippes auf und sammelte unter den Stühlen verstreute Garnrollen und Nähutensilien ein.

Halb unterm Sofa lag ein großer lichtundurchlässiger Umschlag, ein ganz normaler Gegenstand im Haus eines Fotografen. Ich sah hinein, aber er schien weiter nichts zu enthalten als ein durchsichtiges, dickliches Stück Plastik, etwa zwanzig Quadratzentimeter groß und an drei Seiten glatt abgeschnitten, an der vierten wellig. Auch Abfall. Ich steckte es in den Umschlag zurück und warf ihn in den Papierkorb.

George Millaces Abfallschachtel stand offen und leer auf dem Tisch. Ohne besonderen Grund und sicherlich von nichts weiter als Fotografenneugier getrieben, nahm ich mir den Papierkorb vor und leerte ihn wieder auf den Teppich aus. Dann legte ich alle groben Schnitzer von George in die Schachtel zurück, in der er sie aufbewahrt hatte, und warf die Glas- und Porzellanscherben wieder in den Papierkorb.

Ich sah mir die verdorbenen Abzüge und Filmschnipsel an und fragte mich, warum George sie wohl aufgehoben hatte. Fotografen waren, genau wie Ärzte, sehr darauf bedacht, ihre Kunstfehler schnell zu vertuschen, sie ließen sie eigentlich nicht als ständige Erinnerung an Katastrophen auf Zeitungsständern herumliegen. Rätsel hatten mir schon immer Spaß gemacht. Ich dachte mir, daß es ziemlich interessant wäre herauszufinden, warum gerade diese Dinge hier für einen Fachmann wie George von Interesse gewesen waren.

Steve kam im Schlafanzug nach unten. Er wirkte zerbrechlich, hielt sich den verletzten Arm und sah matt dem Tag entgegen.

«Mein Gott«, sagte er,»du hast ja alles aufgeräumt.«

«Warum nicht?«

«Ich danke dir. «Er sah die volle Abfallschachtel auf dem Tisch.»Er hat den Kram früher in der Tiefkühltruhe aufbewahrt«, sagte er.»Meine Mutter hat mir erzählt, daß es einmal ein Riesentrara gegeben hat, als die Tiefkühltruhe defekt war und die ganzen Erbsen und das Zeug aufgetaut sind. Die Hähnchen und so und die selbstgemachten Pasteten, die verdorben waren, waren meinem Vater völlig egal. Aber daß ein bißchen Eiscreme auf seinen Abfallkram ausgelaufen war, darüber hätte er sich gar nicht mehr eingekriegt.«Über Steves müdes Gesicht huschte ein Lächeln der Erinnerung.»Es muß eine herrliche Szene gewesen sein. Sie fand es furchtbar komisch, und als sie gelacht hat, ist er immer wütender geworden. «Er brach ab, das Lächeln erstarb.»Ich kann’s einfach nicht fassen, daß er nie wiederkommt.«

«Hat dein Vater oft Sachen in der Tiefkühltruhe aufbewahrt?«

«Aber sicher. Natürlich. Unmengen. Du kennst ja die Fotografen. Ständig in Panik, daß die Farben sich nicht halten. Er hat es dauernd davon gehabt, daß sein Werk in zwanzig Jahren dahin sein wird. Er meinte, der einzige Weg zum Nachruhm führe über die Tiefkühltruhe, und nicht mal das sei sicher.«

«Tja…«, sagte ich.»Haben die Einbrecher auch die Tiefkühltruhe ausgeräumt?«

«Ach, du meine Güte. «Er war ganz verdattert.»Das weiß ich nicht. Daran hab ich gar nicht gedacht. Aber warum sollten sie auf seine Filme aus gewesen sein?«

«Die aus der Dunkelkammer haben sie gestohlen.«

«Aber die Polizei hat gesagt, daß das reine Boshaftigkeit war. Eigentlich ging’s ihnen nur um die Ausrüstung, die können sie nämlich verkaufen.«

«Hm«, sagte ich.»Dein Vater hat eine Menge Aufnahmen gemacht, die den Leuten gar nicht gefallen haben.«

«Ja, aber doch nur zum Spaß. «Er verteidigte George wie eh und je.

«Wollen wir nicht mal einen Blick in die Tiefkühltruhe werfen?«schlug ich vor.

«Ja. Gut. Sie ist draußen hinterm Haus in einer Art Schuppen.«

Er nahm einen Schlüssel aus der Tasche einer Schürze, die in der Küche hing, und ging durch die Hintertür voran in einen kleinen, überdachten Hof, wo Mülltonnen standen, Holzscheite aufgestapelt waren und Petersilie üppig in einem Bottich wucherte.

«Da drin«, sagte Steve. Er gab mir den Schlüssel und wies mit dem Kopf auf eine grüngestrichene Tür in einer angrenzenden Mauer. Ich ging hinein und fand eine riesige Tiefkühltruhe, die zwischen einem Motorrasenmäher und sechs Paar Gummistiefeln stand.

Ich hob den Deckel. Drinnen befand sich in enger Nachbarschaft von Lammkeulen und Packungen mit Beefburgern ein Stapel aus drei großen grauen Metallkassetten, jede fest in durchsichtige Plastikfolie gewickelt. Auf der obersten klebte ein Zettel mit der knappen Warnung: KEINE EISCREME NEBEN DEN KASSETTEN LAGERN

Ich lachte.

Steve warf einen Blick auf die Kassetten und die Warnung und sagte:»Da siehst du’s. Meine Mutter hat gesagt, daß er bald verrückt geworden ist, wie alles geschmolzen ist, aber dann hat sich herausgestellt, daß nichts von seinem Zeug beschädigt war. Die Lebensmittel waren verdorben, aber seinen besten Dias war nichts passiert. Danach hat er sie dann in diesen Kassetten aufbewahrt.«

Ich klappte den Deckel zu, und wir schlossen den Schuppen wieder ab und gingen ins Haus zurück.

«Du glaubst doch nicht im Ernst, daß die Einbrecher hinter den Fotos von meinem Vater her waren?«sagte Steve zweifelnd.»Sie haben schließlich alles mögliche gestohlen. Die Ringe von meiner Mutter und seine Manschettenknöpfe und ihren Pelzmantel und alles.«

«Ja… das stimmt.«

«Meinst du, ich soll der Polizei sagen, daß das ganze Zeug in der Tiefkühltruhe ist? Meine Mutter hat sicher vergessen, daß es da drin ist. Das hat uns nie groß interessiert.«

«Du kannst es ja mit ihr besprechen«, sagte ich.»Wart ab, was sie dazu meint.«

«Ja, das ist am besten. «Er wirkte ein kleines bißchen fröhlicher.»Wenigstens etwas Positives. Die ganzen Register mit den Daten und Ortsangaben, wo die Fotos gemacht worden sind, hat sie zwar verloren, aber sie hat immerhin noch einige seiner besten Sachen. Es ist nicht alles weg. Nicht alles.«

Ich half ihm beim Anziehen und verabschiedete mich dann bald, weil er sagte, daß er sich besser fühlte, und auch so aussah; und ich nahm die Schachtel mit George Millaces Pfuschwerk mit, die laut Steve in den Müll gehörte.

«Aber du hast nichts dagegen, wenn ich sie mitnehme?«sagte ich.

«Aber woher denn. Ich weiß, daß du gerne mit Filmen rumexperimentierst. genau wie er. früher. Er hing an dem alten Krempel. Keine Ahnung, warum. Nimm’s ruhig mit, wenn du willst.«

Er kam mit hinaus zur Auffahrt und sah zu, wie ich die Schachtel in den Kofferraum neben meine beiden Kamerataschen legte.

«Du bist nie ohne Kamera unterwegs, stimmt’s?«sagte er.»Wie mein Vater.«

«Sieht ganz so aus.«

«Mein Vater hat gesagt, daß er sich ohne ganz nackt fühlt.«

«Sie wird zu einem Teil von dir. «Ich machte den Kofferraum zu und schloß ihn aus alter Gewohnheit ab.»Sie ist eine Art Schutzschild. Hält dich auf Distanz zu deiner Umwelt. Macht dich zum Beobachter. Liefert dir einen Vorwand, dich emotional zu distanzieren.«

Es schien ihn sehr zu wundern, daß ich solche Gedanken hatte, und ich wunderte mich selbst, nicht über meine Gedanken, sondern darüber, daß ich sie ihm gegenüber geäußert hatte. Ich lächelte, um den Tiefsinn zu verscheuchen und den Eindruck zu erwecken, ich hätte es ironisch gemeint, und Steve, der Fotografensohn, schien erleichtert.

Ich fuhr die Stunde von Ascot nach Lambourn im Sonntagmorgentempo und sah einen großen Wagen vor meinem Haus parken.

Mein Haus war eins von sieben Reihenhäusern, die Anfang des Jahrhunderts für die weniger Begüterten gebaut worden waren, und außer mir wohnten dort im Moment ein Lehrer, ein Pferdetransportfahrer, ein Kurat, ein Tierarzthelfer, diverse Ehefrauen und Kinder und zwei Wohnheimladungen Stallburschen. Ich lebte als einziger allein. Angesichts der mich umgebenden Massen empfand ich es fast als unanständig, so viel Platz für mich allein zu beanspruchen.

Mein Haus lag in der Mitte. Zwei Zimmer oben, zwei unten und nach hinten hinaus ein moderner Küchenanbau. Eine weißgestrichene Backsteinfassade, schnörkellos, direkt an der Straße, kein Platz für einen Garten. Eine schwarze Tür, die einen Anstrich nötig hatte. Neue Aluminiumfensterrahmen anstelle der alten aus Holz, die verrottet waren. Ein altes, wieder aufgemöbeltes Ding. Nicht beeindruckend, aber ein Zuhause.

Ich fuhr langsam an dem Besucherauto vorbei und bog in den schlammigen Weg am Ende der Häuserreihe ein, fuhr zur Rückseite und parkte unter dem Wellplastikdach des Autoabstellplatzes neben der Küche. Im Vorbeifahren konnte ich einen Blick auf den Mann werfen, der hastig aus dem Auto stieg, und mir war klar, daß er mich gesehen hatte. Ich für meinen T eil fand, daß er kein Recht dazu hatte, mich am Sonntag zu verfolgen.

Ich ging von hinten durchs Haus und öffnete die Eingangstür. Vor mir stand Jeremy Folk, groß, dünn, linkisch, mit seinem schüchternen Ernst, den er wie zuvor bewußt als Hebel benutzte.

«Schlafen Anwälte sonntags nicht?«sagte ich.

«Nun ja, also, es tut mir schrecklich leid…«

«Klar«, sagte ich.»Kommen Sie rein. Wie lange warten Sie schon?«

«Nicht. äh. der Rede wert.«

Er trat leicht erwartungsvoll durch die Tür und trug die augenblickliche Enttäuschung mit einem Blinzeln. Ich hatte das Innere des Hauses so umgestaltet, daß das einstige repräsentative Vorderzimmer jetzt in Eingangsdiele und Dunkelkammer unterteilt war, und im Dielenteil gab es nichts weiter als einen Aktenschrank und das Fenster zur Straße. Weiße Wände, weiße Fliesen; nichtssagend.

«Hier lang«, sagte ich belustigt und führte ihn an der Dunkelkammer vorbei in den Raum, der einst als Küche gedient hatte, jetzt aber aufgeteilt war in Badezimmer und Erweiterung der Diele. Dahinter lag die neue Küche, und links war die schmale Treppe.

«Was wollen Sie?«sagte ich.»Kaffee oder reden?«

«Ähm… reden.«

«Dann hier hinauf.«

Ich ging nach oben, und er folgte. Eins der Schlafzimmer diente mir als Wohnzimmer, weil es der größte Raum im Haus war und man von hier aus die schönste Aussicht auf die Hügellandschaft der Downs hatte. In dem kleineren Raum daneben schlief ich.

Im Wohnzimmer weiße Wände, brauner Teppich, blaue Vorhänge, Strahler, Bücherregale, Sofa, Couchtisch und Sitzkissen. Mein Gast ließ kurze, taxierende Blicke herumhuschen.

«Nun?«sagte ich neutral.

«Ähm… das ist ein hübsches Bild. «Er trat näher, um den einzigen Gegenstand, der an der Wand hing, genauer zu betrachten: blaßgelbes Sonnenlicht fiel durch kahle Silberbirken auf Schnee.

«Ein… ähm… Druck?«

«Ein Foto«, sagte ich.

«Ach! Wirklich? Sieht wie ein Gemälde aus. «Er wandte sich ab und sagte:»Wo würden Sie gerne leben, wenn Sie hunderttausend Pfund hätten?«

«Ich habe ihr gesagt, daß ich das Geld nicht haben will. «Ich sah ihn mir an, wie er dastand in seiner eckigen Un-beholfenheit, heute nicht in grauem werktäglichem Flanell, sondern im Tweedjackett mit dekorativen Lederflik-ken auf den Ellbogen. Der schlaue Kopf hinter der trotteligen Pose ließ sich nicht völlig verbergen, und ich fragte mich vage, ob er sich diese Fassade zugelegt hatte, weil sein eigener Scharfsinn ihm peinlich war.

«Setzen Sie sich«, sagte ich, aufs Sofa deutend, und er schlug dankbar die langen Beine übereinander, als hätte ich ihm ein Geschenk gemacht. Ich setzte mich auf ein Sitzkissen und sagte:»Warum haben Sie bei unserer Begegnung in Sandown das Geld nicht erwähnt?«

Er wand sich schier.»Ich… also… ähm… dachte, ich versuche es erst mal mit >Blut ist dicker als Wasser<, verstehen Sie?«

«Und wenn das nicht funktionierte, mit Habgier?«

«Gewissermaßen.«

«Um herauszufinden, mit wem Sie es zu tun haben?«

Er blinzelte.

«Hören Sie«, seufzte ich,»ich kann einfachen Gedankengängen folgen, also warum lassen Sie nicht einfach das Geschwafel?«

Er entspannte sich zum ersten Mal und schenkte mir ein leises Lächeln, das vor allem von den Augen ausging.

«Reine Gewohnheit«, sagte er.

«Habe ich mir gedacht.«

Er sah sich nochmals im Raum um, und ich sagte:»Na, was sehen Sie?«

Er antwortete, ohne sich zu winden oder zu entschuldigen.»Sie sind gerne allein. Sie sind gefühlskalt. Sie brauchen keine Requisiten. Und falls dieses Foto nicht von Ihnen stammt, sind Sie nicht eitel.«

«Es stammt von mir.«

«Aber, aber.«

«Ja«, sagte ich.»Was führt Sie zu mir?«

«Nun ja, offenbar will ich Sie zu etwas überreden, was Sie nicht tun wollen.«

«Die Halbschwester aufspüren, von der ich nichts wußte?«

Er nickte.

«Warum?«

Nach einer kurzen Pause, in der er allem Anschein nach sämtliches Für und Wider erwog, sagte er:»Mrs. Nore besteht darauf, jemandem, der nicht zu finden ist, ein Vermögen zu hinterlassen. Das ist. unbefriedigend.«

«Warum besteht sie darauf?«

«Keine Ahnung. Sie gibt meinem Großvater Anweisungen. Sie nimmt keinen Rat von ihm an. Er ist alt und hat die Nase voll von ihr, und mein Onkel desgleichen, und sie haben den ganzen Schlamassel mir aufgehalst.«

«Drei Detektive konnten Amanda nicht finden.«

«Sie wußten nicht, wo sie suchen sollten.«

«Ich weiß es auch nicht«, sagte ich.

Er sah mich prüfend an.»Das könnte sich ändern.«

«Nein.«

«Wissen Sie, wer Ihr Vater ist?«fragte er.