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Bei Kasi kam Herr Geung wieder auf die Bundesstraße 13. Er wusste nicht, dass es dieselbe Straße war, die er vier Tage zuvor verlassen hatte. Die Straßen sahen alle gleich aus. Aber da die Sonne ihn nach Süden lotste, wusste er, dass die Straße in die richtige Richtung führte.
In seiner Hand lag ein spitzer Stock. Er diente ihm als Waffe gegen wilde Tiere. Der Stock, der den Tiger getötet hatte, war sehr viel größer gewesen, doch der Ast hatte sich als zu schwer erwiesen, um ihn mitzuschleppen. Ein Stock war ein Stock. Und ein toter Tiger war ein toter Tiger.
Es war kurz vor Tagesanbruch, und er hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Der Tiger lag direkt unter ihm und wartete darauf, dass er müde wurde und vom Baum fiel wie eine reife Mango. Er hatte mehrmals versucht, ihm nachzuklettern, ohne Erfolg. Einmal hatte Geung ihm mit seinem Stiefel fast die Zähne eingetreten. Die Wucht des Tritts war so groß gewesen, dass der Tiger aus dem Gleichgewicht geraten und zu Boden gestürzt war. Geung hatte ein schlechtes Gewissen deswegen. Von da an schlief der ebenso frustrierte wie geduldige Tiger mit gespitzten Ohren. Später überlegte Geung, ob das Tier das Knacken wohl gehört hatte, bevor der Ast, auf dem er saß, gebrochen war. Er wusste nur noch, dass er und der Ast urplötzlich mit rasender Geschwindigkeit in die Tiefe stürzten. Er hörte ein zweites Knacken, gefolgt von einem dumpfen Schlag, worauf ihm ein stechender Schmerz vom Steißbein aus zwischen die Schulterblätter fuhr. Er landete im dichten Gras und wartete ächzend und keuchend darauf, dass der Tiger kam und ihn in Fetzen riss. Doch der Tiger kam nicht.
Er wandte den Kopf und sah die Katze neben sich liegen, tot. Sie war wunderschön. Ihre Augen waren schwarz umrandet wie die der Mädchen hinter dem Markt in der Hanoi Road. (Er hatte sie nur angeschaut, nicht angefasst.) Ihr dichtes Fell war prachtvoll gemustert. Er streckte den Arm aus und ließ die Finger durch das weiche Haarkleid gleiten. Er wölbte die Hand schützend um ihr trauriges Gesicht. Der Ast hatte ihr das Genick gebrochen. Geung legte seine kalte Nase an ihre warme Schnauze und weinte.
Abgesehen von den Schaben im Leichenschauhaus und den Abermillionen Mücken (die laut Dr. Siri keinen Schmerz empfanden und folglich auch kein Mitleid verdienten) hatte Herr Geung noch nie ein anderes Lebewesen getötet. Er schämte sich schrecklich für seinen ersten Mord. Er wusste, was es mit dem Tod auf sich hatte. Schließlich hatte er jeden Tag damit zu tun. Der Tod war das Ende. Wenn ein Mensch tot war, kam er nicht mehr wieder. Auch dieses herrliche Tier kam jetzt nicht mehr wieder, und das war seine Schuld. Geung wusste auch, was nach dem Tod geschah. Er war mit den Schwestern in dem einen oder anderen Tempel gewesen und hatte gesehen, wie die Toten für ihre Reise ins Nirwana vorbereitet wurden. Obwohl er nie einen hatte fortgehen sehen, wusste er, dass sie sich ins Paradies aufmachten. Die Schwestern hatten es ihm erklärt.
Er musste auch der Tigerin die letzte Ehre erweisen. Das war das Mindeste, was er tun konnte. Trotz seiner Verletzung hatte er einen Großteil des Vormittags im Wald verbracht und Reisig für den Scheiterhaufen gesammelt. Das Tier war unglaublich schwer – zu schwer, um es auf die Stelzen zu hieven. Und so blieb ihm nichts anderes übrig, als das Holz über der toten Katze aufzuschichten. Buddha hatte hoffentlich nichts dagegen, wenn ein Verstorbener verkehrt herum eintraf. Mit den Streichhölzern aus seiner Tasche zündete er die trockenen Zweige an und setzte sich neben das Feuer. Bald hatten die Flammen den Scheiterhaufen verschlungen, und die krude Konstruktion brach über seinem Opfer zusammen. Das schmorende Fleisch duftete köstlich, und Geung knurrte der Magen, aber er kam gar nicht auf die Idee, dass sich solche Gedanken nicht geziemten.
Zwar wusste er nicht, welcher Texte die Mönche sich bedienten, aber er wusste, dass bei Bestattungen gesungen wurde. Ihm ging ein Lied im Kopf herum, und so sang er es immer wieder, mit tiefer Stimme, wie er es bei den Mönchen gehört hatte.
»Geht die Sonne morgens auf/Rutscht sie mir den Buckel rauf/Und abends sinkt vom Scheitel/sie mir in den Beutel.«
Herr Geung wusste nicht, wie lange all das her war. Aber die Gewissheit, dass die Tigerin die Sonne fortan stets im Rücken haben würde, wärmte ihm das Herz. Außerdem war es ihr vorbestimmtes Schicksal.
Seitdem war er auf seinen Plattfüßen über unzählige Hügel gewandert. Bei jedem Bach machte er halt und trank, widerstand jedoch dem Drang, ein Bad zu nehmen. »Wage es nicht, dich zu waschen«, hatte die alte Frau gesagt, als sie ihn mit ihrem Mückenbalsam eingerieben hatte. Deshalb hatte er sich seit Tagen nicht gewaschen und fing allmählich an zu stinken. Aber er hatte es der alten Dame versprochen. Seine Haut schälte sich, nicht nur im Nacken, auf den die Sonne erbarmungslos herniederbrannte, sondern auch unter seiner Kleidung; das Jucken war lästig und unangenehm.
Zu allem Übel musste er feststellen, dass er langsam taub wurde. Und das nicht zum ersten Mal. Man hatte ihm gesagt, das sei bei Leuten wie ihm nicht ungewöhnlich, weil sich Flüssigkeit in seinen Ohren sammelte. Aber hier, am Ende der Welt, gab es keine Schwester, die ihm hätte helfen können. Dtui existierte schließlich nur in seinem Kopf.
»Was soll’s. Auf nach Vientiane«, sagte sie, und er marschierte los, mitten auf der mit Schlaglöchern übersäten Straße, mit einer Geschwindigkeit von ungefähr fünf Kilometern in der Stunde. Bis nach Hause waren es noch rund zweihundert Kilometer.
Dtui brauchte Siri dringender denn je. Und das nicht etwa, weil sie vor unlösbaren medizinischen Problemen stand. Nein. Sie brauchte Siri, weil sie mit zwei ganz und gar rätselhaften Fällen konfrontiert war, für die ihr kein medizinisches Lehrbuch dieser Welt eine Erklärung liefern konnte. In dem ehemals totenstillen Schlafsaal saß hellwach ein vierjähriges Mädchen und brabbelte mit der Stimme einer Siebzigjährigen vor sich hin. Meej hatte sich ihr Geplapper eine Stunde lang angehört. Die Kleine war Laotin, sprach aber eindeutig Hmong. Wenn man dem Pfleger Glauben schenken durfte, erzählte sie die Lebensgeschichte der alten Frau. Es schien, als lausche man einer Tonbandaufnahme all dessen, was die Frau jemals gesagt hatte, angefangen um 1940 – und zwar im schnellen Vorlauf, sodass man kaum ein Wort verstand. Dtui hatte keinen Grund, an Meejs Einschätzung zu zweifeln.
Und als sei das noch nicht verwirrend genug, war da auch noch der Antrag des Genossen Lit. Er lag ihr schwer auf der Seele, wie der Kadaver eines wohlgenährten Faultiers. Obwohl die unterbezahlten Kollegen, die bei Kilometer 8 bis zum Umfallen schufteten, inzwischen ihre größte Hochachtung genossen, hatte sie nicht die Absicht, mit ihnen über ihre intimsten Gefühle zu sprechen. Sie brauchte einen Zyniker. Sie brauchte jemanden, der ihr den Kopf zurechtrückte. Genosse Lit war groß und schlaksig, aber durchaus eine Umarmung wert. Er hatte ein freundliches, markantes und – im weitesten Sinne – hübsches Gesicht, neben dem sie gern aufgewacht wäre, im Zweifelsfall sogar für den Rest ihres Lebens.
Allein der Umstand, dass er sich wie ein Rindvieh benommen hatte, bewahrte sie davor, in seine Arme zu sinken und zu flöten: »Ja, ja, Liebster. Nimm mich.« Aber konnte nicht auch ein Widerling einen guten Ehemann abgeben? Und würde sie sich wirklich so sehr verbiegen müssen, um an der Seite dieses hohlen, hirn- und charakterlosen Ekels zu bestehen? Gewiss, wenn sich eine Sau mit einem Köter paaren konnte, konnte auch Dtui zum braven Parteiweibchen mutieren: zur Gattin eines Mannes, der einen offiziellen Eheschließungsantrag stellte, bevor er um die Hand einer Frau anhielt. Keine Frage. Siri musste ihr ein paar ordentliche Ohrfeigen verpassen, damit sie wieder zur Besinnung kam.
Siri war in der Präsidentenhöhle und saß im Schneidersitz im Versteck des Kubaners. An der Geschichte von der Beziehung zwischen Isandro und der kleinen Vietnamesin war irgendetwas faul. Wenn die beiden Kubaner tatsächlich über die magische Fähigkeit verfügten, ihren Vater umzubringen, menschliche Föten in Affenbabys und Kehlköpfe in Pfirsichkerne zu verwandeln, hätten sie das bettlägerige Mädchen doch bloß zu verzaubern brauchen, um sich an ihm zu vergehen. Warum also hätte Isandro die Demütigung und den Gesichtsverlust auf sich nehmen und ihren Vater um die Erlaubnis bitten sollen, ihr den Hof zu machen? Die Gerüchte des Oberstabsfeldwebels klangen wenig plausibel.
Siri kam zu dem Schluss, dass er Odons Sachen ein zweites Mal durchforsten musste, Spinnen hin oder her. Er musste sich vergewissern, dass er auch nichts vergessen hatte. Er durchwühlte den Rucksack, sah unter der Strohmatte nach und arbeitete sich durch ein Regalbrett voller Bücher, deren Titel ihm nichts sagten. Aber er fand nichts – nichts, was darauf hingedeutet hätte, dass zwischen Hong Lan, der rosa Orchidee, und den Kubanern auch nur der leiseste Zusammenhang bestand. Dennoch waren die beiden Männer zurückgekommen. Warum? Sie hatten ihren Rückflug in die Heimat verfallen lassen und sich als erkennbare Außenseiter in einer feindseligen Umgebung freiwillig in eine gefährliche Situation begeben. Wozu?
Siri war ein Meister in der Kunst der Selbstbefragung. Er brauchte dazu weiter nichts als eine zweite Stimme, die seine Fragen beantworten konnte. Doch immer, wenn er einen dienstbaren Geist am dringendsten benötigte, war gerade keiner zur Stelle. Der Geist Odons, so er denn überhaupt noch in ihm steckte, war ihm bislang keine große Hilfe gewesen. Tanzen und Springen brachte sie in diesem Fall verdammt noch mal nicht weiter. Siri brauchte keinen Rhythmus; er brauchte Lösungen.
Er ließ den Lichtstrahl seiner Taschenlampe zum x-ten Mal durch die Höhle wandern, über die verstreuten Kleider, die Feuerstelle, das Bett, den großen Teakholzschrank, der bedrohlich an der Wand stand. Er dachte zehn Jahre zurück, an seinen kurzen Besuch in dieser Höhle. Wozu hatte dieser Raum damals gedient? Er schloss die Augen und ging den Weg, den er damals gegangen war, in Gedanken ein zweites Mal. Eine Mutter und ihr Sohn aus China waren zu Besuch gewesen. Der Junge hatte sich unterwegs eine Hepatitis eingefangen. Es war nichts Ernstes. Er war ein kräftiger Bursche, und wenn er sich ein wenig schonte und sich entsprechend ernährte, war er im Handumdrehen wieder auf dem Damm.
Er hatte in einem der Sperrholzverschläge gelegen. Das Wohnzimmer befand sich gleich nebenan, und die Schlafzimmer … genau. Dieser Kleiderschrank hatte damals im Schlafzimmer des Präsidenten gestanden, am anderen Ende des Komplexes. Das hier waren die Geschäftsräume gewesen, wo Konferenzen abgehalten und Schlachtpläne geschmiedet wurden. Wie, um alles in der Welt, kam jemand auf die abstruse Idee, einen schweren alten Schrank quer durch die gesamte Höhle zu schleifen? Das elende Trumm war offenbar so schwer, dass man es gar nicht erst in das neue Haus hinübergeschleppt, sondern einfach hier zurückgelassen hatte. Aber warum stand es dann nicht an seinem angestammten Platz? Die Kubaner mussten es selbst hierhergeschafft haben. Nur weshalb?
Er stand auf und trat vor den Schrank. Das Innenleben hatte er bereits einer genauen Überprüfung unterzogen, ohne Erfolg. Er schloss die Türen und inspizierte die Vorderseite im Schein seiner Lampe. Nichts. Auch die rechte Seite ließ nichts Ungewöhnliches erkennen. Er wollte eben auf die linke Seite wechseln, als er plötzlich auf etwas trat und ins Straucheln geriet; fast wäre er gestürzt. Das Etwas stieß mit einem Klingeln gegen die Wand und rollte zurück in seine Richtung. Es dauerte eine Weile, bis er sich von dem Schreck erholt hatte und wieder einigermaßen Luft bekam.
Er richtete seine Taschenlampe auf den Boden. Und sah, worauf er ausgerutscht war. Der Fußboden war mit Kugellagern übersät, wie sie in Lastwagen- oder Traktorrädern zum Einsatz kamen. Sie lagen zu Hunderten auf dem Fußboden verstreut. Bei seinem letzten Besuch hatte er sie nicht bemerkt. Aber damals war er ja auch nicht um den Schrank herumgegangen. Als er sie sah, wusste er sofort, wozu sie dienten. Die Idee war einfach, aber genial. Und stammte vermutlich von demselben kreativen Geist, der auch die täuschend echte Türattrappe ersonnen hatte. Er ging zur rechten Schrankseite zurück und schob. Es erforderte keinen allzu großen Kraftaufwand. Dank der Kugellager glitt der massive Holzschrank majestätisch beiseite wie auf Eis.
Siri trat zurück und bewunderte seine Entdeckung. In der Höhlenwand hatte sich eine etwa mannsgroße Öffnung aufgetan. Das Herz pochte ihm bis zum Hals. Es war, als habe er in einer antiken Pyramide die geheime Grabkammer des Pharaos entdeckt. Er leuchtete mit der Taschenlampe in den Durchgang. Er hatte ihn gefunden. Vor ihm lag der Tempel der Kubaner – eine kleine Kammer, kaum größer als ein Luftschutzraum. Hier befanden sich ihr Opferaltar, ihr Kessel und die dazugehörigen Utensilien. Ihn befiel eine düstere Ahnung. Von hier aus praktizierten sie ihre schwarze Magie, da gab es für ihn kaum einen Zweifel.
Er holte den weißen Talisman hervor und ließ ihn offen auf seine Hemdbrust baumeln. Er holte tief Luft, dann kletterte er durch die Öffnung, um sich den Tempel aus der Nähe anzusehen. Im Innern stieß er auf zwei weitere Strohmatten, von besserer Qualität als die Lagerstatt im vorderen Zimmer, eine davon mit einem fleckigen Tuch bezogen. Töpfe und Tiegel mit geheimnisvollen Pulvern und Pasten. In einer Ecke stapelten sich Bonbons aus karamellisiertem Opiumsaft. In dieser Form bewahrte die Droge ihre Wirkung über Jahre. Er bemerkte den unverkennbaren Geruch von getrocknetem Blut und trat vor den Opferaltar. Er war recht breit, in jedem Falle breit genug für einen Menschen. Dahinter standen Fotografien, doch als er die Hand ausstreckte, um sie zu berühren, begann der Talisman auf seiner Brust zu zittern.
Er fragte sich, welche Dämonen die beiden hier herbeigerufen, welch böse Geister sie zum Leben erweckt hatten. Er spürte, dass dort oben, im Schatten des kühlen Felsens etwas lauerte. Etwas Unsichtbares, das auch seine Taschenlampe nicht an den Tag zu bringen vermochte. Sein Instinkt riet ihm, den Rückweg anzutreten. Jetzt wusste er, dass ein finsterer kubanischer Geist in seinem Körper wohnte, und das machte ihn empfänglich, angreifbar. Obgleich leise Panik ihn beschlich, zwang er sich, die Hand noch einmal nach den Fotos auszustrecken, die mit Klebeband hinter dem Altar befestigt waren. Als er sie abriss, schienen die Felsen ringsum schrille Schreie auszustoßen.
Er wandte sich eilig zum Gehen und stürzte durch die Öffnung. Auf der anderen Seite blieb er nach Atem ringend liegen. In Gefahrensituationen versagte die Lunge ihm den Dienst. Wieder einmal hatte er den Rat des Schamanen missachtet: »Du darfst den Geist Yeh Mings unter keinen Umständen in Gefahr bringen. Du musst dich und deinen Urahn schützen, koste es, was es wolle.«
Siri fragte sich, welcher Charakterschwäche er seinen Hang zum Risiko verdankte. Er war tief enttäuscht von sich. Als er sich halbwegs beruhigt hatte, rollte er den Schrank wieder vor den Eingang der geheimen Kammer, lehnte sich gegen die Tür und richtete seine Lampe auf die Fotos. Eins war kaum größer als ein Passbild. Es zeigte einen gutaussehenden Schwarzen in hölzerner Studiopose. Das andere Foto war größer, etwa fünfzehn mal zwanzig Zentimeter. Es war ebenfalls ein Atelierporträt. Das Mädchen – bei dem es sich zweifellos um Hong Lan, die Tochter des Obersts, handelte – richtete den Blick auf einen Punkt über der linken Schulter des Fotografen. Sie war eine langhalsige Schönheit mit scheuem Mona-Lisa-Lächeln und einer rosa Lotusblüte im Haar.
Siri verstand nur zu gut, warum Isandro sich in sie verliebt hatte. Welcher Mann hätte ihr widerstehen können? Aber darum ging es nicht. Die Tatsache, dass die Bilder im Zentrum eines Opferaltars standen, ließ für Siri nur einen Schluss zu. Die Kubaner hatten das Mädchen verhext. Sie hatten ihr buchstäblich das Herz geraubt und sie gegen ihren Willen gezwungen, diesen Mann zu lieben. Odon musste tot sein, sonst hätte er nicht in Siri fahren können. Siri wusste nicht, warum der Mann ausgerechnet ihn für seine Zwecke ausersehen hatte, konnte sich den Grund aber durchaus vorstellen. Siri befürchtete, dass der Endoke-Priester seinen Körper benötigte, um das zu Ende zu führen, was in diesem Tempel begonnen hatte. Er wusste, dass er Hong Lan finden musste, vermutete jedoch, dass Odon genau das von ihm wollte. Brachte er das Mädchen womöglich von Neuem in Gefahr, wenn er mit ihm Verbindung aufnahm? Und gesetzt den Fall, Hong Lans Familie hatte Odon umgebracht: War es dann nicht besser, die Leichen im sprichwörtlichen Keller zu belassen, um das Mädchen nicht unnötig zu gefährden?