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Als Leiter des laotischen Justizministeriums hätte sich Richter Haeng ohne Weiteres sieben Tage die Woche zu beschäftigen gewusst. Doch da er erstens über einen Beraterstab verfügte, der mit der Arbeitsweise des Ministeriums weitaus vertrauter war als er, und zweitens eine ausgeprägte Abneigung gegen neue Projekte hegte, gelang es ihm immer wieder, größere Lücken in seinen Terminplan zu sprengen. Diese füllte er mit Besuchen der familieneigenen Fischfarm, nachmittäglichen Stelldicheins mit schillernden Nachtclubsängerinnen und seiner Lieblingsbeschäftigung: die Schuhe von den Füßen schleudern und ein ausgiebiges Nickerchen halten. Wäre »Dauerdösen« eine sportliche Disziplin gewesen, hätte Haeng bei den Asienspielen darin mühelos die Goldmedaille errungen. Er hatte alles fest im Griff und sich obendrein als kompetenter Nachfolger jener korrupten royalistischen Halunken erwiesen, die er bei Dorfseminaren so oft gegeißelt hatte.
Daher reagierte er besonders ungehalten, wenn das Politbüro ihn mit Aufgaben betraute, die ihn um seine dreistündigen Mittagspausen und seine freien »Sagen-Sie-einfach-ich-bin-bei-Gericht«-Nachmittage brachten. Die Unterzeichnung des Vietnam-Vertrages hatte sein Leben in eine infernalische Abfolge von Konferenzen, Galadiners und endlosen Reden verwandelt, die er nicht selten selbst zu halten hatte. Die Juristendelegation aus Hanoi war besonders lästig gewesen. Die Kollegen hatten unbedingt einen Blick in das Innenleben des laotischen Rechtssystems werfen wollen. Leider mangelte es fraglichem Mechanismus nicht nur an Öl, sondern auch an einer ganzen Reihe unentbehrlicher Ersatzteile. Was er jedoch schwerlich zugeben konnte. Und so hatte sich Richter Haeng ein raffiniertes Täuschungsmanöver einfallen lassen.
Um die Belegschaft der beiden Polizeireviere aufzustocken, denen die Vietnamesen einen Besuch abstatten wollten, hatte er Beamte aus den Randbezirken abberufen und im Zentralgericht eine getürkte Verhandlung inszeniert. Er ließ vier nagelneue Mikrofiche-Lesegeräte aus dem alten USAID-Komplex in die Kriminaltechnische Abteilung bringen. Da keine einzige laotische Verbrecherakte auf Microfiche vorlag und die Apparate ohnehin niemand bedienen konnte, kam es am Tag des Delegationsbesuches zu einem ebenso plötzlichen wie rätselhaften Stromausfall, sodass die Besucher abziehen mussten, ohne das System in Aktion gesehen zu haben. Der Richter war der Erschöpfung nahe und dankte dem Himmel, dass er die Vietnamesen in spätestens zwölf Stunden wieder los sein würde.
Ein Mitglied der Gruppe – seines Zeichens Mediziner, genauer gesagt, Gerichtsmediziner – hatte seine Landsleute davon überzeugt, dass zu einer umfassenden Inspektion des Rechtssystems auch ein Besuch der Pathologie gehöre. Richter Haeng hatte dem nach Kräften widersprochen – der Gestank, das viele Blut, die Hitze -, doch alle schienen die Einschätzung des nervtötenden kleinen Quacksalbers zu teilen. Haeng kam der Gedanke, dass womöglich jedes Land unter den Eskapaden eines aufsässigen Leichenbeschauers zu leiden hatte. Aber ihm blieb keine Wahl. Am Abend des letzten Besuchstages, nach einem Abschiedsbankett im alten Präsidentenpalast, ließ Haeng sich von seinem Fahrer zu Dr. Siri hinauschauffieren. Es war nicht nur sein erster Besuch in dem neuen Vorort hinter dem That-Luang-Schrein, sondern auch sein erstes Zusammentreffen mit Siri, seit dieser in den Nordosten aufgebrochen war und Haeng seinen schwachsinnigen Handlanger aus der Pathologie hatte entfernen lassen.
Auf der Fahrt atmete er ein paar Mal tief durch und legte sich passende Antworten auf die zweifellos zu erwartenden Klagen und Beschwerden zurecht. Siri war zwar unverschämt, verfügte aber durchaus über gewisse Qualitäten. Zumindest in Xam Neua hatte er ordentliche Arbeit geleistet. Um ihn gnädig zu stimmen, beschloss Haeng, ihn dafür zunächst über Gebühr zu loben und ihm im Namen der Partei für seine erfolgreichen Bemühungen zu danken. Keinesfalls jedoch würde er sich von Siri wegen des verschollenen Idioten auf der Nase herumtanzen lassen. Er war schließlich der Leiter des Justizministeriums und der Doktor nichts weiter als ein Angestellter. Trotzdem zitterten ihm die Hände, als er durch das hohe Tor in den gepflegten Vorgarten trat. Die Haustür stand sperrangelweit offen, und er sah Siri in der Küche hantieren. Haeng ballte die Fäuste und rief Siris Namen, war aber nicht im Mindesten auf Siris Reaktion gefasst. Der Doktor winkte ihm lächelnd zu und kam aus dem Haus getrottet, um ihn willkommen zu heißen. Er war so höflich, so freundlich, dass Haeng sich ernsthaft fragte, ob er ihn vielleicht verwechselte. Doch Siri nahm den Richter am Arm und führte ihn hinein.
Der Bungalow war ein Irrenhaus: Alte, Kranke, durchgedrehte Gören. Siri hatte ein tadelloses, aus öffentlichen Geldern finanziertes Eigenheim in einen Schweinestall verwandelt. Das würde er dem Wohnungsausschuss melden müssen, keine Frage, aber es gab Dringenderes zu erledigen. Siri stellte ihm seine Entourage der Reihe nach vor; Haeng nahm die Namen flüchtig zur Kenntnis und strich sie sofort wieder aus seinem Gedächtnis. Bei der erstbesten Gelegenheit lotste er Siri und Dtui auf die Veranda. Er nahm ihnen das Versprechen ab, sich bei dem morgigen Besuch von ihrer besten Seite zu zeigen, nicht zuletzt was ihre Berufskleidung betraf: der Doktor im weißen Kittel, die Schwester in frisch gestärkter weißer Tracht. Auch dürften unter keinen Umständen »Patienten« zugegen sein. Siri fragte, ob er Leichen meine, und Haeng sagte Ja, genau das meine er. Falls noch welche in der Kühlkammer lägen, müsse Siri morgen eben etwas früher kommen und sie rechtzeitig entsorgen.
Siri konnte sich die Frage nicht verkneifen, was sie tun sollten, falls sie just zu dem Zeitpunkt, da die Delegation erwartet wurde, eine Leiche hereinbekämen, aber Haeng kümmerte es einen feuchten Dreck, was sie damit anstellten, solange in der Pathologie nur alles blitzblank und picobello sei. Sie versicherten ihm, er brauche keine Angst zu haben: Nichts Totes werde den Ruf des staatlichen Leichenschauhauses gefährden, es werde ein Tag wie kein anderer. Erleichtert trat Haeng den Heimweg an. Der einzige Makel, der das ansonsten beispielhafte Bild effizienter Ministerialarbeit hätte beflecken können, war beseitigt. Und, Wunder über Wunder, sie hatten das leidige Thema mit keinem Wort erwähnt. Dieser Siri war vielleicht doch nicht ganz so unbelehrbar, wie er angenommen hatte. Haeng lehnte sich bequem zurück und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag.
Am nächsten Morgen um Viertel nach neun hielt der Konvoi schwarz glänzender Zil-Limousinen vor der Pathologie. Der Klinikdirektor war erschienen, um die Delegierten willkommen zu heißen. Er hatte eigens eine Rede verfasst und trug sich mit der Absicht, jedem Besucher ein Armband aus Orchideenblüten zu überreichen. Doch es herrschte eine Bullenhitze, und die Autos hatten eine Menge Staub aufgewirbelt. Die Vietnamesen wollten von den Albernheiten des Direktors nichts wissen. Sie wollten weiter nichts als den letzten sinnlosen Besuch hinter sich bringen und dann auf schnellstem Wege zum Flughafen. Sie hielten sich ohnehin schon viel zu lange in Laos auf. Sie zwängten sich am Direktor und einem Trupp applaudierender Krankenschwestern vorbei und hielten zielstrebig auf den kühlen Schatten im Eingang der Pathologie zu. Der Direktor erkannte mindestens zwei hochrangige Parteimitglieder, einen Richter und zwei Polizeigeneräle, als sie ihn beiseitedrängten. Leider hing seine Kamera noch immer über seiner Schulter, und er hatte keinen fotografischen Beweis für die ungeheure Ehre, die der Klinik hier und jetzt zuteilwurde.
Im Vorraum nahm Dr. Siri die Delegierten in Empfang. Er trug nicht nur einen schneeweißen Laborkittel, sondern noch dazu Hemd und Krawatte. Um seinen Hals hing ein schimmerndes Stethoskop. Er trat neben den breit grinsenden Richter Haeng und begrüßte die Vietnamesen in ihrer Muttersprache. Er brauchte keinen Dolmetscher, wie Haeng missmutig zur Kenntnis nahm. Zwar hatte der Richter einen Großteil seines Grundstudiums in Hanoi absolviert, doch sprach er mit grauenhaftem laotischen Akzent, und auch sein Wortschatz ließ stark zu wünschen übrig. Der Doktor bedauerte, den illustren Gästen keine Leichen präsentieren zu können, bat sie aber dennoch in den Sektionssaal. Der Pulk schlurfte ihm hinterdrein und stieß auf Dtui, die frisch herausgeputzt und in ihrer weißesten Tracht vor der Kühlkammer stand. Sie hatte weder Kosten noch Mühen gescheut und sich sogar eine rosa champa-Blüte ins Haar gesteckt. Mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen öffnete sie die Tür der Kammer wie die Assistentin in einem thailändischen Fernsehquiz.
Die Besucher starrten in die leere Kühlkammer der leichenlosen Pathologie und fragten sich, was sie hier sollten. Richter Haeng strahlte über alle vier Backen. Er hätte seine Begeisterung am liebsten laut herausgeschrien, aber ihm kam jemand zuvor. Das markerschütternde Kreischen schien durch die geschlossene Tür des Lagerraums zu dringen. Plötzlich flog die Tür auf, traf einen hochrangigen Polizeibeamten empfindlich an der Schulter, und gab den Blick frei auf ein schier unglaubliches Schauspiel. Die Besucher schnappten hörbar nach Luft. Ein dunkelhäutiger Mann mutmaßlich indischer Herkunft bahnte sich, unrasiert und mit nacktem Oberkörper, einen Weg durch die verängstigten Zuschauer und trat neben den Richter. Ein äußerst knappsitzender Sarong verhüllte notdürftig seine Scham, und auf seinem Handteller lag ein offenbar menschliches Gehirn, das auf den blitzblanken Betonfußboden tropfte. Er öffnete den Mund und brach in stummes Gelächter aus.
Genosse Nguyen, der vietnamesische Pathologe, fand als Erster seine Stimme wieder. »Richter Haeng«, sagte er entrüstet. »Was hat das zu bedeuten?«
Haengs Miene verriet, dass er den halbnackten Mann erkannt hatte. Was das nicht der Irre, der ziellos durch die Stadt streifte und um Essensreste bettelte? Der notorische Exhibitionist, der bereits wiederholt aufgegriffen worden war und mehrere Nächte hinter Gittern verbracht hatte? Wie nannten sie ihn noch gleich? Genau, den Verrückten Rajid. Was suchte der hier im Leichenschauhaus?
»Siri, was hat das zu bedeuten?«, wollte Haeng wissen.
»Meine Herren, ich glaube, ich schulde Ihnen eine Erklärung«, sagte Siri. »Sie müssen den Aufzug unseres neuen Pathologieassistenten entschuldigen.«
»Neuer Pathologie…?«, stammelte der Richter. Er rang sich ein gequältes Lachen ab, um den Eindruck zu erwecken, er habe von Anfang an von diesem Scherz gewusst. Siri hievte sich auf den Sektionstisch und richtete das Wort an die Besucher.
»Sehen Sie«, sagte er, »Herr Rajid war als Einziger bereit, für das halbe Gehalt zu arbeiten, das man uns für diesen Posten zugesteht.« Rajid hatte sich auf dem Fußboden niedergelassen und brachte das Gehirn wie Knetgummi in die Form eines Pilzes.
»Ich glaube kaum …«, begann Haeng, brachte jedoch beim besten Willen keinen leidlich souveränen Satz auf Vietnamesisch zustande, mit dem er seinen Kopf aus der Schlinge hätte ziehen können.
Siri fuhr fort: »Wir hatten einen überaus kompetenten – um nicht zu sagen brillanten – Assistenten, der sich mit Freuden für einen Hungerlohn verdingte. Er hatte mehr Berufserfahrung als ich und Schwester Dtui zusammen.«
»Was ist aus ihm geworden?«, fragte Nguyen. Die anderen Delegierten waren fasziniert näher getreten. Zum ersten Mal seit ihrer Anreise bekamen sie etwas Authentisches geboten.
»Nun ja, er hatte gewiss gute Gründe, aber Richter Hae… – ich meine, das Justizministerium – hat ihn entlassen.«
»Ich habe ihn nicht entlas…«, versuchte Haeng zu widersprechen. Sein Lächeln schwand dahin.
»Warum?«, fragte Nguyen. »Warum haben Sie einen tadellosen Assistenten entlassen?«
»Weil …« Siri machte eine Kunstpause. »Weil er am Down-Syndrom leidet.«
Ein Raunen ging durch die Reihen.
»Sie haben einen Mann entlassen, weil er mongoloid ist?«, fragte der Delegationsleiter mit ungläubiger Miene. Er hätte vermutlich ebenso gehandelt – wahrscheinlich hätte keiner der anwesenden Würdenträger den Behinder ten überhaupt erst eingestellt -, aber gruppendynamische Prozesse wirken bisweilen Wunder.
»Ich … ich habe ihn nicht entlassen«, sagte Haeng. »Ich habe ihn … versetzt.«
»Warum?«, fragte Nguyen. »Hat er dem sozialistischen Staat etwa nicht treu gedient? Und einen wertvollen Beitrag für die Gemeinschaft geleistet?«
»O doch«, antwortete Siri.
Rajid hatte sich das Gehirn wie einen Hut auf den Kopf gesetzt. Einer der Generäle musterte ihn angewidert und wandte sich dann an Siri. »Können wir mit dem Idioten sprechen – und uns selbst ein Bild machen?«
»Ich fürchte, nein«, sagte Siri. Der Doktor und Dtui ließen den Kopf hängen. »Sehen Sie, er wurde von bewaffneten Soldaten in den Norden, nach Luang Prabang verschleppt. Aber seine Loyalität und die Liebe zu seiner Arbeit und den damit verbundenen Verpflichtungen waren so groß, dass er die Flucht ergriff und sich zu Fuß – jawohl, Genossen, zu Fuß – auf den Rückweg hierher, in dieses Leichenschauhaus machte. Zehn lange Tage marschierte er unter der sengenden Sonne vor sich hin« – ein Schluchzen drang von der Kühlkammer herüber – »und legte dabei eine Strecke von sage und schreibe vierhundertachtzig Kilometern zurück. Aber wie Sie sich sicher vorstellen können, schwächte ihn die Reise, und nicht nur das, er infizierte sich außerdem mit Denguefieber. Als er hier ankam, war er so gut wie tot. Er brach gleich hinter Ihnen zusammen.«
Alle drehten sich um, als würde der Arme immer noch dort liegen. Siri benutzte die Gelegenheit, um verstohlen zu Haeng zu blicken, der die Zähne so fest zusammenbiss, als seien sie verschweißt. Die Delegation wandte sich wieder um und sah, dass Tränen über die runden Wangen der jungen Krankenschwester liefen.
»Er ist tot?«, fragte jemand.
»Nein«, antwortete Siri. »Aber sein Leben hängt am seidenen Faden.« Die Vietnamesen durchbohrten Haeng, der entblößt und hilflos neben ihm stand, mit wütenden Blicken. Siri rechnete mit wenigstens einem letzten Verteidigungsschlag des Richters, und er wurde nicht enttäuscht.
»Wir … tun alles, was in unserer Macht steht, um ihn am Leben zu erhalten«, sagte Haeng. Es klang nicht besonders überzeugend; er hatte nicht gewusst, dass der Schwachkopf wieder da war. »Wenn er durchkommt, werden wir seinen Mut und seinen Einsatz natürlich gebührend würdigen.«
»Das will ich doch stark hoffen«, sagte der altgediente Kader. »Genau diesen Geist brauchen wir in einem sozialistischen Staat. Er könnte den Werktätigen ein enormer Ansporn sein. Wenn ein Mongoloider sich derart für die Partei einsetzt …«
»Wohl wahr«, bekräftigte jemand.
»Ein Orden, mindestens«, sagte Dr. Nguyen.
»Die ganze Strecke zu Fuß – unfassbar«, sagte der Polizist.
Nicht lange, und die Pathologie schwirrte von Begeisterung und Hoffnung für den leicht angeschlagenen, aber mutigen Soldaten der Revolution. Jemand schlug vor, dem tapferen Krieger einen Besuch abzustatten und ihm Respekt zu zollen. Sie stürmten quer über das Klinikgelände zur Intensivstation. Der Verrückte Rajid schloss sich dem Pilgerzug an, und so blieben Dtui, Siri und sein alter Freund Dr. Nguyen allein im Sektionssaal zurück.
»Das lief ja wie am Schnürchen«, meinte der Vietnamese, »finden Sie nicht auch?«
»Ihren Bemühungen sei Dank«, sagte Siri. »Ich stehe tief in Ihrer Schuld. Wie soll ich das je wiedergutmachen?«
»Mir wird schon etwas einfallen, keine Sorge. Sie könnten mir zum Beispiel ein paar dieser wunderschönen Schwestern überlassen.« Er bedachte Dtui mit einem Lächeln. »Aber jetzt muss ich wieder zurück zu meinen Leuten.«
Sie gaben sich lachend die Hand, und Nguyen marschierte fröhlich zur Tür hinaus.
»Tja«, sagte Dtui. »Ich habe zwar kein Wort verstanden, aber Haengs langem Gesicht nach zu urteilen scheint es prima geklappt zu haben.«
Eine Gestalt löste sich aus dem Schatten des Vorraums. Haengs Bürovorsteherin Frau Manivone trat kopfschüttelnd ins grelle Neonlicht. Sie hatte aus sicherer Entfernung alles mit angesehen und kannte ihren Vorgesetzten nur zu gut.
»Das wird er Ihnen nie verzeihen.«
»Ich weiß«, sagte Siri schelmisch lächelnd.
»Im Ernst. Er kann Ihnen das Leben buchstäblich zur Hölle machen, Dr. Siri.«
»Er wird mich doch wohl nicht gleich entlassen und in die Provinz verbannen?«
»Das könnte Ihnen so passen.« Manivone lachte. Sie trat vor den Pathologen hin und schnupperte an seiner Wange. Der für Laoten typische berührungslose Kuss. »Ich muss Ihnen wohl nicht extra sagen, dass Sie mein Held sind«, sagte sie.
Siri drückte ihr die Hand, errötete leicht und verließ den Sektionssaal. Manivone schlang Dtui den Arm um die Schulter.
»Wie geht es Geung?«
»Er wird’s überleben«, sagte Dtui. »Heute Morgen sah er schon wieder so frisch aus, dass Dr. Siri mich gebeten hat, seiner Blässe mit Puder ein wenig nachzuhelfen.«
»Wollen wir nicht die Chefs tauschen?«, fragte Manivone.
»Nie im Leben, Schwester. Nie im Leben.«