177813.fb2 Virus im Netz - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 26

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24

Kerry McCray lag im Eingang zur Bank. Ein kleines Blutrinnsal sickerte aus ihrem Kopf. Der säuerliche Geruch von Schießpul­ver hing in der Luft. Sie hielt die Pistole fest in der rechten Hand.

»Wir müssen Mrs, Hogendobber holen.« Mrs. Murphy be­schnupperte Kerrys Wunde.

»Vielleicht sollte ich besser bei ihr bleiben.« Pewter streichel­te unentwegt Kerrys Kopf, ein vergeblicher Versuch, sie wie­derzubeleben.

»Wenn Tucker doch bloß hier wäre.« Die Tigerkatze schritt um die reglose Gestalt herum. »Sie könnte Kerry bewachen. Schau, Pewter, wir müssen es riskieren, sie allein zu lassen. Mrs. Hogendobber kriegen wir nur zu zweit hierher.«

Gesagt, getan. Die zwei sprinteten durch den Nebel, ganz niedrig über dem Boden und so schnell, daß die Ballen ihrer Pfoten ihn kaum berührten. Sie blieben unter Mirandas Schlaf­zimmerfenster stehen, das weit offenstand, um die kühlende Nachtluft hereinzulassen. Eine Jalousie schirmte das Fenster ab.

»Los, wir singen«, befahl Murphy.

Sie johlten, heulten und kreischten. Diese beiden Katzen hät­ten Tote auferwecken können.

Miranda kam im Nachthemd ans Fenster, einen Schuh in der Hand. Sie schob die Jalousie hoch und schleuderte ihn hinaus. Mrs. Murphy und Pewter wichen dem Geschoß mühelos aus.

»Fehlschuß! Kommen Sie, Mrs. Hogendobber, nun machen Sie schon!«

»Pewter?« Miranda blinzelte in den Nebel.

Bevor Miranda die Jalousie ganz herunterlassen konnte, sprang die rundliche kleine Katze auf die Fensterbank, gefolgt von Mrs. Murphy.

»Ach bitte, Mrs. Hogendobber, bitte hören Sie auf uns. Es ist was Schreckliches passiert«, sagte Pewter.

»Jemand ist verletzt«, brüllte Murphy.

»Ihr zwei geht mir auf die Nerven. Jetzt macht, daß ihr raus­kommt.« Miranda ließ die Jalousie wieder hochschnappen.

»Nein!« entgegneten sie im Chor.

»Mir nach.« Murphy lief zur Schlafzimmertür.

Miranda wollte einfach nicht kapieren, obwohl Pewter sie un­unterbrochen beschwor, sich zu beeilen.

»Paß auf. Sie könnte zuschlagen«, warnte Murphy Pewter, als sie sich anschlich und Miranda in den Knöchel biß.

»Autsch!« Erbost knipste Mrs. Hogendobber das Licht an und griff zum Telefon. Dabei bemerkte sie, daß die Katzen sie um­rundeten, dann zur Tür gingen und wieder zurück. Das verzwei­felte Gebaren der Tiere rührte sie, aber sie wußte nicht recht, was tun, zudem war sie böse auf Murphy. Sie wählte Harrys Nummer.

Ein gedämpftes Hallo klang ihr entgegen.

»Ihre Katze hat mich gerade in den Knöchel gebissen, und sie spielt verrückt. Tollwut.«

»Mrs. Hogendobber.« Harry war jetzt wach.

»Pewter ist auch hier. Sie haben unter meinem Fenster geheult wie die Gespenster, und ich hab das Fenster aufgemacht, und sie sind reingesprungen und.« Sie bückte sich, weil Pewter sich an ihrem Bein rieb. Sie entdeckte etwas Blut an Pewters Vorderpfote, mit der die Katze Kerrys Kopf gestreichelt hatte. »Pewter hat Blut an der Pfote. Ach je, Harry, Sie kommen am besten her und holen die Katzen ab. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«

»Halten Sie sie drinnen, okay? Ich bin gleich bei Ihnen, und es tut mir leid, daß Murphy Sie gebissen hat. Nur keine Sorge von wegen Tollwut - sie ist geimpft, erinnern Sie sich?« Harry legte auf, fuhr in ihre Jeans und ein altes Arbeitshemd. Sie lief zum Transporter und ließ ihn an. Als sie die Straße entlangraste, steckte sie sich ein Kaugummi in den Mund. Sie hatte in der Eile vergessen, sich die Zähne zu putzen.

Sieben Minuten später war sie an Mirandas Tür. Als Harry ins Wohnzimmer trat, sagte Murphy: »Versuchen wir's noch mal, Pewter. Mutter kapiert ein bißchen schneller als Miranda.«

Beide brüllten: »Kerry McCray ist verletzt.«

»Da stimmt was nicht.« Harry griff nach Pewters Pfote, aber die Katze entschlüpfte ihr und lief zur Haustür.

»Tollwut.« Miranda verschränkte die Arme über ihrem Busen.

»Nein. Das ist keine Tollwut.«

»Dieses Höllenvieh von einer Tigerkatze hat mich gebissen.« Sie schob ihren Knöchel unter ihrem Nachthemd hervor. Man sah zwei vollständige Abdrücke, nicht tief, aber sichtbar in die Haut gekerbt.

»Ihr sollt mitkommen!« Murphy brüllte aus Leibeskräften. Sie kratzte an der Haustür.

»Die zwei wollen etwas. Ich seh mal nach. Gehen Sie ruhig wieder ins Bett. Und ich bitte um Entschuldigung.«

»Ich bin jetzt hellwach.« Miranda ging zurück ins Schlafzim­mer, fuhr in Morgenrock und Pantoffeln und erschien wieder. »Ich kann nicht mehr einschlafen, wenn ich einmal wach bin. Da kann ich ebensogut beweisen, daß ich nicht weniger ver­rückt bin als Sie und diese Katzen.« Damit segelte sie durch die offene Tür. »Ich kann kaum die Hand vor Augen sehen. Wie sind Sie in so kurzer Zeit hergekommen?«

»Zu schnell gefahren.«

»Los, kommt.« Murphy trabte in dem grauen Nebel voraus und wieder zurück. »Folgt meiner Stimme.«

»Harry, wir sind auf der Hauptstraße, und sie halten auf die Bahngleise zu.«

»Ich weiß.« Die Luft fühlte sich klamm an auf ihrer Haut.

»Ist das ein Katzenstreich?«

»Sei still und beeil dich!« Pewter riß allmählich der Gedulds­faden.

»Irgendwas regt sie auf, dabei ist Murphy eine vernünftige Katze - normalerweise.«

»Katzen sind von Natur aus unvernünftig.« Miranda be­schleunigte ihren Schritt.

Die Bank ragte im Nebel auf, das Licht oben brannte noch.

Die Katzen riefen durch den Nebel. Harry sah Kerry als erste, mit dem Gesicht nach unten, die rechte Hand mit der Waffe ausgestreckt. Mrs. Murphy und Pewter hatten sich neben sie gesetzt.

»Miranda!«

Mrs. Hogendobber ging noch ein bißchen schneller, dann er­blickte auch sie, was zunächst wie eine Erscheinung, dann wie ein schlechter Traum aussah. »Grundgütiger Himmel.«

Harry war im Nu an Kerrys Seite. Sie kniete sich hin und fühl­te ihr den Puls. Miranda war jetzt neben ihr.

»Lebt sie noch?« fragte Mrs. Murphy.

»Ihr Puls ist gleichmäßig.«

Miranda sah die Stelle, wo Pewter Kerrys Kopf berührt hatte. »Wir brauchen einen Krankenwagen. Ich ruf von der Bank aus an. Die Tür ist offen. Merkwürdig.«

»Das mach ich schon. Ich hab ein komisches Gefühl, daß da drin was oberfaul ist. Sie bleiben hier bei ihr und rühren nichts an, schon gar nicht die Waffe.«

Erst als Harry in der Bank verschwand, wurde Miranda klar, daß sie vor lauter Erschütterung über den Anblick der jungen Frau die Pistole nicht bemerkt hatte.

Harry kam kurz darauf zurück. »Ich hab Cynthia erreicht. Re­verend Jones hab ich auch angerufen.«

»Wenn es so schlimm ist, wie ich glaube, dann braucht Kerry allerdings einen Priester.« Mirandas Zähne klapperten, obwohl die Nacht mild war.

Kerry schlug die Augen auf. »Mrs. Murphy.«

Die Katze schnurrte. »Es wird schon wieder.«

»Wenn die Kopfschmerzen erst weg sind«, verhieß Pewter.

»Kerry.«

»Harry.« Kerry wollte sich an den Kopf greifen, dabei dreh­te sie sich auf die Seite und bemerkte, daß sie eine Pistole in der rechten Hand hielt. Sie ließ sie fallen wie ein glühendes Eisen und setzte sich auf. »Au.« Sie umfaßte ihren Kopf mit beiden Händen.

»Liebes, Sie sollten sich wieder hinlegen.« Miranda setzte sich neben sie, um sie zu stützen.

»Nein, nein - lassen Sie mich.« Kerry rang sich ein mattes Lächeln ab.

Ein stotternder Motor kündigte Herb an. Er hielt bei der Bank und stieg aus. Noch konnte er die anderen nicht sehen.

»Herbie, wir sind am Vordereingang«, rief Miranda ihm laut zu.

Seine Schritte kamen näher. Er tauchte aus einer dichten grau­en Nebelwolke auf. »Was ist hier los?«

»Das wissen wir auch nicht so genau«, antwortete Miranda.

Kerry erklärte: »Mir ist schwindlig und ein bißchen komisch im Magen.«

Herb bemerkte, daß die Tür zur Bank weit offenstand.

Harry sagte: »Die Tür war auf. Ich hab von drinnen telefo­niert, aber ich hab mich nicht umgesehen. Da stimmt was nicht.«

»Ja.« Er spürte es auch. »Ich geh rein.«

»Nehmen Sie die Pistole mit«, riet Miranda ihm.

»Nein. Nicht nötig.« Er verschwand in der Bank.

»Sollen wir mitgehen?« überlegte Pewter laut.

»Nein, ich laß Mutter nicht allein. « Murphy schnurrte weiter, weil sie meinte, die sanften Laute könnten die Menschen beru­higen.

»Ihr seid so liebe kleine Freundinnen.« Kerry streichelte die Katzen, dann hörte sie auf, weil ihr sogar davon flau im Magen wurde.

»Sie haben dich gefunden, und sie haben uns gefunden - das ist eine lange Geschichte.« Harry setzte sich auf die andere Seite von Kerry.

»Herb, was ist passiert?« Miranda erschrak, als er herauskam. Sein Gesicht, aus dem alle Farbe gewichen war, machte ihn zu einer erschreckenden Erscheinung. Er sah aus, als sei ihm so übel wie Kerry.

»Hogan Freely ist ermordet worden.« Er sank schwer auf das Pflaster, fast so, wie ein Kind sich hinplumpsen läßt. »Ich habe ihn mein Leben lang gekannt. So ein guter Mensch - so ein guter Mensch.« Tränen liefen ihm über die Wangen. »Ich muß es Laura sagen.«

»Ich komme mit«, erbot sich Miranda. »Wir können gehen, sobald der Sheriff hier ist.«

»Kerry.« Harry zeigte zitternd auf die Pistole.

Kerrys Stimme bebte. »Ich habe ihn nicht getötet. Ich besitze gar keine Waffe.«

»Kannst du dich erinnern, was passiert ist?« fragte Harry.

»Bis zu einem gewissen Punkt, ja.« Kerry sog die Luft ein, versuchte so, die Schmerzen zu vertreiben. »Ich war bei Mutter und Dad. Dad ist wieder krank, und ich bin bis nachts geblie­ben, um Mom zu helfen. Ich bin erst nach Mitternacht gegan­gen, und wegen dem Nebel bin ich im Kriechtempo gefahren. Als ich an der Ecke vorbeikam, meinte ich in Hogans Bürofen­ster Licht zu sehen. Es war verschwommen, aber ich war neu­gierig. Ich hab gewendet und bin auf den Parkplatz gefahren. Ich dachte, Hogan ist da oben und versucht, das Geld zu finden, wie er gesagt hatte, und ich wollte ihn überraschen, einfach, um ihn aufzuheitern. Ich bin die Stufen hier raufgegangen und hab die Tür aufgemacht - an mehr kann ich mich nicht erinnern.«

»Was ist mit Geräuschen?« fragte Harry.

»Oder Gerüchen?« ergänzte Pewter. »Murphy, laß uns reinge­hen und gucken, ob wir eine Witterung aufnehmen können. Harry passiert schon nichts. Niemand ist in der Nähe, um sie auf den Kopf zu schlagen, und Kerry wird nichts Verrücktes anstellen.«

»Okay.«

Die beiden Katzen entfernten sich.

»Ich erinnere mich, daß ich die Tür aufgemacht habe. Ich kann mich nicht an Schritte erinnern oder so was, aber jemand muß mich gehört haben. Mir war gar nicht bewußt gewesen, daß ich so viel Lärm gemacht habe.«

»Wie das Schicksal so spielt«, sagte Herb. »Sie gingen hinein, als er herauskam.«

Sirenen in der Ferne verkündeten, daß Cynthia auf dem Weg war.

Die beiden Katzen hoben die Nasen und schnupperten.

»Gehen wir nach oben.« Mrs. Murphy ging voran.

Als sie sich Hogans Büro näherten, sagte Pewter mit zaghafter Stimme: »Ich glaub, ich will das nicht sehen.«

»Mach die Augen zu und benutze deine Nase. Und tritt nir­gendwo rein.«

Murphy tappte in das Büro. Hogan saß aufrecht auf seinem Stuhl; seine Schulter war weggerissen. Die Wand hinter ihm war mit Blut bespritzt. Die Kugel, mit der er getötet worden war, hatte ein kleines Loch hinterlassen. Murphy konnte das Blut riechen, das in das Stuhlpolster sickerte.

Pewter machte ein Auge auf und wieder zu. »Ich rieche nichts als Blut und Schießpulver.«  »Blut und Schießpulver.« Mrs. Murphy sprang mit einem Satz auf Hogans Schreibtisch. Sie versuchte, nicht in seine glasig starrenden Augen zu schauen. Sie hatte ihn gern gehabt und wollte ihn nicht so in Erinnerung behalten.

Sein Computer war ausgeschaltet. Seine Schreibtischschubla­den waren geschlossen. Kein Zeichen eines Kampfes. Sie be­rührte jeden Gegenstand auf dem Schreibtisch mit der Nase. Dann sprang sie wieder auf die Erde. Sie stellte sich an die Vorderseite seines Schreibtisches.

»Hier.«

Pewter hielt ihre Nase an die Stelle. »Gummi. Und Nässe.«

»Von der nebligen Nacht, würde ich meinen. Gummi hinter­läßt kaum Abdrücke, und auf diesem Teppich schon gar nicht. Verdammt! Gummi, Blut und Schießpulver. Wer das getan hat, war kein Dummkopf.«

»Kann schon sein, Murphy, aber wer immer das getan hat, hatte es eilig. Der Computer ist aus, aber noch warm.«

Pewter bemerkte Hogans Füße unter dem Schreibtisch. »Laß uns das draußen besprechen. Hier drin ist mir unheimlich.«

»Okay.« Murphy war auch nicht wohl, aber sie wollte es nicht zugeben.

Als sie die Treppe wieder hinuntergingen, fuhr Pewter fort: »Wenn jemand Hogan Freely ins Jenseits befördern wollte, hätte es bessere Methoden gegeben.«

»Stimmt. Er muß nahe dran gewesen sein, das fehlende Geld zu finden.«

Als die Katzen durch das Foyer gingen, kam Rick Shaw her­ein. Er sah sie, sagte aber nichts.

Die blauen und roten Blinklichter des Streifenwagens und des Krankenwagens wurden vom Nebel zurückgeworfen.

Kerry wurde auf einer Trage in den Krankenwagen gescho­ben.

Die Katzen stellten sich neben Harry und Mrs. Hogendobber. Herb drehte sich mit schwerem Schritt um, um in die Bank zu gehen. Cynthia machte sich auf ihrem Block Notizen.

»Herb, ich gehe mit Ihnen.«

»Gut.« »Wir warten hier.« Harry zog Miranda zurück, die sich an­schickte, den beiden zu folgen. »Nicht, sonst bekommen Sie Alpträume.«

»Sie haben recht - aber ich fühle mich so schrecklich. Der Gedanke ist mir zuwider, daß er da oben ist, allein und.«

»Denken Sie nicht daran, und lassen Sie auch Laura nicht dar­an denken, wenn Sie mit Reverend Jones zu ihr gehen. Es ist zu schmerzlich. Sie braucht nicht alle Einzelheiten zu wissen.«

»Sie haben recht.« Miranda senkte den Blick. »Es ist furcht­bar.«

»Furchtbar.« flüsterte Mrs. Murphy, »und dies ist erst der Anfang.«