37286.fb2 Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 10

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Tief in der Nacht erreichten sie die Villa in Zelea. Barsine lief ihnen weinend entgegen, kaum daß sie den Karren am Ende der Parkanlage auftauchen sah. Anders ihre Söhne: Eingedenk der Erziehung, die sie von ihrem Vater erhalten hatten, blieben sie stumm neben der Tür stehen, während die Soldaten Memnon abluden und in sein Bett trugen.

Das ganze Haus war beleuchtet, und in dem Raum vor dem Schlafzimmer warteten bereits drei griechische Ärzte auf den verwundeten Feldherrn. Der älteste unter ihnen, sozusagen ihr »Meister«, hieß Ariston und stammte aus Adramyttion.

Da der ägyptische Arzt nur persisch sprach, mußte Barsine beim anschließenden Konsilium am Krankenbett übersetzen.

»Als ich gerufen wurde, war er bereits halb verblutet - er muß trotz der Wunde die ganze Nacht gegangen und geritten sein. Knochenbrüche hat er keine, und er kann auch ganz normal Wasser lassen. Der Puls ist schwach, aber regelmäßig, und das ist immerhin etwas. Wie gedenkt ihr ihn zu behandeln?«

»Malvenumschläge auf die Wunde, und wenn sie zu eitern beginnt, drainieren wir«, erwiderte Ariston.

Der ägyptische Kollege nickte. »Das scheint mir vernünftig. Außerdem sollte er soviel wie möglich trinken. Ich würde ihm sogar etwas Fleischbrühe geben - das wirkt blutbildend.«

Nachdem Barsine seine Worte übersetzt hatte, begleitete sie ihn zur Tür und drückte ihm einen Beutel mit Geld in die Hand. »Ich danke dir für alles, was du an meinem Mann getan hast. Ohne dich hätte er vielleicht gar nicht überlebt.«

Der Ägypter nahm den Beutel mit einer Verneigung entgegen. »Daß dein Mann nicht gestorben ist, hast du weniger mir als seiner robusten Verfassung zu verdanken - der General ist bärenstark. Gestern lag er den ganzen Tag blutend unter einem Berg von Leichen, und danach ist er unter höllischen Schmerzen die ganze Nacht durchgelaufen und -geritten. So etwas halten wenige durch, glaub mir.«

»Wird er wieder gesund?« fragte Barsine bange und auch den Soldaten, die ihn stumm umringten, stand dieselbe Frage ins

Gesicht geschrieben.

»Das kann ich nicht sagen«, gestand der Ägypter. »Wenn ein Mensch eine so große Wunde hat, fließt viel Lebenssaft aus seinem Körper und mit ihm ein Teil seiner Seele - das ist ja der Grund, weshalb er in Lebensgefahr schwebt. Keiner weiß, wieviel Blut Memnon verloren hat und wieviel noch in seinem Herzen verbleibt, aber du mußt auf alle Fälle dafür sorgen, daß er genug trinkt - verwässertes Blut ist immer noch besser als gar keins.«

Mit diesen Worten verabschiedete er sich, und Barsine kehrte ins Schlafzimmer zurück, wo die griechischen Ärzte bereits damit angefangen hatten, Kräuter und Tinkturen bereitzustellen und ihr Operationsbesteck auszubreiten für den Fall, daß Memnons Wunde drainiert werden mußte. Die Mägde hatten den Feldherrn unterdessen ausgezogen und wuschen ihm Körper und Gesicht mit Tüchern, die sie in heißes, mit wohlriechender Minze parfümiertes Wasser tauchten.

Die beiden Jungen, die bis zu diesem Augenblick wortlos zugeschaut hatten, traten nun ebenfalls näher.

»Kommt nur«, sagte einer der Ärzte. »Aber ihr dürft euren Vater nicht stören. Er braucht jetzt sehr viel Ruhe.«

Eteokles, der ältere, trat als erster ans Krankenbett und schaute seinen Vater an, in der Hoffnung, er würde wenigstens kurz die Augen öffnen. Doch es geschah nichts. Kopfschüttelnd drehte er sich nach seinem Bruder um.

»Morgen fühlt sich euer Vater bestimmt besser und kann mit euch sprechen«, versuchte Barsine sie zu trösten. »Geht ruhig schlafen.«

Die Jungen küßten Memnons Hand, die leblos aus dem Bett hing, und ließen sich von ihrem Hauslehrer aus dem Zimmer begleiten.

Bevor jedoch jeder in sein Bett schlüpfte, sagte Eteokles zu seinem Bruder: »Eins schwöre ich dir: Wenn unser Vater stirbt, stöbere ich diesen Alexander auf, wo immer er sich versteckt hat, und bringe ihn um.«

»Das schwöre ich auch«, erwiderte Phraates.

Barsine wachte die ganze Nacht am Bett ihres Mannes, obwohl immer einer der drei Ärzte bei ihm war. Von Zeit zu Zeit wechselte sie ihm die kalten Umschläge auf der Stirn. Gegen Morgen deckte Ariston das Bein des Kranken auf und entdeckte, daß es hochrot und stark geschwollen war. Er weckte einen seiner Assistenten:

»Wir müssen Blutegel anlegen, um den Druck der Körpersäfte zu verringern. Geh in mein Zimmer und hole alles Nötige.«

Doch Barsine war anderer Meinung: »Verzeiht mir«, sagte sie. »Aber als ihr euch vorhin mit dem anderen Arzt beraten habt, war von Blutegeln keine Rede. Ihr wolltet lediglich drainieren, und auch das nur für den Fall, daß die Wunde eitert.«

»Werte Barsine, du mußt mir vertrauen. Schließlich bin ich der Arzt.«

»Der Ägypter ist auch Arzt. Er war sogar der Leibarzt von Spithridates und hat mehrmals den Großkönig in Person kuriert. Ihr werdet daher verstehen, daß ich ihm soviel vertraue wie euch. Jedenfalls möchte ich ihn befragen, bevor ihr auch nur einen einzigen dieser Blutegel anwendet.«

»Aber du wirst doch nicht auf diesen Barbaren hören wollen!« entfuhr es Ariston.

»Auch ich bin Barbarin«, entgegnete Barsine scharf, »und ich verbiete dir, diese scheußlichen Würmer ohne ausdrückliches Einverständnis des ägyptischen Arztes auf meinen Mann los-zulassen!«

»Wenn es so ist, kann ich auch gehen ...« erwiderte Ariston verärgert.

»Zur Hölle mit dir!« antwortete ihm eine Stimme, die aus dem Jenseits zu kommen schien.

Barsine fuhr herum: »Memnon!« schrie sie freudestrahlend, dann wandte sie sich wieder dem Arzt zu und sagte: »Du siehst, meinem Mann geht es besser; ihr könnt euch also zurückziehen. Morgen kümmere ich mich um euer Honorar.«

Das ließ Ariston sich nicht zweimal sagen. Er rief nach seinen Assistenten und rauschte aus dem Zimmer. »Ich habe dich gewarnt«, sagte er im Hinausgehen. »Ohne Blutegel wird der innere Druck unerträglich werden und . .. «

»Keine Sorge, ich übernehme die volle Verantwortung«, erwiderte Barsine.

Als die Griechen gegangen waren, schickte sie einen Knecht nach dem ägyptischen Arzt, der in einer Kutsche eilends aus dem Palast des Satrapen Spithridates angefahren kam.

»Was ist passiert?« fragte er, kaum daß er ausgestiegen war.

»Die Yauna-Ärzte wollten meinem Mann Blutegel anlegen, aber ich habe mich widersetzt, weil ich zuerst deinen Rat hören wollte. Jetzt sind sie beleidigt gegangen.«

»Deine Vorsicht war richtig. Blutegel sind das letzte, was wir in diesem Moment anwenden dürfen. Wie geht es General Memnon?«

»Er hat immer noch hohes Fieber, aber wenigstens ist er zu sich gekommen und spricht.«

»Führe mich zu ihm.«

Als sie das Zimmer des Kranken betraten, war Memnon hellwach. Ja, mehr noch, er versuchte gerade aufzustehen, obwohl die Mägde und seine Soldaten, die während der ganzen Nacht an seinem Bett gewacht hatten, ihn davon abzuhalten versuchten.

»Wenn du dir das Bein unbedingt amputieren lassen möchtest, dann mußt du es nur belasten«, sagte der Arzt. Memnon sah ihn einen Augenblick lang verdattert an, dann legte er sich murrend zurück. Barsine deckte ihn auf, und der Ägypter begann den verwundeten Schenkel zu untersuchen: Er war geschwollen, entzündet und sehr schmerzempfindlich, aber Anzeichen von Eiterung waren bisher keine festzustellen. Der Arzt nickte kurz, ließ sich seine Tasche reichen und leerte ihren Inhalt auf den Tisch.

»Was ist das?« fragte Barsine.

»Eine besondere Art von Moos. Ich habe beobachtet, daß die Krieger der Oxydrakai ihre Wunden damit behandeln und meistens eine sehr rasche Vernarbung erzielen. Wie es dazu kommt, kann ich mir zwar nicht erklären, aber solange man als Arzt seinen Patienten heilt, braucht man keine großen Theorien aufzustellen. Und die Malvenumschläge haben anscheinend nicht viel bewirkt.«

Mit diesen Worten legte er Memnon das Moos auf und umwickelte seinen Schenkel mit frischen Binden. »Wenn er bis morgen früh ein starkes, fast unerträgliches Jucken verspürt, so ist das gut; es bedeutet, daß die Wunde heilt. Er darf sich aber um nichts in der Welt kratzen! Zur Not müßt ihr ihm die Hände festbinden. Wenn das Bein dagegen weiter anschwillt und schmerzt, kommen wir um eine Amputation nicht herum. So, und jetzt muß ich wieder gehen. In Zelea warten noch viele Patienten auf mich.«

Als der Arzt in seinem Maultiergespann davongefahren war, stieg Barsine auf den höchsten Turm des Palasts hinauf, wo sie einen kleinen Feuertempel hatte errichten lassen. Ein betender Priester erwartete sie, den Blick auf die heilige Flamme geheftet. Barsine kniete schweigend auf dem Fußboden nieder und schaute zu, wie die Feuerzungen im Wind tanzten. Endlich verkündete der Priester seinen Spruch: »Es ist nicht dies die Wunde, die ihn umbringen wird.«

»Kannst du mir nicht ein bißchen mehr sagen?« fragte Barsine bange.

Der Priester starrte noch einmal in das heilige Feuer, das unter einer heftigen Böe richtig aufloderte. »Ich sehe eine große Ehre für Memnon, aber damit verbunden auch eine große Gefahr. Steh ihm zur Seite, Barsine, und sorge dafür, daß auch deine Söhne ihm zur Seite stehen. Sie haben noch viel von ihm zu lernen.«

8

Die im persischen Lager gemachte Kriegsbeute und die Ausrüstungen, die man den Gefallenen abgenommen hatte, waren auf einem Platz in der Mitte des Feldlagers zusammengetragen worden. Eumenes' Helfer nahmen gerade den Bestand auf, als Alexander in Begleitung von Hephaistion und Seleukos erschien und sich neben dem »Generalsekretär« auf einem Hocker niederließ.

»Was macht dein Kopf?« fragte Eumenes mit einem Blick auf den dicken Verband, den der Arzt Philipp ihm angelegt hatte.

»Dem geht es gut, aber wenn Kleitos nicht gewesen wäre, würde ich jetzt kaum hier an der Sonne sitzen ...« Alexander wies mit der Hand auf die reiche Beute. »Wie du siehst, brauchst du dir ums Geld keine Sorgen mehr zu machen, lieber Eumenes. Damit ernähren wir unsere Soldaten mindestens einen Monat lang, und für die Entlohnung der Söldner reicht es auch.«

»Möchtest du denn gar nichts für dich behalten?« fragte Eu-menes.

»Nein. Aber die Purpurstoffe, Teppiche und Vorhänge würde ich gerne meiner Mutter schicken, und meine Schwester soll auch etwas bekommen - diese persischen Gewänder zum Beispiel. Kleopatra liebt ausgefallene Sachen.«