37286.fb2 Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 19

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Endlich nickte Apelles dem Sklaven zu, und dieser zog den Vorhang nach oben.

Alexander starrte überwältigt auf das Gemälde, das eine ungeheure Ausdruckskraft besaß. Es war, als hätten die Details, die er schon in der Skizze so bewundert hatte, Körper und Seele bekommen; der feuchte Glanz ihrer Farben machte sie unglaublich lebensecht, ja, das ganze Bild strotzte vor Leben und deuchte ihn wie ein Wunder.

Am allermeisten beeindruckte ihn jedoch die Gestalt des Bukephalos - das Pferd mit seinen qualmenden Nüstern schien jeden Augenblick aus dem Rahmen springen zu wollen. Es war, als würden seine Hufe die flächige Dimension des Bildes verlassen und in den Raum eindringen, in dem sich der Betrachter befand. Die Figur des Reiters war ebenfalls grandios gelungen, wenn auch ganz anders als in den Skulpturen des Lysippos. Mit den unzähligen Farbtönen und -Schattierungen, die ihm zu Gebote standen, hatte Apelles einen geradezu frappierenden Realismus erzielt. Ja, dieses Gemälde war zweifellos beeindruckender als eine Bronzeskulptur, in gewisser Weise aber auch respektloser.

So konnte man im Gesicht des Königs zwar die edlen Züge eines großen Herrschers und den stürmischen Tatendrang des Eroberers erkennen, aber auch Müdigkeit, Erschöpfung, ja sogar Schweiß, der ihm die zerzausten Locken an die Schläfen klebte; seine Augen waren weit aufgerissen vor lauter Anstrengung, die Brauen fast krampfhaft zusammengezogen, Halsschlagader und -sehnen traten hervor. Was da auf Bukephalos saß, war kein Gott wie in Lysippos Statuen, sondern ein Mensch — ein Mensch in seiner ganzen Größe und in seinem ganzen Elend.

Apelles beobachtete besorgt das Mienenspiel des Königs und rechnete jeden Augenblick mit einem seiner berühmten Zornausbrüche, doch Alexander umarmte ihn und sagte: »Wundervoll! Ich erkenne mich in jeder Kleinigkeit wieder -das bin genau ich im heißesten Moment einer Schlacht. Wie hast du das bloß fertiggebracht, Apelles? Du hast mich doch nie auf dem Schlachtfeld erlebt! Und als ich dir Modell gesessen habe, hatte ich noch nicht einmal Bukephalos unter mir, sondern eine Holzattrappe. Ich begreife wirklich nicht, wie du . . .«

»Ich habe mich mit deinen Männern unterhalten, Herr, mit den Gefährten, die Seite an Seite mit dir kämpfen, mit allen mögli-chen Leuten, die dich näher kennen«, erwiderte der Maler. ». .. auch mit Kampaspe«, fügte er mit niedergeschlagenen Augen hinzu.

Alexander wandte sich der jungen Frau zu, die ihn mit einem vielsagenden Lächeln ansah. »Wärst du so nett und würdest uns einen Moment allein lassen?« fragte er sie.

Kampaspe wirkte überrascht, beinahe etwas gekränkt über diese Bitte, kam ihr jedoch ohne Murren nach.

»Apelles«, sagte Alexander, als sie hinausgegangen war, »kannst du dich noch an unsere Malsitzung in Ephesos erinnern?«

»Ja, Herr«, erwiderte der Maler und fragte sich insgeheim, worauf der König hinauswollte.

»Kampaspe spielte damals auf ein Gemälde an, auf dem du sie als Aphrodite dargestellt hast - ein Gemälde, dessen Auftraggeber sie nicht nannte . . . oder nennen wollte.«

»Dir entgeht aber auch gar nichts, Herr.«

»Mit einem König ist es wie mit einem Künstler: Er muß die Bühne beherrschen und darf sich niemals ablenken lassen. Die kleinste Unachtsamkeit kann seinen Tod bedeuten.«

»Stimmt«, gab Apelles zu und sah ihm - in Erwartung der heiklen Frage, die gleich kommen würde - ängstlich in die Augen.

»Wer war der Auftraggeber des Gemäldes?«

»Schau, Herr, ich konnte ja nicht ahnen . . .«

»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ein Künstler geht, wohin man ihn bestellt, und das ist richtig so. Sprich also frei und ohne Angst. Von mir hast du nichts zu befürchten, das schwöre ich dir.«

»Memnon. Der Auftraggeber war Memnon.«

»Das habe ich mir fast gedacht. Wer anders hätte sich in dieser Gegend ein Bild des großen Apelles leisten können? Noch dazu zu diesem Thema und von diesem Ausmaß!«

»Aber ich versichere dir, Herr, daß ich nicht wußte . . .«

Alexander unterbrach ihn: »Ich habe dir bereits gesagt, daß du mir keine Erklärungen schuldest. Ich möchte dich nur um einen Gefallen bitten.«

»Welchen, Herr?«

»Du hast ihm doch ins Gesicht gesehen, nicht?«

»Wem, Memnon? Natürlich . ..«

»Dann male mir ein Porträt von ihm. Niemand von uns würde ihn erkennen, wenn er ihm begegnet, weil keiner weiß, wie er aussieht. Mit einem Bild von dir wäre das anders.«

»Verstehe, Herr.«

»Gut, dann fang an.«

»Jetzt gleich?«

»Jetzt gleich.«

Apelles nickte, nahm einen Papyrusbogen und ein Stück Kohle zur Hand und begann zu skizzieren.

15

Barsine und die Jungen stiegen von ihren Pferden ab und gingen auf das spärlich beleuchtete Haus zu. Als sie das Atrium betraten, stand ihnen - auf Krücken gestützt - Memnon gegenüber.

»Mein Liebster!« schrie Barsine, stürzte auf ihn zu, umarmte und küßte ihn. »Wie sehr du mir gefehlt hast!«

»Vater!« riefen auch die beiden Jungen, die Memnon nun ebenfalls an sich drückte; dabei mußte er die Augen schließen, um seine Tränen zurückzuhalten.

»Kommt! Kommt! Ich habe schon das Abendessen richten lassen. Heute müssen wir feiern!«

Sie befanden sich in der Villa eines großen Anwesens zwischen Milet und Halikarnassos, das der persische Satrap von Karien zur Verfügung gestellt hatte.

Die Tische und Speiseliegen waren bereits nach griechischer Art aufgestellt, in der Mitte stand ein großer Mischkrug mit Zypernwein. Memnon bat seine Familie Platz zu nehmen und streckte sich selbst auf einer der sogenannten Klinen aus.

»Wie geht es dir, Lieber ?« fragte Barsine.

»Ausgezeichnet. Ich bin so gut wie geheilt. Die Krücken benütze ich nur, weil der Arzt meint, ich soll das Bein noch nicht belasten - aber es ginge auch ohne.«

»Und die Wunde? Tut sie noch weh?«

»Nein, die war innerhalb von wenigen Tagen völlig verheilt -die Umschläge des ägyptischen Arztes haben Wunder gewirkt. Aber kommt, jetzt eßt doch bitte!«

Der griechische Koch reichte gerade frisches Brot, Käsewürfel und gekochte Enteneier herum, während sein Gehilfe eine Suppe aus weißen Bohnen, Erbsen und Kichererbsen in Schalen füllte.

»Wie geht es jetzt weiter?« fragte Barsine.

»Ich habe euch hierherbringen lassen, weil ich euch viel erzählen muß. Der Großkönig hat mich in einem persönlichen Erlaß zum Oberkommandierenden der gesamten anatolischen Region ernannt. Das bedeutet, daß ich sogar noch über den Satrapen stehe, Truppen ausheben kann, soviel ich will, und über immense Geldmittel verfüge.«

Seine Söhne sahen ihn begeistert an, und ihre Augen leuchteten vor Stolz.

Anders Barsine. »Du wirst also wieder an den Kriegshandlungen teilnehmen«, meinte sie bekümmert.

»Ja, so bald wie möglich. Und wo wir schon dabei sind . . .«, erwiderte ihr Mann und senkte den Blick, als wolle er den Wein in seinem Kelch betrachten.

»Was, Memnon?«

»Ihr müßt leider von hier weg. Dieser Krieg wird sehr hart werden, und es wird keinen einzigen sicheren Ort mehr geben, besonders hier in der Gegend .. .« Barsine schüttelte ungläubig den Kopf. »Bitte, verstehe - das ist auch der Wunsch des Großkönigs. Ich lasse dich und die Kinder nach Susa bringen, dort werdet ihr geehrt und geachtet bei Hofe leben.«

»Will uns der Großkönig vielleicht als Geiseln?«

»Nein, das glaube ich nicht, aber an der Tatsache, daß ich kein Perser bin, läßt sich natürlich nichts ändern. Ich bin nun mal ein Söldner, der sein Schwert verkauft hat.«