37286.fb2 Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 26

Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 26

Alexander brachte kein Wort heraus, während Königin Ada ihn mit ihren bernsteinfarbenen, wehmütigen Augen erwartungsvoll ansah.

»Also? Was antwortest du mir, mein Junge?«

»Ich. . . ich weiß nicht, wie das zu bewerkstelligen wäre . . .«

»Ganz einfach: mit einer Adoption.«

»Mit einer Adoption? Wie soll das denn gehen?«

»Nun, als Königin brauche ich nur eine bestimmte Formel auszusprechen und schon bist du mein Sohn«, erwiderte Ada. »Mit allem, was dazugehört.«

Alexanders Gesichtsausdruck wurde immer verdutzter.

»Habe ich zuviel verlangt?« fragte Ada besorgt.

»Nein, nein, es ist nur . . .«

»Was?«

»Auf so einen Wunsch war ich einfach nicht gefaßt. Andererseits kann ich mich nur geschmeichelt fühlen, und deshalb . ..« Ada beugte sich leicht vor und legte sich eine Hand ans Ohr, als wolle sie sichergehen, die ersehnte Antwort auch richtig zu verstehen. ». . . deshalb ist es für mich eine große Freude und Ehre, dein Angebot anzunehmen.«

»Wirklich?« fragte die Königin zu Tränen gerührt.

»Ja.«

»Wie schön! Aber eins sage ich dir gleich: Du mußt mich auch Mama nennen.«

»Wie du möchtest. . . Mama.«

Ada tupfte sich mit einem bestickten Taschentuch die Tränen ab, dann hob sie den Kopf, drückte den Rücken durch, räusperte sich und sagte mit klarer, deutlicher Stimme: »Ich, Ada, Tochter des Mausolo und Königin von Karien, nehme dich, Alexander, König von Makedonien, an Sohnes Statt an und ernenne dich zum alleinigen Erben meines gesamten Besitzes.« Darauf reichte sie ihm die Hand, damit Alexander sie küßte.

»Ich erwarte dich morgen in Alinda, mein Sohn. Und jetzt gib mir einen Kuß und laß mich gehen.«

Alexander stand auf und küßte sie auf beide Wangen; ihr Duft nach Sandelholz und Wildrose war sehr angenehm. Auch Peri-tas schien die wohlriechende Dame zu gefallen, denn er näherte sich schwanzwedelnd und in der Hoffnung, sie würde ihm wenigstens eins von den vielen Plätzchen spendieren.

Die Königin streichelte ihn. »Hübsches Tierchen«, sagte sie. »Höchstens ein bißchen . . . sperrig, vielleicht.« Und dann zog sie mit ihrem kleinen Hofstaat wieder von dannen, freilich nicht, ohne Berge von Proviant für ihren lieben Sohn und dessen Freunde zurückzulassen - alles Burschen, die einen sehr gesunden Appetit haben mußten. Alexander sah ihr nach, wie sie auf ihrem weißen Maulesel davonritt mit einem Diener, der den großen, reich bestickten Sonnenschirm über sie hielt, und einem anderen, der die Fliegen verscheuchte. Als er sich endlich um-drehte, begegnete er dem Blick Eumenes', der nicht recht wußte, ob er lachen oder seine Miene für besonders feierliche Momente aufsetzen sollte.

»Wehe, du erzählst das meiner Mutter«, drohte Alexander ihm. »Die wäre glatt in der Lage, mich zu vergiften.« Dann fuhr er zu Peritas herum, der - des langen Wartens müde - inzwischen lauthals zu bellen begonnen hatte, und schrie: »Und du: Platz!«

Am nächsten Morgen in aller Frühe befahl der König Pannenion, das Heer nach Mylasa zu führen und sich unterwegs sämtliche Städte, durch die sie kamen - egal, ob groß oder klein -formal übergeben zu lassen. Er selbst, Hephaistion und die Leibgarde hingegen galoppierten in Richtung Alinda.

Der Weg dorthin führte sie an ausgedehnten Weinbergen vorüber, deren unsichtbare Blüten zart aber betörend dufteten, durch riesige Weizenfelder und über Wiesen, die mit Blumen aller Farben gesprenkelt waren. Und immer wieder malte der Mohn große, scharlachrote Flecke in die Landschaft.

Gegen Mittag, als die Hitze am größten war, tauchte auf einer Hügelkuppe endlich Alinda vor ihnen auf. Die Stadt wurde von einer mächtigen Mauer aus grauen Quadersteinen umgürtet und von einer gewaltigen Festung beherrscht, die auf einem schroffen Felsen aufragte. Auf den Burgtürmen flatterte das himmelblaue Banner des Königreichs Karien.

Auf dem oberen Absatz der Stadtmauer standen Soldaten mit langen Lanzen, Bogen und Köchern, und rechts und links vom Stadttor - in Paraderüstung und mit prachtvoll aufgezäumten Pferden - hatte sich eine Abteilung Reiter aufgestellt.

Als Alexander und seine Begleiter näher kamen, öffnete sich das Tor, und es erschien die Königin Ada: Sechzehn Sklaven mit entblößtem Oberkörper trugen sie in einer baldachin-überschatteten Sänfte auf den Schultern; karische Mädchen, die nach griechischer Art mit Peplons bekleidet waren, streuten vor ihr Rosenblätter auf die Straße.

Alexander und Hephaistion stiegen von ihren Pferden und gingen zu Fuß auf die Sänfte zu. Ada hatte sich inzwischen absetzen lassen und schritt ihrem Adoptivsohn mit ausgebreiteten Armen entgegen, um ihn auf Haupt und Wangen zu küssen.

»Wie geht es dir, Mama?«

»Wenn ich dich sehe, prächtig«, erwiderte die Königin. Dann gab sie den Sänftenträgern ein zeichen, sich zu entfernen, hakte sich bei Alexander unter und führte ihn durchs Tor in die Stadt, wo sie von einer jubelnden Menschenmenge empfangen wurden. Die Leute hatten es kaum erwarten können, Adas Sohn zu Gesicht zu bekommen.

Aus den Fenstern der Häuser ringsum regnete es Rosen-und Mohnblätter, die der laue, nach frischem Heu duftende Frühlingswind lange in der Luft herumwirbelte.

Außerdem wurden sie von süß klingender Flöten- und Harfenmusik begleitet, die Alexander an die Kinderlieder seiner Amme in Pella erinnerte.

Der König war ganz ergriffen: Die vielen jubelnden Menschen, die herrlichen Farben und Düfte, die liebenswürdige alte Dame an seinem Arm - all dies rührte ihn zutiefst. Und dieses Land, in dem sich hinter jedem Hügel ein Geheimnis verbarg oder ein verwunschener Ort oder auch ein blutiges Attentat, dieses Land schlug ihn immer mehr in seinen Bann. Er fühlte den unbändigen Drang, weiter vorzustoßen, um neue Wunder zu entdecken.

Vor dem Burgtor, das mit Darstellungen der Götter und Heroen dieser uralten Stadt bemalt war, wurden sie von hohen Würdenträgern in reichen, gold- und silberdurchwirkten Ge-wändern empfangen. Auf dem oberen Absatz der breiten Freitreppe standen zwei Throne: ein hoher in der Mitte, und ein etwas niedrigerer, bescheidenerer zu seiner Rechten.

Ada wies Alexander den größeren Thron zu und ließ sich neben ihm nieder. Auf dem Vorplatz der Festung strömten unterdessen Hunderte von Menschen aller Klassen zusammen, und als der Platz gerammelt voll war, gebot ein Herold Ruhe. Dann las er mit Stentorstimme die Adoptionsurkunde vor, zuerst in karischer, dann in griechischer Sprache.

Der Beifallsorkan, der daraufhin ausbrach, wollte sich gar nicht mehr legen. Die Königin dankte ihrem Volk durch diskretes Winken, Alexander, indem er beide Arme in die Höhe reckte, wie er es auch vor seinen versammelten Soldaten tat. Dann öffnete sich das Tor hinter ihnen, und die beiden Herrscher, nunmehr Mutter und Sohn, verschwanden im Innern der Festung.

22

Alexander und Hephaistion hatten eigentlich noch am selben Tag wieder ins Lager zurückreiten wollen, aber das erwies sich als völlig unmöglich. Ada hatte für den Abend ein prunkvolles Bankett vorbereiten lassen, zu dem sämtliche Würdenträger der Stadt geladen waren. Viele von ihnen hatten Unsummen bezahlt, um daran teilnehmen zu dürfen; trotzdem erschienen sie mit den kostbarsten Geschenken, gerade so, als wäre die Königin eine junge Mutter, die ihr erstes Kind zur Welt gebracht hat.

Am darauffolgenden Morgen wurden die Gäste, wenn auch freundlich, zu einer ausführlichen Besichtigung von Stadt und Burg gezwungen, und obwohl sie wiederholt ihre Eile zum Ausdruck brachten, ließ man sie nicht vor dem späten Nachmittag ihrer Wege ziehen. Und selbst dann hatte Alexander noch alle Mühe, sich von seiner neuen Mutter loszueisen, und mußte ihr geduldig erklären, daß er ja schließlich im Krieg sei und sein Heer ihn auf der Straße nach Halikarnassos erwarte.

»Leider kann ich dir keine Soldaten mitgeben«, seufzte Ada im Moment des Abschieds. »Die wenigen, die ich habe, reichen mir gerade zum Schutz der Festung. Aber ich gebe dir ein paar Leute mit, die vielleicht noch nützlicher sind als Soldaten . . .«

Mit diesen Worten klatschte sie in die Hände, und augenblicklich erschien rund ein Dutzend Männer mit Eseln und Karren voller Säcke und Körbe.

»Wer . . . wer ist das denn?« fragte Alexander verdattert. »Das sind Köche, mein Sohn, Köche, Brotbäcker, Feinbäcker, die besten, die es östlich der Meerengen zu finden gibt. Du mußt or-dentlich essen, Junge, bei all den Strapazen, die im Krieg auf dich zukommen . . . Und wie die Verpflegung der makedonischen Köche aussieht, kann ich mir lebhaft vorstellen - berühmt sind sie jedenfalls nicht für ihre Künste. Die geben euch doch bestimmt Salzfleisch und ungesäuertes Brot zu essen, lauter Zeug, das einem viel zu schwer im Magen liegt. Ich dachte, da ist es besser, du . . .«

Alexander unterbrach die Königin mit einer höflichen Geste: »Das ist sehr nett von dir, Mama, aber offen gestanden nicht nötig. Ein gehöriger Nachtmarsch macht jedem Appetit aufs Frühstück, und wenn man einen ganzen Tag geritten ist, schmeckt alles, was abends auf den Tisch kommt. Mit dem Trinken ist es nicht viel anders: Der beste Durstlöscher ist frisches Wasser - da kann kein noch so edler Wein mithalten. Nein, glaub mir, Mama, diese Männer würden uns nur zur Last fallen. Hab trotzdem vielen Dank.«

Ada senkte betrübt den Kopf. »Ich wollte dir doch nur zeigen, daß mir dein Wohl am Herzen liegt. . .«

»Ich weiß«, sagte Alexander und nahm ihre Hand. »Und ich bin dir auch sehr dankbar dafür. Aber laß mich leben, wie ich es gewohnt bin. Ich werde auch so oft und gerne an dich denken.«

Er gab Ada einen Kuß, dann stieg er auf sein Pferd und galoppierte unter den erleichterten Blicken der Köche davon - die Aussicht, in einer Feldküche arbeiten zu müssen, war für sie nicht gerade verlockend gewesen.

Die Königin sah Alexander nach, bis er und sein Freund hinter dem nächsten Hügel verschwunden waren. Dann drehte sie sich nach den Köchen um und sagte: »Was steht ihr müßig herum? Hopp, hopp, an die Arbeit! Morgen will ich vor Sonnenaufgang das Beste geliefert haben, was ihr zustande bringt, damit ich es meinem Sohn und seinen Kameraden schicken kann. Was für eine Mutter wäre ich denn sonst?«

Die Angesprochenen huschten eilig an ihre Arbeitsplätze zurück, um die ganze Nacht hindurch zu kochen, zu backen und dem neuen Sohn ihrer Königin die auserlesensten Leckerbissen zuzubereiten.

Als Alexander am nächsten Morgen und ebenso am darauffolgenden aus seinem Zelt trat, wartete dort schon ein kleiner Trupp karischer Reiter, die ofenfrisches Brot, knusprige Plätzchen und süßes Hefegebäck aller Art vor ihm niederlegten.

Die Sache begann peinlich zu werden; sowohl seine Freunde wie die Soldaten rissen Witze. Da beschloß Alexander, so schwer es ihm fiel, das Problem ein für allemal aus der Welt zu schaffen. Am dritten Tag, als sie bereits kurz vor Halikarnassos waren, schickte er Reiter und Backwaren mit einem eigenhändig verfaßten Brief zurück:

»Alexander an Ada, seine geliebte Mutter. Heil! Ich danke dir für die leckeren Dinge, die du mir jeden Morgen bringen läßt, muß dich aber schweren Herzens bitten, in Zukunft davon abzusehen. Da ich an einfache, rustikale Kost gewöhnt bin, kann ich solche Delikatessen gar nicht gebührend schätzen. Vor allem jedoch möchte ich keine Privilegien genießen, die meinen Soldaten verwehrt sind. Sie müssen wissen, daß ihr König dasselbe ißt und dieselben Gefahren auf sich nimmt wie sie. Verzeih mir also und lebe wohl.«

Ab diesem Moment hörten Adas erdrückende Liebesbeweise schlagartig auf; die militärischen Operationen dagegen gingen in vollem Tempo weiter. Hinter Mylasa marschierte das Heer wieder ihn südlicher Richtung und dann erneut an der zerklüfteten Küste entlang. Trotz der unzähligen großen und klei-nen Buchten, Halbinseln und Felsvorsprünge war es immer wieder möglich, über längere Strecken hinweg im Verband mit der Flotte vorzurücken, die aufgrund der großen Wassertiefen sehr dicht an der Küste segelte und sich bisweilen so weit näherte, daß man sogar mündlich kommunizieren konnte.

Am dritten Tag nach dem Abmarsch aus Mylasa - das Heer bezog gerade Lager an einem Strand - präsentierte sich den Wachtposten ein Mann, der bat, zum König vorgelassen zu werden. Alexander saß, umringt von seinen Kameraden, auf einem Felsbrocken am Meer.