37286.fb2 Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 32

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Herold. »Wenn ich nicht gleich wieder zurück bin, heißt das, daß unser König einverstanden ist.« Mit diesen Worten schwang er sich erneut auf sein Pferd und ritt davon. Der Grieche wartete eine gewisse Zeit, dann kehrte er um und mischte sich wieder unter die Veteranen.

Alexander ließ sein Heer wie verlangt ein Stadion zurückweichen, kehrte danach ins Lager zurück und schloß sich bis Sonnenuntergang in sein Zelt ein. Für den Rest des Tages rührte er weder Speise noch Trank an. Für ihn war es, als habe er diese Niederlage selbst erlitten; Memnons Fähigkeit, sämtliche Angriffe Schlag auf Schlag abzuwehren, ja mehr noch, mit unerhörter Gewalt zurückzuschlagen, bedeutete für Alexander eine tiefe Demütigung. Zum erstenmal in seinem Leben fühlte er sich völlig machtlos und sehr, sehr einsam.

All die Triumphe, die ihn bis zu diesem Augenblick begleitet hatten, schienen mit einemmal weit weg, ja fast vergessen; Memnon von Rhodos war wie ein gigantischer Felsbrocken, der seinen Vormarsch blockierte, ein Hindernis, das ihn von Tag zu Tag unüberwindlicher deuchte.

Er hatte den Wachen Anweisung gegeben, niemanden in sein Zelt einzulassen; nicht einmal Leptine kam ihm in diesen Stunden nahe. Sie war mittlerweile sehr geübt darin, seinen Blick zu deuten, und erkannte auf dem Grund seiner Augen das Licht-Schatten-Spiel eines sommerlichen Gewitterhimmels.

Kurz vor Sonnenuntergang jedoch, als Alexander sich bereits zur Begegnung mit seinem Feind fertig machte, hörte er plötzlich aufgeregtes Stimmengewirr vor seinem Zelt, und kurz darauf platzte Perdikkas herein, ohne daß die Leibwächter es verhindern konnten.

»Ich habe den Tod verdient!« brüllte er völlig außer sich. »So viele tapfere Soldaten sind durch meine Schuld gefallen. Ich habe Schmach über unser Heer gebracht, und jetzt mußt du meinetwegen auch noch zu dieser demütigenden Verhandlung. Bring mich um, Alexander!« schrie er und hielt dem König sein Schwert hin.

Er hatte tiefe Ringe unter den geröteten Augen, und sein Blick war der eines Irren. In einem solchen Zustand hatte Alexander ihn seit der Belagerung von Theben nicht mehr gesehen.

»Setz dich«, sagte er, indem er ihn streng ansah und auf einen Stuhl deutete.

Aber Perdikkas streckte ihm noch immer das Schwert hin, und dabei zitterten seine Arme wie in einem Krampfanfall.

»Ich habe gesagt, du sollst dich setzen«, befahl Alexander -diesmal laut und bestimmt.

Sein Freund ließ sich auf den Stuhl fallen, das Schwert glitt ihm aus den Händen.

»Was hat dich zu diesem Angriff bewogen?« fragte Alexander.

»Ich war etwas angetrunken, wir waren alle angetrunken . . . Ich dachte, die Sache wäre zu machen, ich war sicher, daß wir gewinnen würden.«

»Du warst nicht angetrunken, sondern stockbesoffen. In nüchternem Zustand hättest du gewußt, daß es reiner Selbstmord ist, bei Nacht anzugreifen, noch dazu auf so einem Gelände!«

»Auf der Mauer war niemand, kein einziger Wächter, es herrschte Totenstille . . .«

»Und du bist drauf reingefallen. Memnon ist der gefährlichste Gegner, mit dem wir es je zu tun hatten, ist dir das klar? Ist dir das klar?« schrie er.

Perdikkas nickte.

»Memnon ist mehr als ein tapferer Kämpfer - er ist ein hochintelligenter Mann und dazu unglaublich gerissen. Er beobachtet uns Tag und Nacht und bekommt alles mit: die kleinste Unaufmerksamkeit, jeden falschen Schritt, jede voreilige Tat. Und er schlägt blitzschnell zu.«

Alexander begleitete seine Worte mit einer vielsagenden Geste.

»Hier sind wir nicht auf einem Schlachtfeld, wo wir die Überlegenheit unserer Reiterei und die unerhörte Schlagkraft unserer Phalanx ausnützen können. Hier haben wir es mit einer reichen, mächtigen Stadt zu tun, der es trotz unserer Belagerung an nichts mangelt, und mit einem hervorragend ausgebildeten Heer, das stellungsmäßig im Vorteil ist. Unsere einzige Möglichkeit besteht darin, eine ausreichend breite Bresche in die Mauer zu legen und Memnons Veteranen förmlich zu überrennen. Und das kann nur bei vollem Tageslicht geschehen.«

Alexander machte eine Pause, um seine Worte auf Perdikkas wirken zu lassen. Dann fuhr er fort:

»Hier steht unsere Kampfstärke gegen ihre Kampfstärke, unsere Intelligenz gegen ihre Intelligenz, unsere Achtsamkeit gegen ihre Achtsamkeit - sonst nichts. Weißt du, was wir jetzt tun werden? Das Gelände vor der Bresche von Trümmern befreien, unsere Maschinen an die Innenmauer heranführen und die Bastion niederreißen. Und wenn sie dahinter eine neue errichten, reißen wir die auch nieder, und alle weiteren auch, bis wir sie ins Meer getrieben haben. Verstanden, Perdikkas?« Alexander faßte den Freund fest in die Augen: »Bis zu diesem Moment wirst du meinem Befehl unterstehen und nur ihm. Der Verlust deiner Soldaten ist Strafe genug. Ich bringe dir jetzt ihre Leichen zurück, und du wirst sie ge-meinsam mit deinen Männern begraben, ihnen die letzte Ehre erweisen und versuchen, ihre erzürnten Seelen mit Opfern zu besänftigen. Irgendwann kommt schon der Tag, an dem du deine Schuld mit ihnen begleichen kannst. Heute befehle ich dir zu leben!«

Mit diesen Worten hob der König Perdikkas' Schwert vom Boden auf und gab es ihm zurück.

Perdikkas steckte es in die Scheide und verließ mit tränengefüllten Augen das Zelt.

27

Der Mann, der ihm gegenüberstand, trug eine silberverzierte Bronzerüstung und einen korinthischen Helm, der sein ganzes Gesicht bedeckte. Sein Schwert baumelte an einem eisernen Wehrgehänge, und um die Schulter trug er einen Mantel aus hellblauem Leinen, der sich wie ein Segel im Abendwind blähte.

Alexander selbst war barhäuptig erschienen; er führte Bu-kephalos am Zügel mit sich. »Ich bin Alexander, der König der Makedonen«, sagte er. »Und ich bin gekommen, um die Herausgabe meiner gefallenen Soldaten mit dir zu verhandeln.«

Die Augen des Mannes hinter den schmalen Sehschlitzen blitzten kurz auf, und Alexander erkannte seinen Blick sofort wieder - es war genau der Blick, den Apelles auf seinem Bild so meisterhaft festgehalten hatte. Die Stimme jedoch kannte er bislang nicht; aufgrund des großen Helms klang sie hohl und metallen: »Ich bin General Memnon.«

»Was verlangst du für die Herausgabe meiner Krieger?«

»Nur die Antwort auf eine Frage.«

Alexander sah ihn verblüfft an »Was für eine Frage?«

Memnon zögerte einen Moment, und Alexander spürte, daß er ihn nach Barsine fragen würde; ein Mann wie Memnon hatte überall seine Informanten, er mußte wissen, was vorgefallen war, und wurde bestimmt seit Tagen von Zweifeln geplagt.

Doch die Frage des griechischen Söldnerführers lautete anders: »Warum hast du den Krieg in dieses Land getragen?«

»Die Perser sind als erste bei uns, in Griechenland, eingefallen. Ich bin gekommen, um die Zerstörung unserer Tempel und Städte zu rächen und um die vielen jungen Männer zu sühnen, die in Marathon, an den Thermopylen und in Plataia gefallen sind.«

»Lüge nicht«, erwiderte Memnon. »Du scherst dich einen Dreck um die Griechen, und sie scheren sich einen Dreck um dich. Sag mir die Wahrheit. Ich werde sie niemandem verraten.«

Ein heftiger Windstoß hüllte die beiden in eine Wolke aus rötlichem Staub.

»Ich bin gekommen, um das größte Reich zu schaffen, das es je auf Erden gegeben hat. Und ich werde erst an den Ufern des fernen Ozeans innehalten.«

Memnon nickte »Genau das habe ich befürchtet.«

»Und du? Warum hast du dich so darauf versteift, mich zu bekämpfen? Du bist kein König, ja nicht einmal Perser . . .«

»Weil ich den Krieg hasse. Und weil ich verrückte junge Männer wie dich hasse, die in ihrem Leichtsinn die ganze Welt in ein Blutbad verwandeln, um Ruhm zu erwerben. Aber du wirst noch im Staube vor mir kriechen, Alexander. Und dann schicke ich dich heim nach Makedonien, damit du wie dein Vater durch Mörderhand stirbst.«

Der König ignorierte die Provokation des Rhodiers. »Solange es Grenzen und Barrieren, unterschiedliche Sprachen und Gebräuche gibt, solange kann es keinen Frieden geben. Du solltest dich mir anschließen.«

»Das ist unmöglich. Ich habe nur ein Wort und eine Überzeugung.«

»Dann wird der Bessere gewinnen.«

»Das ist nicht gesagt: Das Glück ist blind.«

»Gibst du mir meine Toten heraus?«

»Ja, hol sie dir ab.«

«Wie lange ist die Frist, die du mir gewährst?« »Bis zur ersten Wachablösung.«

»Das genügt. Ich danke dir.«

Der feindliche Heerführer nickte kurz mit dem Kopf.

Dann drehte er sich um und ging auf die Nordseite der Stadtmauer zu. Eine Pforte tat sich auf, und schon war sein blauer Mantel im Dunkel der Toröffnung verschwunden. Mit lautem Krachen fiel die schwere Eisentür hinter ihm ins Schloß.